Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 2. v. 17. des ersten Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
glaubet und seinen Glauben durch die wohlgeord-nete Liebe gegen GOTT, sich selbst, und den Nächsten, in der Ordnung der Verleugnung sei- ner selbst und der Welt thätig erweiset) der blei- bet in Ewigkeit (nicht allein nach dem We- sen, wie die Gottlosen, sondern auch nach dem vollkommnesten Wohlstande, dagegen jene ewig verloren gehen.) Anmerckungen. 1. Wir haben bey diesem Texte zuvorderst 2. Von dem ersten Puncte, oder der nicht a. Das Wort Welt wird oft genommen theils für das menschliche Geschlecht, theils für das allgemeine Verderben desselben, und also für die verderbte Welt-Menschen, und diese ge- doppelte Absicht kömmt in dem Worte Welt, also zusammen, sintemal weder die Menschen ohne die Sünde, noch die Sünden ohne die Menschen sind. Doch wird zuwei- len auf eines mehr gesehen, als auf das andere. Hierher gehören folgende Oerter aus diesem Briefe c. 2, 2. Christus ist die Versöh- nung für die Sünde der gantzen Welt. c. 3, 1. Darum kennet euch die Welt nicht, denn sie kennet ihn nicht. v. 13. Verwun- dert euch nicht, meine Brüder, ob euch die Welt hasset. Siehe auch c. 4, 1. 2. 3. und sonderlich v. 4. Sie sind von der Welt, darum reden sie von der Welt und die Welt höret sie. Deßgleichen v. 17. und c. 5, 4. Alles was von GOTT geboren ist, überwindet die Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt über- wunden hat. Ferner v. 19. Die gantze Welt lieget im Argen. b. Alhier aber verstehen wir das Wort Welt billig zuvorderst von dem Welt-Gebäude und den darinnen befindlichen natürlichen Geschö- pfen GOttes. Denn die Welt wird alhier unterschieden von dem, was in der Welt ist, nemlich allem sündlichen Wesen. So heißt es auch von derselben, daß sie mit ihrer Lust vergehe: welches vergehen auch sonst von dem äusserlichen Welt-Gebäude und den dar- innen befindlichen Geschöpfen bekannter mas- sen gesaget wird. Wie nun auch die Welt, in diesem Verstande betrachtet, nicht soll ge- liebet werden, das wollen wir bald sehen. c. Das sündliche Wesen in der Welt beschrei- bet der Apostel nach seiner dreyfachen Art. Und da man die Laster überhaupt nicht unfüg- lich in diese drey Haupt-Gattungen theilet, in die Wohllust, in den Geitz und in die Am- bition, oder Ehrsucht, so lassen sich auch al- hier die Worte des Apostels davon gar füglich [Spaltenumbruch] verstehen. Dabey doch aber zum voraus die- ses zu mercken ist, daß sie alle in der bösen Lust zusammen kommen, und ein iegliches Laster aus der bösen Lust, sofern diese als die Erbsünde betrachtet wird, als aus ihrer Qvelle und Wurtzel entstehet. Davon sonderlich fol- gende Oerter zu conferiren sind. Jac. 1, 14. 15. Gal. 5, 17. 24. Röm. 13, 14. a. Da das Wort Fleisch, welches sonst auch oft die sündliche Unart bedeutet, alhier von der sündlichen Lust unterschieden wird, so verstehet man es billig von dem Leibe, und also ist die Fleisches-Lust alhier eigent- lich diejenige Gattung der Sünde, welche auf mancherley Art unter einer reitzenden und unreinen Empfindung mit den Gliedern des Leibes ausgeübet, und sonst vor andern bösen Lust-Handlungen mit dem Namen der Wohllust benennet wird. Dero be- sondere Arten Paulus 1 Cor. 6, 9. Gal. 5, 19. Col. 3, 5. nach einander nahmhaft ma- chet. Dabey sonderlich der Ort 1 Cor. 6, 18. zu mercken ist; als darinnen wir sehen, in welchem Verstande das Wort Fleisch, auch alhier stehe, nemlich in dem vom Leibe; wenn er spricht: Alle Sünden, die der Mensch thut, sind ausser seinem Leibe: Wer aber huret, der sündiget an sei- nem eigenen Leibe. Daß Fressen und Saufen mit zur groben Wohllust gehöre, und das Fleisch geil mache, ist an sich schon bekannt genug. b. Was die Augen-Lust alhier eigentlich sey, ist wohl zu erwegen. Wir mercken da- von zuvorderst dieses, daß zwar der Geitz dadurch verstanden werde, aber nicht allein, sondern noch viel ein mehrers. Daß der Geitz damit gemeynet sey, erkennet man fürs erste daraus, daß es ein rechtes Haupt-Laster der Welt-Kinder ist, und zwar ein solches, welches Paulus 1 Tim. 6, 10. die Wurtzel alles Ubels nennet: daher denn nicht zu vermuthen ist, daß Johannes bey Anfüh- rung der besondern sündlichen Haupt-Gat- tungen darauf nicht solte gesehen haben. So schicket sich auch die Benennung der Augen-Lust nicht unfüglich zum Geitze. Zwar ist es freylich an dem, daß auch die Fleisches-Lust und das hoffärtige Leben auf mancherley Art mit zur Augen-Lust wird: aber es gereichet doch auf eine besondere Art der Geitz dazu. Denn man erwege nur diese Haupt-Beschaffenheit eines Geitzigen, als Geitzigen, daß er, in sofern er dem Geitze ergeben ist und zwar also, daß dieser Affect die fleischliche Wohllust und das hoffärtige Leben, in so weit sie Unkosten machen, nicht zum Ausbruche kommen lasset, oft des Lei- bes weder mit Essen und Trincken, noch mit der Kleidung, noch sonst zur gehörigen Nothdurft pfleget, oder sich doch aller Wohllust und Kleider-Pracht, weil sie kostbar ist, enthält. Da er nun solcher ge- stalt seines Geldes und Gutes weder nach der Seele, die dadurch nicht gesättiget wer- den P p p p 2
Cap. 2. v. 17. des erſten Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
glaubet und ſeinen Glauben durch die wohlgeord-nete Liebe gegen GOTT, ſich ſelbſt, und den Naͤchſten, in der Ordnung der Verleugnung ſei- ner ſelbſt und der Welt thaͤtig erweiſet) der blei- bet in Ewigkeit (nicht allein nach dem We- ſen, wie die Gottloſen, ſondern auch nach dem vollkommneſten Wohlſtande, dagegen jene ewig verloren gehen.) Anmerckungen. 1. Wir haben bey dieſem Texte zuvorderſt 2. Von dem erſten Puncte, oder der nicht a. Das Wort Welt wird oft genommen theils fuͤr das menſchliche Geſchlecht, theils fuͤr das allgemeine Verderben deſſelben, und alſo fuͤr die verderbte Welt-Menſchen, und dieſe ge- doppelte Abſicht koͤmmt in dem Worte Welt, alſo zuſammen, ſintemal weder die Menſchen ohne die Suͤnde, noch die Suͤnden ohne die Menſchen ſind. Doch wird zuwei- len auf eines mehr geſehen, als auf das andere. Hierher gehoͤren folgende Oerter aus dieſem Briefe c. 2, 2. Chriſtus iſt die Verſoͤh- nung fuͤr die Suͤnde der gantzen Welt. c. 3, 1. Darum kennet euch die Welt nicht, denn ſie kennet ihn nicht. v. 13. Verwun- dert euch nicht, meine Bruͤder, ob euch die Welt haſſet. Siehe auch c. 4, 1. 2. 3. und ſonderlich v. 4. Sie ſind von der Welt, darum reden ſie von der Welt und die Welt hoͤret ſie. Deßgleichen v. 17. und c. 5, 4. Alles was von GOTT geboren iſt, uͤberwindet die Welt, und unſer Glaube iſt der Sieg, der die Welt uͤber- wunden hat. Ferner v. 19. Die gantze Welt lieget im Argen. b. Alhier aber verſtehen wir das Wort Welt billig zuvorderſt von dem Welt-Gebaͤude und den darinnen befindlichen natuͤrlichen Geſchoͤ- pfen GOttes. Denn die Welt wird alhier unterſchieden von dem, was in der Welt iſt, nemlich allem ſuͤndlichen Weſen. So heißt es auch von derſelben, daß ſie mit ihrer Luſt vergehe: welches vergehen auch ſonſt von dem aͤuſſerlichen Welt-Gebaͤude und den dar- innen befindlichen Geſchoͤpfen bekannter maſ- ſen geſaget wird. Wie nun auch die Welt, in dieſem Verſtande betrachtet, nicht ſoll ge- liebet werden, das wollen wir bald ſehen. c. Das ſuͤndliche Weſen in der Welt beſchrei- bet der Apoſtel nach ſeiner dreyfachen Art. Und da man die Laſter uͤberhaupt nicht unfuͤg- lich in dieſe drey Haupt-Gattungen theilet, in die Wohlluſt, in den Geitz und in die Am- bition, oder Ehrſucht, ſo laſſen ſich auch al- hier die Worte des Apoſtels davon gar fuͤglich [Spaltenumbruch] verſtehen. Dabey doch aber zum voraus die- ſes zu mercken iſt, daß ſie alle in der boͤſen Luſt zuſammen kommen, und ein iegliches Laſter aus der boͤſen Luſt, ſofern dieſe als die Erbſuͤnde betrachtet wird, als aus ihrer Qvelle und Wurtzel entſtehet. Davon ſonderlich fol- gende Oerter zu conferiren ſind. Jac. 1, 14. 15. Gal. 5, 17. 24. Roͤm. 13, 14. α. Da das Wort Fleiſch, welches ſonſt auch oft die ſuͤndliche Unart bedeutet, alhier von der ſuͤndlichen Luſt unterſchieden wird, ſo verſtehet man es billig von dem Leibe, und alſo iſt die Fleiſches-Luſt alhier eigent- lich diejenige Gattung der Suͤnde, welche auf mancherley Art unter einer reitzenden und unreinen Empfindung mit den Gliedern des Leibes ausgeuͤbet, und ſonſt vor andern boͤſen Luſt-Handlungen mit dem Namen der Wohlluſt benennet wird. Dero be- ſondere Arten Paulus 1 Cor. 6, 9. Gal. 5, 19. Col. 3, 5. nach einander nahmhaft ma- chet. Dabey ſonderlich der Ort 1 Cor. 6, 18. zu mercken iſt; als darinnen wir ſehen, in welchem Verſtande das Wort Fleiſch, auch alhier ſtehe, nemlich in dem vom Leibe; wenn er ſpricht: Alle Suͤnden, die der Menſch thut, ſind auſſer ſeinem Leibe: Wer aber huret, der ſuͤndiget an ſei- nem eigenen Leibe. Daß Freſſen und Saufen mit zur groben Wohlluſt gehoͤre, und das Fleiſch geil mache, iſt an ſich ſchon bekannt genug. β. Was die Augen-Luſt alhier eigentlich ſey, iſt wohl zu erwegen. Wir mercken da- von zuvorderſt dieſes, daß zwar der Geitz dadurch verſtanden werde, aber nicht allein, ſondern noch viel ein mehrers. Daß der Geitz damit gemeynet ſey, erkennet man fuͤrs erſte daraus, daß es ein rechtes Haupt-Laſter der Welt-Kinder iſt, und zwar ein ſolches, welches Paulus 1 Tim. 6, 10. die Wurtzel alles Ubels nennet: daher denn nicht zu vermuthen iſt, daß Johannes bey Anfuͤh- rung der beſondern ſuͤndlichen Haupt-Gat- tungen darauf nicht ſolte geſehen haben. So ſchicket ſich auch die Benennung der Augen-Luſt nicht unfuͤglich zum Geitze. Zwar iſt es freylich an dem, daß auch die Fleiſches-Luſt und das hoffaͤrtige Leben auf mancherley Art mit zur Augen-Luſt wird: aber es gereichet doch auf eine beſondere Art der Geitz dazu. Denn man erwege nur dieſe Haupt-Beſchaffenheit eines Geitzigen, als Geitzigen, daß er, in ſofern er dem Geitze ergeben iſt und zwar alſo, daß dieſer Affect die fleiſchliche Wohlluſt und das hoffaͤrtige Leben, in ſo weit ſie Unkoſten machen, nicht zum Ausbruche kommen laſſet, oft des Lei- bes weder mit Eſſen und Trincken, noch mit der Kleidung, noch ſonſt zur gehoͤrigen Nothdurft pfleget, oder ſich doch aller Wohlluſt und Kleider-Pracht, weil ſie koſtbar iſt, enthaͤlt. Da er nun ſolcher ge- ſtalt ſeines Geldes und Gutes weder nach der Seele, die dadurch nicht geſaͤttiget wer- den P p p p 2
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Cap. 2. v. 17. des erſten Briefes Johannis.
glaubet und ſeinen Glauben durch die wohlgeord-
nete Liebe gegen GOTT, ſich ſelbſt, und den
Naͤchſten, in der Ordnung der Verleugnung ſei-
ner ſelbſt und der Welt thaͤtig erweiſet) der blei-
bet in Ewigkeit (nicht allein nach dem We-
ſen, wie die Gottloſen, ſondern auch nach dem
vollkommneſten Wohlſtande, dagegen jene ewig
verloren gehen.)
Anmerckungen.
1. Wir haben bey dieſem Texte zuvorderſt
die Ordnung zu mercken, nach welcher wir darin-
nen drey Stuͤcke finden: erſtlich die Welt, die
wir nicht lieben ſollen; welche mit mehrern Wor-
ten nach ihrem ſuͤndlichen Weſen beſchrieben
wird: hernach die Warnung vor der Welt-
Liebe, oder die Abmahnung davon: und denn
drittens die Gruͤnde, welche uns zur Verleug-
nung der Welt-Liebe bewegen ſollen.
2. Von dem erſten Puncte, oder der nicht
zu liebenden Welt iſt folgendes zu mercken:
a. Das Wort Welt wird oft genommen theils
fuͤr das menſchliche Geſchlecht, theils fuͤr das
allgemeine Verderben deſſelben, und alſo fuͤr
die verderbte Welt-Menſchen, und dieſe ge-
doppelte Abſicht koͤmmt in dem Worte
Welt, alſo zuſammen, ſintemal weder die
Menſchen ohne die Suͤnde, noch die Suͤnden
ohne die Menſchen ſind. Doch wird zuwei-
len auf eines mehr geſehen, als auf das andere.
Hierher gehoͤren folgende Oerter aus dieſem
Briefe c. 2, 2. Chriſtus iſt die Verſoͤh-
nung fuͤr die Suͤnde der gantzen Welt.
c. 3, 1. Darum kennet euch die Welt nicht,
denn ſie kennet ihn nicht. v. 13. Verwun-
dert euch nicht, meine Bruͤder, ob euch
die Welt haſſet. Siehe auch c. 4, 1. 2. 3. und
ſonderlich v. 4. Sie ſind von der Welt,
darum reden ſie von der Welt und die
Welt hoͤret ſie. Deßgleichen v. 17. und
c. 5, 4. Alles was von GOTT geboren
iſt, uͤberwindet die Welt, und unſer
Glaube iſt der Sieg, der die Welt uͤber-
wunden hat. Ferner v. 19. Die gantze
Welt lieget im Argen.
b. Alhier aber verſtehen wir das Wort Welt
billig zuvorderſt von dem Welt-Gebaͤude und
den darinnen befindlichen natuͤrlichen Geſchoͤ-
pfen GOttes. Denn die Welt wird alhier
unterſchieden von dem, was in der Welt iſt,
nemlich allem ſuͤndlichen Weſen. So heißt
es auch von derſelben, daß ſie mit ihrer Luſt
vergehe: welches vergehen auch ſonſt von
dem aͤuſſerlichen Welt-Gebaͤude und den dar-
innen befindlichen Geſchoͤpfen bekannter maſ-
ſen geſaget wird. Wie nun auch die Welt,
in dieſem Verſtande betrachtet, nicht ſoll ge-
liebet werden, das wollen wir bald ſehen.
c. Das ſuͤndliche Weſen in der Welt beſchrei-
bet der Apoſtel nach ſeiner dreyfachen Art.
Und da man die Laſter uͤberhaupt nicht unfuͤg-
lich in dieſe drey Haupt-Gattungen theilet, in
die Wohlluſt, in den Geitz und in die Am-
bition, oder Ehrſucht, ſo laſſen ſich auch al-
hier die Worte des Apoſtels davon gar fuͤglich
verſtehen. Dabey doch aber zum voraus die-
ſes zu mercken iſt, daß ſie alle in der boͤſen Luſt
zuſammen kommen, und ein iegliches Laſter
aus der boͤſen Luſt, ſofern dieſe als die Erbſuͤnde
betrachtet wird, als aus ihrer Qvelle und
Wurtzel entſtehet. Davon ſonderlich fol-
gende Oerter zu conferiren ſind. Jac. 1, 14.
15. Gal. 5, 17. 24. Roͤm. 13, 14.
α. Da das Wort Fleiſch, welches ſonſt auch
oft die ſuͤndliche Unart bedeutet, alhier
von der ſuͤndlichen Luſt unterſchieden wird,
ſo verſtehet man es billig von dem Leibe,
und alſo iſt die Fleiſches-Luſt alhier eigent-
lich diejenige Gattung der Suͤnde, welche
auf mancherley Art unter einer reitzenden
und unreinen Empfindung mit den Gliedern
des Leibes ausgeuͤbet, und ſonſt vor andern
boͤſen Luſt-Handlungen mit dem Namen
der Wohlluſt benennet wird. Dero be-
ſondere Arten Paulus 1 Cor. 6, 9. Gal. 5,
19. Col. 3, 5. nach einander nahmhaft ma-
chet. Dabey ſonderlich der Ort 1 Cor. 6,
18. zu mercken iſt; als darinnen wir ſehen,
in welchem Verſtande das Wort Fleiſch,
auch alhier ſtehe, nemlich in dem vom Leibe;
wenn er ſpricht: Alle Suͤnden, die der
Menſch thut, ſind auſſer ſeinem Leibe:
Wer aber huret, der ſuͤndiget an ſei-
nem eigenen Leibe. Daß Freſſen und
Saufen mit zur groben Wohlluſt gehoͤre,
und das Fleiſch geil mache, iſt an ſich ſchon
bekannt genug.
β. Was die Augen-Luſt alhier eigentlich
ſey, iſt wohl zu erwegen. Wir mercken da-
von zuvorderſt dieſes, daß zwar der Geitz
dadurch verſtanden werde, aber nicht allein,
ſondern noch viel ein mehrers. Daß der
Geitz damit gemeynet ſey, erkennet man fuͤrs
erſte daraus, daß es ein rechtes Haupt-Laſter
der Welt-Kinder iſt, und zwar ein ſolches,
welches Paulus 1 Tim. 6, 10. die Wurtzel
alles Ubels nennet: daher denn nicht zu
vermuthen iſt, daß Johannes bey Anfuͤh-
rung der beſondern ſuͤndlichen Haupt-Gat-
tungen darauf nicht ſolte geſehen haben.
So ſchicket ſich auch die Benennung der
Augen-Luſt nicht unfuͤglich zum Geitze.
Zwar iſt es freylich an dem, daß auch die
Fleiſches-Luſt und das hoffaͤrtige Leben auf
mancherley Art mit zur Augen-Luſt wird:
aber es gereichet doch auf eine beſondere Art
der Geitz dazu. Denn man erwege nur
dieſe Haupt-Beſchaffenheit eines Geitzigen,
als Geitzigen, daß er, in ſofern er dem Geitze
ergeben iſt und zwar alſo, daß dieſer Affect
die fleiſchliche Wohlluſt und das hoffaͤrtige
Leben, in ſo weit ſie Unkoſten machen, nicht
zum Ausbruche kommen laſſet, oft des Lei-
bes weder mit Eſſen und Trincken, noch mit
der Kleidung, noch ſonſt zur gehoͤrigen
Nothdurft pfleget, oder ſich doch aller
Wohlluſt und Kleider-Pracht, weil ſie
koſtbar iſt, enthaͤlt. Da er nun ſolcher ge-
ſtalt ſeines Geldes und Gutes weder nach
der Seele, die dadurch nicht geſaͤttiget wer-
den
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