Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 4. v. 12-15. Erklärung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
verbinden sie das Gewissen zum Gehorsam, die-sen ohne allen Zwang in aller Willigkeit zu leisten. 4. Bey der Gesetzgebung GOttes äussern 5. So unendlich gleich GOttes Auctori- 6. Wenn der Mensch andere ungütig be- 7. Jm übrigen ist alhier zu mercken, daß V. 13. 14. 15. Wohlan, die ihr nun saget: heute Anmerckungen. 1. Es sind alhier drey Puncte zu mercken: 2. Erstlich zeiget der Apostel an, was bey a. Es wird an derselben zweyerley bestrafet: nemlich der verwegene Vorsatz, da man nichts auf GOttes, sondern alles auf seinen [Spaltenumbruch] eignen Willen ankommen läßt! und denn der Geitz, da nur alles auf lauter Gewinnung angesehen ist. Denn obgleich der Mensch sich wol etwas vorsetzen, und auch etwas gewinnen kan; so soll doch jenes mit Gelassenheit in GOttes Willen, und dieses ohne Geitz ge- schehen. b. Die Judische Nation, mit welcher es der Apostel in diesem Briefe eigentlich zu thun hat, ist schon von Alters her des Handelns und Schacherns vor allen andern gewohnet: und sonderlich die, welche sich auch vor und nach Christi Geburt ausserhalb des gelobten Landes befunden hat. Denn weil sie unter fremden Völckern an Ländereyen kein Eigenthum ge- habt haben, so haben sie sich von allerhand Ge- werbe nehren müssen; wie sie auch noch thun. Welches auch an sich selbst nicht zu mißbilligen ist, wenn es nur in rechter Ordnung geschähe; daran es aber leider sehr fehlet. 3. Wie unbesonnen aber beydes sey, sowol a. Daß nichts ungewissers sey, als des Menschen Leben; daß auch nichts bekannters sey, als eben dieses, da es die Erfahrung fast täglich lehret, und also das menschliche Leben wol kan mit ei- nem Dampf und Nebel, der bald entstehet, aber auch bald wieder vergehet, verglichen werden. Wie denn nichts gemeiners ist, als daß auch die gesundesten Cörper von allerhand Alter, ehe man sichs versiehet, mit allerhand Kranckheiten angegriffen werden. Wie man- chen nimmt das hitzige Fieber nicht schnell hin- weg? wie viel Unfälle können einem nicht sonst begegnen, wie zu Hause, also auch auf Rei- sen? b. Daß unter der Kürtze und Unbeständigkeit des menschlichen Lebens eine Gure und Weis- heit GOTTes verborgen liege: die Güte, daß der Mensch vom Elende soll bald befreyet werden, wenn er sich nur von dem Sünden- Ubel recht befreyen läßt: die Weisheit dar- inn, daß er soviel leichter zur Verleugnung al- les irdischen sich möchte bewegen lassen. c. Daß sich, wenn der Mensch weder die Güte noch die Weisheit GOttes darunter erkennet, und recht anwendet, sondern sich dieses Leben fast nicht anders als ein ewiges Leben vorstellet, und alles sein Tichten und Trachten darauf richtet, darinnen die grösseste Thorheit und Unbesonnenheit hervor thue, und dieses über- aus gemein sey. d. Daß es so viel thörichter sey, so vielmehr man aus der Erfahrung erkennet, wie mancher Strich einem durch seine Rechnung, die man sich aufs künstige gemachet hat, gezogen wer- de; wie bald dieser, bald jener nicht vorher ge- sehene Umstand, der sich hierinn und darinnen hervorthut, der Sache eine gantz andere Ge- stalt
Cap. 4. v. 12-15. Erklaͤrung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
verbinden ſie das Gewiſſen zum Gehorſam, die-ſen ohne allen Zwang in aller Willigkeit zu leiſten. 4. Bey der Geſetzgebung GOttes aͤuſſern 5. So unendlich gleich GOttes Auctori- 6. Wenn der Menſch andere unguͤtig be- 7. Jm uͤbrigen iſt alhier zu mercken, daß V. 13. 14. 15. Wohlan, die ihr nun ſaget: heute Anmerckungen. 1. Es ſind alhier drey Puncte zu mercken: 2. Erſtlich zeiget der Apoſtel an, was bey a. Es wird an derſelben zweyerley beſtrafet: nemlich der verwegene Vorſatz, da man nichts auf GOttes, ſondern alles auf ſeinen [Spaltenumbruch] eignen Willen ankommen laͤßt! und denn der Geitz, da nur alles auf lauter Gewinnung angeſehen iſt. Denn obgleich der Menſch ſich wol etwas vorſetzen, und auch etwas gewinnen kan; ſo ſoll doch jenes mit Gelaſſenheit in GOttes Willen, und dieſes ohne Geitz ge- ſchehen. b. Die Judiſche Nation, mit welcher es der Apoſtel in dieſem Briefe eigentlich zu thun hat, iſt ſchon von Alters her des Handelns und Schacherns vor allen andern gewohnet: und ſonderlich die, welche ſich auch vor und nach Chriſti Geburt auſſerhalb des gelobten Landes befunden hat. Denn weil ſie unter fremden Voͤlckern an Laͤndereyen kein Eigenthum ge- habt haben, ſo haben ſie ſich von allerhand Ge- werbe nehren muͤſſen; wie ſie auch noch thun. Welches auch an ſich ſelbſt nicht zu mißbilligen iſt, wenn es nur in rechter Ordnung geſchaͤhe; daran es aber leider ſehr fehlet. 3. Wie unbeſonnen aber beydes ſey, ſowol a. Daß nichts ungewiſſers ſey, als des Menſchen Leben; daß auch nichts bekannters ſey, als eben dieſes, da es die Erfahrung faſt taͤglich lehret, und alſo das menſchliche Leben wol kan mit ei- nem Dampf und Nebel, der bald entſtehet, aber auch bald wieder vergehet, verglichen werden. Wie denn nichts gemeiners iſt, als daß auch die geſundeſten Coͤrper von allerhand Alter, ehe man ſichs verſiehet, mit allerhand Kranckheiten angegriffen werden. Wie man- chen nimmt das hitzige Fieber nicht ſchnell hin- weg? wie viel Unfaͤlle koͤnnen einem nicht ſonſt begegnen, wie zu Hauſe, alſo auch auf Rei- ſen? b. Daß unter der Kuͤrtze und Unbeſtaͤndigkeit des menſchlichen Lebens eine Gure und Weis- heit GOTTes verborgen liege: die Guͤte, daß der Menſch vom Elende ſoll bald befreyet werden, wenn er ſich nur von dem Suͤnden- Ubel recht befreyen laͤßt: die Weisheit dar- inn, daß er ſoviel leichter zur Verleugnung al- les irdiſchen ſich moͤchte bewegen laſſen. c. Daß ſich, wenn der Menſch weder die Guͤte noch die Weisheit GOttes darunter erkennet, und recht anwendet, ſondern ſich dieſes Leben faſt nicht anders als ein ewiges Leben vorſtellet, und alles ſein Tichten und Trachten darauf richtet, darinnen die groͤſſeſte Thorheit und Unbeſonnenheit hervor thue, und dieſes uͤber- aus gemein ſey. d. Daß es ſo viel thoͤrichter ſey, ſo vielmehr man aus der Erfahrung erkennet, wie mancher Strich einem durch ſeine Rechnung, die man ſich aufs kuͤnſtige gemachet hat, gezogen wer- de; wie bald dieſer, bald jener nicht vorher ge- ſehene Umſtand, der ſich hierinn und darinnen hervorthut, der Sache eine gantz andere Ge- ſtalt
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Wie unbeſonnen aber beydes ſey, ſowol<lb/> der verwogene Vorſatz, dieſes und jenes nach<lb/> bloſſem Eigenwillen zu thun; als auch der An-<lb/> trieb, den man dazu aus dem Zwecke des Geitzes<lb/> hernimmt, zeiget der Apoſtel damit an, wenn er<lb/> der Unbeſtaͤndigkeit und der Kuͤrtze des menſch-<lb/> lichen Lebens dabey gedencket. Dabey zu<lb/> mercken:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Daß nichts ungewiſſers ſey, als des Menſchen<lb/> Leben; daß auch nichts bekannters ſey, als eben<lb/> dieſes, da es die Erfahrung faſt taͤglich lehret,<lb/> und alſo das menſchliche Leben wol kan mit ei-<lb/> nem <hi rendition="#fr">Dampf und Nebel,</hi> der bald entſtehet,<lb/> aber auch bald wieder vergehet, verglichen<lb/> werden. Wie denn nichts gemeiners iſt, als<lb/> daß auch die geſundeſten Coͤrper von allerhand<lb/> Alter, ehe man ſichs verſiehet, mit allerhand<lb/> Kranckheiten angegriffen werden. 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Cap. 4. v. 12-15. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
verbinden ſie das Gewiſſen zum Gehorſam, die-
ſen ohne allen Zwang in aller Willigkeit zu
leiſten.
4. Bey der Geſetzgebung GOttes aͤuſſern
ſich vier Haupt-Eigenſchaften GOttes, erſtlich
die allerhoͤchſte Auctoritaͤt uͤber das gantze
menſchlichc Geſchlecht: zum andern die Weis-
heit, nach welcher das Geſetz ſo eingerichtet iſt,
als es ſich fuͤr die menſchliche Natur ſchicket:
drittens die Gerechtigkeit, welche mit der Hei-
ligkeit aus allen Geboten hervorleuchtet: viertens
die Allmacht, nach welcher er ſeinen Drauungen
und Verheiſſungen den rechten Nachdruck geben
kan. Davon Jacobus alhier ſpricht, daß er
koͤnne ſelig machen und verdammen. Siehe
deßgleichen Matth. 10, 28.
5. So unendlich gleich GOttes Auctori-
taͤt und Macht iſt, ſo zwinget er doch keinen durch
ſein Geſetz; ſondern, da er die menſchliche Natur
mit einem freyen Willen erſchaffen hat; ſo laͤſſet
er dem Menſchen die Freyheit zu widerſtehen; er
ziehet ihn aber daruͤber hernach zur Rechenſchaft
und zur Strafe: welches der Apoſtel alhier ver-
dammen heißt.
6. Wenn der Menſch andere unguͤtig be-
urtheilet, ſo greifet er GOtt alſo in ſein Richter-
Amt, daß er ſich gleichſam neben ihm auf den
Richt-Stuhl ſetzet: und folglich iſt es ihm ein
geringes, wenn er ſich uͤber andere Menſchen er-
hebet. Welches Jacobus meynet, wenn er ſa-
get: Wer biſt du, daß du einen andern ur-
theileſt. Siehe auch Roͤm. 2, 1. c. 14, 4. 10.
7. Jm uͤbrigen iſt alhier zu mercken, daß
die letztern Worte des vorhergehenden Verſes
mit den erſten dieſes Textes conſtruiret werden:
ἀλλὰ κριτὴς ε῟ις ἐςιν ὁ νομοϑέτης u. f. Doch bleibet
man billig bey der gewoͤhnlichen Diſtinction.
V. 13. 14. 15.
Wohlan, die ihr nun ſaget: heute
oder morgen wollen wir gehen (reiſen zu
Waſſer, oder zu Lande, zu Pferde, oder zu Fuſſe)
in die oder die Stadt, und wollen ein Jahr
da liegen, und handthieren (Kaufmannſchaft
treiben) und gewinnen: die ihr nicht wiſſet,
was morgen ſeyn wird. Denn was iſt euer
Leben: ein Dampf iſt es, der eine kleine
Zeit waͤhret, darnach aber verſchwindet
er: dafuͤr ihr ſagen ſollet: So der HErr
will und wir leben, wollen wir diß, oder
das thun.
Anmerckungen.
1. Es ſind alhier drey Puncte zu mercken:
erſtlich was wegen Handel und Wandel im
menſchlichen Leben zu geſchehen pflege: zum an-
dern, wie unbedachtſam und unweiſe darinn ver-
fahren werde: und drittens, wie man ſich beſſer
dabey zu verhalten habe.
2. Erſtlich zeiget der Apoſtel an, was bey
der Kaufmannſchaft vorgehe: dabey folgendes zu
mercken iſt:
a. Es wird an derſelben zweyerley beſtrafet:
nemlich der verwegene Vorſatz, da man
nichts auf GOttes, ſondern alles auf ſeinen
eignen Willen ankommen laͤßt! und denn der
Geitz, da nur alles auf lauter Gewinnung
angeſehen iſt. Denn obgleich der Menſch ſich
wol etwas vorſetzen, und auch etwas gewinnen
kan; ſo ſoll doch jenes mit Gelaſſenheit in
GOttes Willen, und dieſes ohne Geitz ge-
ſchehen.
b. Die Judiſche Nation, mit welcher es der
Apoſtel in dieſem Briefe eigentlich zu thun hat,
iſt ſchon von Alters her des Handelns und
Schacherns vor allen andern gewohnet: und
ſonderlich die, welche ſich auch vor und nach
Chriſti Geburt auſſerhalb des gelobten Landes
befunden hat. Denn weil ſie unter fremden
Voͤlckern an Laͤndereyen kein Eigenthum ge-
habt haben, ſo haben ſie ſich von allerhand Ge-
werbe nehren muͤſſen; wie ſie auch noch thun.
Welches auch an ſich ſelbſt nicht zu mißbilligen
iſt, wenn es nur in rechter Ordnung geſchaͤhe;
daran es aber leider ſehr fehlet.
3. Wie unbeſonnen aber beydes ſey, ſowol
der verwogene Vorſatz, dieſes und jenes nach
bloſſem Eigenwillen zu thun; als auch der An-
trieb, den man dazu aus dem Zwecke des Geitzes
hernimmt, zeiget der Apoſtel damit an, wenn er
der Unbeſtaͤndigkeit und der Kuͤrtze des menſch-
lichen Lebens dabey gedencket. Dabey zu
mercken:
a. Daß nichts ungewiſſers ſey, als des Menſchen
Leben; daß auch nichts bekannters ſey, als eben
dieſes, da es die Erfahrung faſt taͤglich lehret,
und alſo das menſchliche Leben wol kan mit ei-
nem Dampf und Nebel, der bald entſtehet,
aber auch bald wieder vergehet, verglichen
werden. Wie denn nichts gemeiners iſt, als
daß auch die geſundeſten Coͤrper von allerhand
Alter, ehe man ſichs verſiehet, mit allerhand
Kranckheiten angegriffen werden. Wie man-
chen nimmt das hitzige Fieber nicht ſchnell hin-
weg? wie viel Unfaͤlle koͤnnen einem nicht ſonſt
begegnen, wie zu Hauſe, alſo auch auf Rei-
ſen?
b. Daß unter der Kuͤrtze und Unbeſtaͤndigkeit
des menſchlichen Lebens eine Gure und Weis-
heit GOTTes verborgen liege: die Guͤte,
daß der Menſch vom Elende ſoll bald befreyet
werden, wenn er ſich nur von dem Suͤnden-
Ubel recht befreyen laͤßt: die Weisheit dar-
inn, daß er ſoviel leichter zur Verleugnung al-
les irdiſchen ſich moͤchte bewegen laſſen.
c. Daß ſich, wenn der Menſch weder die Guͤte
noch die Weisheit GOttes darunter erkennet,
und recht anwendet, ſondern ſich dieſes Leben
faſt nicht anders als ein ewiges Leben vorſtellet,
und alles ſein Tichten und Trachten darauf
richtet, darinnen die groͤſſeſte Thorheit und
Unbeſonnenheit hervor thue, und dieſes uͤber-
aus gemein ſey.
d. Daß es ſo viel thoͤrichter ſey, ſo vielmehr man
aus der Erfahrung erkennet, wie mancher
Strich einem durch ſeine Rechnung, die man
ſich aufs kuͤnſtige gemachet hat, gezogen wer-
de; wie bald dieſer, bald jener nicht vorher ge-
ſehene Umſtand, der ſich hierinn und darinnen
hervorthut, der Sache eine gantz andere Ge-
ſtalt
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