Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 4. [Spaltenumbruch]
wegen eine gründliche Verleugnung alles irdi-dischen und daher vergänglichen Wesens, und eine solche Liebe zu JEsu, der das unvergängli- che Wesen an das Licht gebracht hat 2 Tim. 1, 10. die da ist en aphtharsia, ohne alle Fäulung und Corruption Eph. 6, 24. welche in der vergänglichen Lust dieser Welt ist 2 Pet. 1, 4. 1 Joh. 2, 15. u. f. c. Unbefleckt heißt dieses Erbe wie in Ansehung seiner vollkommnesten Reinigkeit und Vor- treflichkeit, und derer, die dazu kommen; als welche durchs Blut Christi von der Unreinigkeit ihrer Sünden wohl gewaschen seyn müssen: 1 Cor. 6, 9. 10. 11. Offenb. 7, 14. also auch im Gegensatze auf die irdischen Erbschaften: denn die sind gemeiniglich sehr befleckt, da die Güter theils mit Ungerechtigkeit im Geitze erworben, theils auch mit vieler Anhängligkeit besessen sind, also daß mancher Unsegen darauf ruhet, und sie wenig gedeyen, sonderlich wenn den Dürftigen davon nicht willig und reichlich ist gegeben worden. f. Unverwelcklich ist dieses Erbe in Ansehung seiner vollkommnen Anmuthigkeit, nach wel- cher das ewige Leben gleichsam ein beständiger Maymonat, darinnen alles mit dem ange- nehmsten Geruche zum erfreulichsten Anschau- en aufs lieblichste grünet und blühet, seyn wird. Denn wer wünschet nicht, wenn er im angeneh- men Frühlinge an die vergangene rauhe Win- tertage gedencket, und sich vorstellet, daß sie bald wieder kommen werden, daß, wenn es möglich wäre, solche Zeit beständig seyn möch- te? Dort aber wird die Seligkeit seyn ohne alle Abwechselungen nach dem sie auch alhier, im Stande der Gnaden, ihre gewisse Verän- derung gehabt hat, also daß einem bald die Sonne der Gnaden geschienen, bald aber das Gewölcke der Anfechtung in betrübten Stun- den sich gefunden hat. g. Wenn nun der Apostel saget, daß sie im Himmel behalten, oder auf gehoben wer- de, ja schon vorlängst aufgehoben geworden sey, so bleibet er damit bey dem Gleichnisse von der irdischen Erbschaft. Denn da ist bekannt, daß, wenn die Eltern zu frühe versterben da die Kinder noch minderjährig sind, sie unter Vor- mündern stehen bis zu ihrer Majorennität und in dessen ihre Güter administriret und ihnen vorbehalten, sie auch indessen davon unter- halten werden. Nun sind zwar die Gläubi- gen des neuen Testaments nicht den unmündi- gen Kindern also gleich, wie es die der alten Oeconomie waren, nach Gal. 4, 1. 2. aber sie sind ihnen doch, bey allen ihren Vorzügen vor jenen, noch ähnlich, in Ansehung der gros- sen Unvollkommenheit, darein sie sich noch itzo im Reiche der Gnaden befinden. Was Petrus nennet im Himmel behalten, das nennet Paulus im Himmel beygeleget seyn, und nennet das Erbe die Krone der Gerechtig- keit 2 Tim. 4, 18. auch eine theure Beylage c. 1, 12. 7. Diß alles ist es nun, worüber der Apo- a. Eine gläubige Erkenntniß alles guten, und zwar eine solche, dabey man das verheissene völ- lige Gut schon dem Vorschmacke nach wirck- lich geniesset, wie es die gläubigen Juden mit Petro genossen. b. Ein Hertz, das aus solchem Genuß voll ist von Glauben, Liebe, und Hoffnung und voller de- müthiger Ergebenheit und Aufopferung ge- gen GOtt. c. Die daher entstehende würckliche Dancksa- gung, welche bestehet in einer gläubigen Erhe- bung GOttes; sonderlich nach denen Eigen- schaften, welche er uns vor andern in dem ver- heissenen und zum theil schon gegebnen Gute in der That selbst zu erkennen giebet. d. Die Bezeugung solcher innerlichen Hertzens- Dancksagung, die sich auch in Worten, und noch mehr in der That selbst durch das gantze Leben äussert, also daß das gantze Leben eines solchen Gläubigen eine beständige Dancksa- gung GOttes sey. Und dieses ist es, womit wir schuldig sind das Evangelium von Christo zu zieren Tit. 2, 10. e. Paulus hebet nach der Fülle seines Hertzens, fast alle seine Briefe von der Dancksagung an: man sehe Röm. 1, 8. 1 Cor. 1, 4. 2 Cor. 1, 3. Eph. 1, 3. Phil. 1, 3. Col. 1, 3. 1 Thess. 1, 2. 2 Thess. 1, 3. 2 Tim. 1, 3. Phil. 1, 4. f. Heißt es bey Menschen: gratiarum actio est ad plus dandum invitatio, die Dancksagung bringet eine noch reichlichere Mittheilung, so trift es noch mehr bey GOtt ein, darum GOtt Ps. 50, 32. saget: Wer Danck opfert, der preiset mich: und das ist der Weg, daß ich ihm zeige das Heyl GOttes. Siehe auch Col. 3, 15. 16. 17. g. Da GOtt loben, dancken und verherrlichen der heiligen Engel Eigenschaft ist, so leisten die Gläubigen, welche künftig in der Herrlichkeit den Engeln gleich seyn werden Luc. 20, 36. schon in dieser Welt GOtt einen engelischen Dienst: und künftig werden sie das neue Lied vor dem Throne des Lammes singen: Off. 14, 3. c. 15 3. Worauf auch die herrliche Uberein- stimmung der Vocal- und Instrumental- Music, nach Davids von GOtt eingegebner Anordnung, zum Vorbilde gegangen ist. 8. Jm übrigen sind ausser den bisherigen, a. Der Mensch hat die Sünde nicht aus der Nachahmung anderer, wie einige nach dem alten Pelagianismo vorgeben, sondern be- reits aus der leiblichen Zeugung und Geburt, darum sie auch nach ihrem Grunde und Ur- sprunge billig die Erb-Sünde genennet wird. Denn wäre dieses nicht, so würde keine geist- liche Zeugung und Wiedergeburt nöthig, son- dern eine äusserliche Sitten-Lehre zur Tugend hinlänglich seyn. b. Es betriegen sich demnach gar sehr alle dieje- nigen, welche sich auf ihre äusserliche Ehrbar- keit verlassen, und, weil sie dabey nie auf den rech-
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 4. [Spaltenumbruch]
wegen eine gruͤndliche Verleugnung alles irdi-diſchen und daher vergaͤnglichen Weſens, und eine ſolche Liebe zu JEſu, der das unvergaͤngli- che Weſen an das Licht gebracht hat 2 Tim. 1, 10. die da iſt ἐν ἀφϑαρσίᾳ, ohne alle Faͤulung und Corruption Eph. 6, 24. welche in der vergaͤnglichen Luſt dieſer Welt iſt 2 Pet. 1, 4. 1 Joh. 2, 15. u. f. c. Unbefleckt heißt dieſes Erbe wie in Anſehung ſeiner vollkommneſten Reinigkeit und Vor- treflichkeit, und derer, die dazu kommen; als welche durchs Blut Chriſti von der Unreinigkeit ihrer Suͤnden wohl gewaſchen ſeyn muͤſſen: 1 Cor. 6, 9. 10. 11. Offenb. 7, 14. alſo auch im Gegenſatze auf die irdiſchen Erbſchaften: denn die ſind gemeiniglich ſehr befleckt, da die Guͤter theils mit Ungerechtigkeit im Geitze erworben, theils auch mit vieler Anhaͤngligkeit beſeſſen ſind, alſo daß mancher Unſegen darauf ruhet, und ſie wenig gedeyen, ſonderlich wenn den Duͤrftigen davon nicht willig und reichlich iſt gegeben worden. f. Unverwelcklich iſt dieſes Erbe in Anſehung ſeiner vollkommnen Anmuthigkeit, nach wel- cher das ewige Leben gleichſam ein beſtaͤndiger Maymonat, darinnen alles mit dem ange- nehmſten Geruche zum erfreulichſten Anſchau- en aufs lieblichſte gruͤnet und bluͤhet, ſeyn wird. Denn wer wuͤnſchet nicht, wenn er im angeneh- men Fruͤhlinge an die vergangene rauhe Win- tertage gedencket, und ſich vorſtellet, daß ſie bald wieder kommen werden, daß, wenn es moͤglich waͤre, ſolche Zeit beſtaͤndig ſeyn moͤch- te? Dort aber wird die Seligkeit ſeyn ohne alle Abwechſelungen nach dem ſie auch alhier, im Stande der Gnaden, ihre gewiſſe Veraͤn- derung gehabt hat, alſo daß einem bald die Sonne der Gnaden geſchienen, bald aber das Gewoͤlcke der Anfechtung in betruͤbten Stun- den ſich gefunden hat. g. Wenn nun der Apoſtel ſaget, daß ſie im Himmel behalten, oder auf gehoben wer- de, ja ſchon vorlaͤngſt aufgehoben geworden ſey, ſo bleibet er damit bey dem Gleichniſſe von der irdiſchen Erbſchaft. Denn da iſt bekannt, daß, wenn die Eltern zu fruͤhe verſterben da die Kinder noch minderjaͤhrig ſind, ſie unter Vor- muͤndern ſtehen bis zu ihrer Majorennitaͤt und in deſſen ihre Guͤter adminiſtriret und ihnen vorbehalten, ſie auch indeſſen davon unter- halten werden. Nun ſind zwar die Glaͤubi- gen des neuen Teſtaments nicht den unmuͤndi- gen Kindern alſo gleich, wie es die der alten Oeconomie waren, nach Gal. 4, 1. 2. aber ſie ſind ihnen doch, bey allen ihren Vorzuͤgen vor jenen, noch aͤhnlich, in Anſehung der groſ- ſen Unvollkommenheit, darein ſie ſich noch itzo im Reiche der Gnaden befinden. Was Petrus nennet im Himmel behalten, das nennet Paulus im Himmel beygeleget ſeyn, und nennet das Erbe die Krone der Gerechtig- keit 2 Tim. 4, 18. auch eine theure Beylage c. 1, 12. 7. Diß alles iſt es nun, woruͤber der Apo- a. Eine glaͤubige Erkenntniß alles guten, und zwar eine ſolche, dabey man das verheiſſene voͤl- lige Gut ſchon dem Vorſchmacke nach wirck- lich genieſſet, wie es die glaͤubigen Juden mit Petro genoſſen. b. Ein Hertz, das aus ſolchem Genuß voll iſt von Glauben, Liebe, und Hoffnung und voller de- muͤthiger Ergebenheit und Aufopferung ge- gen GOtt. c. Die daher entſtehende wuͤrckliche Danckſa- gung, welche beſtehet in einer glaͤubigen Erhe- bung GOttes; ſonderlich nach denen Eigen- ſchaften, welche er uns vor andern in dem ver- heiſſenen und zum theil ſchon gegebnen Gute in der That ſelbſt zu erkennen giebet. d. Die Bezeugung ſolcher innerlichen Hertzens- Danckſagung, die ſich auch in Worten, und noch mehr in der That ſelbſt durch das gantze Leben aͤuſſert, alſo daß das gantze Leben eines ſolchen Glaͤubigen eine beſtaͤndige Danckſa- gung GOttes ſey. Und dieſes iſt es, womit wir ſchuldig ſind das Evangelium von Chriſto zu zieren Tit. 2, 10. e. Paulus hebet nach der Fuͤlle ſeines Hertzens, faſt alle ſeine Briefe von der Danckſagung an: man ſehe Roͤm. 1, 8. 1 Cor. 1, 4. 2 Cor. 1, 3. Eph. 1, 3. Phil. 1, 3. Col. 1, 3. 1 Theſſ. 1, 2. 2 Theſſ. 1, 3. 2 Tim. 1, 3. Phil. 1, 4. f. Heißt es bey Menſchen: gratiarum actio eſt ad plus dandum invitatio, die Danckſagung bringet eine noch reichlichere Mittheilung, ſo trift es noch mehr bey GOtt ein, darum GOtt Pſ. 50, 32. ſaget: Wer Danck opfert, der preiſet mich: und das iſt der Weg, daß ich ihm zeige das Heyl GOttes. Siehe auch Col. 3, 15. 16. 17. g. Da GOtt loben, dancken und verherrlichen der heiligen Engel Eigenſchaft iſt, ſo leiſten die Glaͤubigen, welche kuͤnftig in der Herrlichkeit den Engeln gleich ſeyn werden Luc. 20, 36. ſchon in dieſer Welt GOtt einen engeliſchen Dienſt: und kuͤnftig werden ſie das neue Lied vor dem Throne des Lammes ſingen: Off. 14, 3. c. 15 3. Worauf auch die herrliche Uberein- ſtimmung der Vocal- und Inſtrumental- Muſic, nach Davids von GOtt eingegebner Anordnung, zum Vorbilde gegangen iſt. 8. Jm uͤbrigen ſind auſſer den bisherigen, a. Der Menſch hat die Suͤnde nicht aus der Nachahmung anderer, wie einige nach dem alten Pelagianiſmo vorgeben, ſondern be- reits aus der leiblichen Zeugung und Geburt, darum ſie auch nach ihrem Grunde und Ur- ſprunge billig die Erb-Suͤnde genennet wird. Denn waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde keine geiſt- liche Zeugung und Wiedergeburt noͤthig, ſon- dern eine aͤuſſerliche Sitten-Lehre zur Tugend hinlaͤnglich ſeyn. b. Es betriegen ſich demnach gar ſehr alle dieje- nigen, welche ſich auf ihre aͤuſſerliche Ehrbar- keit verlaſſen, und, weil ſie dabey nie auf den rech-
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 4.
wegen eine gruͤndliche Verleugnung alles irdi-
diſchen und daher vergaͤnglichen Weſens, und
eine ſolche Liebe zu JEſu, der das unvergaͤngli-
che Weſen an das Licht gebracht hat 2 Tim. 1,
10. die da iſt ἐν ἀφϑαρσίᾳ, ohne alle Faͤulung
und Corruption Eph. 6, 24. welche in der
vergaͤnglichen Luſt dieſer Welt iſt 2 Pet. 1, 4.
1 Joh. 2, 15. u. f.
c. Unbefleckt heißt dieſes Erbe wie in Anſehung
ſeiner vollkommneſten Reinigkeit und Vor-
treflichkeit, und derer, die dazu kommen; als
welche durchs Blut Chriſti von der Unreinigkeit
ihrer Suͤnden wohl gewaſchen ſeyn muͤſſen:
1 Cor. 6, 9. 10. 11. Offenb. 7, 14. alſo auch im
Gegenſatze auf die irdiſchen Erbſchaften: denn
die ſind gemeiniglich ſehr befleckt, da die Guͤter
theils mit Ungerechtigkeit im Geitze erworben,
theils auch mit vieler Anhaͤngligkeit beſeſſen
ſind, alſo daß mancher Unſegen darauf ruhet,
und ſie wenig gedeyen, ſonderlich wenn den
Duͤrftigen davon nicht willig und reichlich iſt
gegeben worden.
f. Unverwelcklich iſt dieſes Erbe in Anſehung
ſeiner vollkommnen Anmuthigkeit, nach wel-
cher das ewige Leben gleichſam ein beſtaͤndiger
Maymonat, darinnen alles mit dem ange-
nehmſten Geruche zum erfreulichſten Anſchau-
en aufs lieblichſte gruͤnet und bluͤhet, ſeyn wird.
Denn wer wuͤnſchet nicht, wenn er im angeneh-
men Fruͤhlinge an die vergangene rauhe Win-
tertage gedencket, und ſich vorſtellet, daß ſie
bald wieder kommen werden, daß, wenn es
moͤglich waͤre, ſolche Zeit beſtaͤndig ſeyn moͤch-
te? Dort aber wird die Seligkeit ſeyn ohne
alle Abwechſelungen nach dem ſie auch alhier,
im Stande der Gnaden, ihre gewiſſe Veraͤn-
derung gehabt hat, alſo daß einem bald die
Sonne der Gnaden geſchienen, bald aber das
Gewoͤlcke der Anfechtung in betruͤbten Stun-
den ſich gefunden hat.
g. Wenn nun der Apoſtel ſaget, daß ſie im
Himmel behalten, oder auf gehoben wer-
de, ja ſchon vorlaͤngſt aufgehoben geworden
ſey, ſo bleibet er damit bey dem Gleichniſſe von
der irdiſchen Erbſchaft. Denn da iſt bekannt,
daß, wenn die Eltern zu fruͤhe verſterben da die
Kinder noch minderjaͤhrig ſind, ſie unter Vor-
muͤndern ſtehen bis zu ihrer Majorennitaͤt und
in deſſen ihre Guͤter adminiſtriret und ihnen
vorbehalten, ſie auch indeſſen davon unter-
halten werden. Nun ſind zwar die Glaͤubi-
gen des neuen Teſtaments nicht den unmuͤndi-
gen Kindern alſo gleich, wie es die der alten
Oeconomie waren, nach Gal. 4, 1. 2. aber
ſie ſind ihnen doch, bey allen ihren Vorzuͤgen
vor jenen, noch aͤhnlich, in Anſehung der groſ-
ſen Unvollkommenheit, darein ſie ſich noch itzo
im Reiche der Gnaden befinden. Was Petrus
nennet im Himmel behalten, das nennet
Paulus im Himmel beygeleget ſeyn, und
nennet das Erbe die Krone der Gerechtig-
keit 2 Tim. 4, 18. auch eine theure Beylage
c. 1, 12.
7. Diß alles iſt es nun, woruͤber der Apo-
ſtel ſeine Danckſagung zu GOtt richtet und gehoͤ-
ren zu derſelben folgende Stuͤcke:
a. Eine glaͤubige Erkenntniß alles guten, und
zwar eine ſolche, dabey man das verheiſſene voͤl-
lige Gut ſchon dem Vorſchmacke nach wirck-
lich genieſſet, wie es die glaͤubigen Juden mit
Petro genoſſen.
b. Ein Hertz, das aus ſolchem Genuß voll iſt von
Glauben, Liebe, und Hoffnung und voller de-
muͤthiger Ergebenheit und Aufopferung ge-
gen GOtt.
c. Die daher entſtehende wuͤrckliche Danckſa-
gung, welche beſtehet in einer glaͤubigen Erhe-
bung GOttes; ſonderlich nach denen Eigen-
ſchaften, welche er uns vor andern in dem ver-
heiſſenen und zum theil ſchon gegebnen Gute in
der That ſelbſt zu erkennen giebet.
d. Die Bezeugung ſolcher innerlichen Hertzens-
Danckſagung, die ſich auch in Worten, und
noch mehr in der That ſelbſt durch das gantze
Leben aͤuſſert, alſo daß das gantze Leben eines
ſolchen Glaͤubigen eine beſtaͤndige Danckſa-
gung GOttes ſey. Und dieſes iſt es, womit wir
ſchuldig ſind das Evangelium von Chriſto zu
zieren Tit. 2, 10.
e. Paulus hebet nach der Fuͤlle ſeines Hertzens,
faſt alle ſeine Briefe von der Danckſagung an:
man ſehe Roͤm. 1, 8. 1 Cor. 1, 4. 2 Cor. 1, 3. Eph.
1, 3. Phil. 1, 3. Col. 1, 3. 1 Theſſ. 1, 2. 2 Theſſ.
1, 3. 2 Tim. 1, 3. Phil. 1, 4.
f. Heißt es bey Menſchen: gratiarum actio eſt
ad plus dandum invitatio, die Danckſagung
bringet eine noch reichlichere Mittheilung, ſo
trift es noch mehr bey GOtt ein, darum GOtt
Pſ. 50, 32. ſaget: Wer Danck opfert, der
preiſet mich: und das iſt der Weg, daß
ich ihm zeige das Heyl GOttes. Siehe
auch Col. 3, 15. 16. 17.
g. Da GOtt loben, dancken und verherrlichen
der heiligen Engel Eigenſchaft iſt, ſo leiſten die
Glaͤubigen, welche kuͤnftig in der Herrlichkeit
den Engeln gleich ſeyn werden Luc. 20, 36.
ſchon in dieſer Welt GOtt einen engeliſchen
Dienſt: und kuͤnftig werden ſie das neue Lied
vor dem Throne des Lammes ſingen: Off. 14,
3. c. 15 3. Worauf auch die herrliche Uberein-
ſtimmung der Vocal- und Inſtrumental-
Muſic, nach Davids von GOtt eingegebner
Anordnung, zum Vorbilde gegangen iſt.
8. Jm uͤbrigen ſind auſſer den bisherigen,
auch noch die nachfolgenden Anmerckungen vor
andern, die daraus flieſſen, und im Lateiniſchen
Commentario nach der Laͤnge daraus gezogen
ſind, zur Erbauung anzuwenden:
a. Der Menſch hat die Suͤnde nicht aus der
Nachahmung anderer, wie einige nach dem
alten Pelagianiſmo vorgeben, ſondern be-
reits aus der leiblichen Zeugung und Geburt,
darum ſie auch nach ihrem Grunde und Ur-
ſprunge billig die Erb-Suͤnde genennet wird.
Denn waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde keine geiſt-
liche Zeugung und Wiedergeburt noͤthig, ſon-
dern eine aͤuſſerliche Sitten-Lehre zur Tugend
hinlaͤnglich ſeyn.
b. Es betriegen ſich demnach gar ſehr alle dieje-
nigen, welche ſich auf ihre aͤuſſerliche Ehrbar-
keit verlaſſen, und, weil ſie dabey nie auf den
rech-
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