[Spaltenumbruch]
wenigsten in dem Haupt-Stücke seine Rich- tigkeit bey ihm haben.
d. Gleichwie sich aber bey den Früchten des Glaubens viele Fehler und Schwachheiten finden, die das rechtschaffene Wesen doch an sich selbst nicht aufheben: also kan auch der Glaube selbst theils in der Seele noch viele Mängel, und der Lehre nach noch manche Jrrthümer haben, und dennoch rechter Art seyn.
V. 19.
Du gläubest, daß ein einiger GOTT ist: du thust wohl daran, (da es an sich selbst wahr, und also viel besser ist, als wenn man GOtt gar verleugnete; damit du aber daraus nichts sonderliches machen mögest, so sage ich dir:) die Teufel glaubens auch und zittern, (da sie GOtt für ihren gerechten Richter erken- nen.)
Anmerckungen.
1. Diesen Vers kan man noch füglich zu der vorhergehenden Rede dessen ziehen, der da vor- gestellet wird, als wolte er den lieblosen Men- schen zur Uberzeugung von seiner Glaublosigkeit bringen.
2. Worinnen der Lieblose seinen Glauben gesetzet habe, wird alhier angezeiget, nemlich in der bloß buchstäblichen Erkenntniß der Glau- bens-Lehren: davon zum Exempel nur eine an- geführet wird, nemlich die von der Einigkeit, oder Einheit, des göttlichen Wesens, nach 5 B. Mos. 6, 4. Höre Jsrael, der HErr un- ser GOtt ist ein einiger HERR. Wie aber der Glaube an den einigen GOTT sich in der That erweisen solle, das stehet gleich darbey, wenn es heißt: Und du solt den HERRN deinen GOTT lieb haben von gantzem Hertzen, von gantzer Seelen und von allem Vermögen, u. s. f.
3. Ob gleich die buchstäbliche Erkenntniß von GOTT und die äusserliche Bekenntniß, in Vergleichung gegen die Unwissenheit und Ver- leugnung GOttes, gut ist; so ist sie doch an sich selbst nur ein Gewircke der bloß natürlichen Kräf- te, und wie eine natürliche, oder mit bloß natür- lichen Kräften aus der heiligen Schrift ge- schöpfte, also auch eine solche Wissenschaft, die mit einem bloß natürlichen Beyfall, und mit einem fleischlichen Vertrauen verknüpfet ist, und keine Früchte bringet, und folglich ist es ein Glaube, der todt ist an ihm selber.
4. Gehet nun gleich eines solchen lieblosen Menschen seine Wissenschaft, die er einen Glau- ben nennet, noch vielweiter, so gehet der Teu- fel ihr Wissen auch noch weiter: als welche nicht allein von ihrem Schöpfer wissen, sondern auch von dem Erlöser der Menschen; als davon sie ihre öffentliche Bekenntnisse mit Schrecken ab- geleget haben, wie zu sehen ist aus Matth. 8, 19. da es von ihnen in der Bekenntniß von Christo heißt: Ach JEsu, du Sohn David, was haben wir mit dir zu schaffen! bist du her kommen uns zu qvälen, ehe denn es Zeit ist? Siehe auch Marc. 5, 6. Luc. 4, 41. Apost. Gesch. 19, 15.
[Spaltenumbruch]
5. Es ist der Glaube der Lieblosen nicht al- lein dem Glauben der Teufel in der Lieblosig- keit gleich, sondern auch darinn noch viel ärger, daß, da die Teufel noch vor GOtt, in Ansehung des künftigen Gerichts, erschrecken, nach 2 Pet. 2, 4. Jud. v. 6. die gottlosen Menschen hievon ferne sind, und meynen, daß sie GOtt gleichsam im Schoosse sitzen.
6. Es stehet demnach gar schlecht um die vermeynte Erleuchtung der Glaub- und Lieb- losen. Wäre sie vom Heiligen Geiste gewircket, so würde solche ihre Wissenschaft mit dem Glau- ben der Teufel nicht verglichen, und noch viel- weniger für ärger gehalten werden.
V. 20.
Wilt du aber wissen, o du eiteler Mensch, daß der Glaube ohne Wercke todt sey? (so will ich dir es, wie folget, an dem Exempel des Abrahams also zeigen, daß, da dieser das Leben seines Glaubens durch die Wercke thätig erwiesen hat, du erkennen must, es fehle dir, wie an solchem Erweise, also auch an dem Leben des Glaubens selbst.)
Anmerckungen.
1. Nachdem der Apostel v. 18. 19. einen an- dern, nemlich Rechtgläubigen, redend einge- führet hat, so fähret er nun als mit seinen eige- nen Worten in der angefangenen Materie fort.
2. Er giebet dem Lieblosen den rechten Na- men, da er ihn nennet kenon, einen von allem Le- ben und von aller Kraft des Glaubens gantz lee- ren und ledigen Menschen: der aber, so leer er auch war, doch so voll war von Einbildung und vom Selbstbetruge. Hingegen da die Gläubi- gen aus der Fülle JESU nehmen Gnade um Gnade, Joh. 1, 16. so sind sie auch pepleromenoi, erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch JEsum Christum in ihnen ge- schehen zur Ehre und Lobe GOttes. Phil. 1, 11.
3. Wie der Glaube ohne Wercke todt sey, siehe vorher v. 17. Das todte Christenthum zei- get allewege vom todten Glauben. Todt seyn in Sünden und doch an den lebendigen GOTT glauben, ist eine soviel stärckere Contradiction, soviel weniger der Glaube ohne ein geistliches Le- ben aus GOtt und in GOtt seyn kan.
V. 21.
Jst nicht Abraham, unser Vater, (von dem wir, bey der Judischen Nation, alle her- stammen,) durch die Wercke gerecht wor- den, da er seinen Sohn Jsaac auf dem Altar opferte, (opfern wolte, und zu dem En- de dazu schon alles fertig war, also daß auf Sei- ten Abrahams an dem völligen Vorsatze nichts fehlete, an der Handlung selbst auch das aller- letzte Stück vollzogen werden solte, und es dem- nach vor GOTT als eine wircklich geschehene Sache angesehen wurde; welche die Aufopfe- rung Christi vorbilden solte.)
An-
Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 18-21.
[Spaltenumbruch]
wenigſten in dem Haupt-Stuͤcke ſeine Rich- tigkeit bey ihm haben.
d. Gleichwie ſich aber bey den Fruͤchten des Glaubens viele Fehler und Schwachheiten finden, die das rechtſchaffene Weſen doch an ſich ſelbſt nicht aufheben: alſo kan auch der Glaube ſelbſt theils in der Seele noch viele Maͤngel, und der Lehre nach noch manche Jrrthuͤmer haben, und dennoch rechter Art ſeyn.
V. 19.
Du glaͤubeſt, daß ein einiger GOTT iſt: du thuſt wohl daran, (da es an ſich ſelbſt wahr, und alſo viel beſſer iſt, als wenn man GOtt gar verleugnete; damit du aber daraus nichts ſonderliches machen moͤgeſt, ſo ſage ich dir:) die Teufel glaubens auch und zittern, (da ſie GOtt fuͤr ihren gerechten Richter erken- nen.)
Anmerckungen.
1. Dieſen Vers kan man noch fuͤglich zu der vorhergehenden Rede deſſen ziehen, der da vor- geſtellet wird, als wolte er den liebloſen Men- ſchen zur Uberzeugung von ſeiner Glaubloſigkeit bringen.
2. Worinnen der Liebloſe ſeinen Glauben geſetzet habe, wird alhier angezeiget, nemlich in der bloß buchſtaͤblichen Erkenntniß der Glau- bens-Lehren: davon zum Exempel nur eine an- gefuͤhret wird, nemlich die von der Einigkeit, oder Einheit, des goͤttlichen Weſens, nach 5 B. Moſ. 6, 4. Hoͤre Jſrael, der HErr un- ſer GOtt iſt ein einiger HERR. Wie aber der Glaube an den einigen GOTT ſich in der That erweiſen ſolle, das ſtehet gleich darbey, wenn es heißt: Und du ſolt den HERRN deinen GOTT lieb haben von gantzem Hertzen, von gantzer Seelen und von allem Vermoͤgen, u. ſ. f.
3. Ob gleich die buchſtaͤbliche Erkenntniß von GOTT und die aͤuſſerliche Bekenntniß, in Vergleichung gegen die Unwiſſenheit und Ver- leugnung GOttes, gut iſt; ſo iſt ſie doch an ſich ſelbſt nur ein Gewircke der bloß natuͤrlichen Kraͤf- te, und wie eine natuͤrliche, oder mit bloß natuͤr- lichen Kraͤften aus der heiligen Schrift ge- ſchoͤpfte, alſo auch eine ſolche Wiſſenſchaft, die mit einem bloß natuͤrlichen Beyfall, und mit einem fleiſchlichen Vertrauen verknuͤpfet iſt, und keine Fruͤchte bringet, und folglich iſt es ein Glaube, der todt iſt an ihm ſelber.
4. Gehet nun gleich eines ſolchen liebloſen Menſchen ſeine Wiſſenſchaft, die er einen Glau- ben nennet, noch vielweiter, ſo gehet der Teu- fel ihr Wiſſen auch noch weiter: als welche nicht allein von ihrem Schoͤpfer wiſſen, ſondern auch von dem Erloͤſer der Menſchen; als davon ſie ihre oͤffentliche Bekenntniſſe mit Schrecken ab- geleget haben, wie zu ſehen iſt aus Matth. 8, 19. da es von ihnen in der Bekenntniß von Chriſto heißt: Ach JEſu, du Sohn David, was haben wir mit dir zu ſchaffen! biſt du her kommen uns zu qvaͤlen, ehe denn es Zeit iſt? Siehe auch Marc. 5, 6. Luc. 4, 41. Apoſt. Geſch. 19, 15.
[Spaltenumbruch]
5. Es iſt der Glaube der Liebloſen nicht al- lein dem Glauben der Teufel in der Liebloſig- keit gleich, ſondern auch darinn noch viel aͤrger, daß, da die Teufel noch vor GOtt, in Anſehung des kuͤnftigen Gerichts, erſchrecken, nach 2 Pet. 2, 4. Jud. v. 6. die gottloſen Menſchen hievon ferne ſind, und meynen, daß ſie GOtt gleichſam im Schooſſe ſitzen.
6. Es ſtehet demnach gar ſchlecht um die vermeynte Erleuchtung der Glaub- und Lieb- loſen. Waͤre ſie vom Heiligen Geiſte gewircket, ſo wuͤrde ſolche ihre Wiſſenſchaft mit dem Glau- ben der Teufel nicht verglichen, und noch viel- weniger fuͤr aͤrger gehalten werden.
V. 20.
Wilt du aber wiſſen, o du eiteler Menſch, daß der Glaube ohne Wercke todt ſey? (ſo will ich dir es, wie folget, an dem Exempel des Abrahams alſo zeigen, daß, da dieſer das Leben ſeines Glaubens durch die Wercke thaͤtig erwieſen hat, du erkennen muſt, es fehle dir, wie an ſolchem Erweiſe, alſo auch an dem Leben des Glaubens ſelbſt.)
Anmerckungen.
1. Nachdem der Apoſtel v. 18. 19. einen an- dern, nemlich Rechtglaͤubigen, redend einge- fuͤhret hat, ſo faͤhret er nun als mit ſeinen eige- nen Worten in der angefangenen Materie fort.
2. Er giebet dem Liebloſen den rechten Na- men, da er ihn nennet κενὸν, einen von allem Le- ben und von aller Kraft des Glaubens gantz lee- ren und ledigen Menſchen: der aber, ſo leer er auch war, doch ſo voll war von Einbildung und vom Selbſtbetruge. Hingegen da die Glaͤubi- gen aus der Fuͤlle JESU nehmen Gnade um Gnade, Joh. 1, 16. ſo ſind ſie auch πεπληρωμένοι, erfuͤllet mit Fruͤchten der Gerechtigkeit, die durch JEſum Chriſtum in ihnen ge- ſchehen zur Ehre und Lobe GOttes. Phil. 1, 11.
3. Wie der Glaube ohne Wercke todt ſey, ſiehe vorher v. 17. Das todte Chriſtenthum zei- get allewege vom todten Glauben. Todt ſeyn in Suͤnden und doch an den lebendigen GOTT glauben, iſt eine ſoviel ſtaͤrckere Contradiction, ſoviel weniger der Glaube ohne ein geiſtliches Le- ben aus GOtt und in GOtt ſeyn kan.
V. 21.
Jſt nicht Abraham, unſer Vater, (von dem wir, bey der Judiſchen Nation, alle her- ſtammen,) durch die Wercke gerecht wor- den, da er ſeinen Sohn Jſaac auf dem Altar opferte, (opfern wolte, und zu dem En- de dazu ſchon alles fertig war, alſo daß auf Sei- ten Abrahams an dem voͤlligen Vorſatze nichts fehlete, an der Handlung ſelbſt auch das aller- letzte Stuͤck vollzogen werden ſolte, und es dem- nach vor GOTT als eine wircklich geſchehene Sache angeſehen wurde; welche die Aufopfe- rung Chriſti vorbilden ſolte.)
An-
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[458/0460]
Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 18-21.
wenigſten in dem Haupt-Stuͤcke ſeine Rich-
tigkeit bey ihm haben.
d. Gleichwie ſich aber bey den Fruͤchten des
Glaubens viele Fehler und Schwachheiten
finden, die das rechtſchaffene Weſen doch an
ſich ſelbſt nicht aufheben: alſo kan auch der
Glaube ſelbſt theils in der Seele noch viele
Maͤngel, und der Lehre nach noch manche
Jrrthuͤmer haben, und dennoch rechter Art
ſeyn.
V. 19.
Du glaͤubeſt, daß ein einiger GOTT
iſt: du thuſt wohl daran, (da es an ſich ſelbſt
wahr, und alſo viel beſſer iſt, als wenn man
GOtt gar verleugnete; damit du aber daraus
nichts ſonderliches machen moͤgeſt, ſo ſage ich
dir:) die Teufel glaubens auch und zittern,
(da ſie GOtt fuͤr ihren gerechten Richter erken-
nen.)
Anmerckungen.
1. Dieſen Vers kan man noch fuͤglich zu der
vorhergehenden Rede deſſen ziehen, der da vor-
geſtellet wird, als wolte er den liebloſen Men-
ſchen zur Uberzeugung von ſeiner Glaubloſigkeit
bringen.
2. Worinnen der Liebloſe ſeinen Glauben
geſetzet habe, wird alhier angezeiget, nemlich in
der bloß buchſtaͤblichen Erkenntniß der Glau-
bens-Lehren: davon zum Exempel nur eine an-
gefuͤhret wird, nemlich die von der Einigkeit,
oder Einheit, des goͤttlichen Weſens, nach
5 B. Moſ. 6, 4. Hoͤre Jſrael, der HErr un-
ſer GOtt iſt ein einiger HERR. Wie aber
der Glaube an den einigen GOTT ſich in der
That erweiſen ſolle, das ſtehet gleich darbey,
wenn es heißt: Und du ſolt den HERRN
deinen GOTT lieb haben von gantzem
Hertzen, von gantzer Seelen und von allem
Vermoͤgen, u. ſ. f.
3. Ob gleich die buchſtaͤbliche Erkenntniß
von GOTT und die aͤuſſerliche Bekenntniß, in
Vergleichung gegen die Unwiſſenheit und Ver-
leugnung GOttes, gut iſt; ſo iſt ſie doch an ſich
ſelbſt nur ein Gewircke der bloß natuͤrlichen Kraͤf-
te, und wie eine natuͤrliche, oder mit bloß natuͤr-
lichen Kraͤften aus der heiligen Schrift ge-
ſchoͤpfte, alſo auch eine ſolche Wiſſenſchaft,
die mit einem bloß natuͤrlichen Beyfall, und
mit einem fleiſchlichen Vertrauen verknuͤpfet
iſt, und keine Fruͤchte bringet, und folglich iſt
es ein Glaube, der todt iſt an ihm ſelber.
4. Gehet nun gleich eines ſolchen liebloſen
Menſchen ſeine Wiſſenſchaft, die er einen Glau-
ben nennet, noch vielweiter, ſo gehet der Teu-
fel ihr Wiſſen auch noch weiter: als welche nicht
allein von ihrem Schoͤpfer wiſſen, ſondern auch
von dem Erloͤſer der Menſchen; als davon ſie
ihre oͤffentliche Bekenntniſſe mit Schrecken ab-
geleget haben, wie zu ſehen iſt aus Matth. 8, 19.
da es von ihnen in der Bekenntniß von Chriſto
heißt: Ach JEſu, du Sohn David, was
haben wir mit dir zu ſchaffen! biſt du her
kommen uns zu qvaͤlen, ehe denn es Zeit
iſt? Siehe auch Marc. 5, 6. Luc. 4, 41. Apoſt.
Geſch. 19, 15.
5. Es iſt der Glaube der Liebloſen nicht al-
lein dem Glauben der Teufel in der Liebloſig-
keit gleich, ſondern auch darinn noch viel aͤrger,
daß, da die Teufel noch vor GOtt, in Anſehung
des kuͤnftigen Gerichts, erſchrecken, nach 2 Pet.
2, 4. Jud. v. 6. die gottloſen Menſchen hievon
ferne ſind, und meynen, daß ſie GOtt gleichſam
im Schooſſe ſitzen.
6. Es ſtehet demnach gar ſchlecht um die
vermeynte Erleuchtung der Glaub- und Lieb-
loſen. Waͤre ſie vom Heiligen Geiſte gewircket,
ſo wuͤrde ſolche ihre Wiſſenſchaft mit dem Glau-
ben der Teufel nicht verglichen, und noch viel-
weniger fuͤr aͤrger gehalten werden.
V. 20.
Wilt du aber wiſſen, o du eiteler
Menſch, daß der Glaube ohne Wercke
todt ſey? (ſo will ich dir es, wie folget, an
dem Exempel des Abrahams alſo zeigen, daß,
da dieſer das Leben ſeines Glaubens durch die
Wercke thaͤtig erwieſen hat, du erkennen muſt,
es fehle dir, wie an ſolchem Erweiſe, alſo auch an
dem Leben des Glaubens ſelbſt.)
Anmerckungen.
1. Nachdem der Apoſtel v. 18. 19. einen an-
dern, nemlich Rechtglaͤubigen, redend einge-
fuͤhret hat, ſo faͤhret er nun als mit ſeinen eige-
nen Worten in der angefangenen Materie
fort.
2. Er giebet dem Liebloſen den rechten Na-
men, da er ihn nennet κενὸν, einen von allem Le-
ben und von aller Kraft des Glaubens gantz lee-
ren und ledigen Menſchen: der aber, ſo leer er
auch war, doch ſo voll war von Einbildung und
vom Selbſtbetruge. Hingegen da die Glaͤubi-
gen aus der Fuͤlle JESU nehmen Gnade um
Gnade, Joh. 1, 16. ſo ſind ſie auch πεπληρωμένοι,
erfuͤllet mit Fruͤchten der Gerechtigkeit,
die durch JEſum Chriſtum in ihnen ge-
ſchehen zur Ehre und Lobe GOttes. Phil.
1, 11.
3. Wie der Glaube ohne Wercke todt ſey,
ſiehe vorher v. 17. Das todte Chriſtenthum zei-
get allewege vom todten Glauben. Todt ſeyn
in Suͤnden und doch an den lebendigen GOTT
glauben, iſt eine ſoviel ſtaͤrckere Contradiction,
ſoviel weniger der Glaube ohne ein geiſtliches Le-
ben aus GOtt und in GOtt ſeyn kan.
V. 21.
Jſt nicht Abraham, unſer Vater, (von
dem wir, bey der Judiſchen Nation, alle her-
ſtammen,) durch die Wercke gerecht wor-
den, da er ſeinen Sohn Jſaac auf dem
Altar opferte, (opfern wolte, und zu dem En-
de dazu ſchon alles fertig war, alſo daß auf Sei-
ten Abrahams an dem voͤlligen Vorſatze nichts
fehlete, an der Handlung ſelbſt auch das aller-
letzte Stuͤck vollzogen werden ſolte, und es dem-
nach vor GOTT als eine wircklich geſchehene
Sache angeſehen wurde; welche die Aufopfe-
rung Chriſti vorbilden ſolte.)
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/460>, abgerufen am 26.06.2024.
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