1. Die erste Ermahnung ziehet der Apo- stel aus dem vorhergehenden Texte. Denn nachdem er vorher den Gläubigen die Demuth angepriesen auch bezeuget hat, was sie für einen Segen am mehrern masse der Gnade GOttes nach sich ziehe; so giebt er daher diese Ermah- nung zur Unterthänigkeit gegen GOTT; als welche in der wahren Hertzens-Demuth bewie- sen wird. Hingegen ist der Stoltz des Hertzens gleichsam ein rechtes crimen laesae divinae ma- jestatis, der beleidigten göttlichen Majestät: sintemal ein Mensch sich dadurch wider GOtt und über GOtt erhebet, wenn er, welches die Art eines stoltzen Hertzens ist, seinen Willen dem Willen GOttes vorziehet. Denn ist der Sinn des Fleisches überhaupt eine Feindschaft wider GOTT Röm. 8, 7. so ist es insonderheit die Hoffart des Hertzens, daher auch alle übrige Hoffart entstehet.
2. Die andere Ermahnung Jacobi grün- det sich auf die erste. Denn wer sich GOTT unterwirft, und es also mit GOTT hält, der widerstehet damit auch dem Satan: sintemal GOTT in gläubiger Unterthänigkeit die- nen nicht weniger ein wircklicher Widerstand wider den Satan ist, als der Sünden-Dienst, darinn man dem Satan gefällig ist, gleichsam ei- ne Rebellion wider GOtt ist.
3. Gleichwie aber zum Widerstand gegen den Satan zuvorderst der Glaube gehöret nach 1 Pet. 5, 9. da Petrus spricht: - - dem wider- stehet vest im Glauben: so gehöret dazu auch im übrigen die Ertödtung und Uberwindung al- ler innerlichen und äußerlichen Versuchungen; als wodurch der Satan, als durch seine Waffen, an uns setzet. Wer demnach die in ihm aufstei- gende böse Lüste dämpfet, und sich durch böse Exempel der Welt-Kinder nicht reitzen und mit hinreissen lässet, sondern sie als einen Unflat mei- det, der widerstehet damit dem Satan. Bey welchem widerstehen es aber auf eine und die an- dere Handlung, darinn man sich wohl hält, nicht ankömmt; sondern es gehöret eine beständige Beharrung dazu; dazu man denn den Vortheil hat, daß dadurch der Sieg immer leichter und gesegneter wird.
4. Weil aber der Satanas einen nicht allein zur Rechten mit Reitzung zu allerhand sündlichem Wesen, welche zur Freundschaft der Welt gehöret, sondern auch zur Lincken mit Kleinmüthigkeit und mit Mißtrauen gegen Gott versuchet, so hat man auch diesen Versuchungen ja nicht nach zu hengen, sondern sich dagegen mit dem Evangelio aufzurichten und zu rüsten: Gleichwie man hingegen den Reitzungen zur fleischlichen Sicherheit und zum Mißbrauche des Evangelii die ernstliche Gebote des Gesetzes GOttes, welche von seiner unwandelbaren Ge- rechtigkeit und Heiligkeit zeugen, entgegen zu se- tzen hat. Also findet man zur Rechten die Waf- fen an dem Gesetze, zur Lincken am Evangelio, dessen kräftige Application auch jenen den rech- ten Nachdruck giebet.
[Spaltenumbruch]
5. Durch die bezeugete Flucht des Teu- fels wird angezeiget, daß man nicht allein ge- wiß, sondern auch bald, zum Siege gelange. Doch muß man nicht gedencken, daß er, wenn er einmal abziehet, nicht wiederkomme und aufs neue wieder ansetze. Pfleget dieses ein leibli- cher Feind zu thun, so thut es vielmehr der geist- liche. Denn dieser wird niemal also überwun- den, daß er nicht Kraft zum neuen Ansatze be- halte, zumal da wir die Erb-Sünde, darinn er seinen rechten Hinterhalt suchet, und leichtlich findet, auch nach vielfachem Siege noch an uns behalten. Mit geistlicher Uberwindung der Welt hat es eine andere Beschaffenheit. Denn wenn man Welt-Kindern einmal einen gantz an- dern Sinn, und dabey einen ihnen entgegen ste- henden Wandel, gezeiget hat, so ist und bleibet man ihrer leichter los; sintemal sie an einem nichts mehr finden, was ihnen anstehet.
6. Wenn des Teufels in der einzeln Zahl gedacht wird, so wird zwar damit auf die bösen Geister überhaupt, aber doch sonderlich auf den gesehen, welcher bey dem Abfall von GOTT gleichsam das Haupt der übrigen abtrünnigen Geister gewesen ist. Darum auch Matth. 25, 41. und Offenb. 12, 9. seiner Engel gedacht wird. Und in gleichem Verstande wird auch Matth. 12, 24. des Obersten der Teufel erwehnet. Und eben dieser ist, von dem Christus saget Joh. 13, 44. Er ist ein Mörder von Anfang, nem- lich seines Abfalls von GOTT: der durch die Sünde die gantze Welt verführet. Off. 12, 9. c. 20, 2.
7. Wir dürfen aber nicht gedencken, daß er um solches thun zu können, allgegenwärtig seyn müßte. Denn was er nicht selbst thut, das verrichtet er durch seine eben so böse Engel. Wie denn daher auch Paulus 2 Cor. 12, 9. saget, daß er von des Satans Engel mit Fäusten ge- schlagen werde. Siehe Matth. 12, 45. da von solchen Satans-Engeln im gewissen Ver- stande gesaget wird, daß sie ärger sind, als er selbst. Jm übrigen hat man den herrlichen Ort Eph. 6, 10. u. f. alhier zu conferiren,
V. 8.
Nahet euch zu GOtt, so nahet er sich zu euch. Reiniget die Hände ihr Sünder, und machet eure Hertzen keusch ihr Wan- ckelmüthigen.
Anmerckungen.
1. Die erste Erinnerung stehet mit den bey- den vorhergehenden in genauer Verbindung, was die Sache selbst betrift. Denn, GOtt in Unterthänigkeit sich unterwerfen, ist sich zu ihm nahen; und iemehr man den Versuchun- gen des Satans entfliehet, er auch von einem fleucht, ie näher kömmt man GOtt.
2. Es ist aber unser Zunahen zu GOtt und GOttes zu uns also zu verstehen, wie es das allgegenwärtige Wesen GOttes zuläßt: nemlich wir nahen uns zu GOTT, wenn wir uns GOtt nach seiner Allgegenwart und allen übrigen wesentlichen Eigenschaften recht gläu-
big
O o o 2
Cap. 4. v. 7. 8. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Die erſte Ermahnung ziehet der Apo- ſtel aus dem vorhergehenden Texte. Denn nachdem er vorher den Glaͤubigen die Demuth angeprieſen auch bezeuget hat, was ſie fuͤr einen Segen am mehrern maſſe der Gnade GOttes nach ſich ziehe; ſo giebt er daher dieſe Ermah- nung zur Unterthaͤnigkeit gegen GOTT; als welche in der wahren Hertzens-Demuth bewie- ſen wird. Hingegen iſt der Stoltz des Hertzens gleichſam ein rechtes crimen læſæ divinæ ma- jeſtatis, der beleidigten goͤttlichen Majeſtaͤt: ſintemal ein Menſch ſich dadurch wider GOtt und uͤber GOtt erhebet, wenn er, welches die Art eines ſtoltzen Hertzens iſt, ſeinen Willen dem Willen GOttes vorziehet. Denn iſt der Sinn des Fleiſches uͤberhaupt eine Feindſchaft wider GOTT Roͤm. 8, 7. ſo iſt es inſonderheit die Hoffart des Hertzens, daher auch alle uͤbrige Hoffart entſtehet.
2. Die andere Ermahnung Jacobi gruͤn- det ſich auf die erſte. Denn wer ſich GOTT unterwirft, und es alſo mit GOTT haͤlt, der widerſtehet damit auch dem Satan: ſintemal GOTT in glaͤubiger Unterthaͤnigkeit die- nen nicht weniger ein wircklicher Widerſtand wider den Satan iſt, als der Suͤnden-Dienſt, darinn man dem Satan gefaͤllig iſt, gleichſam ei- ne Rebellion wider GOtt iſt.
3. Gleichwie aber zum Widerſtand gegen den Satan zuvorderſt der Glaube gehoͤret nach 1 Pet. 5, 9. da Petrus ſpricht: ‒ ‒ dem wider- ſtehet veſt im Glauben: ſo gehoͤret dazu auch im uͤbrigen die Ertoͤdtung und Uberwindung al- ler innerlichen und aͤußerlichen Verſuchungen; als wodurch der Satan, als durch ſeine Waffen, an uns ſetzet. Wer demnach die in ihm aufſtei- gende boͤſe Luͤſte daͤmpfet, und ſich durch boͤſe Exempel der Welt-Kinder nicht reitzen und mit hinreiſſen laͤſſet, ſondern ſie als einen Unflat mei- det, der widerſtehet damit dem Satan. Bey welchem widerſtehen es aber auf eine und die an- dere Handlung, darinn man ſich wohl haͤlt, nicht ankoͤmmt; ſondern es gehoͤret eine beſtaͤndige Beharrung dazu; dazu man denn den Vortheil hat, daß dadurch der Sieg immer leichter und geſegneter wird.
4. Weil aber der Satanas einen nicht allein zur Rechten mit Reitzung zu allerhand ſuͤndlichem Weſen, welche zur Freundſchaft der Welt gehoͤret, ſondern auch zur Lincken mit Kleinmuͤthigkeit und mit Mißtrauen gegen Gott verſuchet, ſo hat man auch dieſen Verſuchungen ja nicht nach zu hengen, ſondern ſich dagegen mit dem Evangelio aufzurichten und zu ruͤſten: Gleichwie man hingegen den Reitzungen zur fleiſchlichen Sicherheit und zum Mißbrauche des Evangelii die ernſtliche Gebote des Geſetzes GOttes, welche von ſeiner unwandelbaren Ge- rechtigkeit und Heiligkeit zeugen, entgegen zu ſe- tzen hat. Alſo findet man zur Rechten die Waf- fen an dem Geſetze, zur Lincken am Evangelio, deſſen kraͤftige Application auch jenen den rech- ten Nachdruck giebet.
[Spaltenumbruch]
5. Durch die bezeugete Flucht des Teu- fels wird angezeiget, daß man nicht allein ge- wiß, ſondern auch bald, zum Siege gelange. Doch muß man nicht gedencken, daß er, wenn er einmal abziehet, nicht wiederkomme und aufs neue wieder anſetze. Pfleget dieſes ein leibli- cher Feind zu thun, ſo thut es vielmehr der geiſt- liche. Denn dieſer wird niemal alſo uͤberwun- den, daß er nicht Kraft zum neuen Anſatze be- halte, zumal da wir die Erb-Suͤnde, darinn er ſeinen rechten Hinterhalt ſuchet, und leichtlich findet, auch nach vielfachem Siege noch an uns behalten. Mit geiſtlicher Uberwindung der Welt hat es eine andere Beſchaffenheit. Denn wenn man Welt-Kindern einmal einen gantz an- dern Sinn, und dabey einen ihnen entgegen ſte- henden Wandel, gezeiget hat, ſo iſt und bleibet man ihrer leichter los; ſintemal ſie an einem nichts mehr finden, was ihnen anſtehet.
6. Wenn des Teufels in der einzeln Zahl gedacht wird, ſo wird zwar damit auf die boͤſen Geiſter uͤberhaupt, aber doch ſonderlich auf den geſehen, welcher bey dem Abfall von GOTT gleichſam das Haupt der uͤbrigen abtruͤnnigen Geiſter geweſen iſt. Darum auch Matth. 25, 41. und Offenb. 12, 9. ſeiner Engel gedacht wird. Und in gleichem Verſtande wird auch Matth. 12, 24. des Oberſten der Teufel erwehnet. Und eben dieſer iſt, von dem Chriſtus ſaget Joh. 13, 44. Er iſt ein Moͤrder von Anfang, nem- lich ſeines Abfalls von GOTT: der durch die Suͤnde die gantze Welt verfuͤhret. Off. 12, 9. c. 20, 2.
7. Wir duͤrfen aber nicht gedencken, daß er um ſolches thun zu koͤnnen, allgegenwaͤrtig ſeyn muͤßte. Denn was er nicht ſelbſt thut, das verrichtet er durch ſeine eben ſo boͤſe Engel. Wie denn daher auch Paulus 2 Cor. 12, 9. ſaget, daß er von des Satans Engel mit Faͤuſten ge- ſchlagen werde. Siehe Matth. 12, 45. da von ſolchen Satans-Engeln im gewiſſen Ver- ſtande geſaget wird, daß ſie aͤrger ſind, als er ſelbſt. Jm uͤbrigen hat man den herrlichen Ort Eph. 6, 10. u. f. alhier zu conferiren,
V. 8.
Nahet euch zu GOtt, ſo nahet er ſich zu euch. Reiniget die Haͤnde ihr Suͤnder, und machet eure Hertzen keuſch ihr Wan- ckelmuͤthigen.
Anmerckungen.
1. Die erſte Erinnerung ſtehet mit den bey- den vorhergehenden in genauer Verbindung, was die Sache ſelbſt betrift. Denn, GOtt in Unterthaͤnigkeit ſich unterwerfen, iſt ſich zu ihm nahen; und iemehr man den Verſuchun- gen des Satans entfliehet, er auch von einem fleucht, ie naͤher koͤmmt man GOtt.
2. Es iſt aber unſer Zunahen zu GOtt und GOttes zu uns alſo zu verſtehen, wie es das allgegenwaͤrtige Weſen GOttes zulaͤßt: nemlich wir nahen uns zu GOTT, wenn wir uns GOtt nach ſeiner Allgegenwart und allen uͤbrigen weſentlichen Eigenſchaften recht glaͤu-
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[475/0477]
Cap. 4. v. 7. 8. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
Anmerckungen.
1. Die erſte Ermahnung ziehet der Apo-
ſtel aus dem vorhergehenden Texte. Denn
nachdem er vorher den Glaͤubigen die Demuth
angeprieſen auch bezeuget hat, was ſie fuͤr einen
Segen am mehrern maſſe der Gnade GOttes
nach ſich ziehe; ſo giebt er daher dieſe Ermah-
nung zur Unterthaͤnigkeit gegen GOTT; als
welche in der wahren Hertzens-Demuth bewie-
ſen wird. Hingegen iſt der Stoltz des Hertzens
gleichſam ein rechtes crimen læſæ divinæ ma-
jeſtatis, der beleidigten goͤttlichen Majeſtaͤt:
ſintemal ein Menſch ſich dadurch wider GOtt
und uͤber GOtt erhebet, wenn er, welches die
Art eines ſtoltzen Hertzens iſt, ſeinen Willen
dem Willen GOttes vorziehet. Denn iſt der
Sinn des Fleiſches uͤberhaupt eine Feindſchaft
wider GOTT Roͤm. 8, 7. ſo iſt es inſonderheit
die Hoffart des Hertzens, daher auch alle uͤbrige
Hoffart entſtehet.
2. Die andere Ermahnung Jacobi gruͤn-
det ſich auf die erſte. Denn wer ſich GOTT
unterwirft, und es alſo mit GOTT haͤlt, der
widerſtehet damit auch dem Satan: ſintemal
GOTT in glaͤubiger Unterthaͤnigkeit die-
nen nicht weniger ein wircklicher Widerſtand
wider den Satan iſt, als der Suͤnden-Dienſt,
darinn man dem Satan gefaͤllig iſt, gleichſam ei-
ne Rebellion wider GOtt iſt.
3. Gleichwie aber zum Widerſtand gegen
den Satan zuvorderſt der Glaube gehoͤret nach
1 Pet. 5, 9. da Petrus ſpricht: ‒ ‒ dem wider-
ſtehet veſt im Glauben: ſo gehoͤret dazu auch
im uͤbrigen die Ertoͤdtung und Uberwindung al-
ler innerlichen und aͤußerlichen Verſuchungen;
als wodurch der Satan, als durch ſeine Waffen,
an uns ſetzet. Wer demnach die in ihm aufſtei-
gende boͤſe Luͤſte daͤmpfet, und ſich durch boͤſe
Exempel der Welt-Kinder nicht reitzen und mit
hinreiſſen laͤſſet, ſondern ſie als einen Unflat mei-
det, der widerſtehet damit dem Satan. Bey
welchem widerſtehen es aber auf eine und die an-
dere Handlung, darinn man ſich wohl haͤlt, nicht
ankoͤmmt; ſondern es gehoͤret eine beſtaͤndige
Beharrung dazu; dazu man denn den Vortheil
hat, daß dadurch der Sieg immer leichter und
geſegneter wird.
4. Weil aber der Satanas einen nicht
allein zur Rechten mit Reitzung zu allerhand
ſuͤndlichem Weſen, welche zur Freundſchaft der
Welt gehoͤret, ſondern auch zur Lincken mit
Kleinmuͤthigkeit und mit Mißtrauen gegen Gott
verſuchet, ſo hat man auch dieſen Verſuchungen
ja nicht nach zu hengen, ſondern ſich dagegen
mit dem Evangelio aufzurichten und zu ruͤſten:
Gleichwie man hingegen den Reitzungen zur
fleiſchlichen Sicherheit und zum Mißbrauche des
Evangelii die ernſtliche Gebote des Geſetzes
GOttes, welche von ſeiner unwandelbaren Ge-
rechtigkeit und Heiligkeit zeugen, entgegen zu ſe-
tzen hat. Alſo findet man zur Rechten die Waf-
fen an dem Geſetze, zur Lincken am Evangelio,
deſſen kraͤftige Application auch jenen den rech-
ten Nachdruck giebet.
5. Durch die bezeugete Flucht des Teu-
fels wird angezeiget, daß man nicht allein ge-
wiß, ſondern auch bald, zum Siege gelange.
Doch muß man nicht gedencken, daß er, wenn
er einmal abziehet, nicht wiederkomme und aufs
neue wieder anſetze. Pfleget dieſes ein leibli-
cher Feind zu thun, ſo thut es vielmehr der geiſt-
liche. Denn dieſer wird niemal alſo uͤberwun-
den, daß er nicht Kraft zum neuen Anſatze be-
halte, zumal da wir die Erb-Suͤnde, darinn
er ſeinen rechten Hinterhalt ſuchet, und leichtlich
findet, auch nach vielfachem Siege noch an uns
behalten. Mit geiſtlicher Uberwindung der
Welt hat es eine andere Beſchaffenheit. Denn
wenn man Welt-Kindern einmal einen gantz an-
dern Sinn, und dabey einen ihnen entgegen ſte-
henden Wandel, gezeiget hat, ſo iſt und bleibet
man ihrer leichter los; ſintemal ſie an einem
nichts mehr finden, was ihnen anſtehet.
6. Wenn des Teufels in der einzeln Zahl
gedacht wird, ſo wird zwar damit auf die boͤſen
Geiſter uͤberhaupt, aber doch ſonderlich auf den
geſehen, welcher bey dem Abfall von GOTT
gleichſam das Haupt der uͤbrigen abtruͤnnigen
Geiſter geweſen iſt. Darum auch Matth. 25,
41. und Offenb. 12, 9. ſeiner Engel gedacht wird.
Und in gleichem Verſtande wird auch Matth. 12,
24. des Oberſten der Teufel erwehnet. Und
eben dieſer iſt, von dem Chriſtus ſaget Joh. 13,
44. Er iſt ein Moͤrder von Anfang, nem-
lich ſeines Abfalls von GOTT: der durch die
Suͤnde die gantze Welt verfuͤhret. Off. 12,
9. c. 20, 2.
7. Wir duͤrfen aber nicht gedencken, daß
er um ſolches thun zu koͤnnen, allgegenwaͤrtig
ſeyn muͤßte. Denn was er nicht ſelbſt thut, das
verrichtet er durch ſeine eben ſo boͤſe Engel. Wie
denn daher auch Paulus 2 Cor. 12, 9. ſaget, daß
er von des Satans Engel mit Faͤuſten ge-
ſchlagen werde. Siehe Matth. 12, 45. da
von ſolchen Satans-Engeln im gewiſſen Ver-
ſtande geſaget wird, daß ſie aͤrger ſind, als er
ſelbſt. Jm uͤbrigen hat man den herrlichen Ort
Eph. 6, 10. u. f. alhier zu conferiren,
V. 8.
Nahet euch zu GOtt, ſo nahet er ſich
zu euch. Reiniget die Haͤnde ihr Suͤnder,
und machet eure Hertzen keuſch ihr Wan-
ckelmuͤthigen.
Anmerckungen.
1. Die erſte Erinnerung ſtehet mit den bey-
den vorhergehenden in genauer Verbindung,
was die Sache ſelbſt betrift. Denn, GOtt in
Unterthaͤnigkeit ſich unterwerfen, iſt ſich zu
ihm nahen; und iemehr man den Verſuchun-
gen des Satans entfliehet, er auch von einem
fleucht, ie naͤher koͤmmt man GOtt.
2. Es iſt aber unſer Zunahen zu GOtt
und GOttes zu uns alſo zu verſtehen, wie es
das allgegenwaͤrtige Weſen GOttes zulaͤßt:
nemlich wir nahen uns zu GOTT, wenn wir
uns GOtt nach ſeiner Allgegenwart und allen
uͤbrigen weſentlichen Eigenſchaften recht glaͤu-
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/477>, abgerufen am 22.11.2024.
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