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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 5.
[Spaltenumbruch] eignen Kräften zu leisten viel zu ohnmächtig ist.
Es behält die Erb-Sünde, obgleich ihre Herr-
schaft einmal unterbrochen ist, noch eine grosse
Kraft zur Reitzung und Wirckung in dem Men-
schen, und kommen von derselben oft solche starcke
Ansätze, zu deren Uberwindung ein beständiger
Zufluß der noch viel stärckeren Gnade gehöret.
Und weil uns diese durch das Evangelium gleich-
sam eingeflösset wird, so nennet Paulus daher das
Evangelium dunamin, eine Kraft GOttes zur
Seligkeit
Röm. 1, 16.

5. Man hat bey der bewahrenden Macht
zu erwegen, was Paulus von der gründenden
Macht, welche sich in der Wiedergeburt hervor-
thut, saget Eph. 1, 29. zu erkennen, - - welche
da sey die überschwengliche Grösse seiner
Kraft an uns, die wir glauben nach der
Wirckung seiner mächtigen Stärcke
u. f.
Und daß zur Bewahrung eine nicht geringe Kraft
der Gnade nöthig sey, bezeuget Paulus darauf
damit, daß er c. 3, 16. wünschet, daß GOtt den
gläubigen Ephesiern Kraft gebe, nach dem
Reichthum seiner Herrlichkeit starck zu
werden durch seinen Geist an dem inwendi-
gen Menschen
u. f. Siehe auch c. 4, 13. u. f.
Und c. 6, 10. u. f. spricht er: Zuletzt, meine
Brüder, seyd starck in dem HErrn und in
der Macht seiner Stärcke: Ziehet den
Harnisch GOttes an
u. s. w.

6. Die Bewahrung selbst drucket der
Apostel aus mit dem Worte phrourein, welches
sonst von einer militarischen Besatzung einer
Vestung gebrauchet wird 2 Cor. 11, 32. Nun ist
der Name des HErrn ein vestes Schloß,
und der Gerechte läuft dahin und wird be-
schirmet
Sprüchw. 18, 10. Siehe auch Ps. 91,
1. 2. Und da GOTT selbst ein solches vestes
Schloß ist, so ist GOtt selbst in der gläubigen
Seele nach dem Geheimniß der Vereinigung
GOttes mit ihr: und also hat sie an GOtt und
seiner Gnade Besatzung genug. Darum auch
Johannes 1 Ep. c. 4, 4. spricht: Kindlein, ihr
seyd von GOtt, und habet jene überwun-
den: denn der in euch ist, ist grösser, denn
der in der Welt ist. Und was aus dieser
Einwohnung GOttes für ein kräftiger

Beystand erfolge, bezeuget unser Heyland,
wenn er Joh. 10, 28. 29. spricht: Jch gebe mei-
nen Schafen das ewige Leben, und sie wer-
den nimmermehr umkommen, und niemand
wird sie aus meiner Hand reissen. Der Va-
ter, der sie mir gegeben hat, ist grösser denn
alles, und niemand kan sie aus meines Va-
ters Hand reissen.

7. Es geschiehet diese Bewahrung von
GOttes Seiten also, daß GOtt zuvorderst den
Glauben stärcket. Denn stehet es um diesen
wohl, so hat der Mensch an demselben gleichsam
einen rechten Schöpf-Eymer, wodurch er aus
der Fülle JEsu empfähet Gnade um Gnade. Und
diese Gnade um Gnade, das ist, die immer reich-
licher geschenckte Gnaden-Kräfte thun sich hervor
in Vermehrung oder immer mehrer Empfindung
der Heyls-Güter, als da sind: die geistliche
Salbung, der Friede in GOTT, die Freude des
[Spaltenumbruch] Heiligen Geistes u. s. w. wodurch man am innern
Menschen immer mehr gestärcket wird, also daß
man denn mit Paulo sagen kan: Jch vermag
alles, durch den, der mich mächtig machet,
Christum.
Phil. 4, 13.

8. Es wird aber durch den Beysatz der
Worte: durch den Glauben nicht allein ange-
zeiget, daß GOtt zur Bewahrung den Glauben
in uns erhalte und stärcke; sondern auch dieses,
daß der Mensch auf seiner Seite im Glauben
bleiben
und ihn, den Glauben, auch selbst be-
wahren müsse. Wie er aber bewahret werde,
sehen wir hernach in so vielen Orten und Erinne-
rungen dieses Briefes. Es kömmt dabey son-
derlich auf ein gutes Gewissen an. Denn in
demselben hat und hält man das Geheimniß des
Glaubens. Stosset man dasselbe von sich, so
leidet man auch am Glauben Schiffbruch 1 Tim.
1, 19. Und solcher gestalt bewahret einer, der nach
der vielen Barmhertzigkeit GOttes wiedergebo-
ren ist, sich selbst, daß ihn der arge nicht antaste.
1 Joh. 5, 18.

9. Von der Seligkeit, welche noch künf-
tig ist, wird eine Offenbarung bezeuget, in An-
sehung dessen, daß diejenige, welche den Gläu-
bigen in der Wiedergeburt schon ist beygeleget
worden, noch sehr verborgen in ihnen gehalten
wird. Darum Paulus Col. 3, 3. 4. spricht:
Euer Leben ist verborgen mit Christo in
GOtt. Wenn aber Christus euer Leben,
sich offenbaren wird, denn werdet ihr auch
mit ihm offenbaret werden in der Herrlich-
keit.
Von dieser Offenbarung der Seligkeit
ist die gantze heilige Schrift voll man sehe unter
andern Dan. 7. Matth. 25. c. 26. Röm. 8, 18. u. f.
Phil. 3, 20. 21. 2 Thess. 1, 6. u. f. 1 Joh. 3, 2.
Sonderlich aber ist die Offenbarung Johannis
von dieser Materie erfüllet.

10. Durch die letzte Zeit, da die Offenba-
rung geschehen soll, wird nach den schon ange-
führten Oertern die Zeit der Zukunft Christi zum
Gerichte verstanden, die Zeit der letzten Po-
saune
1 Cor. 15, 51. 52. 1 Thess. 4, 15. 16. 17. Of-
fenb. 11, 15. u. f. da es nach c. 19, 7. 8. heissen
wird: Halleluja! der allmächtige GOTT
hat das Reich eingenommen. Lasset uns
freuen und frölich seyn, und ihm die Eh-
re geben: denn die Hochzeit des Lammes
ist kommen, und sein Weib hat sich berei-
tet,
u. s. w.

11. Um diesen herrlichen Text noch zu meh-
rer Erbauung anzuwenden, so mercke man fol-
gendes, und zwar zur Lehre:

a. Gleichwie es unserm Cörper nicht genug ist,
daß er das natürliche Leben und auch dabey aus
der mit dem Trancke zu sich genommenen Speise
seine Kräfte hat, und daraus wircken kan;
sondern er auch noch einer beständigen Nah-
rung bedarf: also ist es unserer Seelen auch
nicht genug, daß sie vermöge der Wiederge-
burt das geistliche Leben aus GOtt, und da-
durch auch geistliche Gnaden-Kräfte habe, son-
dern sie gebrauchet auch noch über das des be-
ständigen Zuflusses der ernährenden, stärcken-
den und bewahrenden Gnade.
b. Eine

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 5.
[Spaltenumbruch] eignen Kraͤften zu leiſten viel zu ohnmaͤchtig iſt.
Es behaͤlt die Erb-Suͤnde, obgleich ihre Herr-
ſchaft einmal unterbrochen iſt, noch eine groſſe
Kraft zur Reitzung und Wirckung in dem Men-
ſchen, und kommen von derſelben oft ſolche ſtarcke
Anſaͤtze, zu deren Uberwindung ein beſtaͤndiger
Zufluß der noch viel ſtaͤrckeren Gnade gehoͤret.
Und weil uns dieſe durch das Evangelium gleich-
ſam eingefloͤſſet wird, ſo nennet Paulus daher das
Evangelium δύναμιν, eine Kraft GOttes zur
Seligkeit
Roͤm. 1, 16.

5. Man hat bey der bewahrenden Macht
zu erwegen, was Paulus von der gruͤndenden
Macht, welche ſich in der Wiedergeburt hervor-
thut, ſaget Eph. 1, 29. zu erkennen, ‒ ‒ welche
da ſey die uͤberſchwengliche Groͤſſe ſeiner
Kraft an uns, die wir glauben nach der
Wirckung ſeiner maͤchtigen Staͤrcke
u. f.
Und daß zur Bewahrung eine nicht geringe Kraft
der Gnade noͤthig ſey, bezeuget Paulus darauf
damit, daß er c. 3, 16. wuͤnſchet, daß GOtt den
glaͤubigen Epheſiern Kraft gebe, nach dem
Reichthum ſeiner Herrlichkeit ſtarck zu
werden durch ſeinen Geiſt an dem inwendi-
gen Menſchen
u. f. Siehe auch c. 4, 13. u. f.
Und c. 6, 10. u. f. ſpricht er: Zuletzt, meine
Bruͤder, ſeyd ſtarck in dem HErrn und in
der Macht ſeiner Staͤrcke: Ziehet den
Harniſch GOttes an
u. ſ. w.

6. Die Bewahrung ſelbſt drucket der
Apoſtel aus mit dem Worte φρουρεῖν, welches
ſonſt von einer militariſchen Beſatzung einer
Veſtung gebrauchet wird 2 Cor. 11, 32. Nun iſt
der Name des HErrn ein veſtes Schloß,
und der Gerechte laͤuft dahin und wird be-
ſchirmet
Spruͤchw. 18, 10. Siehe auch Pſ. 91,
1. 2. Und da GOTT ſelbſt ein ſolches veſtes
Schloß iſt, ſo iſt GOtt ſelbſt in der glaͤubigen
Seele nach dem Geheimniß der Vereinigung
GOttes mit ihr: und alſo hat ſie an GOtt und
ſeiner Gnade Beſatzung genug. Darum auch
Johannes 1 Ep. c. 4, 4. ſpricht: Kindlein, ihr
ſeyd von GOtt, und habet jene uͤberwun-
den: denn der in euch iſt, iſt groͤſſer, denn
der in der Welt iſt. Und was aus dieſer
Einwohnung GOttes fuͤr ein kraͤftiger

Beyſtand erfolge, bezeuget unſer Heyland,
wenn er Joh. 10, 28. 29. ſpricht: Jch gebe mei-
nen Schafen das ewige Leben, und ſie wer-
den nimmermehr umkommen, und niemand
wird ſie aus meiner Hand reiſſen. Der Va-
ter, der ſie mir gegeben hat, iſt groͤſſer denn
alles, und niemand kan ſie aus meines Va-
ters Hand reiſſen.

7. Es geſchiehet dieſe Bewahrung von
GOttes Seiten alſo, daß GOtt zuvorderſt den
Glauben ſtaͤrcket. Denn ſtehet es um dieſen
wohl, ſo hat der Menſch an demſelben gleichſam
einen rechten Schoͤpf-Eymer, wodurch er aus
der Fuͤlle JEſu empfaͤhet Gnade um Gnade. Und
dieſe Gnade um Gnade, das iſt, die immer reich-
licher geſchenckte Gnaden-Kraͤfte thun ſich hervor
in Vermehrung oder immer mehrer Empfindung
der Heyls-Guͤter, als da ſind: die geiſtliche
Salbung, der Friede in GOTT, die Freude des
[Spaltenumbruch] Heiligen Geiſtes u. ſ. w. wodurch man am innern
Menſchen immer mehr geſtaͤrcket wird, alſo daß
man denn mit Paulo ſagen kan: Jch vermag
alles, durch den, der mich maͤchtig machet,
Chriſtum.
Phil. 4, 13.

8. Es wird aber durch den Beyſatz der
Worte: durch den Glauben nicht allein ange-
zeiget, daß GOtt zur Bewahrung den Glauben
in uns erhalte und ſtaͤrcke; ſondern auch dieſes,
daß der Menſch auf ſeiner Seite im Glauben
bleiben
und ihn, den Glauben, auch ſelbſt be-
wahren muͤſſe. Wie er aber bewahret werde,
ſehen wir hernach in ſo vielen Orten und Erinne-
rungen dieſes Briefes. Es koͤmmt dabey ſon-
derlich auf ein gutes Gewiſſen an. Denn in
demſelben hat und haͤlt man das Geheimniß des
Glaubens. Stoſſet man daſſelbe von ſich, ſo
leidet man auch am Glauben Schiffbruch 1 Tim.
1, 19. Und ſolcher geſtalt bewahret einer, der nach
der vielen Barmhertzigkeit GOttes wiedergebo-
ren iſt, ſich ſelbſt, daß ihn der arge nicht antaſte.
1 Joh. 5, 18.

9. Von der Seligkeit, welche noch kuͤnf-
tig iſt, wird eine Offenbarung bezeuget, in An-
ſehung deſſen, daß diejenige, welche den Glaͤu-
bigen in der Wiedergeburt ſchon iſt beygeleget
worden, noch ſehr verborgen in ihnen gehalten
wird. Darum Paulus Col. 3, 3. 4. ſpricht:
Euer Leben iſt verborgen mit Chriſto in
GOtt. Wenn aber Chriſtus euer Leben,
ſich offenbaren wird, denn werdet ihr auch
mit ihm offenbaret werden in der Herrlich-
keit.
Von dieſer Offenbarung der Seligkeit
iſt die gantze heilige Schrift voll man ſehe unter
andern Dan. 7. Matth. 25. c. 26. Roͤm. 8, 18. u. f.
Phil. 3, 20. 21. 2 Theſſ. 1, 6. u. f. 1 Joh. 3, 2.
Sonderlich aber iſt die Offenbarung Johannis
von dieſer Materie erfuͤllet.

10. Durch die letzte Zeit, da die Offenba-
rung geſchehen ſoll, wird nach den ſchon ange-
fuͤhrten Oertern die Zeit der Zukunft Chriſti zum
Gerichte verſtanden, die Zeit der letzten Po-
ſaune
1 Cor. 15, 51. 52. 1 Theſſ. 4, 15. 16. 17. Of-
fenb. 11, 15. u. f. da es nach c. 19, 7. 8. heiſſen
wird: Halleluja! der allmaͤchtige GOTT
hat das Reich eingenommen. Laſſet uns
freuen und froͤlich ſeyn, und ihm die Eh-
re geben: denn die Hochzeit des Lammes
iſt kommen, und ſein Weib hat ſich berei-
tet,
u. ſ. w.

11. Um dieſen herrlichen Text noch zu meh-
rer Erbauung anzuwenden, ſo mercke man fol-
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a. Gleichwie es unſerm Coͤrper nicht genug iſt,
daß er das natuͤrliche Leben und auch dabey aus
der mit dem Trancke zu ſich genom̃enen Speiſe
ſeine Kraͤfte hat, und daraus wircken kan;
ſondern er auch noch einer beſtaͤndigen Nah-
rung bedarf: alſo iſt es unſerer Seelen auch
nicht genug, daß ſie vermoͤge der Wiederge-
burt das geiſtliche Leben aus GOtt, und da-
durch auch geiſtliche Gnaden-Kraͤfte habe, ſon-
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[506/0508] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 5. eignen Kraͤften zu leiſten viel zu ohnmaͤchtig iſt. Es behaͤlt die Erb-Suͤnde, obgleich ihre Herr- ſchaft einmal unterbrochen iſt, noch eine groſſe Kraft zur Reitzung und Wirckung in dem Men- ſchen, und kommen von derſelben oft ſolche ſtarcke Anſaͤtze, zu deren Uberwindung ein beſtaͤndiger Zufluß der noch viel ſtaͤrckeren Gnade gehoͤret. Und weil uns dieſe durch das Evangelium gleich- ſam eingefloͤſſet wird, ſo nennet Paulus daher das Evangelium δύναμιν, eine Kraft GOttes zur Seligkeit Roͤm. 1, 16. 5. Man hat bey der bewahrenden Macht zu erwegen, was Paulus von der gruͤndenden Macht, welche ſich in der Wiedergeburt hervor- thut, ſaget Eph. 1, 29. zu erkennen, ‒ ‒ welche da ſey die uͤberſchwengliche Groͤſſe ſeiner Kraft an uns, die wir glauben nach der Wirckung ſeiner maͤchtigen Staͤrcke u. f. Und daß zur Bewahrung eine nicht geringe Kraft der Gnade noͤthig ſey, bezeuget Paulus darauf damit, daß er c. 3, 16. wuͤnſchet, daß GOtt den glaͤubigen Epheſiern Kraft gebe, nach dem Reichthum ſeiner Herrlichkeit ſtarck zu werden durch ſeinen Geiſt an dem inwendi- gen Menſchen u. f. Siehe auch c. 4, 13. u. f. Und c. 6, 10. u. f. ſpricht er: Zuletzt, meine Bruͤder, ſeyd ſtarck in dem HErrn und in der Macht ſeiner Staͤrcke: Ziehet den Harniſch GOttes an u. ſ. w. 6. Die Bewahrung ſelbſt drucket der Apoſtel aus mit dem Worte φρουρεῖν, welches ſonſt von einer militariſchen Beſatzung einer Veſtung gebrauchet wird 2 Cor. 11, 32. Nun iſt der Name des HErrn ein veſtes Schloß, und der Gerechte laͤuft dahin und wird be- ſchirmet Spruͤchw. 18, 10. Siehe auch Pſ. 91, 1. 2. Und da GOTT ſelbſt ein ſolches veſtes Schloß iſt, ſo iſt GOtt ſelbſt in der glaͤubigen Seele nach dem Geheimniß der Vereinigung GOttes mit ihr: und alſo hat ſie an GOtt und ſeiner Gnade Beſatzung genug. Darum auch Johannes 1 Ep. c. 4, 4. ſpricht: Kindlein, ihr ſeyd von GOtt, und habet jene uͤberwun- den: denn der in euch iſt, iſt groͤſſer, denn der in der Welt iſt. Und was aus dieſer Einwohnung GOttes fuͤr ein kraͤftiger Beyſtand erfolge, bezeuget unſer Heyland, wenn er Joh. 10, 28. 29. ſpricht: Jch gebe mei- nen Schafen das ewige Leben, und ſie wer- den nimmermehr umkommen, und niemand wird ſie aus meiner Hand reiſſen. Der Va- ter, der ſie mir gegeben hat, iſt groͤſſer denn alles, und niemand kan ſie aus meines Va- ters Hand reiſſen. 7. Es geſchiehet dieſe Bewahrung von GOttes Seiten alſo, daß GOtt zuvorderſt den Glauben ſtaͤrcket. Denn ſtehet es um dieſen wohl, ſo hat der Menſch an demſelben gleichſam einen rechten Schoͤpf-Eymer, wodurch er aus der Fuͤlle JEſu empfaͤhet Gnade um Gnade. Und dieſe Gnade um Gnade, das iſt, die immer reich- licher geſchenckte Gnaden-Kraͤfte thun ſich hervor in Vermehrung oder immer mehrer Empfindung der Heyls-Guͤter, als da ſind: die geiſtliche Salbung, der Friede in GOTT, die Freude des Heiligen Geiſtes u. ſ. w. wodurch man am innern Menſchen immer mehr geſtaͤrcket wird, alſo daß man denn mit Paulo ſagen kan: Jch vermag alles, durch den, der mich maͤchtig machet, Chriſtum. Phil. 4, 13. 8. Es wird aber durch den Beyſatz der Worte: durch den Glauben nicht allein ange- zeiget, daß GOtt zur Bewahrung den Glauben in uns erhalte und ſtaͤrcke; ſondern auch dieſes, daß der Menſch auf ſeiner Seite im Glauben bleiben und ihn, den Glauben, auch ſelbſt be- wahren muͤſſe. Wie er aber bewahret werde, ſehen wir hernach in ſo vielen Orten und Erinne- rungen dieſes Briefes. Es koͤmmt dabey ſon- derlich auf ein gutes Gewiſſen an. Denn in demſelben hat und haͤlt man das Geheimniß des Glaubens. Stoſſet man daſſelbe von ſich, ſo leidet man auch am Glauben Schiffbruch 1 Tim. 1, 19. Und ſolcher geſtalt bewahret einer, der nach der vielen Barmhertzigkeit GOttes wiedergebo- ren iſt, ſich ſelbſt, daß ihn der arge nicht antaſte. 1 Joh. 5, 18. 9. Von der Seligkeit, welche noch kuͤnf- tig iſt, wird eine Offenbarung bezeuget, in An- ſehung deſſen, daß diejenige, welche den Glaͤu- bigen in der Wiedergeburt ſchon iſt beygeleget worden, noch ſehr verborgen in ihnen gehalten wird. Darum Paulus Col. 3, 3. 4. ſpricht: Euer Leben iſt verborgen mit Chriſto in GOtt. Wenn aber Chriſtus euer Leben, ſich offenbaren wird, denn werdet ihr auch mit ihm offenbaret werden in der Herrlich- keit. Von dieſer Offenbarung der Seligkeit iſt die gantze heilige Schrift voll man ſehe unter andern Dan. 7. Matth. 25. c. 26. Roͤm. 8, 18. u. f. Phil. 3, 20. 21. 2 Theſſ. 1, 6. u. f. 1 Joh. 3, 2. Sonderlich aber iſt die Offenbarung Johannis von dieſer Materie erfuͤllet. 10. Durch die letzte Zeit, da die Offenba- rung geſchehen ſoll, wird nach den ſchon ange- fuͤhrten Oertern die Zeit der Zukunft Chriſti zum Gerichte verſtanden, die Zeit der letzten Po- ſaune 1 Cor. 15, 51. 52. 1 Theſſ. 4, 15. 16. 17. Of- fenb. 11, 15. u. f. da es nach c. 19, 7. 8. heiſſen wird: Halleluja! der allmaͤchtige GOTT hat das Reich eingenommen. Laſſet uns freuen und froͤlich ſeyn, und ihm die Eh- re geben: denn die Hochzeit des Lammes iſt kommen, und ſein Weib hat ſich berei- tet, u. ſ. w. 11. Um dieſen herrlichen Text noch zu meh- rer Erbauung anzuwenden, ſo mercke man fol- gendes, und zwar zur Lehre: a. Gleichwie es unſerm Coͤrper nicht genug iſt, daß er das natuͤrliche Leben und auch dabey aus der mit dem Trancke zu ſich genom̃enen Speiſe ſeine Kraͤfte hat, und daraus wircken kan; ſondern er auch noch einer beſtaͤndigen Nah- rung bedarf: alſo iſt es unſerer Seelen auch nicht genug, daß ſie vermoͤge der Wiederge- burt das geiſtliche Leben aus GOtt, und da- durch auch geiſtliche Gnaden-Kraͤfte habe, ſon- dern ſie gebrauchet auch noch uͤber das des be- ſtaͤndigen Zufluſſes der ernaͤhrenden, ſtaͤrcken- den und bewahrenden Gnade. b. Eine

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/508>, abgerufen am 22.11.2024.