Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 2. v. 17. 18. Erklärung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
gesund ist, beydes thun kan, er kan eine de-müthige Bittschrift überreichen, auch zur Erhörung damit eine Gabe empfangen, sie aber auch an die Arbeit schlagen und damit wircken: da denn diese effective Activität jener organischen gar nicht entgegen stehet, sondern sie beyde von dem natürlichen Leben dependiren, und aufs beste mit einander harmoniren. c. Gleichwie aber eine solche Hand, welche man nicht zu der geringsten Wirckung könte gebrauchen, auch unmöglich zur Uberreichung einer Supplic und zur Annehmung eines Ge- schencks geschickt seyn würde: also stehet es auch um den Glauben: wo er sein Leben nicht durch die Liebe äussert, so kan er es auch nicht äussern zur Annehmung des Verdienstes Chri- sti, oder zur Rechtfertigung, weil er gar kein Leben hat, sondern todt ist. 3. Wenn wir dieses, was bisher vom Le- 4. Und hieraus erkennen wir zugleich daß V. 18. Aber es möchte iemand (der den wah- Anmerckungen. 1. Da der Verstand dieser Worte mit der 2. Aufdaß mit solchem Urtheile nicht ver- a. Derjenige, der das Urtheil anstellen will; muß selbst im wahren Glauben stehen, und wie von diesem, also auch von desselben Früch- ten nach der heiligen Schrift aus eigener Er- fahrung urtheilen können. b. Derjenige, dessen Glaube des Hertzens aus seinem Leben beurtheilet werden soll, muß ei- nem genugsam und aus mehrern Umgange in mehrern Proben bekannt worden seyn. c. Finden sich nun solche Proben, welche ohne Verstellung sind, und von der Beschaffenheit zu seyn erkannt werden, daß sie die natürli- chen Kräfte übersteigen, sich auch mit ihrer Be- ständigkeit characterisiren; so stehet ein sol- cher Mensch im wahren seligmachenden Glau- ben: und, da dieser ohne den richtigen Lehr- Grund nicht statt findet, so muß auch der zum wenig- M m m
Cap. 2. v. 17. 18. Erklaͤrung des Briefes Jacobi. [Spaltenumbruch]
geſund iſt, beydes thun kan, er kan eine de-muͤthige Bittſchrift uͤberreichen, auch zur Erhoͤrung damit eine Gabe empfangen, ſie aber auch an die Arbeit ſchlagen und damit wircken: da denn dieſe effective Activitaͤt jener organiſchen gar nicht entgegen ſtehet, ſondern ſie beyde von dem natuͤrlichen Leben dependiren, und aufs beſte mit einander harmoniren. c. Gleichwie aber eine ſolche Hand, welche man nicht zu der geringſten Wirckung koͤnte gebrauchen, auch unmoͤglich zur Uberreichung einer Supplic und zur Annehmung eines Ge- ſchencks geſchickt ſeyn wuͤrde: alſo ſtehet es auch um den Glauben: wo er ſein Leben nicht durch die Liebe aͤuſſert, ſo kan er es auch nicht aͤuſſern zur Annehmung des Verdienſtes Chri- ſti, oder zur Rechtfertigung, weil er gar kein Leben hat, ſondern todt iſt. 3. Wenn wir dieſes, was bisher vom Le- 4. Und hieraus erkennen wir zugleich daß V. 18. Aber es moͤchte iemand (der den wah- Anmerckungen. 1. Da der Verſtand dieſer Worte mit der 2. Aufdaß mit ſolchem Urtheile nicht ver- a. Derjenige, der das Urtheil anſtellen will; muß ſelbſt im wahren Glauben ſtehen, und wie von dieſem, alſo auch von deſſelben Fruͤch- ten nach der heiligen Schrift aus eigener Er- fahrung urtheilen koͤnnen. b. Derjenige, deſſen Glaube des Hertzens aus ſeinem Leben beurtheilet werden ſoll, muß ei- nem genugſam und aus mehrern Umgange in mehrern Proben bekannt worden ſeyn. c. Finden ſich nun ſolche Proben, welche ohne Verſtellung ſind, und von der Beſchaffenheit zu ſeyn erkannt werden, daß ſie die natuͤrli- chen Kraͤfte uͤberſteigen, ſich auch mit ihrer Be- ſtaͤndigkeit characteriſiren; ſo ſtehet ein ſol- cher Menſch im wahren ſeligmachenden Glau- ben: und, da dieſer ohne den richtigen Lehr- Grund nicht ſtatt findet, ſo muß auch der zum wenig- M m m
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Cap. 2. v. 17. 18. Erklaͤrung des Briefes Jacobi.
geſund iſt, beydes thun kan, er kan eine de-
muͤthige Bittſchrift uͤberreichen, auch zur
Erhoͤrung damit eine Gabe empfangen, ſie
aber auch an die Arbeit ſchlagen und damit
wircken: da denn dieſe effective Activitaͤt
jener organiſchen gar nicht entgegen ſtehet,
ſondern ſie beyde von dem natuͤrlichen Leben
dependiren, und aufs beſte mit einander
harmoniren.
c. Gleichwie aber eine ſolche Hand, welche
man nicht zu der geringſten Wirckung koͤnte
gebrauchen, auch unmoͤglich zur Uberreichung
einer Supplic und zur Annehmung eines Ge-
ſchencks geſchickt ſeyn wuͤrde: alſo ſtehet es
auch um den Glauben: wo er ſein Leben nicht
durch die Liebe aͤuſſert, ſo kan er es auch nicht
aͤuſſern zur Annehmung des Verdienſtes Chri-
ſti, oder zur Rechtfertigung, weil er gar kein
Leben hat, ſondern todt iſt.
3. Wenn wir dieſes, was bisher vom Le-
ben des Glaubens vorgeſtellet iſt, wohl mer-
cken, ſo koͤnnen wir den wahren Verſtand der
Worte Jacobi leichtlich verſtehen, wenn er ſa-
get: der Glaube, wenn er nicht Wercke hat,
ſo iſt er todt an ihm ſelber. Denn er will ſo
viel ſagen, als ſpraͤche ich: die Hand, welche
nichts wircken kan, oder welche ſich zur Wir-
ckung weder regen noch bewegen kan, die iſt
todt an ihr ſelber. Da denn mit dem Beyſatz:
καθ᾽ ἑαυτὴν an ſich ſelbſt angezeiget wird, daß
der Mangel nicht allein liege in dem unterlaſſe-
nen Actu, oder in der bloſſen Unterlaſſung der
Wirckung, ſondern auch in der Potentia, und
ſey, an ſtatt der Potentiæ, eine mera impo-
tentia, das iſt, ſie liege zuvorderſt in dem gaͤntz-
lichen Unvermoͤgen ſelbſt, und komme daher,
daß der Glaube ſein rechtes Weſen, oder Leben,
nicht habe.
4. Und hieraus erkennen wir zugleich daß
Jacobus die Wercke keinesweges zur Form und
zum Weſen des Glaubens machet, wie die Pa-
piſten vorgeben, und daher die Rechtfertigung
und Seligkeit mehr den Wercken, als dem Ver-
dienſte Chriſti, zuſchreiben. Denn ſo wenig man
die mit der Hand gewirckte Sachen kan zum
Weſen der Hand rechnen: eben ſo wenig koͤnnen
auch die guten Wercke fuͤr die eigentliche Form
und fuͤr das eigentliche Weſen des Glaubens ge-
halten werden. Die Sache ſoviel deutlicher zu
erkennen, ſo hat man die wirckende Kraft,
als das Leben, von der Wirckung ſelbſt und dem,
was gewircket wird, zu unterſcheiden. Daß
der Glaube die Kraft in ſich hat zu lieben, das
gehoͤret mit zu ſeinem Weſen; es machet aber
das Weſen noch nicht gantz aus: aber die Wir-
ckung ſelbſt mit ihren Wercken flieſſet aus dem
Weſen, wie das ausſchlagen, gruͤnen und bluͤ-
hen, auch fruchtbringen des Baums nicht das
Weſen des Baums ſelbſt iſt, ſondern nur daraus
folget: und zwar alſo, daß, wenn ein Baum we-
der ausſchlaͤget, noch gruͤnet, oder bluͤhet, und
noch vielweniger Fruͤchte traͤget, man gar wohl
ſagen kan: der Baum iſt todt, und zwar an
ihm ſelbſt, das iſt, er traͤget nicht allein keine
Fruͤchte, ſondern er kan ſie auch nicht tragen; es
fehlet ihm nicht allein am actu, an der wirckli-
chen Fruchtbringung, ſondern auch an der po-
tentia, an dem weſentlichen Vermoͤgen, und
alſo ſelbſt an dem Weſen eines guten Baums.
V. 18.
Aber es moͤchte iemand (der den wah-
ren Glauben hat, ſich aber deſſen nicht ruͤhmet,
ſondern an ſtatt des ruͤhmens den Beweis davon
in der That fuͤhret; dieſer koͤnte, um einen Falſch-
glaͤubigen von ſeinem Maul-Glauben zu uͤber-
zeugen, alſo zu ihm) ſagen: Du haſt (deiner
Meynung nach) den Glauben, und ich habe
(nebſt dem Glauben, deſſen ich mich nicht ruͤh-
me, zur Bezeugung deſſelben) die Wercke:
(wolan! es ſoll auf die Probe ankommen, wer
unter uns recht, oder den Glauben habe oder
nicht:) Zeige mir deinen Glauben mit dei-
nen Wercken, (iſt deine Glaubens-Hand le-
bendig, alſo daß du damit die Gerechtigkeit
Chriſti zur Seligkeit ergriffen haſt, wie du dich
deſſen ruͤhmeſt; wolan, ſo erweiſe ſie in der Liebe
wirckſam; wo nicht, ſo getraue ich deinem Glau-
ben auch jenes Leben nicht zu:) ſo will ich auch
meinen Glauben (ohne davon mit Worten
viel ruͤhmens zu machen,) dir (in aller Demuth
zu deiner Uberzeugung) zeigen mit meinen
Wercken, (und alſo damit erweiſen, daß, gleich-
wie dein Glaube todt iſt an ihm ſelbſt, meiner
lebendig ſey an ihm ſelbſt.)
Anmerckungen.
1. Da der Verſtand dieſer Worte mit der
paraphraſi hoffentlich ſchon deutlich genug ge-
machet iſt, ſo flieſſet hieraus die Haupt-Erinne-
rung, daß man bey der Beurtheilung der Jrr-
thuͤmer in der Lehre, ob ſie dem lebendigen und
ſeligmachenden Glauben des Hertzens entgegen
ſtehen, oder nicht, alſo daß ſie ihn aufheben, oder
ſtehen laſſen, ſehr behutſam ſeyn muͤſſe; was in-
ſonderheit den Grund oder Erweis betrifft, wel-
chen man von den Fruͤchten, die ſich in einem gott-
ſeligen Wandel hervorthun, herzunehmen hat;
daher man ihn nach Jacobi Anweiſung herneh-
men ſoll, wie es denn auch die Sache ſelbſt alſo
mit ſich bringet.
2. Aufdaß mit ſolchem Urtheile nicht ver-
fehlet werde, iſt folgendes zu mercken:
a. Derjenige, der das Urtheil anſtellen will;
muß ſelbſt im wahren Glauben ſtehen, und
wie von dieſem, alſo auch von deſſelben Fruͤch-
ten nach der heiligen Schrift aus eigener Er-
fahrung urtheilen koͤnnen.
b. Derjenige, deſſen Glaube des Hertzens aus
ſeinem Leben beurtheilet werden ſoll, muß ei-
nem genugſam und aus mehrern Umgange in
mehrern Proben bekannt worden ſeyn.
c. Finden ſich nun ſolche Proben, welche ohne
Verſtellung ſind, und von der Beſchaffenheit
zu ſeyn erkannt werden, daß ſie die natuͤrli-
chen Kraͤfte uͤberſteigen, ſich auch mit ihrer Be-
ſtaͤndigkeit characteriſiren; ſo ſtehet ein ſol-
cher Menſch im wahren ſeligmachenden Glau-
ben: und, da dieſer ohne den richtigen Lehr-
Grund nicht ſtatt findet, ſo muß auch der zum
wenig-
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