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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 3. v. 15-17. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]

3. Der Apostel zeiget an, mit wem es ein
Christe unter dem Leiden zu thun habe: nemlich
mit GOTT und mit den Feinden der
Wahrheit. Gegen GOtt ist ein gutes Ge-
wissen,
damit man zur Heiligung seines Na-
mens in seiner Furcht stehet, genug. Vor
Menschen aber wird oft eine Verantwortung
erfordert.

4. Es kömmt bey der Verantwortung auf
unterschiedliche Stücke an, nach den folgenden
Fragen:

a. Wovon soll sie gegeben werden? Von
der Hoffnung, welche in den Christen
war:
das ist, von der gantzen Christlichen
Religion, welche eine lebendige Hoffnung
des ewigen Lebens in der Ordnung der Wie-
dergeburt gab, nach c. 1, 3. 13. 21. Und also
gehöret zu dieser Hoffnung alles das, worauf
die Christliche Religion gegründet ist, und
was sie von Heyls-Lehren, und Heyls-Gü-
tern, auch Lebens-Pflichten in sich hält.
b. Wem sie soll gethan werden? einem
ieden, der Grund davon fodert,
das ist,
der da wissen will, wie es um die Christliche
Religion stehe, ob es eine irrige Sache sey,
welche sich in der Christen ihre Leichtgläubig-
keit resolvire, wie die Feinde dafür hielten,
oder nicht. Es gehören zu solchem Grund-
fordern auch die Einwürfe, welche dagegen ge-
macht wurden. Darüber nun sich zu erklären
soll man bereit seyn gegen iederman; zuvorderst
gegen die Obrigkeit, wenn man von ihr zur
Verantwortung gezogen wird; wie wir auch
an Paulo und an Christo selbst sehen: ausser
dem aber auch sonst gegen iedermann, wel-
cher wider das Christenthum mit einem fal-
schen Wahn eingenommen ist, und davon
gern unterrichtet seyn will. Welches man
so viel weniger zu unterlassen hat, so viel meh-
rere Gelegenheit einem dadurch zur Uberzeu-
gung anderer, nicht allein von seiner Un-
schuld, sondern auch von ihrem auch ihnen
erworbenen Heyl, gegeben wurde.
c. Wie sie soll beschaffen seyn? sie soll gesche-
hen
a. Mit Sanftmuth: das ist, da man sich
in Ansehung der groben Beschuldigungen
und Lästerungen leichtlich zu einiger Hitze
kan aufbringen lassen, sonderlich wenn ei-
nem auch mitten bey der Verantwortung
übel begegnet wird; so soll man sich wohl
fassen, daß alles mit stillem, gelinden und
sanften Muthe geschehe, und derselbe durch
ruhige Geberden und gelinde Worte bezeu-
get werde.
b. Mit Furcht, theils vor GOTT; durch
welche man alle ungebührliche Menschen-
Furcht aus den Augen setzet, und um GOt-
tes willen nichts von dem, was zu sagen ist,
verschweiget: theils auch vor Menschen,
sonderlich der Obrigkeit, daß man nebst der
Sanftmuth sich auch ehrerbietig gegen sie
erweise: und überhaupt mit Furcht vor
GOtt und Menschen, damit man in der
Verantwortung nichts versehen möge, wel-
[Spaltenumbruch] ches der guten Sache zum Nachtheil gerei-
chen kan.

5. Damit man sich diesen Text noch ferner
zu Nutze mache, so mercke man noch folgen-
des:

a. Wer GOtt heiligen will vor Menschen
mit Verantwortung, der hat ihn ja zuvor-
derst im Hertzen zu heiligen. Denn zu einer
guten Sache gehöret auch eine gute Person,
das ist, die justitia personae, wie die Latei-
ner sagen, zur justitia caussae.
b. Nicht allein die öffentliche Lehrer, sondern
auch die übrigen Christen müssen sich in dem
Stande befinden, daß sie geschickt sind zur
Verantwortung nicht allein von ihrer Un-
schuld, sondern auch von der Wahrheit der
Christlichen Religion. Man siehet hieraus,
wozu es die damaligen Christen in der Er-
kenntniß nach dem Verstande, und in der
Kraft nach dem Willen haben bringen kön-
nen, auch guten theils wircklich gebracht ha-
ben.
c. Damit man sich soviel mehr in aller Sanft-
muth gegen die Widersprecher der Wahrheit
bey der Verantwortung fassen möge, so hat
man sie als Krancke, und zwar als solche, wel-
che vor Heftigkeit ihrer Kranckheit rasen, oder
doch irre reden, sich aber als einen verständi-
gen Medicum, der mit solchen Leuten nicht
zürnet, sondern manches von ihnen verträget,
anzusehen.
d. Man soll zwar gegen einen ieden und auch
allezeit sich zur Verantwortung bereit halten;
aber es ist doch nicht nöthig, daß man sich
allezeit und mit einem ieden ohne Unterscheid
einlasse. Denn zuweilen ist schweigen besser,
als reden: und da hat man die Worte unsers
Heylandes zu bedencken, da er Matth. 7, 6.
saget: Jhr solt das Heiligthum nicht
den Hunden geben, und eure Perlen
solt ihr nicht vor die Säue werfen, auf-
daß sie dieselben nicht zutreten mit ih-
ren Füssen, und sich wenden und euch
zerreissen.
V. 16. 17.

Und habet (auch bewahret) ein gut Ge-
wissen,
(und erweiset solches im gantzen Wan-
del,) auf daß die, so von euch afterreden,
als von Ubelthätern, zu schanden wer-
den, daß sie geschmähet haben euren gu-
ten Wandel in Christo. Denn es ist besser,
wenn es GOttes Wille ist,
(wenn er die
Leiden über euch verhenget, daß sie euch zum be-
sten dienen sollen,) daß ihr von Wohlthat
wegen leidet, denn von Ubelthat wegen.

Anmerckungen.

1. Ein gutes Gewissen und eine rechte Sa-
che stehet billig zusammen. Darum wer eine
gute Sache behalten will, der muß auch ein gu-
tes Gewissen bewahren: wie denn das ekhein ha-
ben,
alhie soviel ist, als katekhein, veste hal-
ten.

2. Ein gutes Gewissen haben, und doch
noch allerhand sündlichen Schwachheiten un-

ter-
A a a a 2
Cap. 3. v. 15-17. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]

3. Der Apoſtel zeiget an, mit wem es ein
Chriſte unter dem Leiden zu thun habe: nemlich
mit GOTT und mit den Feinden der
Wahrheit. Gegen GOtt iſt ein gutes Ge-
wiſſen,
damit man zur Heiligung ſeines Na-
mens in ſeiner Furcht ſtehet, genug. Vor
Menſchen aber wird oft eine Verantwortung
erfordert.

4. Es koͤmmt bey der Verantwortung auf
unterſchiedliche Stuͤcke an, nach den folgenden
Fragen:

a. Wovon ſoll ſie gegeben werden? Von
der Hoffnung, welche in den Chriſten
war:
das iſt, von der gantzen Chriſtlichen
Religion, welche eine lebendige Hoffnung
des ewigen Lebens in der Ordnung der Wie-
dergeburt gab, nach c. 1, 3. 13. 21. Und alſo
gehoͤret zu dieſer Hoffnung alles das, worauf
die Chriſtliche Religion gegruͤndet iſt, und
was ſie von Heyls-Lehren, und Heyls-Guͤ-
tern, auch Lebens-Pflichten in ſich haͤlt.
b. Wem ſie ſoll gethan werden? einem
ieden, der Grund davon fodert,
das iſt,
der da wiſſen will, wie es um die Chriſtliche
Religion ſtehe, ob es eine irrige Sache ſey,
welche ſich in der Chriſten ihre Leichtglaͤubig-
keit reſolvire, wie die Feinde dafuͤr hielten,
oder nicht. Es gehoͤren zu ſolchem Grund-
fordern auch die Einwuͤrfe, welche dagegen ge-
macht wurden. Daruͤber nun ſich zu erklaͤren
ſoll man bereit ſeyn gegen iederman; zuvorderſt
gegen die Obrigkeit, wenn man von ihr zur
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an Paulo und an Chriſto ſelbſt ſehen: auſſer
dem aber auch ſonſt gegen iedermann, wel-
cher wider das Chriſtenthum mit einem fal-
ſchen Wahn eingenommen iſt, und davon
gern unterrichtet ſeyn will. Welches man
ſo viel weniger zu unterlaſſen hat, ſo viel meh-
rere Gelegenheit einem dadurch zur Uberzeu-
gung anderer, nicht allein von ſeiner Un-
ſchuld, ſondern auch von ihrem auch ihnen
erworbenen Heyl, gegeben wurde.
c. Wie ſie ſoll beſchaffen ſeyn? ſie ſoll geſche-
hen
α. Mit Sanftmuth: das iſt, da man ſich
in Anſehung der groben Beſchuldigungen
und Laͤſterungen leichtlich zu einiger Hitze
kan aufbringen laſſen, ſonderlich wenn ei-
nem auch mitten bey der Verantwortung
uͤbel begegnet wird; ſo ſoll man ſich wohl
faſſen, daß alles mit ſtillem, gelinden und
ſanften Muthe geſchehe, und derſelbe durch
ruhige Geberden und gelinde Worte bezeu-
get werde.
β. Mit Furcht, theils vor GOTT; durch
welche man alle ungebuͤhrliche Menſchen-
Furcht aus den Augen ſetzet, und um GOt-
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verſchweiget: theils auch vor Menſchen,
ſonderlich der Obrigkeit, daß man nebſt der
Sanftmuth ſich auch ehrerbietig gegen ſie
erweiſe: und uͤberhaupt mit Furcht vor
GOtt und Menſchen, damit man in der
Verantwortung nichts verſehen moͤge, wel-
[Spaltenumbruch] ches der guten Sache zum Nachtheil gerei-
chen kan.

5. Damit man ſich dieſen Text noch ferner
zu Nutze mache, ſo mercke man noch folgen-
des:

a. Wer GOtt heiligen will vor Menſchen
mit Verantwortung, der hat ihn ja zuvor-
derſt im Hertzen zu heiligen. Denn zu einer
guten Sache gehoͤret auch eine gute Perſon,
das iſt, die juſtitia perſonæ, wie die Latei-
ner ſagen, zur juſtitia cauſſæ.
b. Nicht allein die oͤffentliche Lehrer, ſondern
auch die uͤbrigen Chriſten muͤſſen ſich in dem
Stande befinden, daß ſie geſchickt ſind zur
Verantwortung nicht allein von ihrer Un-
ſchuld, ſondern auch von der Wahrheit der
Chriſtlichen Religion. Man ſiehet hieraus,
wozu es die damaligen Chriſten in der Er-
kenntniß nach dem Verſtande, und in der
Kraft nach dem Willen haben bringen koͤn-
nen, auch guten theils wircklich gebracht ha-
ben.
c. Damit man ſich ſoviel mehr in aller Sanft-
muth gegen die Widerſprecher der Wahrheit
bey der Verantwortung faſſen moͤge, ſo hat
man ſie als Krancke, und zwar als ſolche, wel-
che vor Heftigkeit ihrer Kranckheit raſen, oder
doch irre reden, ſich aber als einen verſtaͤndi-
gen Medicum, der mit ſolchen Leuten nicht
zuͤrnet, ſondern manches von ihnen vertraͤget,
anzuſehen.
d. Man ſoll zwar gegen einen ieden und auch
allezeit ſich zur Verantwortung bereit halten;
aber es iſt doch nicht noͤthig, daß man ſich
allezeit und mit einem ieden ohne Unterſcheid
einlaſſe. Denn zuweilen iſt ſchweigen beſſer,
als reden: und da hat man die Worte unſers
Heylandes zu bedencken, da er Matth. 7, 6.
ſaget: Jhr ſolt das Heiligthum nicht
den Hunden geben, und eure Perlen
ſolt ihr nicht vor die Saͤue werfen, auf-
daß ſie dieſelben nicht zutreten mit ih-
ren Fuͤſſen, und ſich wenden und euch
zerreiſſen.
V. 16. 17.

Und habet (auch bewahret) ein gut Ge-
wiſſen,
(und erweiſet ſolches im gantzen Wan-
del,) auf daß die, ſo von euch afterreden,
als von Ubelthaͤtern, zu ſchanden wer-
den, daß ſie geſchmaͤhet haben euren gu-
ten Wandel in Chriſto. Denn es iſt beſſer,
wenn es GOttes Wille iſt,
(wenn er die
Leiden uͤber euch verhenget, daß ſie euch zum be-
ſten dienen ſollen,) daß ihr von Wohlthat
wegen leidet, denn von Ubelthat wegen.

Anmerckungen.

1. Ein gutes Gewiſſen und eine rechte Sa-
che ſtehet billig zuſammen. Darum wer eine
gute Sache behalten will, der muß auch ein gu-
tes Gewiſſen bewahren: wie denn das ἔχειν ha-
ben,
alhie ſoviel iſt, als κατέχειν, veſte hal-
ten.

2. Ein gutes Gewiſſen haben, und doch
noch allerhand ſuͤndlichen Schwachheiten un-

ter-
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[555/0557] Cap. 3. v. 15-17. des erſten Briefes Petri. 3. Der Apoſtel zeiget an, mit wem es ein Chriſte unter dem Leiden zu thun habe: nemlich mit GOTT und mit den Feinden der Wahrheit. Gegen GOtt iſt ein gutes Ge- wiſſen, damit man zur Heiligung ſeines Na- mens in ſeiner Furcht ſtehet, genug. Vor Menſchen aber wird oft eine Verantwortung erfordert. 4. Es koͤmmt bey der Verantwortung auf unterſchiedliche Stuͤcke an, nach den folgenden Fragen: a. Wovon ſoll ſie gegeben werden? Von der Hoffnung, welche in den Chriſten war: das iſt, von der gantzen Chriſtlichen Religion, welche eine lebendige Hoffnung des ewigen Lebens in der Ordnung der Wie- dergeburt gab, nach c. 1, 3. 13. 21. Und alſo gehoͤret zu dieſer Hoffnung alles das, worauf die Chriſtliche Religion gegruͤndet iſt, und was ſie von Heyls-Lehren, und Heyls-Guͤ- tern, auch Lebens-Pflichten in ſich haͤlt. b. Wem ſie ſoll gethan werden? einem ieden, der Grund davon fodert, das iſt, der da wiſſen will, wie es um die Chriſtliche Religion ſtehe, ob es eine irrige Sache ſey, welche ſich in der Chriſten ihre Leichtglaͤubig- keit reſolvire, wie die Feinde dafuͤr hielten, oder nicht. Es gehoͤren zu ſolchem Grund- fordern auch die Einwuͤrfe, welche dagegen ge- macht wurden. Daruͤber nun ſich zu erklaͤren ſoll man bereit ſeyn gegen iederman; zuvorderſt gegen die Obrigkeit, wenn man von ihr zur Verantwortung gezogen wird; wie wir auch an Paulo und an Chriſto ſelbſt ſehen: auſſer dem aber auch ſonſt gegen iedermann, wel- cher wider das Chriſtenthum mit einem fal- ſchen Wahn eingenommen iſt, und davon gern unterrichtet ſeyn will. Welches man ſo viel weniger zu unterlaſſen hat, ſo viel meh- rere Gelegenheit einem dadurch zur Uberzeu- gung anderer, nicht allein von ſeiner Un- ſchuld, ſondern auch von ihrem auch ihnen erworbenen Heyl, gegeben wurde. c. Wie ſie ſoll beſchaffen ſeyn? ſie ſoll geſche- hen α. Mit Sanftmuth: das iſt, da man ſich in Anſehung der groben Beſchuldigungen und Laͤſterungen leichtlich zu einiger Hitze kan aufbringen laſſen, ſonderlich wenn ei- nem auch mitten bey der Verantwortung uͤbel begegnet wird; ſo ſoll man ſich wohl faſſen, daß alles mit ſtillem, gelinden und ſanften Muthe geſchehe, und derſelbe durch ruhige Geberden und gelinde Worte bezeu- get werde. β. Mit Furcht, theils vor GOTT; durch welche man alle ungebuͤhrliche Menſchen- Furcht aus den Augen ſetzet, und um GOt- tes willen nichts von dem, was zu ſagen iſt, verſchweiget: theils auch vor Menſchen, ſonderlich der Obrigkeit, daß man nebſt der Sanftmuth ſich auch ehrerbietig gegen ſie erweiſe: und uͤberhaupt mit Furcht vor GOtt und Menſchen, damit man in der Verantwortung nichts verſehen moͤge, wel- ches der guten Sache zum Nachtheil gerei- chen kan. 5. Damit man ſich dieſen Text noch ferner zu Nutze mache, ſo mercke man noch folgen- des: a. Wer GOtt heiligen will vor Menſchen mit Verantwortung, der hat ihn ja zuvor- derſt im Hertzen zu heiligen. Denn zu einer guten Sache gehoͤret auch eine gute Perſon, das iſt, die juſtitia perſonæ, wie die Latei- ner ſagen, zur juſtitia cauſſæ. b. Nicht allein die oͤffentliche Lehrer, ſondern auch die uͤbrigen Chriſten muͤſſen ſich in dem Stande befinden, daß ſie geſchickt ſind zur Verantwortung nicht allein von ihrer Un- ſchuld, ſondern auch von der Wahrheit der Chriſtlichen Religion. Man ſiehet hieraus, wozu es die damaligen Chriſten in der Er- kenntniß nach dem Verſtande, und in der Kraft nach dem Willen haben bringen koͤn- nen, auch guten theils wircklich gebracht ha- ben. c. Damit man ſich ſoviel mehr in aller Sanft- muth gegen die Widerſprecher der Wahrheit bey der Verantwortung faſſen moͤge, ſo hat man ſie als Krancke, und zwar als ſolche, wel- che vor Heftigkeit ihrer Kranckheit raſen, oder doch irre reden, ſich aber als einen verſtaͤndi- gen Medicum, der mit ſolchen Leuten nicht zuͤrnet, ſondern manches von ihnen vertraͤget, anzuſehen. d. Man ſoll zwar gegen einen ieden und auch allezeit ſich zur Verantwortung bereit halten; aber es iſt doch nicht noͤthig, daß man ſich allezeit und mit einem ieden ohne Unterſcheid einlaſſe. Denn zuweilen iſt ſchweigen beſſer, als reden: und da hat man die Worte unſers Heylandes zu bedencken, da er Matth. 7, 6. ſaget: Jhr ſolt das Heiligthum nicht den Hunden geben, und eure Perlen ſolt ihr nicht vor die Saͤue werfen, auf- daß ſie dieſelben nicht zutreten mit ih- ren Fuͤſſen, und ſich wenden und euch zerreiſſen. V. 16. 17. Und habet (auch bewahret) ein gut Ge- wiſſen, (und erweiſet ſolches im gantzen Wan- del,) auf daß die, ſo von euch afterreden, als von Ubelthaͤtern, zu ſchanden wer- den, daß ſie geſchmaͤhet haben euren gu- ten Wandel in Chriſto. Denn es iſt beſſer, wenn es GOttes Wille iſt, (wenn er die Leiden uͤber euch verhenget, daß ſie euch zum be- ſten dienen ſollen,) daß ihr von Wohlthat wegen leidet, denn von Ubelthat wegen. Anmerckungen. 1. Ein gutes Gewiſſen und eine rechte Sa- che ſtehet billig zuſammen. Darum wer eine gute Sache behalten will, der muß auch ein gu- tes Gewiſſen bewahren: wie denn das ἔχειν ha- ben, alhie ſoviel iſt, als κατέχειν, veſte hal- ten. 2. Ein gutes Gewiſſen haben, und doch noch allerhand ſuͤndlichen Schwachheiten un- ter- A a a a 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 555. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/557>, abgerufen am 26.06.2024.