Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 17. [Spaltenumbruch]
den kan, noch nach dem Leibe recht geniesset,so hat er nichts daran und davon, als nur eine schnöde und thörichte Augen-Weide, die doch aber mit einer unersättlichen Be- gierde des irdisch-gesinneten Hertzens er- füllet ist. Es gehören zu der sündlichen Augen-Lust ferner allerhand eitele Lust-Handlungen, als theatralische Schau-Spiele, ein af- fectirtes Gepränge in Gemählden, das Thier-Gefechte, auch allerhand sehr kost- bare Kunst- und Lust-Feuer, und der- gleichen mehr. g. Die dritte Haupt-Gattung des sündlichen Welt-Wesens ist hoffärtiges Leben, alazoneia tou biou, Pralerey mit dem, was zum zeitlichen Leben gehöret, oder vielmehr zum Uberfluß gerechnet wird. Davon der Grund ist die herrschende Eigen-Liebe und der daher entstehende schwülstige Stoltz des Gemüths: welcher denn hervorbricht in al- les das, was in die Augen fällt, und von eitlen Menschen bewundert wird und einem unter und vor andern eitelgesinneten Welt- Kindern ein sonderbares Ansehen machet: als da sind: Ruhmredigkeit, Pracht in Kleidern, Prunck und Pomp in der Woh- nung und mit den Bedienten, Titel- und Rangsucht, und dergleichen mehr. d. Von diesem dreyfachen sündlichen Welt- Wesen spricht der Apostel, es sey in der Welt und von der Welt: in der Welt; es finde sich unter den in der Welt lebenden Menschen; und sey von, oder ek tou kosmou, aus der Welt, das ist, der sündlichen Welt-Art gemäß, kom- me daher, werde davon angenommen, geschehe in derselben Gleichstellung und werde zu aller Welt-Gefälligkeit gerichtet. Wie diese Din- ge von der Welt sind, so sind hingegen die Jünger Christi nicht von der Welt: davon unser Heyland Joh. 15, 19. spricht: Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das ihre lieb. Dieweil ihr aber nicht von der Welt seyd, sondern ich habe euch von der Welt erwehlet, darum hasset euch die Welt. Deßgleichen c. 17, 14. Jch habe ihnen gegeben dein Wort, und die Welt hasset sie. Denn sie sind nicht von der Welt, wie ich auch nicht von der Welt bin. u. f. Was nun von der Welt solcher gestat ist, das ist auch von dem Satan als Für- sten dieser argen Welt, welche gantz in ihm lieget. Joh. 12, 31. c. 14, 30. Daß solches sünd- liche Wesen nicht vom Vater sey, da er alles gut erschaffen hat, ist leichtlich zu erachten, nemlich daß die Sünde durch Betrug des Sa- tans in die Welt gekommen, und der Mensch sich selbst dazu reitzet nach Jac. 1, 13. 14. 15. 3. Der andere Punct dieses Textes gehet a. Durch die Liebe der Welt verstehet der Apostel zuvorderst die innerliche Begierde und [Spaltenumbruch] Anhänglichkeit, und denn dabey deroselben Ausbruch und Ubung, dadurch man sich theils andern eitelen Welt-Menschen gleich stellet, es ihnen auch wohl zuvor zu thun suchet, theils ohne ihre Reitzung aus eignem Triebe der in- nerlichen Macht und Wut seiner Lüste zu aller- hand groben Uberfahrungen den Zügel schiessen lässet. b. Jn sofern das Wort Welt auf das Welt- Gebäude selbst, und auf die darinnen befind- liche an sich selbst gute Creaturen GOttes ge- het, so will der Apostel mit dem Verbot der Liebe so viel sagen, daß man das Geschöpfe nicht mehr ehren und ihm nicht mehr dienen solle, als dem Schöpfer selbst: welches Pau- lus in der abgöttischen Welt-Liebe der Hey- den bestrafet Röm. 1, 25. Und wie mancher machet nicht einen heimlichen Götzen aus die- sem und jenem an sich nicht verwerflichen Din- ge, von allerhand Art, also daß er sein Hertz daran hänget, und dabey GOtt so gar nicht dienet, daß er ihn vielmehr gäntzlich aus den Augen setzet, oder doch, was er etwa von der Liebe, und von dem Dienste GOttes noch übrig hat, dergestalt unlauter machet und ent- kräftet, daß es nach und nach gar verlöschet und der Welt-Liebe völlig weichet. c. Kan nun aber dasjenige, welches in der Welt an sich selbst gut ist, durch den Mißbrauch zur grossen Sünde werden: so ist leichtlich zu er- achten, wie es um diejenige Liebe der Welt ste- hen müsse, welche auf die sündlichen Dinge der Welt-Kinder fällt, und in der völligen Gleich- stellung bestehet. d. Es dringet demnach der Apostel mit dem Verbot der Welt-Liebe auf eine gründliche, ernstliche und beständige Verleugnung und Enthaltung von ihrer Gleichstellung: gleich- wie Paulus Röm. 12, 2. spricht: Stellet euch nicht dieser Welt gleich, sondern verän- dert euch durch Verneuerung eures Sin- nes u. f. Welche Verleugnung in Ansehung derjenigen Dinge, welche an sich selbst sünd- lich sind, mit einem ernstlichen Haß verknüpfet seyn muß. e. Durch diese Verleugnung der Welt wird die Liebe gegen die Welt, sofern sie mit ih- ren sichtbaren Theilen und Dingen als ein Geschöpf GOttes betrachtet wird, aus einer theils unordentlichen theils unmäßigen wohl geordnet, also daß ein Mensch GOtt aus der Natur erkennet, und ihn über alles gu- te, was er ihn im Reiche der Natur zu genies- sen giebet, danckbarlich lobet und preiset. Wel- che wohlgeordnete Liebe denn auch einen recht- mäßigen Gebrauch der Creaturen mit sich führet. 4. Der dritte Punct dieses Textes be- a. Daß die Liebe der Welt mit der Liebe GOttes nicht bestehen kan: als welches Johannes mit ausdrücklichen Worten bezeu- get, wenn er saget: So iemand die Welt lieb
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 17. [Spaltenumbruch]
den kan, noch nach dem Leibe recht genieſſet,ſo hat er nichts daran und davon, als nur eine ſchnoͤde und thoͤrichte Augen-Weide, die doch aber mit einer unerſaͤttlichen Be- gierde des irdiſch-geſinneten Hertzens er- fuͤllet iſt. Es gehoͤren zu der ſuͤndlichen Augen-Luſt ferner allerhand eitele Luſt-Handlungen, als theatraliſche Schau-Spiele, ein af- fectirtes Gepraͤnge in Gemaͤhlden, das Thier-Gefechte, auch allerhand ſehr koſt- bare Kunſt- und Luſt-Feuer, und der- gleichen mehr. γ. Die dritte Haupt-Gattung des ſuͤndlichen Welt-Weſens iſt hoffaͤrtiges Leben, ἀλαζονεία τοῦ βίου, Pralerey mit dem, was zum zeitlichen Leben gehoͤret, oder vielmehr zum Uberfluß gerechnet wird. Davon der Grund iſt die herrſchende Eigen-Liebe und der daher entſtehende ſchwuͤlſtige Stoltz des Gemuͤths: welcher denn hervorbricht in al- les das, was in die Augen faͤllt, und von eitlen Menſchen bewundert wird und einem unter und vor andern eitelgeſinneten Welt- Kindern ein ſonderbares Anſehen machet: als da ſind: Ruhmredigkeit, Pracht in Kleidern, Prunck und Pomp in der Woh- nung und mit den Bedienten, Titel- und Rangſucht, und dergleichen mehr. d. Von dieſem dreyfachen ſuͤndlichen Welt- Weſen ſpricht der Apoſtel, es ſey in der Welt und von der Welt: in der Welt; es finde ſich unter den in der Welt lebenden Menſchen; und ſey von, oder ἐκ τοῦ κόσμου, aus der Welt, das iſt, der ſuͤndlichen Welt-Art gemaͤß, kom- me daher, werde davon angenommen, geſchehe in derſelben Gleichſtellung und werde zu aller Welt-Gefaͤlligkeit gerichtet. Wie dieſe Din- ge von der Welt ſind, ſo ſind hingegen die Juͤnger Chriſti nicht von der Welt: davon unſer Heyland Joh. 15, 19. ſpricht: Waͤret ihr von der Welt, ſo haͤtte die Welt das ihre lieb. Dieweil ihr aber nicht von der Welt ſeyd, ſondern ich habe euch von der Welt erwehlet, darum haſſet euch die Welt. Deßgleichen c. 17, 14. Jch habe ihnen gegeben dein Wort, und die Welt haſſet ſie. Denn ſie ſind nicht von der Welt, wie ich auch nicht von der Welt bin. u. f. Was nun von der Welt ſolcher geſtat iſt, das iſt auch von dem Satan als Fuͤr- ſten dieſer argen Welt, welche gantz in ihm lieget. Joh. 12, 31. c. 14, 30. Daß ſolches ſuͤnd- liche Weſen nicht vom Vater ſey, da er alles gut erſchaffen hat, iſt leichtlich zu erachten, nemlich daß die Suͤnde durch Betrug des Sa- tans in die Welt gekommen, und der Menſch ſich ſelbſt dazu reitzet nach Jac. 1, 13. 14. 15. 3. Der andere Punct dieſes Textes gehet a. Durch die Liebe der Welt verſtehet der Apoſtel zuvorderſt die innerliche Begierde und [Spaltenumbruch] Anhaͤnglichkeit, und denn dabey deroſelben Ausbruch und Ubung, dadurch man ſich theils andern eitelen Welt-Menſchen gleich ſtellet, es ihnen auch wohl zuvor zu thun ſuchet, theils ohne ihre Reitzung aus eignem Triebe der in- nerlichen Macht und Wut ſeiner Luͤſte zu aller- hand groben Uberfahrungen den Zuͤgel ſchieſſen laͤſſet. b. Jn ſofern das Wort Welt auf das Welt- Gebaͤude ſelbſt, und auf die darinnen befind- liche an ſich ſelbſt gute Creaturen GOttes ge- het, ſo will der Apoſtel mit dem Verbot der Liebe ſo viel ſagen, daß man das Geſchoͤpfe nicht mehr ehren und ihm nicht mehr dienen ſolle, als dem Schoͤpfer ſelbſt: welches Pau- lus in der abgoͤttiſchen Welt-Liebe der Hey- den beſtrafet Roͤm. 1, 25. Und wie mancher machet nicht einen heimlichen Goͤtzen aus die- ſem und jenem an ſich nicht verwerflichen Din- ge, von allerhand Art, alſo daß er ſein Hertz daran haͤnget, und dabey GOtt ſo gar nicht dienet, daß er ihn vielmehr gaͤntzlich aus den Augen ſetzet, oder doch, was er etwa von der Liebe, und von dem Dienſte GOttes noch uͤbrig hat, dergeſtalt unlauter machet und ent- kraͤftet, daß es nach und nach gar verloͤſchet und der Welt-Liebe voͤllig weichet. c. Kan nun aber dasjenige, welches in der Welt an ſich ſelbſt gut iſt, durch den Mißbrauch zur groſſen Suͤnde werden: ſo iſt leichtlich zu er- achten, wie es um diejenige Liebe der Welt ſte- hen muͤſſe, welche auf die ſuͤndlichen Dinge der Welt-Kinder faͤllt, und in der voͤlligen Gleich- ſtellung beſtehet. d. Es dringet demnach der Apoſtel mit dem Verbot der Welt-Liebe auf eine gruͤndliche, ernſtliche und beſtaͤndige Verleugnung und Enthaltung von ihrer Gleichſtellung: gleich- wie Paulus Roͤm. 12, 2. ſpricht: Stellet euch nicht dieſer Welt gleich, ſondern veraͤn- dert euch durch Verneuerung eures Sin- nes u. f. Welche Verleugnung in Anſehung derjenigen Dinge, welche an ſich ſelbſt ſuͤnd- lich ſind, mit einem ernſtlichen Haß verknuͤpfet ſeyn muß. e. Durch dieſe Verleugnung der Welt wird die Liebe gegen die Welt, ſofern ſie mit ih- ren ſichtbaren Theilen und Dingen als ein Geſchoͤpf GOttes betrachtet wird, aus einer theils unordentlichen theils unmaͤßigen wohl geordnet, alſo daß ein Menſch GOtt aus der Natur erkennet, und ihn uͤber alles gu- te, was er ihn im Reiche der Natur zu genieſ- ſen giebet, danckbarlich lobet und preiſet. Wel- che wohlgeordnete Liebe denn auch einen recht- maͤßigen Gebrauch der Creaturen mit ſich fuͤhret. 4. Der dritte Punct dieſes Textes be- a. Daß die Liebe der Welt mit der Liebe GOttes nicht beſtehen kan: als welches Johannes mit ausdruͤcklichen Worten bezeu- get, wenn er ſaget: So iemand die Welt lieb
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 17.
den kan, noch nach dem Leibe recht genieſſet,
ſo hat er nichts daran und davon, als nur
eine ſchnoͤde und thoͤrichte Augen-Weide,
die doch aber mit einer unerſaͤttlichen Be-
gierde des irdiſch-geſinneten Hertzens er-
fuͤllet iſt.
Es gehoͤren zu der ſuͤndlichen Augen-Luſt
ferner allerhand eitele Luſt-Handlungen,
als theatraliſche Schau-Spiele, ein af-
fectirtes Gepraͤnge in Gemaͤhlden, das
Thier-Gefechte, auch allerhand ſehr koſt-
bare Kunſt- und Luſt-Feuer, und der-
gleichen mehr.
γ. Die dritte Haupt-Gattung des ſuͤndlichen
Welt-Weſens iſt hoffaͤrtiges Leben,
ἀλαζονεία τοῦ βίου, Pralerey mit dem, was
zum zeitlichen Leben gehoͤret, oder vielmehr
zum Uberfluß gerechnet wird. Davon der
Grund iſt die herrſchende Eigen-Liebe und
der daher entſtehende ſchwuͤlſtige Stoltz des
Gemuͤths: welcher denn hervorbricht in al-
les das, was in die Augen faͤllt, und von
eitlen Menſchen bewundert wird und einem
unter und vor andern eitelgeſinneten Welt-
Kindern ein ſonderbares Anſehen machet:
als da ſind: Ruhmredigkeit, Pracht in
Kleidern, Prunck und Pomp in der Woh-
nung und mit den Bedienten, Titel- und
Rangſucht, und dergleichen mehr.
d. Von dieſem dreyfachen ſuͤndlichen Welt-
Weſen ſpricht der Apoſtel, es ſey in der Welt
und von der Welt: in der Welt; es finde
ſich unter den in der Welt lebenden Menſchen;
und ſey von, oder ἐκ τοῦ κόσμου, aus der Welt,
das iſt, der ſuͤndlichen Welt-Art gemaͤß, kom-
me daher, werde davon angenommen, geſchehe
in derſelben Gleichſtellung und werde zu aller
Welt-Gefaͤlligkeit gerichtet. Wie dieſe Din-
ge von der Welt ſind, ſo ſind hingegen die
Juͤnger Chriſti nicht von der Welt: davon
unſer Heyland Joh. 15, 19. ſpricht: Waͤret
ihr von der Welt, ſo haͤtte die Welt das
ihre lieb. Dieweil ihr aber nicht von
der Welt ſeyd, ſondern ich habe euch von
der Welt erwehlet, darum haſſet euch
die Welt. Deßgleichen c. 17, 14. Jch habe
ihnen gegeben dein Wort, und die Welt
haſſet ſie. Denn ſie ſind nicht von der
Welt, wie ich auch nicht von der Welt
bin. u. f. Was nun von der Welt ſolcher
geſtat iſt, das iſt auch von dem Satan als Fuͤr-
ſten dieſer argen Welt, welche gantz in ihm
lieget. Joh. 12, 31. c. 14, 30. Daß ſolches ſuͤnd-
liche Weſen nicht vom Vater ſey, da er alles
gut erſchaffen hat, iſt leichtlich zu erachten,
nemlich daß die Suͤnde durch Betrug des Sa-
tans in die Welt gekommen, und der Menſch
ſich ſelbſt dazu reitzet nach Jac. 1, 13. 14. 15.
3. Der andere Punct dieſes Textes gehet
nun auf das Verbot der Welt-Liebe, wenn es
heißt: Habt nicht lieb, nemlich die Welt, und
was in und von der Welt iſt. Dabey folgendes
zu mercken iſt:
a. Durch die Liebe der Welt verſtehet der
Apoſtel zuvorderſt die innerliche Begierde und
Anhaͤnglichkeit, und denn dabey deroſelben
Ausbruch und Ubung, dadurch man ſich theils
andern eitelen Welt-Menſchen gleich ſtellet,
es ihnen auch wohl zuvor zu thun ſuchet, theils
ohne ihre Reitzung aus eignem Triebe der in-
nerlichen Macht und Wut ſeiner Luͤſte zu aller-
hand groben Uberfahrungen den Zuͤgel ſchieſſen
laͤſſet.
b. Jn ſofern das Wort Welt auf das Welt-
Gebaͤude ſelbſt, und auf die darinnen befind-
liche an ſich ſelbſt gute Creaturen GOttes ge-
het, ſo will der Apoſtel mit dem Verbot der
Liebe ſo viel ſagen, daß man das Geſchoͤpfe
nicht mehr ehren und ihm nicht mehr dienen
ſolle, als dem Schoͤpfer ſelbſt: welches Pau-
lus in der abgoͤttiſchen Welt-Liebe der Hey-
den beſtrafet Roͤm. 1, 25. Und wie mancher
machet nicht einen heimlichen Goͤtzen aus die-
ſem und jenem an ſich nicht verwerflichen Din-
ge, von allerhand Art, alſo daß er ſein Hertz
daran haͤnget, und dabey GOtt ſo gar nicht
dienet, daß er ihn vielmehr gaͤntzlich aus den
Augen ſetzet, oder doch, was er etwa von der
Liebe, und von dem Dienſte GOttes noch
uͤbrig hat, dergeſtalt unlauter machet und ent-
kraͤftet, daß es nach und nach gar verloͤſchet und
der Welt-Liebe voͤllig weichet.
c. Kan nun aber dasjenige, welches in der Welt
an ſich ſelbſt gut iſt, durch den Mißbrauch zur
groſſen Suͤnde werden: ſo iſt leichtlich zu er-
achten, wie es um diejenige Liebe der Welt ſte-
hen muͤſſe, welche auf die ſuͤndlichen Dinge der
Welt-Kinder faͤllt, und in der voͤlligen Gleich-
ſtellung beſtehet.
d. Es dringet demnach der Apoſtel mit dem
Verbot der Welt-Liebe auf eine gruͤndliche,
ernſtliche und beſtaͤndige Verleugnung und
Enthaltung von ihrer Gleichſtellung: gleich-
wie Paulus Roͤm. 12, 2. ſpricht: Stellet euch
nicht dieſer Welt gleich, ſondern veraͤn-
dert euch durch Verneuerung eures Sin-
nes u. f. Welche Verleugnung in Anſehung
derjenigen Dinge, welche an ſich ſelbſt ſuͤnd-
lich ſind, mit einem ernſtlichen Haß verknuͤpfet
ſeyn muß.
e. Durch dieſe Verleugnung der Welt wird
die Liebe gegen die Welt, ſofern ſie mit ih-
ren ſichtbaren Theilen und Dingen als ein
Geſchoͤpf GOttes betrachtet wird, aus einer
theils unordentlichen theils unmaͤßigen
wohl geordnet, alſo daß ein Menſch GOtt
aus der Natur erkennet, und ihn uͤber alles gu-
te, was er ihn im Reiche der Natur zu genieſ-
ſen giebet, danckbarlich lobet und preiſet. Wel-
che wohlgeordnete Liebe denn auch einen recht-
maͤßigen Gebrauch der Creaturen mit ſich
fuͤhret.
4. Der dritte Punct dieſes Textes be-
ſtehet in den Urſachen, welche einen bewegen ſol-
len, die Welt nicht zu lieben, ſondern zu verleug-
nen. Und da haben wir dieſe viere:
a. Daß die Liebe der Welt mit der Liebe
GOttes nicht beſtehen kan: als welches
Johannes mit ausdruͤcklichen Worten bezeu-
get, wenn er ſaget: So iemand die Welt
lieb
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