Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 1-4. [Spaltenumbruch]
Und daß die Freundlichkeit des HErrn, wel-che aus der wesentlichen Fülle seiner Per- son vermöge seines Mittler-Amts uns im Evangelio zu theil wird, sonderlich auf un- fern seligen Genuß und Nutzen gehe, zeiget die Eigenschaft des Worts khresos an. c. Der Geschmack dieser Freundlichkeit hatte zum Grunde den Glauben; als welcher gleichsam eines Kindes GOttes Mund ist, womit er die lautere Milch des Evangelii an allen Heyls-Gütern an und in sich ziehet. Es ist aber bey diesem Geschmack noch ferner zu mercken: a. Womit er es zuthun hat? nicht allein mit dem Evangelio, sondern auch mit Chri- sto selbst. Denn was Paulus vorher von der lautern Milch des Evangelii gesaget hatte, das saget er alhier von Christo selbst: Wie denn Christus nicht ohne das Evange- lium, noch dieses ohne Christum ist. b. Worinn er bestehet? in einer solchen Empfindung der Gnade und des Friedens GOttes in Christo, daß man mit Paulo sagen kan: Die Liebe GOttes ist ausge- gossen durch den heiligen Geist in un- ser Hertz. Röm. 5, 5. Paulus nennet es Hebr. 6, 4. 5. geschmecket haben die himmlischen Gaben, und das gütige Wort GOttes und die Kräfte der zu- künftigen Welt. g. Wie er müsse fortgesetzet werden? nemlich in der Beharrung durch das gan- tze Leben, bis an ein seliges Ende. Und also muß es heissen: ie länger, ie lieber! Denn das Wort von der vergangenen Zeit, ihr habt geschmecket, fasset auch den Ge- schmack von der damals noch gegenwärti- gen und darauf künftigen Zeit in sich. Und kömmt denn gleich der Stand solcher An- fechtungen, daß einem der Geschmack der Freundlichkeit des HErrn unempfindlich wird; so bleibet er doch im Grunde des Hertzens unentzogen, und so kan man sich doch an dem gehabten Genuß halten, und sich indessen an dem Hunger und Durst be- gnügen lassen. d. Womit er sich recht legitimiren, oder als ächt beweisen müsse? dadurch, daß man einen Eckel an der Welt und ihren freundlichen Liebkosungen auch unreinen Lüsten bezeuge. Wie denn einem, dem die Gnade in CHristo schmecket, die Welt mit aller ihrer unreinen Lust gewiß recht bitter ist. 6. Es ist aber auch wohl zu mercken, daß a. Daß dabey in dem Worte vertrauen des [Spaltenumbruch] Glaubens also gedacht wird, daß man ihn bey dem Geschmack als das Mittel ansehen kan, wodurch er geschiehet und fortgesetzet wird. b. Daß das Schmecken und Sehen zusammen stehet, und zwar also, daß das Schmecken vorangehet und das Sehen folget. Da nun das Schmecken auf die wirckliche Erfah- rung gehet, und zum Willen des Menschen gehöret; das Sehen aber auf die Erkentniß des Verstandes, so wird damit angezeiget, daß die Erfahrung erst die rechte Erleuch- tung zur Erkentniß mit sich führe. c. Daß, da der gantze Psalm sonderlich von Christo handelt, man in dem Contexte dieser Worte eine schöne Erläuterung von ihnen findet. Denn gleich darauf heißt es: Fürch- tet den HErrn, ihr seine Heiligen (wel- che, als die wiedergebornen Kinder allein des rechten Geschmacks fähig sind,) denn die ihn fürchten, haben keinen Mangel. 7. Jm übrigen kan dieser schöne Text zur a. Daß einem khrisos möge seyn khresos, wie er von den Römern ist genennet worden, nemlich Chrestus: wie man siehet beym Tertulliano im Apologetico c. 3. b. Daß, iemehr man bey der rechten Milch- Speise des Evangelii bleibet, ie mehr man im Geiste zunimmt, und fast gleich wird den kleinen Kindern, an welchen man das zarte Milch-Fleisch mit Vergnügen siehet. c. Daß man bey der Milch-Speise ja müsse ab- legen alles, was der Apostel nach v. 1. und auch sonst abgeleget wissen will; weil solche Dinge den Geschmack verderben: und daß es daher kein Wunder ist, wenn den Welt- Menschen Christus nicht schmecket. d. Daß man ja das Gesetz und Evangelium in zusammengesetzter Ubung behalte. Das Ev- angelium im Geschmack göttlicher Gnade, das Gesetz in immer mehrer Ablegung aller noch anklebenden Sünden. e. Daß man den empfangnen Geschmack der Freundlichkeit des HErrn auch zu erweisen habe, in einem Evangelischen das ist lautern und liebreichen Umgange mit dem Nechsten. f. Daß man ja auf den rechten Wachsthum im Christenthum sich befleißigen und ihn in der That an sich erweisen müsse; weil man an den kleinen Kindern siehet, daß ihnen ihre Milch-Speise zu einem baldigen Zunehmen dienet. V. 4. Zu welchem (so freundlichen HErrn, un- seyn
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 1-4. [Spaltenumbruch]
Und daß die Freundlichkeit des HErrn, wel-che aus der weſentlichen Fuͤlle ſeiner Per- ſon vermoͤge ſeines Mittler-Amts uns im Evangelio zu theil wird, ſonderlich auf un- fern ſeligen Genuß und Nutzen gehe, zeiget die Eigenſchaft des Worts χρηςὸς an. c. Der Geſchmack dieſer Freundlichkeit hatte zum Grunde den Glauben; als welcher gleichſam eines Kindes GOttes Mund iſt, womit er die lautere Milch des Evangelii an allen Heyls-Guͤtern an und in ſich ziehet. Es iſt aber bey dieſem Geſchmack noch ferner zu mercken: α. Womit er es zuthun hat? nicht allein mit dem Evangelio, ſondern auch mit Chri- ſto ſelbſt. Denn was Paulus vorher von der lautern Milch des Evangelii geſaget hatte, das ſaget er alhier von Chriſto ſelbſt: Wie denn Chriſtus nicht ohne das Evange- lium, noch dieſes ohne Chriſtum iſt. β. Worinn er beſtehet? in einer ſolchen Empfindung der Gnade und des Friedens GOttes in Chriſto, daß man mit Paulo ſagen kan: Die Liebe GOttes iſt ausge- goſſen durch den heiligen Geiſt in un- ſer Hertz. Roͤm. 5, 5. Paulus nennet es Hebr. 6, 4. 5. geſchmecket haben die himmliſchen Gaben, und das guͤtige Wort GOttes und die Kraͤfte der zu- kuͤnftigen Welt. γ. Wie er muͤſſe fortgeſetzet werden? nemlich in der Beharrung durch das gan- tze Leben, bis an ein ſeliges Ende. Und alſo muß es heiſſen: ie laͤnger, ie lieber! Denn das Wort von der vergangenen Zeit, ihr habt geſchmecket, faſſet auch den Ge- ſchmack von der damals noch gegenwaͤrti- gen und darauf kuͤnftigen Zeit in ſich. Und koͤmmt denn gleich der Stand ſolcher An- fechtungen, daß einem der Geſchmack der Freundlichkeit des HErrn unempfindlich wird; ſo bleibet er doch im Grunde des Hertzens unentzogen, und ſo kan man ſich doch an dem gehabten Genuß halten, und ſich indeſſen an dem Hunger und Durſt be- gnuͤgen laſſen. δ. Womit er ſich recht legitimiren, oder als aͤcht beweiſen muͤſſe? dadurch, daß man einen Eckel an der Welt und ihren freundlichen Liebkoſungen auch unreinen Luͤſten bezeuge. Wie denn einem, dem die Gnade in CHriſto ſchmecket, die Welt mit aller ihrer unreinen Luſt gewiß recht bitter iſt. 6. Es iſt aber auch wohl zu mercken, daß a. Daß dabey in dem Worte vertrauen des [Spaltenumbruch] Glaubens alſo gedacht wird, daß man ihn bey dem Geſchmack als das Mittel anſehen kan, wodurch er geſchiehet und fortgeſetzet wird. b. Daß das Schmecken und Sehen zuſammen ſtehet, und zwar alſo, daß das Schmecken vorangehet und das Sehen folget. Da nun das Schmecken auf die wirckliche Erfah- rung gehet, und zum Willen des Menſchen gehoͤret; das Sehen aber auf die Erkentniß des Verſtandes, ſo wird damit angezeiget, daß die Erfahrung erſt die rechte Erleuch- tung zur Erkentniß mit ſich fuͤhre. c. Daß, da der gantze Pſalm ſonderlich von Chriſto handelt, man in dem Contexte dieſer Worte eine ſchoͤne Erlaͤuterung von ihnen findet. Denn gleich darauf heißt es: Fuͤrch- tet den HErrn, ihr ſeine Heiligen (wel- che, als die wiedergebornen Kinder allein des rechten Geſchmacks faͤhig ſind,) denn die ihn fuͤrchten, haben keinen Mangel. 7. Jm uͤbrigen kan dieſer ſchoͤne Text zur a. Daß einem χριςὸς moͤge ſeyn χρηςὸς, wie er von den Roͤmern iſt genennet worden, nemlich Chreſtus: wie man ſiehet beym Tertulliano im Apologetico c. 3. b. Daß, iemehr man bey der rechten Milch- Speiſe des Evangelii bleibet, ie mehr man im Geiſte zunimmt, und faſt gleich wird den kleinen Kindern, an welchen man das zarte Milch-Fleiſch mit Vergnuͤgen ſiehet. c. Daß man bey der Milch-Speiſe ja muͤſſe ab- legen alles, was der Apoſtel nach v. 1. und auch ſonſt abgeleget wiſſen will; weil ſolche Dinge den Geſchmack verderben: und daß es daher kein Wunder iſt, wenn den Welt- Menſchen Chriſtus nicht ſchmecket. d. Daß man ja das Geſetz und Evangelium in zuſammengeſetzter Ubung behalte. Das Ev- angelium im Geſchmack goͤttlicher Gnade, das Geſetz in immer mehrer Ablegung aller noch anklebenden Suͤnden. e. Daß man den empfangnen Geſchmack der Freundlichkeit des HErrn auch zu erweiſen habe, in einem Evangeliſchen das iſt lautern und liebreichen Umgange mit dem Nechſten. f. Daß man ja auf den rechten Wachsthum im Chriſtenthum ſich befleißigen und ihn in der That an ſich erweiſen muͤſſe; weil man an den kleinen Kindern ſiehet, daß ihnen ihre Milch-Speiſe zu einem baldigen Zunehmen dienet. V. 4. Zu welchem (ſo freundlichen HErrn, un- ſeyn
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 1-4.
Und daß die Freundlichkeit des HErrn, wel-
che aus der weſentlichen Fuͤlle ſeiner Per-
ſon vermoͤge ſeines Mittler-Amts uns im
Evangelio zu theil wird, ſonderlich auf un-
fern ſeligen Genuß und Nutzen gehe, zeiget
die Eigenſchaft des Worts χρηςὸς an.
c. Der Geſchmack dieſer Freundlichkeit hatte
zum Grunde den Glauben; als welcher
gleichſam eines Kindes GOttes Mund iſt,
womit er die lautere Milch des Evangelii an
allen Heyls-Guͤtern an und in ſich ziehet. Es
iſt aber bey dieſem Geſchmack noch ferner zu
mercken:
α. Womit er es zuthun hat? nicht allein
mit dem Evangelio, ſondern auch mit Chri-
ſto ſelbſt. Denn was Paulus vorher von
der lautern Milch des Evangelii geſaget
hatte, das ſaget er alhier von Chriſto ſelbſt:
Wie denn Chriſtus nicht ohne das Evange-
lium, noch dieſes ohne Chriſtum iſt.
β. Worinn er beſtehet? in einer ſolchen
Empfindung der Gnade und des Friedens
GOttes in Chriſto, daß man mit Paulo
ſagen kan: Die Liebe GOttes iſt ausge-
goſſen durch den heiligen Geiſt in un-
ſer Hertz. Roͤm. 5, 5. Paulus nennet es
Hebr. 6, 4. 5. geſchmecket haben die
himmliſchen Gaben, und das guͤtige
Wort GOttes und die Kraͤfte der zu-
kuͤnftigen Welt.
γ. Wie er muͤſſe fortgeſetzet werden?
nemlich in der Beharrung durch das gan-
tze Leben, bis an ein ſeliges Ende. Und
alſo muß es heiſſen: ie laͤnger, ie lieber!
Denn das Wort von der vergangenen Zeit,
ihr habt geſchmecket, faſſet auch den Ge-
ſchmack von der damals noch gegenwaͤrti-
gen und darauf kuͤnftigen Zeit in ſich. Und
koͤmmt denn gleich der Stand ſolcher An-
fechtungen, daß einem der Geſchmack der
Freundlichkeit des HErrn unempfindlich
wird; ſo bleibet er doch im Grunde des
Hertzens unentzogen, und ſo kan man ſich
doch an dem gehabten Genuß halten, und
ſich indeſſen an dem Hunger und Durſt be-
gnuͤgen laſſen.
δ. Womit er ſich recht legitimiren, oder
als aͤcht beweiſen muͤſſe? dadurch, daß
man einen Eckel an der Welt und ihren
freundlichen Liebkoſungen auch unreinen
Luͤſten bezeuge. Wie denn einem, dem die
Gnade in CHriſto ſchmecket, die Welt
mit aller ihrer unreinen Luſt gewiß recht
bitter iſt.
6. Es iſt aber auch wohl zu mercken, daß
die bisher erlaͤuterten ſchoͤnen Worte genom-
men ſind, aus dem 34. Pſalm v. 9. da es heißt:
Schmecket und ſehet, daß der HErr freund-
lich iſt! wohl dem, der auf ihn trauet!
Daraus wir ſehen, daß dieſer Pſalm in einer be-
ſondern Zueignung von Chriſto handelt. Und
was darinnen die angefuͤhrten Worte betrift, ſo
iſt darinnen merckwuͤrdig:
a. Daß dabey in dem Worte vertrauen des
Glaubens alſo gedacht wird, daß man ihn bey
dem Geſchmack als das Mittel anſehen kan,
wodurch er geſchiehet und fortgeſetzet wird.
b. Daß das Schmecken und Sehen zuſammen
ſtehet, und zwar alſo, daß das Schmecken
vorangehet und das Sehen folget. Da nun
das Schmecken auf die wirckliche Erfah-
rung gehet, und zum Willen des Menſchen
gehoͤret; das Sehen aber auf die Erkentniß
des Verſtandes, ſo wird damit angezeiget,
daß die Erfahrung erſt die rechte Erleuch-
tung zur Erkentniß mit ſich fuͤhre.
c. Daß, da der gantze Pſalm ſonderlich von
Chriſto handelt, man in dem Contexte dieſer
Worte eine ſchoͤne Erlaͤuterung von ihnen
findet. Denn gleich darauf heißt es: Fuͤrch-
tet den HErrn, ihr ſeine Heiligen (wel-
che, als die wiedergebornen Kinder allein des
rechten Geſchmacks faͤhig ſind,) denn die
ihn fuͤrchten, haben keinen Mangel.
7. Jm uͤbrigen kan dieſer ſchoͤne Text zur
Erbauung noch ferner alſo angewendet wer-
den:
a. Daß einem χριςὸς moͤge ſeyn χρηςὸς, wie er von
den Roͤmern iſt genennet worden, nemlich
Chreſtus: wie man ſiehet beym Tertulliano
im Apologetico c. 3.
b. Daß, iemehr man bey der rechten Milch-
Speiſe des Evangelii bleibet, ie mehr man
im Geiſte zunimmt, und faſt gleich wird den
kleinen Kindern, an welchen man das zarte
Milch-Fleiſch mit Vergnuͤgen ſiehet.
c. Daß man bey der Milch-Speiſe ja muͤſſe ab-
legen alles, was der Apoſtel nach v. 1. und
auch ſonſt abgeleget wiſſen will; weil ſolche
Dinge den Geſchmack verderben: und daß es
daher kein Wunder iſt, wenn den Welt-
Menſchen Chriſtus nicht ſchmecket.
d. Daß man ja das Geſetz und Evangelium in
zuſammengeſetzter Ubung behalte. Das Ev-
angelium im Geſchmack goͤttlicher Gnade, das
Geſetz in immer mehrer Ablegung aller noch
anklebenden Suͤnden.
e. Daß man den empfangnen Geſchmack der
Freundlichkeit des HErrn auch zu erweiſen
habe, in einem Evangeliſchen das iſt lautern
und liebreichen Umgange mit dem Nechſten.
f. Daß man ja auf den rechten Wachsthum im
Chriſtenthum ſich befleißigen und ihn in der
That an ſich erweiſen muͤſſe; weil man an
den kleinen Kindern ſiehet, daß ihnen ihre
Milch-Speiſe zu einem baldigen Zunehmen
dienet.
V. 4.
Zu welchem (ſo freundlichen HErrn, un-
ſerm Heylande) ihr (da ihr ſeyd durch das Ev-
angelium zu ihm berufen und gezogen worden,
durch den Glauben) kommen ſeyd, als zu dem
lebendigen Stein (Grund-Stein, Grundve-
ſte, darauf das gantze Gebaͤude ſeiner Kirchen
ruhet) der von den (vielen gottloſen) Men-
ſchen (ſonderlich von den Schriftgelehrten und
Phariſaͤern, welche doch die Bauleute haͤtten
ſeyn
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