Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 2. v. 1. 2. 3. des ersten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
allein ie länger ie lieber, sondern auch ielänger ie mehr; ie länger ie besser! Es ist eine iede Verheissung GOttes, eine iede Glaubens-Lehre, ein iedes Stücke darin- nen, ein iedes Heyls-Gut, ein iedes Trost- Sprüchlein, ja oft ein iedes Wort darinn, einer vollen Brust gleich, die man begie- rigst anzuziehen, und gleichsam auszusau- gen und die Kraft in sich zu ziehen hat. d. Das Geschäfte des Glaubens, welches eigentlich im Nehmen und Empfangen bestehet, und daher gar nachdrücklich durch eine die Gnade GOttes in Christo aus dem Worte des Evangelii ausziehende und in sich ziehende Kraft kan beschrieben wer- den. f. Der Zweck, und die Frucht von diesem so gesegneten Genusse der lautern Milch setzet der Apostel billig im Zunehmen oder in dem geistlichen Wachsthum; wie man an den kleinen Kindern siehet. Dazu folgendes ge- höret: a. Die Stärckung des Glaubens, als wor- innen des innern und neuen Menschen Haupt-Kraft bestehet. b. Der Wachsthum des neuen Men- schen, nach dem Verstande in der lebendi- gen Erkentniß; nach dem Willen am rei- chern Maße der Heyls-Güter: daraus denn von sich selbst ein gestärcktes Vermögen zur getreuen und beständigen Ausübung aller Pflichten gegen GOTT, uns selbst und den Nächsten, entstehet. g. Das Centrum, der rechte Mittel-Punct von allem, was Petrus in diesem gantzen Briefe suchet: als welches alles darein zu- sammen fliesset, daß es bey den Gläubigen zum rechten Wachsthum kommen solle. Davon man sonderlich sehe Eph. 4, 13. u. f. 4. Der gedoppelte Bewegungs-Grund, a. Dieser Worte bedienet sich der Apostel da- her, weil sie sich zu der Vergleichung des Ev- angelii mit der Milch gar wohl schicken. b. Die Wiedergeburt ist eine grosse Gnaden- Wohlthat GOttes: welche, wenn man ih- rer ist theilhaftig worden, einen billig antrei- bet, daß man sie nicht allein bewahre, son- dern sich auch der dadurch mitgetheilten Kraft bediene, und darinn den Wachsthum suche, daraus man das geistliche Leben selbst em- pfangen hat. c. Es waren zwar die, an welche der Apostel schrieb, vor nicht gar langer Zeit erst zu Chri- sto bekehret worden: allein der Apostel siehet doch mit den Worten, als die itzt gebornen [Spaltenumbruch] Kindlein nicht allein auf die, welche gleich- sam noch junge Kinder, sondern auch auf die, welche schon starcke Jünglinge und Männer in Christo waren: sintemal doch ohne Zweif- fel manche schon von mehrern Jahren her im Glauben stunden, und darinnen bereits wohl zugenommen hatten; also daß sie auch darin- nen schon durch viele Leiden waren bewähret worden: wie aus dem ersten Capitel, und aus noch mehrern Orten des Briefes zu erse- hen ist. 5. Was den andern Bewegungs-Grund a. Der HErr, welchen die Gläubigen geschme- cket hatten, ist zwar der Dreyeinige GOTT; aber sonderlich der Sohn GOttes: welches erhellet a. Aus der gewöhnlichen Benennung, nach welcher ihm im gantzen alten Testa- ment durch und durch unter andern sonder- lich der Name Jehovah, und im Neuen etliche hundert mal der Name Kurios, HErr, womit die Griechischen Interpre- tes jenes Wort ausgedrucket haben, bey- geleget wird. b. Aus dem Context: sintemal der Apostel nach den Worten: Der HErr freund- lich ist, also fortfähret: Zu welchem ihr kommen seyd, als zu dem lebendi- gen Stein u. s. w. Welche Worte gantz deutlich von Christo handeln. b. Die Freundlichkeit dieses HERRN fin- den wir a. Jn seiner Person, da er die wesentliche Liebe ist mit dem Vater und dem Heiligen Geiste. Darum Johannes saget: GOtt ist die Liebe! 1 Joh. 4, 8. 12. b. Jn seinem Mittler-Amte: nach wel- chem er aus Liebe zu uns in die Welt ge- kommen, menschliche Natur an sich genom- men und in derselben nach beyden Natu- ren das hohe Werck der Erlösung ausge- führet hat. Darum ein ieder Gläubiger mit Paulo sagen kan: Was ich itzo le- be im Fleische, das lebe ich im Glauben des Sohnes GOttes, der mich geliebet hat, und sich selbst für mich dargeben. Gal. 2, 20. g. Jn seinem Evangelio, und in denen dadurch angebotenen auch wircklich ge- schenckten Heyls-Gütern. Denn war die- ses dem David schon unter der alten Oe- conomie so erfreulich, daß er Ps. 19, 8. 15. sagte: Das Gesetz des HErrn (mit welchem Worte er nach dem hebraismo alhier sonderlich auf das Evangelium sie- het) ist ohne Wandel, und erquicket die Seele. Die Rechte des HErrn sind köstlicher denn Gold und viel feines Goldes, sie sind süsser, denn Honig und Honigseim: was solte denn ein gläu- biger Christ zur Zeit des neuen Bundes aus eigener Erfahrung davon nicht sagen? Und X x x 2
Cap. 2. v. 1. 2. 3. des erſten Briefes Petri. [Spaltenumbruch]
allein ie laͤnger ie lieber, ſondern auch ielaͤnger ie mehr; ie laͤnger ie beſſer! Es iſt eine iede Verheiſſung GOttes, eine iede Glaubens-Lehre, ein iedes Stuͤcke darin- nen, ein iedes Heyls-Gut, ein iedes Troſt- Spruͤchlein, ja oft ein iedes Wort darinn, einer vollen Bruſt gleich, die man begie- rigſt anzuziehen, und gleichſam auszuſau- gen und die Kraft in ſich zu ziehen hat. δ. Das Geſchaͤfte des Glaubens, welches eigentlich im Nehmen und Empfangen beſtehet, und daher gar nachdruͤcklich durch eine die Gnade GOttes in Chriſto aus dem Worte des Evangelii ausziehende und in ſich ziehende Kraft kan beſchrieben wer- den. f. Der Zweck, und die Frucht von dieſem ſo geſegneten Genuſſe der lautern Milch ſetzet der Apoſtel billig im Zunehmen oder in dem geiſtlichen Wachsthum; wie man an den kleinen Kindern ſiehet. Dazu folgendes ge- hoͤret: α. Die Staͤrckung des Glaubens, als wor- innen des innern und neuen Menſchen Haupt-Kraft beſtehet. β. Der Wachsthum des neuen Men- ſchen, nach dem Verſtande in der lebendi- gen Erkentniß; nach dem Willen am rei- chern Maße der Heyls-Guͤter: daraus denn von ſich ſelbſt ein geſtaͤrcktes Vermoͤgen zur getreuen und beſtaͤndigen Ausuͤbung aller Pflichten gegen GOTT, uns ſelbſt und den Naͤchſten, entſtehet. γ. Das Centrum, der rechte Mittel-Punct von allem, was Petrus in dieſem gantzen Briefe ſuchet: als welches alles darein zu- ſammen flieſſet, daß es bey den Glaͤubigen zum rechten Wachsthum kommen ſolle. Davon man ſonderlich ſehe Eph. 4, 13. u. f. 4. Der gedoppelte Bewegungs-Grund, a. Dieſer Worte bedienet ſich der Apoſtel da- her, weil ſie ſich zu der Vergleichung des Ev- angelii mit der Milch gar wohl ſchicken. b. Die Wiedergeburt iſt eine groſſe Gnaden- Wohlthat GOttes: welche, wenn man ih- rer iſt theilhaftig worden, einen billig antrei- bet, daß man ſie nicht allein bewahre, ſon- dern ſich auch der dadurch mitgetheilten Kraft bediene, und darinn den Wachsthum ſuche, daraus man das geiſtliche Leben ſelbſt em- pfangen hat. c. Es waren zwar die, an welche der Apoſtel ſchrieb, vor nicht gar langer Zeit erſt zu Chri- ſto bekehret worden: allein der Apoſtel ſiehet doch mit den Worten, als die itzt gebornen [Spaltenumbruch] Kindlein nicht allein auf die, welche gleich- ſam noch junge Kinder, ſondern auch auf die, welche ſchon ſtarcke Juͤnglinge und Maͤnner in Chriſto waren: ſintemal doch ohne Zweif- fel manche ſchon von mehrern Jahren her im Glauben ſtunden, und darinnen bereits wohl zugenommen hatten; alſo daß ſie auch darin- nen ſchon durch viele Leiden waren bewaͤhret worden: wie aus dem erſten Capitel, und aus noch mehrern Orten des Briefes zu erſe- hen iſt. 5. Was den andern Bewegungs-Grund a. Der HErr, welchen die Glaͤubigen geſchme- cket hatten, iſt zwar der Dreyeinige GOTT; aber ſonderlich der Sohn GOttes: welches erhellet α. Aus der gewoͤhnlichen Benennung, nach welcher ihm im gantzen alten Teſta- ment durch und durch unter andern ſonder- lich der Name Jehovah, und im Neuen etliche hundert mal der Name Κύριος, HErr, womit die Griechiſchen Interpre- tes jenes Wort ausgedrucket haben, bey- geleget wird. β. Aus dem Context: ſintemal der Apoſtel nach den Worten: Der HErr freund- lich iſt, alſo fortfaͤhret: Zu welchem ihr kommen ſeyd, als zu dem lebendi- gen Stein u. ſ. w. Welche Worte gantz deutlich von Chriſto handeln. b. Die Freundlichkeit dieſes HERRN fin- den wir α. Jn ſeiner Perſon, da er die weſentliche Liebe iſt mit dem Vater und dem Heiligen Geiſte. Darum Johannes ſaget: GOtt iſt die Liebe! 1 Joh. 4, 8. 12. β. Jn ſeinem Mittler-Amte: nach wel- chem er aus Liebe zu uns in die Welt ge- kommen, menſchliche Natur an ſich genom- men und in derſelben nach beyden Natu- ren das hohe Werck der Erloͤſung ausge- fuͤhret hat. Darum ein ieder Glaͤubiger mit Paulo ſagen kan: Was ich itzo le- be im Fleiſche, das lebe ich im Glauben des Sohnes GOttes, der mich geliebet hat, und ſich ſelbſt fuͤr mich dargeben. Gal. 2, 20. γ. Jn ſeinem Evangelio, und in denen dadurch angebotenen auch wircklich ge- ſchenckten Heyls-Guͤtern. Denn war die- ſes dem David ſchon unter der alten Oe- conomie ſo erfreulich, daß er Pſ. 19, 8. 15. ſagte: Das Geſetz des HErrn (mit welchem Worte er nach dem hebraismo alhier ſonderlich auf das Evangelium ſie- het) iſt ohne Wandel, und erquicket die Seele. Die Rechte des HErrn ſind koͤſtlicher denn Gold und viel feines Goldes, ſie ſind ſuͤſſer, denn Honig und Honigſeim: was ſolte denn ein glaͤu- biger Chriſt zur Zeit des neuen Bundes aus eigener Erfahrung davon nicht ſagen? Und X x x 2
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Cap. 2. v. 1. 2. 3. des erſten Briefes Petri.
allein ie laͤnger ie lieber, ſondern auch ie
laͤnger ie mehr; ie laͤnger ie beſſer! Es
iſt eine iede Verheiſſung GOttes, eine iede
Glaubens-Lehre, ein iedes Stuͤcke darin-
nen, ein iedes Heyls-Gut, ein iedes Troſt-
Spruͤchlein, ja oft ein iedes Wort darinn,
einer vollen Bruſt gleich, die man begie-
rigſt anzuziehen, und gleichſam auszuſau-
gen und die Kraft in ſich zu ziehen hat.
δ. Das Geſchaͤfte des Glaubens, welches
eigentlich im Nehmen und Empfangen
beſtehet, und daher gar nachdruͤcklich durch
eine die Gnade GOttes in Chriſto aus dem
Worte des Evangelii ausziehende und in
ſich ziehende Kraft kan beſchrieben wer-
den.
f. Der Zweck, und die Frucht von dieſem ſo
geſegneten Genuſſe der lautern Milch ſetzet
der Apoſtel billig im Zunehmen oder in dem
geiſtlichen Wachsthum; wie man an den
kleinen Kindern ſiehet. Dazu folgendes ge-
hoͤret:
α. Die Staͤrckung des Glaubens, als wor-
innen des innern und neuen Menſchen
Haupt-Kraft beſtehet.
β. Der Wachsthum des neuen Men-
ſchen, nach dem Verſtande in der lebendi-
gen Erkentniß; nach dem Willen am rei-
chern Maße der Heyls-Guͤter: daraus denn
von ſich ſelbſt ein geſtaͤrcktes Vermoͤgen zur
getreuen und beſtaͤndigen Ausuͤbung aller
Pflichten gegen GOTT, uns ſelbſt und den
Naͤchſten, entſtehet.
γ. Das Centrum, der rechte Mittel-Punct
von allem, was Petrus in dieſem gantzen
Briefe ſuchet: als welches alles darein zu-
ſammen flieſſet, daß es bey den Glaͤubigen
zum rechten Wachsthum kommen ſolle.
Davon man ſonderlich ſehe Eph. 4, 13. u. f.
4. Der gedoppelte Bewegungs-Grund,
der die Glaͤubigen zu deſſen, was die Abmah-
mung und Anmahmung mit ſich bringet, Ausuͤ-
bung antreiben ſolte, lieget in den Worten: als
die itzt gebornen Kindlein; ſo ihr anders
geſchmecket habt, daß der HErr freundlich
iſt. Da der eine Grund hergenommen iſt, von
der Wiedergeburt, der andere von dem Wohl-
ſchmack des Evangelii, und darinnen Chriſti
ſelbſt. Dabey folgendes zu betrachten iſt:
a. Dieſer Worte bedienet ſich der Apoſtel da-
her, weil ſie ſich zu der Vergleichung des Ev-
angelii mit der Milch gar wohl ſchicken.
b. Die Wiedergeburt iſt eine groſſe Gnaden-
Wohlthat GOttes: welche, wenn man ih-
rer iſt theilhaftig worden, einen billig antrei-
bet, daß man ſie nicht allein bewahre, ſon-
dern ſich auch der dadurch mitgetheilten Kraft
bediene, und darinn den Wachsthum ſuche,
daraus man das geiſtliche Leben ſelbſt em-
pfangen hat.
c. Es waren zwar die, an welche der Apoſtel
ſchrieb, vor nicht gar langer Zeit erſt zu Chri-
ſto bekehret worden: allein der Apoſtel ſiehet
doch mit den Worten, als die itzt gebornen
Kindlein nicht allein auf die, welche gleich-
ſam noch junge Kinder, ſondern auch auf die,
welche ſchon ſtarcke Juͤnglinge und Maͤnner
in Chriſto waren: ſintemal doch ohne Zweif-
fel manche ſchon von mehrern Jahren her im
Glauben ſtunden, und darinnen bereits wohl
zugenommen hatten; alſo daß ſie auch darin-
nen ſchon durch viele Leiden waren bewaͤhret
worden: wie aus dem erſten Capitel, und
aus noch mehrern Orten des Briefes zu erſe-
hen iſt.
5. Was den andern Bewegungs-Grund
betrift, ſo haben wir dabey folgendes zu erwe-
gen:
a. Der HErr, welchen die Glaͤubigen geſchme-
cket hatten, iſt zwar der Dreyeinige GOTT;
aber ſonderlich der Sohn GOttes: welches
erhellet
α. Aus der gewoͤhnlichen Benennung,
nach welcher ihm im gantzen alten Teſta-
ment durch und durch unter andern ſonder-
lich der Name Jehovah, und im Neuen
etliche hundert mal der Name Κύριος,
HErr, womit die Griechiſchen Interpre-
tes jenes Wort ausgedrucket haben, bey-
geleget wird.
β. Aus dem Context: ſintemal der Apoſtel
nach den Worten: Der HErr freund-
lich iſt, alſo fortfaͤhret: Zu welchem
ihr kommen ſeyd, als zu dem lebendi-
gen Stein u. ſ. w. Welche Worte gantz
deutlich von Chriſto handeln.
b. Die Freundlichkeit dieſes HERRN fin-
den wir
α. Jn ſeiner Perſon, da er die weſentliche
Liebe iſt mit dem Vater und dem Heiligen
Geiſte. Darum Johannes ſaget: GOtt
iſt die Liebe! 1 Joh. 4, 8. 12.
β. Jn ſeinem Mittler-Amte: nach wel-
chem er aus Liebe zu uns in die Welt ge-
kommen, menſchliche Natur an ſich genom-
men und in derſelben nach beyden Natu-
ren das hohe Werck der Erloͤſung ausge-
fuͤhret hat. Darum ein ieder Glaͤubiger
mit Paulo ſagen kan: Was ich itzo le-
be im Fleiſche, das lebe ich im Glauben
des Sohnes GOttes, der mich geliebet
hat, und ſich ſelbſt fuͤr mich dargeben.
Gal. 2, 20.
γ. Jn ſeinem Evangelio, und in denen
dadurch angebotenen auch wircklich ge-
ſchenckten Heyls-Guͤtern. Denn war die-
ſes dem David ſchon unter der alten Oe-
conomie ſo erfreulich, daß er Pſ. 19, 8.
15. ſagte: Das Geſetz des HErrn (mit
welchem Worte er nach dem hebraismo
alhier ſonderlich auf das Evangelium ſie-
het) iſt ohne Wandel, und erquicket
die Seele. Die Rechte des HErrn ſind
koͤſtlicher denn Gold und viel feines
Goldes, ſie ſind ſuͤſſer, denn Honig
und Honigſeim: was ſolte denn ein glaͤu-
biger Chriſt zur Zeit des neuen Bundes
aus eigener Erfahrung davon nicht ſagen?
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