Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Cap. 4. v. 8. 9. [Spaltenumbruch]
big vorstellen, unsere Begierden zu ihm erheben,ihn anrufen, uns ihm aufopfern, ihn lieben und ihm im Geiste und in der Wahrheit dienen. Welches Zunahen auch sonst das Suchen Got- tes heißt: da wir durch die Sünde, welche uns von GOTT scheidet, als hindurch dringen, daß wir ihr durch die Gnade GOttes immer mehr absterben, und uns durch sie von der seli- gen Gemeinschaft mit GOTT nicht abhalten lassen. 3. GOTT nahet sich zu uns, wenn er 4. Und also hat man wohl zu mercken, wie 5. Wir haben hierbey zu mercken, daß zwar 6. Wie das zunahen zu GOtt geschehen 7. Die geforderte Reinigung der 8. Es ist aber leicht zu erachten, in welchem V. 9. Seyd elend (erkennet euer Elend, worein Anmerckungen. 1. Man siehet hieraus, wie auch aus dem triff,
Richtige und erbauliche Cap. 4. v. 8. 9. [Spaltenumbruch]
big vorſtellen, unſere Begierden zu ihm erheben,ihn anrufen, uns ihm aufopfern, ihn lieben und ihm im Geiſte und in der Wahrheit dienen. Welches Zunahen auch ſonſt das Suchen Got- tes heißt: da wir durch die Suͤnde, welche uns von GOTT ſcheidet, als hindurch dringen, daß wir ihr durch die Gnade GOttes immer mehr abſterben, und uns durch ſie von der ſeli- gen Gemeinſchaft mit GOTT nicht abhalten laſſen. 3. GOTT nahet ſich zu uns, wenn er 4. Und alſo hat man wohl zu mercken, wie 5. Wir haben hierbey zu mercken, daß zwar 6. Wie das zunahen zu GOtt geſchehen 7. Die geforderte Reinigung der 8. Es iſt aber leicht zu erachten, in welchem V. 9. Seyd elend (erkennet euer Elend, worein Anmerckungen. 1. Man ſiehet hieraus, wie auch aus dem triff,
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Richtige und erbauliche Cap. 4. v. 8. 9.
big vorſtellen, unſere Begierden zu ihm erheben,
ihn anrufen, uns ihm aufopfern, ihn lieben
und ihm im Geiſte und in der Wahrheit dienen.
Welches Zunahen auch ſonſt das Suchen Got-
tes heißt: da wir durch die Suͤnde, welche uns
von GOTT ſcheidet, als hindurch dringen,
daß wir ihr durch die Gnade GOttes immer
mehr abſterben, und uns durch ſie von der ſeli-
gen Gemeinſchaft mit GOTT nicht abhalten
laſſen.
3. GOTT nahet ſich zu uns, wenn er
ſeine Gegenwart in beſondern Wirckungen ſei-
ner Gnade gegen uns erweiſet. Er entfernet
ſich von uns, wenn er uns ſolche entziehet.
4. Und alſo hat man wohl zu mercken, wie
ſich eines auf das andere beziehet. Denn da-
durch, daß ſich der Menſch zu GOTT nahet,
das iſt, ſein Hertz zu ihm erhebet, und gegen ihn
oͤffnet, und dabey aus dem Wege raͤumet alles,
was der Gegenwart GOttes und dem Zufluß
ſeiner Gnade entgegen ſtehet, kan ſich GOTT
alſo zu ihm nahen, daß er ihm ſeine Gnade, der
er ſich in ſolcher Ordnung zwar nicht wuͤrdig,
doch faͤhig machet, in immer mehrerm Maße
kan mittheilen. Siehe auch Jer. 15, 19. da es
heißt: Wo du dich zu mir haͤltſt, ſo will ich
mich zu dir halten. Jmgleichen Zach. 1, 3.
So ſpricht der HErr Zebaoth: kehret euch
zu mir, ſo will ich mich zu euch kehren.
5. Wir haben hierbey zu mercken, daß zwar
das zu GOtt nahen eine Wohlthat und Pflicht
ſey aller Glaͤubigen zu allen Zeiten: aber daß es
doch in einem beſondern Maße ein Privilegi-
um ſey der Glaͤubigen des neuen Teſtaments:
davon man ſehe Eph. 2, 18. c. 3, 12. Hebr. 4, 16.
c. 7, 19. c. 10, 19. 20. 21. 22.
6. Wie das zunahen zu GOtt geſchehen
ſoll, zeiget der Apoſtel inſonderheit damit an,
daß er fordert die Reinigung der Haͤnde und
die Keuſchmachung der Hertzen. Die, von
welchen er ſolches fordert, ſind δίψυχοι, Wan-
ckelmuͤthigen, gleichſam die Zweyhertzigen, wel-
cher er ſchon oben gedacht, c. 1, 8. deren Eigen-
ſchaft iſt, bald glauben, bald nicht glauben;
bald GOtt, bald der Welt anhangen, und alſo
gleichſam ein geiſtlich-ehebrecheriſches Hertz ha-
ben, und der Welt Freundſchaft mit der Liebe
GOttes verbinden wollen. Und da ſolches kei-
ne geringe, ſondern eine ſolche Suͤnde iſt, da-
durch man von dem lebendigen GOtt abtritt, ſo
nennet er ſie dabey ἁμαρτωλου`ς, ſolche Suͤnder,
welche ihre innerlich herrſchende Luͤſte auch aͤuſ-
ſerlich lieſſen zum Ausbruch kommen.
7. Die geforderte Reinigung der
Haͤnde gehet auf einen aͤuſſerlich unſtraͤfli-
chen und unanſtoͤßigen Wandel; ſintemal
die Haͤnde das Werckzeug der meiſten Verrich-
tungen im aͤuſſerlichen Leben ſind: und die
Keuſchmachung der Seelen gehet auf eine
wahre innere Reinigung der Seelen, nach dem
Willen von den herrſchenden und auch ſonſt ver-
unreinigenden Luͤſten, nach dem Verſtande von
den ſchaͤdlichen Jrrthuͤmern. Und aus dieſer in-
nerlichen Reinigung will der Apoſtel die aͤuſſerli-
che hergefuͤhret wiſſen. Der aͤuſſern aber ge-
dencket er zuerſt, weil man den Menſchen dabey
am erſten angreifen, und davon auf das innerli-
che fuͤhren kan.
8. Es iſt aber leicht zu erachten, in welchem
Verſtande dem Menſchen ſelbſt das Werck
der zu reinigenden Haͤnde zugeſchrieben werde:
nemlich in Anſehung der Gnade, welche ſie dazu
theils als angeboten annehmen, auch getreulich
anwenden konten und ſolten. Jm gleichen Ver-
ſtande heißt es Jeſ. 1, 16. Waſchet euch, reini-
get euch, thut euer boͤſes Weſen von
meinen Augen. Alſo auch 2 Cor. 7, 1. Dieweil
wir ſolche Verheiſſung haben, (daß GOtt
ſich ſelbſt zu uns nahen und uns als ſeine Soͤhne
und Toͤchter annehmen will, c. 6, 18.) ſo laſſet
uns von aller Befleckung des Fleiſches
und des Geiſtes uns reinigen, und fort-
fahren in der Heiligung mit der Furcht
GOttes. 1 Joh. 3, 3. Ein ieglicher, der ſol-
che Hoffnung zu ihm hat, (GOtt dermal-
eins zu ſehen, wie er iſt) der reiniget ſich (ἁγνί-
ζει ἑαυτὸν, er machet ſich ſelbſt keuſch und rein,)
gleichwie er rein iſt. Welches ἁγνίζειν auch
Petrus fodert Ep. 1. c. 1, 22. wenn er ſpricht:
Machet keuſch eure Seelen im Gehorſam
der Wahrheit zu ungefaͤrbter Bruder-
Liebe, und habet euch bruͤnſtig lieb aus
reinem Hertzen. Und da die wahre Weis-
heit iſt ἁγνὴ, keuſch, ſo iſt dieſe Reinigung der
Haͤnde und Keuſchmachung der Hertzen ihr rech-
ter Character. Da kan man denn nach dem
Grunde eines reinen Hertzens heilige und un-
ſchuldige Haͤnde im Gebet aufheben. 1 Tim.
2, 8. Wie uns GOtt ſelbſt reinige nach der
Wohlthat der Erloͤſung, Rechtfertigung und
Erneuerung, ſehe man Apoſt. Geſ. 15, 8. Tit.
2, 14. Hebr. 1, 3. c. 9, 14. c. 10, 14. 1 Joh. 1, 7.
u. ſ. w.
V. 9.
Seyd elend (erkennet euer Elend, worein
ihr euch durch euer ſuͤndliches Weſen geſtuͤrtzet,
und das Aergerniß, welches ihr dadurch der
Chriſtlichen Kirche gegeben habet,) und traget
Leide, (ſintemal die Leidtragenden ſelig ſind,
Matth. 5, 4. als die da ſollen getroͤſtet werden,)
und weinet, (alſo, daß euer zerbrochnes und
zerknirſchtes Hertz ſich durch aufrichtige Buß-
Thraͤnen aͤuſſere,) euer (freches) lachen (als
das Zeichen eines ungebrochnen und vereitelten
Hertzens) verkehre ſich in weinen, (damit
es nicht in einen ewigen Jammer verwandelt
werden duͤrfe,) und eure Freude (welche durch
die Frechheit eures Geſichts und eurer Geberden
ſich zeiget,) in Traurigkeit, (κατήφειαν, einen
ſolchen Kummer uͤber das geiſtliche Elend eurer
Seelen, welcher ſich durch eine ſolche Scham
zu erkennen giebet, vermoͤge deſſen man, wie
der bußfertige Zoͤllner, kaum ſeine Augen vor
GOtt und Menſchen aufheben mag. Luc. 18, 13.)
Anmerckungen.
1. Man ſiehet hieraus, wie auch aus dem
gantzen Briefe Jacobi, und aus den andern Apo-
ſtoliſchen Briefen, wie man die Apoſtoliſche Kir-
che anzuſehen habe nemlich daß ſie eines theils
zwar, was das rechtſchaffne Chriſtenthum be-
triff,
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