Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 3. v. 15. 16. [Spaltenumbruch]
worinnen die menschliche Natur anfangs vonGOtt ist erschaffen gewesen, ohne allen Haß, voller Liebe gegen GOTT und den Näch- sten. b. Der Grund von solchem geistlichen Verstan- de des Gesetzes ist auf Seiten des Menschen seine Natur, nach welcher das fürnehmste und edelste Theil seines Wesens ein unsterblicher Geist ist, und das Gesetz eigentlich dem Geiste des Menschen vorgeschrieben ist, und daher zu- vorderst den Zustand und die innerlichen Hand- lungen des Geistes, oder der Seelen reguliret und dirigiret auch beurtheilet, und von dan- nen sich auch über die Verrichtungen des Leibes erstrecket. c. Aus diesem gedoppelten Grunde folget nun so viel, daß es bey den Tugenden und Lastern des Menschen eigentlich auf die Seele, und was in ihr vorgehet, ankomme. Wie wir al- hier bey dem geistlichen Verstande des fünften Gebots sehen. Denn da der Gesetzgeber ge- saget hat: Du solt nicht tödten, so redet er eigentlich die Seele an, und will die in einem solchen Stande haben, darinnen sie erschaffen war, und der voller Liebe sey nach 5 B. Mos. 6, 5. u. s. w. Matth. 22, 37. d. Kan nun ein Mensch durch den Haß und dessen Ausbrüchen einen wircklichen, obgleich nicht leiblichen, Todschlag begehen, und soll er da- von ferne seyn: so kan und soll er auch hingegen durch die Gnade GOTTes in einen solchen Stand kommen, darinn er nicht allein selbst GOtt lebe, sondern auch mit dem Ausfluß sei- ner Liebe und Liebes-Pflichten andern zur geist- lichen Erweckung und zur Erqvickung diene. e. Man hat hierbey sonderlich zu conferiren, wie unser Heyland den Verstand des fünften und sechsten Gebots, wider die Mißdeutung vieler Jüdischen Lehrer aufs innere und geist- liche führet Matth. 5, 22. u. f. Davon man leichtlich einen Schluß machen kan auf alle übrige Gebote der ersten und andern Tafel. 2. Wenn Johannes saget: Jhr wisset 3. Bey den Worten - - nicht hat das a. Das ewige Leben ist alhier am füglichsten von dem geistlichen Leben zu verstehen, davon der Apostel vorher schreibet. Da wir aber die- ses Leben von Christo haben, und er auch in diesem Briefe das ewige Leben genennet wird c. 1, 2. c. 5, 12. 20. auch gesaget wird, daß wir in ihm und er in uns bleibet c. 2, 6, 28. c. 3, 6. 9. 24. c. 4, 12. 13. so hat der Apostel bey dem geistlichen Leben allerdinge sein Absehen mit auf Christum selbst gerichtet. b. Daß aber auch das geistliche Leben ein ewiges Leben heißt kömmt daher, weil es an sich und nach dem Zwecke in der Ordnung der [Spaltenumbruch] Bewahrung ewig ist; als welches mit dem zeitlichen Leben nicht aufhöret, sondern wenn dieses abnimmt, erst recht vollendet wird, und sich gleichsam wie ein Fluß ohne Vernichtung ins Meer ergiesset. c. Es stehen demnach diese Worte im Gegensatze von den vorhergehenden v. 14. im Tode blei- ben, nemlich im geistlichen. Denn gleichwie dieser zum ewigen wird, auch die Wurtzel des ewigen Todes schon in sich hat: also wird das geistliche Leben zum ewigen, als welches aus jenem, wie aus seinem Samen, erwächset. d. Daß aber der Apostel saget: er hat das ewige Leben nicht bey ihm bleibend, an statt: er hat das ewige Leben nicht; das ist daher gekommen, weil er an die Gläubigen schreibet, welche schon zum geistlichen Leben ge- langet waren, und sie mit solchen Worten vor dem Rückfall warnet, da er anzeiget, daß, wo- fern sie nicht ein gutes Gewissen bewahren, son- dern es verletzen würden, insonderheit durch den herrschenden Affect des Hasses, so würden sie auch damit am Glauben, und folglich am geistlichen und ewigen Leben, Schiffbruch leiden. e. Was der Apostel alhier nennet das ewige Leben, bey sich bleibend haben. Das nennet Paulus Hebr. 10, 34. bey sich selbst eine bessere und bleibende Habe im Him- mel haben. V. 16. Daran haben wir erkannt die Liebe, Anmerckungen. 1. Zuvorderst ist alhier zu mercken, daß das 2. Dieses ekeinos beziehet sich auf das vor- 3. Die Worte: er hat sein Leben für a. Durch die Lassung des Lebens wird das gantze Werck der Versöhnung verstanden, und darinnen der für uns geleistete Gehorsam Christi,
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 15. 16. [Spaltenumbruch]
worinnen die menſchliche Natur anfangs vonGOtt iſt erſchaffen geweſen, ohne allen Haß, voller Liebe gegen GOTT und den Naͤch- ſten. b. Der Grund von ſolchem geiſtlichen Verſtan- de des Geſetzes iſt auf Seiten des Menſchen ſeine Natur, nach welcher das fuͤrnehmſte und edelſte Theil ſeines Weſens ein unſterblicher Geiſt iſt, und das Geſetz eigentlich dem Geiſte des Menſchen vorgeſchrieben iſt, und daher zu- vorderſt den Zuſtand und die innerlichen Hand- lungen des Geiſtes, oder der Seelen reguliret und dirigiret auch beurtheilet, und von dan- nen ſich auch uͤber die Verrichtungen des Leibes erſtrecket. c. Aus dieſem gedoppelten Grunde folget nun ſo viel, daß es bey den Tugenden und Laſtern des Menſchen eigentlich auf die Seele, und was in ihr vorgehet, ankomme. Wie wir al- hier bey dem geiſtlichen Verſtande des fuͤnften Gebots ſehen. Denn da der Geſetzgeber ge- ſaget hat: Du ſolt nicht toͤdten, ſo redet er eigentlich die Seele an, und will die in einem ſolchen Stande haben, darinnen ſie erſchaffen war, und der voller Liebe ſey nach 5 B. Moſ. 6, 5. u. ſ. w. Matth. 22, 37. d. Kan nun ein Menſch durch den Haß und deſſen Ausbruͤchen einen wircklichen, obgleich nicht leiblichen, Todſchlag begehen, und ſoll er da- von ferne ſeyn: ſo kan und ſoll er auch hingegen durch die Gnade GOTTes in einen ſolchen Stand kommen, darinn er nicht allein ſelbſt GOtt lebe, ſondern auch mit dem Ausfluß ſei- ner Liebe und Liebes-Pflichten andern zur geiſt- lichen Erweckung und zur Erqvickung diene. e. Man hat hierbey ſonderlich zu conferiren, wie unſer Heyland den Verſtand des fuͤnften und ſechſten Gebots, wider die Mißdeutung vieler Juͤdiſchen Lehrer aufs innere und geiſt- liche fuͤhret Matth. 5, 22. u. f. Davon man leichtlich einen Schluß machen kan auf alle uͤbrige Gebote der erſten und andern Tafel. 2. Wenn Johannes ſaget: Jhr wiſſet 3. Bey den Worten ‒ ‒ nicht hat das a. Das ewige Leben iſt alhier am fuͤglichſten von dem geiſtlichen Leben zu verſtehen, davon der Apoſtel vorher ſchreibet. Da wir aber die- ſes Leben von Chriſto haben, und er auch in dieſem Briefe das ewige Leben genennet wird c. 1, 2. c. 5, 12. 20. auch geſaget wird, daß wir in ihm und er in uns bleibet c. 2, 6, 28. c. 3, 6. 9. 24. c. 4, 12. 13. ſo hat der Apoſtel bey dem geiſtlichen Leben allerdinge ſein Abſehen mit auf Chriſtum ſelbſt gerichtet. b. Daß aber auch das geiſtliche Leben ein ewiges Leben heißt koͤmmt daher, weil es an ſich und nach dem Zwecke in der Ordnung der [Spaltenumbruch] Bewahrung ewig iſt; als welches mit dem zeitlichen Leben nicht aufhoͤret, ſondern wenn dieſes abnimmt, erſt recht vollendet wird, und ſich gleichſam wie ein Fluß ohne Vernichtung ins Meer ergieſſet. c. Es ſtehen demnach dieſe Worte im Gegenſatze von den vorhergehenden v. 14. im Tode blei- ben, nemlich im geiſtlichen. Denn gleichwie dieſer zum ewigen wird, auch die Wurtzel des ewigen Todes ſchon in ſich hat: alſo wird das geiſtliche Leben zum ewigen, als welches aus jenem, wie aus ſeinem Samen, erwaͤchſet. d. Daß aber der Apoſtel ſaget: er hat das ewige Leben nicht bey ihm bleibend, an ſtatt: er hat das ewige Leben nicht; das iſt daher gekommen, weil er an die Glaͤubigen ſchreibet, welche ſchon zum geiſtlichen Leben ge- langet waren, und ſie mit ſolchen Worten vor dem Ruͤckfall warnet, da er anzeiget, daß, wo- fern ſie nicht ein gutes Gewiſſen bewahren, ſon- dern es verletzen wuͤrden, inſonderheit durch den herrſchenden Affect des Haſſes, ſo wuͤrden ſie auch damit am Glauben, und folglich am geiſtlichen und ewigen Leben, Schiffbruch leiden. e. Was der Apoſtel alhier nennet das ewige Leben, bey ſich bleibend haben. Das nennet Paulus Hebr. 10, 34. bey ſich ſelbſt eine beſſere und bleibende Habe im Him- mel haben. V. 16. Daran haben wir erkannt die Liebe, Anmerckungen. 1. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, daß das 2. Dieſes ἐκεῖνος beziehet ſich auf das vor- 3. Die Worte: er hat ſein Leben fuͤr a. Durch die Laſſung des Lebens wird das gantze Werck der Verſoͤhnung verſtanden, und darinnen der fuͤr uns geleiſtete Gehorſam Chriſti,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0696" n="694"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 15. 16.</hi></fw><lb/><cb/> worinnen die menſchliche Natur anfangs von<lb/> GOtt iſt erſchaffen geweſen, ohne allen Haß,<lb/> voller Liebe gegen GOTT und den Naͤch-<lb/> ſten.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Der Grund von ſolchem geiſtlichen Verſtan-<lb/> de des Geſetzes iſt auf Seiten des Menſchen<lb/> ſeine Natur, nach welcher das fuͤrnehmſte und<lb/> edelſte Theil ſeines Weſens ein unſterblicher<lb/> Geiſt iſt, und das Geſetz eigentlich dem Geiſte<lb/> des Menſchen vorgeſchrieben iſt, und daher zu-<lb/> vorderſt den Zuſtand und die innerlichen Hand-<lb/> lungen des Geiſtes, oder der Seelen <hi rendition="#aq">regulir</hi>et<lb/> und <hi rendition="#aq">dirigir</hi>et auch beurtheilet, und von dan-<lb/> nen ſich auch uͤber die Verrichtungen des Leibes<lb/> erſtrecket.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Aus dieſem gedoppelten Grunde folget nun<lb/> ſo viel, daß es bey den Tugenden und Laſtern<lb/> des Menſchen eigentlich auf die Seele, und<lb/> was in ihr vorgehet, ankomme. Wie wir al-<lb/> hier bey dem geiſtlichen Verſtande des fuͤnften<lb/> Gebots ſehen. Denn da der Geſetzgeber ge-<lb/> ſaget hat: <hi rendition="#fr">Du ſolt nicht toͤdten,</hi> ſo redet er<lb/> eigentlich die Seele an, und will die in einem<lb/> ſolchen Stande haben, darinnen ſie erſchaffen<lb/> war, und der voller Liebe ſey nach 5 B. Moſ. 6,<lb/> 5. u. ſ. w. Matth. 22, 37.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Kan nun ein Menſch durch den Haß und deſſen<lb/> Ausbruͤchen einen wircklichen, obgleich nicht<lb/> leiblichen, Todſchlag begehen, und ſoll er da-<lb/> von ferne ſeyn: ſo kan und ſoll er auch hingegen<lb/> durch die Gnade GOTTes in einen ſolchen<lb/> Stand kommen, darinn er nicht allein ſelbſt<lb/> GOtt lebe, ſondern auch mit dem Ausfluß ſei-<lb/> ner Liebe und Liebes-Pflichten andern zur geiſt-<lb/> lichen Erweckung und zur Erqvickung diene.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">e.</hi> Man hat hierbey ſonderlich zu <hi rendition="#aq">conferir</hi>en,<lb/> wie unſer Heyland den Verſtand des fuͤnften<lb/> und ſechſten Gebots, wider die Mißdeutung<lb/> vieler Juͤdiſchen Lehrer aufs innere und geiſt-<lb/> liche fuͤhret Matth. 5, 22. u. f. Davon man<lb/> leichtlich einen Schluß machen kan auf alle<lb/> uͤbrige Gebote der erſten und andern Tafel.</item> </list><lb/> <p>2. Wenn Johannes ſaget: <hi rendition="#fr">Jhr wiſſet</hi><lb/> u. f. ſo verſtehet er eine glaͤubige und geiſtliche,<lb/> auch thaͤtige, Erkenntniß des Geſetzes, wozu die<lb/> Glaͤubigen gleich anfangs in ihrer Bekehrung<lb/> gelanget waren: und ſuchet er ſie mit Vorhaltung<lb/> ſolcher Erkenntniß zu immer getreuern Ausuͤbung<lb/> zu erwecken.</p><lb/> <p>3. Bey den Worten ‒ ‒ <hi rendition="#fr">nicht hat das<lb/> ewige Leben bey ihm bleibend,</hi> iſt folgendes<lb/> zu erwegen:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Das <hi rendition="#fr">ewige Leben</hi> iſt alhier am fuͤglichſten<lb/> von dem geiſtlichen Leben zu verſtehen, davon<lb/> der Apoſtel vorher ſchreibet. Da wir aber die-<lb/> ſes Leben von <hi rendition="#fr">Chriſto</hi> haben, und er auch in<lb/> dieſem Briefe das ewige Leben genennet wird<lb/> c. 1, 2. c. 5, 12. 20. auch geſaget wird, daß wir<lb/> in ihm und er in uns bleibet c. 2, 6, 28. c. 3, 6.<lb/> 9. 24. c. 4, 12. 13. ſo hat der Apoſtel bey dem<lb/> geiſtlichen Leben allerdinge ſein Abſehen mit<lb/> auf Chriſtum ſelbſt gerichtet.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Daß aber auch das <hi rendition="#fr">geiſtliche Leben</hi> ein<lb/><hi rendition="#fr">ewiges Leben</hi> heißt koͤmmt daher, weil es an<lb/> ſich und nach dem Zwecke in der Ordnung der<lb/><cb/> Bewahrung ewig iſt; als welches mit dem<lb/> zeitlichen Leben nicht aufhoͤret, ſondern wenn<lb/> dieſes abnimmt, erſt recht vollendet wird, und<lb/> ſich gleichſam wie ein Fluß ohne Vernichtung<lb/> ins Meer ergieſſet.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Es ſtehen demnach dieſe Worte im Gegenſatze<lb/> von den vorhergehenden v. 14. <hi rendition="#fr">im Tode blei-<lb/> ben,</hi> nemlich im geiſtlichen. Denn gleichwie<lb/> dieſer zum ewigen wird, auch die Wurtzel des<lb/> ewigen Todes ſchon in ſich hat: alſo wird das<lb/> geiſtliche Leben zum ewigen, als welches aus<lb/> jenem, wie aus ſeinem Samen, erwaͤchſet.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Daß aber der Apoſtel ſaget: <hi rendition="#fr">er hat das<lb/> ewige Leben nicht bey ihm bleibend,</hi> an<lb/> ſtatt: <hi rendition="#fr">er hat das ewige Leben nicht;</hi> das<lb/> iſt daher gekommen, weil er an die Glaͤubigen<lb/> ſchreibet, welche ſchon zum geiſtlichen Leben ge-<lb/> langet waren, und ſie mit ſolchen Worten vor<lb/> dem Ruͤckfall warnet, da er anzeiget, daß, wo-<lb/> fern ſie nicht ein gutes Gewiſſen bewahren, ſon-<lb/> dern es verletzen wuͤrden, inſonderheit durch<lb/> den herrſchenden <hi rendition="#aq">Affect</hi> des Haſſes, ſo wuͤrden<lb/> ſie auch damit am Glauben, und folglich am<lb/> geiſtlichen und ewigen Leben, Schiffbruch<lb/> leiden.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">e.</hi> Was der Apoſtel alhier nennet das <hi rendition="#fr">ewige<lb/> Leben, bey ſich bleibend haben.</hi> Das<lb/> nennet Paulus Hebr. 10, 34. <hi rendition="#fr">bey ſich ſelbſt<lb/> eine beſſere und bleibende Habe im Him-<lb/> mel haben.</hi></item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 16.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Daran haben wir erkannt die Liebe,<lb/> daß er</hi> (ἐκεῖνος, derjenige, von dem der Apoſtel<lb/> bisher im gantzen Briefe am meiſten geſchrieben<lb/> hat, der Sohn GOttes,) <hi rendition="#fr">ſein Leben fuͤr uns</hi><lb/> (zum Schuld-Opfer, und zu unſerer Verſoͤh-<lb/> nung) <hi rendition="#fr">gelaſſen hat, und wir ſollen auch das<lb/> Leben fuͤr die Bruͤder laſſen</hi> (wenn es die<lb/> Ehre GOTTES und ihre Erbauung alſo er-<lb/> fordert.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, daß das<lb/> Wort ἐκεῖνος, <hi rendition="#fr">Er, derjenige, derſelbige,</hi> wieder<lb/> auf Chriſtum gehet, wie wir aus dem Beyſatze<lb/> der Worte, daß er <hi rendition="#fr">ſein Leben fuͤr uns gelaſſen<lb/> hat,</hi> ſehen. Eben dieſes haben wir ſchon vorher<lb/> c. 2, 6. c. 3, 3. 5. 7. wie auch in dem Worte ἀυτὸς<lb/> gehabt c. 2, 3. 4. 5. 25. 27. 28. 29. c. 3, 2. 6. Hieß<lb/> es nun bey den Schuͤlern des <hi rendition="#aq">Pythagoræ,</hi> an<lb/> ſtatt des Erweiſes ἀυτὸς, ἀυτὸς ἔφα, Er ſelbſt<lb/><hi rendition="#aq">Pythagoras</hi> hats geſaget: was ſollen wir Chri-<lb/> ſten denn von dem Ausſpruche Chriſti nicht<lb/> halten?</p><lb/> <p>2. Dieſes ἐκεῖνος beziehet ſich auf das vor-<lb/> hergehende Wort Θεός, <hi rendition="#fr">GOTT,</hi> auch <hi rendition="#fr">Sohn<lb/> GOttes</hi> v. 8. 9. 10. und folglich haben wir, da<lb/> es in unſerm Contexte von Chriſto ſtehet, darin-<lb/> nen einen Erweis von ſeiner wahren Gottheit.</p><lb/> <p>3. Die Worte: <hi rendition="#fr">er hat ſein Leben fuͤr<lb/> uns gelaſſen,</hi> ſind von groſſem Nachdrucke.</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Durch die <hi rendition="#fr">Laſſung des Lebens</hi> wird das<lb/> gantze Werck der Verſoͤhnung verſtanden,<lb/> und darinnen der fuͤr uns geleiſtete Gehorſam<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Chriſti,</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [694/0696]
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 3. v. 15. 16.
worinnen die menſchliche Natur anfangs von
GOtt iſt erſchaffen geweſen, ohne allen Haß,
voller Liebe gegen GOTT und den Naͤch-
ſten.
b. Der Grund von ſolchem geiſtlichen Verſtan-
de des Geſetzes iſt auf Seiten des Menſchen
ſeine Natur, nach welcher das fuͤrnehmſte und
edelſte Theil ſeines Weſens ein unſterblicher
Geiſt iſt, und das Geſetz eigentlich dem Geiſte
des Menſchen vorgeſchrieben iſt, und daher zu-
vorderſt den Zuſtand und die innerlichen Hand-
lungen des Geiſtes, oder der Seelen reguliret
und dirigiret auch beurtheilet, und von dan-
nen ſich auch uͤber die Verrichtungen des Leibes
erſtrecket.
c. Aus dieſem gedoppelten Grunde folget nun
ſo viel, daß es bey den Tugenden und Laſtern
des Menſchen eigentlich auf die Seele, und
was in ihr vorgehet, ankomme. Wie wir al-
hier bey dem geiſtlichen Verſtande des fuͤnften
Gebots ſehen. Denn da der Geſetzgeber ge-
ſaget hat: Du ſolt nicht toͤdten, ſo redet er
eigentlich die Seele an, und will die in einem
ſolchen Stande haben, darinnen ſie erſchaffen
war, und der voller Liebe ſey nach 5 B. Moſ. 6,
5. u. ſ. w. Matth. 22, 37.
d. Kan nun ein Menſch durch den Haß und deſſen
Ausbruͤchen einen wircklichen, obgleich nicht
leiblichen, Todſchlag begehen, und ſoll er da-
von ferne ſeyn: ſo kan und ſoll er auch hingegen
durch die Gnade GOTTes in einen ſolchen
Stand kommen, darinn er nicht allein ſelbſt
GOtt lebe, ſondern auch mit dem Ausfluß ſei-
ner Liebe und Liebes-Pflichten andern zur geiſt-
lichen Erweckung und zur Erqvickung diene.
e. Man hat hierbey ſonderlich zu conferiren,
wie unſer Heyland den Verſtand des fuͤnften
und ſechſten Gebots, wider die Mißdeutung
vieler Juͤdiſchen Lehrer aufs innere und geiſt-
liche fuͤhret Matth. 5, 22. u. f. Davon man
leichtlich einen Schluß machen kan auf alle
uͤbrige Gebote der erſten und andern Tafel.
2. Wenn Johannes ſaget: Jhr wiſſet
u. f. ſo verſtehet er eine glaͤubige und geiſtliche,
auch thaͤtige, Erkenntniß des Geſetzes, wozu die
Glaͤubigen gleich anfangs in ihrer Bekehrung
gelanget waren: und ſuchet er ſie mit Vorhaltung
ſolcher Erkenntniß zu immer getreuern Ausuͤbung
zu erwecken.
3. Bey den Worten ‒ ‒ nicht hat das
ewige Leben bey ihm bleibend, iſt folgendes
zu erwegen:
a. Das ewige Leben iſt alhier am fuͤglichſten
von dem geiſtlichen Leben zu verſtehen, davon
der Apoſtel vorher ſchreibet. Da wir aber die-
ſes Leben von Chriſto haben, und er auch in
dieſem Briefe das ewige Leben genennet wird
c. 1, 2. c. 5, 12. 20. auch geſaget wird, daß wir
in ihm und er in uns bleibet c. 2, 6, 28. c. 3, 6.
9. 24. c. 4, 12. 13. ſo hat der Apoſtel bey dem
geiſtlichen Leben allerdinge ſein Abſehen mit
auf Chriſtum ſelbſt gerichtet.
b. Daß aber auch das geiſtliche Leben ein
ewiges Leben heißt koͤmmt daher, weil es an
ſich und nach dem Zwecke in der Ordnung der
Bewahrung ewig iſt; als welches mit dem
zeitlichen Leben nicht aufhoͤret, ſondern wenn
dieſes abnimmt, erſt recht vollendet wird, und
ſich gleichſam wie ein Fluß ohne Vernichtung
ins Meer ergieſſet.
c. Es ſtehen demnach dieſe Worte im Gegenſatze
von den vorhergehenden v. 14. im Tode blei-
ben, nemlich im geiſtlichen. Denn gleichwie
dieſer zum ewigen wird, auch die Wurtzel des
ewigen Todes ſchon in ſich hat: alſo wird das
geiſtliche Leben zum ewigen, als welches aus
jenem, wie aus ſeinem Samen, erwaͤchſet.
d. Daß aber der Apoſtel ſaget: er hat das
ewige Leben nicht bey ihm bleibend, an
ſtatt: er hat das ewige Leben nicht; das
iſt daher gekommen, weil er an die Glaͤubigen
ſchreibet, welche ſchon zum geiſtlichen Leben ge-
langet waren, und ſie mit ſolchen Worten vor
dem Ruͤckfall warnet, da er anzeiget, daß, wo-
fern ſie nicht ein gutes Gewiſſen bewahren, ſon-
dern es verletzen wuͤrden, inſonderheit durch
den herrſchenden Affect des Haſſes, ſo wuͤrden
ſie auch damit am Glauben, und folglich am
geiſtlichen und ewigen Leben, Schiffbruch
leiden.
e. Was der Apoſtel alhier nennet das ewige
Leben, bey ſich bleibend haben. Das
nennet Paulus Hebr. 10, 34. bey ſich ſelbſt
eine beſſere und bleibende Habe im Him-
mel haben.
V. 16.
Daran haben wir erkannt die Liebe,
daß er (ἐκεῖνος, derjenige, von dem der Apoſtel
bisher im gantzen Briefe am meiſten geſchrieben
hat, der Sohn GOttes,) ſein Leben fuͤr uns
(zum Schuld-Opfer, und zu unſerer Verſoͤh-
nung) gelaſſen hat, und wir ſollen auch das
Leben fuͤr die Bruͤder laſſen (wenn es die
Ehre GOTTES und ihre Erbauung alſo er-
fordert.)
Anmerckungen.
1. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, daß das
Wort ἐκεῖνος, Er, derjenige, derſelbige, wieder
auf Chriſtum gehet, wie wir aus dem Beyſatze
der Worte, daß er ſein Leben fuͤr uns gelaſſen
hat, ſehen. Eben dieſes haben wir ſchon vorher
c. 2, 6. c. 3, 3. 5. 7. wie auch in dem Worte ἀυτὸς
gehabt c. 2, 3. 4. 5. 25. 27. 28. 29. c. 3, 2. 6. Hieß
es nun bey den Schuͤlern des Pythagoræ, an
ſtatt des Erweiſes ἀυτὸς, ἀυτὸς ἔφα, Er ſelbſt
Pythagoras hats geſaget: was ſollen wir Chri-
ſten denn von dem Ausſpruche Chriſti nicht
halten?
2. Dieſes ἐκεῖνος beziehet ſich auf das vor-
hergehende Wort Θεός, GOTT, auch Sohn
GOttes v. 8. 9. 10. und folglich haben wir, da
es in unſerm Contexte von Chriſto ſtehet, darin-
nen einen Erweis von ſeiner wahren Gottheit.
3. Die Worte: er hat ſein Leben fuͤr
uns gelaſſen, ſind von groſſem Nachdrucke.
a. Durch die Laſſung des Lebens wird das
gantze Werck der Verſoͤhnung verſtanden,
und darinnen der fuͤr uns geleiſtete Gehorſam
Chriſti,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |