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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefes Pauli C. 5. v. 3-6.
[Spaltenumbruch] den Schlaf der Sicherheit mit ihrem falschen
Troste eingewieget, oder darinnen erhalten ha-
b[e]n; davon GOTT Jer. 6, 14. saget: Sie trö-
sten mein Volck in ihrem Unglück, daß
sie es gering achten sollen, und sagen:
Friede! Friede! und ist doch nicht Friede.

Siehe auch Jer. 8, 11.

2. Mit der Sünde gehet es wie mit der
Empfängniß: als welche sich mit Lust anhebet,
Jac. 1, 14. 15. aber mit Schmertzen den Tod ge-
bieret; und zwar eher, als man es sich versiehet.
Darum wohl dem, der die reitzende Lust durch
Cinwilligung nicht zur Empfängniß, vielweni-
ger zur Geburt, kommen lässet!

V. 4. 5.

Jhr aber, lieben Brüder, seyd nicht
in der Finsterniß,
(in der Nacht der Sünden
und der fleischlichen Sicherheit Eph. 5, 8.) daß
euch der Tag
(der Zukunft Christi und des
Gerichts,) wie ein Dieb (gantz unvermuthet)
ergreife, (und euch das Verderben überfalle,
wie aus der Sicherheit zu erfolgen pfleget.)
V. 5. Jhr (wieviel euer durch unsern Dienst
bekehret worden sind, oder sich auch noch nach-
her in der Ordnung wahrer Bekehrung zu der
Gemeine gethan haben,) seyd allzumal Kin-
der des Lichts
(die wahrhaftig von GOTT
erleuchtet sind,) und Kinder des Tages, (wel-
che die Nacht der Sünden verlassen, und, als
am hellen Tage, im Lichte der Lauterkeit und
Wahrheit wandeln; die auch daher an das
Licht kommen, daß ihre Wercke offenbar wer-
den: denn sie sind in GOtt gethan, Joh. 3, 21.
Röm. 12, 36. c. 13, 12. 13.) wir (ich und meine
Gehülfen mit euch) sind nicht von der Nacht,
(im Stande der verderbten Natur, und im Rei-
che des Satans,) noch von der Finsterniß,
(daß wir solchen Stand in seinen ihm gemässen
bösen Wercken noch zeigeten.)

Anmerckungen.

1. Wohl dem Lehrer, der also von seinen
Zuhörern sagen kan; und zwar dieses: ihr seyd
allzumal Kinder des Lichts!
wohl den Zu-
hörern, von welchen dieses wahr ist! Und o
wie schön stehet das ihr und wir bey einan-
der! das ihr von den Zuhörern; das wir von
den Lehrern und Zuhörern zugleich. Denn wo
diese noch selbst in der Finsterniß stehen und
darinnen wandeln, so sind sie blinde Leiter der
Blinden, die endlich mit einander in die Gru-
be fallen. Matth. 15, 14. c. 23, 24. Röm. 2, 19.

2. Wie die ersten Christen zur wahren Er-
leuchtung gekommen, daß sie Kinder des Lichts
worden sind; also und nicht anders kommen
wir noch heut zu Tage dazu. Nun aber sind sie
dazu gelanget in der Ordnung der wahren Bekeh-
rung und des angezündeten wahren seligmachen-
den Glaubens an Christum: darum können wir
auch nicht anders dazu kommen; und folglich ist
kein unbekehrter und glaubloser Mensch wahr-
haftig erleuchtet.

3. Wenn an wahren Kindern GOttes ihr
Gnaden-Stand gelobet wird, lassen sie sich
solches keinesweges zur Erhebung, sondern
[Spaltenumbruch] vielmehr zur Demuth, und dabey zum Lobe
GOttes, und zur getreuen Wahrnehmung ih-
rer selbst, dienen: denn sie erkennen wohl, daß
sie nichts von sich selbst, sondern alles aus Gna-
den haben, und zwar als eine theure Beylage,
die bewahret und wohl angeleget, und davon
Rechenschaft gegeben werden muß. Daß die
Thessalonicher das Zeugniß Pauli also angewen-
det haben, daran ist so viel weniger zu zweifeln,
so viel deutlicher Paulus mit den folgenden
Worten anzeiget, daß sein Zweck eben dahin
gehe.

V. 6.

So lasset uns nun nicht schlafen (wie-
der in Sünden entschlafen, und also werden,)
wie die andern (oi loipoi, die übrigen noch
unbekehrten Juden und Heyden, c. 4, 13.) son-
dern lasset uns wachen und nüchtern seyn,

(auf eine theils leibliche, theils geistliche Art
nüchtern seyn, um dadurch im Stande der geist-
lichen Wachsamkeit erfunden zu werden.)

Anmerckungen.

1. Gleichwie es wohl geschiehet, daß einem
auch wol bey Tage der leibliche Schlaf ankömmt;
(welches aber eine an sich selbst unsündliche Sa-
che ist, und nur von einiger Schwachheit der
Natur zeiget, zuweilen auch der Natur eine rech-
te Wohlthat ist;) so kan auch leichtlich ein Kind
des Lichts, der am Tage wandelt, wieder in
einen geistlichen Schlaf, oder doch einiges
Schlummern durch Nachläßigkeit und Unlau-
terkeit des Hertzens gerathen: daher ihnen Pau-
lus billig zurufet: Lasset uns nicht schlafen,
oder wieder einschlafen!

2. Es kan aber ein Lehrer dieses zu seinen
Zuhörern weder mit der gehörigen Freudigkeit,
noch mit dem sonst zu hoffenden mehrern Se-
gen sagen, wenn er es mit Paulo und seinen
Gehülfen nicht auch von sich selbst sagen, und
also sich selbst mit ermuntern und sprechen kan;
lasset uns nicht schlafen! denn wie wird ein
Todter oder ein Schläfer den andern aufwecken?
zwar behält das Wort GOttes wol an sich selbst
seine Kraft: aber ein geistlich Todter und schla-
fender ist doch nicht in dem Stande, es recht in
aller Lauterkeit, nach allen zum Grund und zur
Ordnung des Heyls gehörigen Stücken zu erken-
nen und nach dem unterschiedenen Zustande der
Zuhörer gehörig zu theilen, vorzutragen und zu
appliciren. Und was denn dißfals noch in
ziemlicher Richtigkeit vorgetragen wird, das
pfleget doch bey den Zuhörern durch das Exem-
pel eines solchen Lehrers guten Theils ersticket
und entkräftet zu werden.

3. Es ist zwar die leibliche Wachsam-
keit,
in so fern sie dem übermäßigen Schlafe, da-
durch der Mensch so viel gutes versäumet, auch
wol der Gesundheit des Leibes selbst schadet, ent-
gegen gesetzet ist, eine nöthige Christen-Pflicht:
es kömmt doch aber bey dem Christenthum ei-
gentlich an auf die geistliche Wachsamkeit,
von welcher der Apostel alhie redet. Diese ste-
het der fleischlichen Sicherheit und Unachtsam-
keit entgegen, und bestehet in einer solchen ge-

nauen

Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 5. v. 3-6.
[Spaltenumbruch] den Schlaf der Sicherheit mit ihrem falſchen
Troſte eingewieget, oder darinnen erhalten ha-
b[e]n; davon GOTT Jer. 6, 14. ſaget: Sie troͤ-
ſten mein Volck in ihrem Ungluͤck, daß
ſie es gering achten ſollen, und ſagen:
Friede! Friede! und iſt doch nicht Friede.

Siehe auch Jer. 8, 11.

2. Mit der Suͤnde gehet es wie mit der
Empfaͤngniß: als welche ſich mit Luſt anhebet,
Jac. 1, 14. 15. aber mit Schmertzen den Tod ge-
bieret; und zwar eher, als man es ſich verſiehet.
Darum wohl dem, der die reitzende Luſt durch
Cinwilligung nicht zur Empfaͤngniß, vielweni-
ger zur Geburt, kommen laͤſſet!

V. 4. 5.

Jhr aber, lieben Bruͤder, ſeyd nicht
in der Finſterniß,
(in der Nacht der Suͤnden
und der fleiſchlichen Sicherheit Eph. 5, 8.) daß
euch der Tag
(der Zukunft Chriſti und des
Gerichts,) wie ein Dieb (gantz unvermuthet)
ergreife, (und euch das Verderben uͤberfalle,
wie aus der Sicherheit zu erfolgen pfleget.)
V. 5. Jhr (wieviel euer durch unſern Dienſt
bekehret worden ſind, oder ſich auch noch nach-
her in der Ordnung wahrer Bekehrung zu der
Gemeine gethan haben,) ſeyd allzumal Kin-
der des Lichts
(die wahrhaftig von GOTT
erleuchtet ſind,) und Kinder des Tages, (wel-
che die Nacht der Suͤnden verlaſſen, und, als
am hellen Tage, im Lichte der Lauterkeit und
Wahrheit wandeln; die auch daher an das
Licht kommen, daß ihre Wercke offenbar wer-
den: denn ſie ſind in GOtt gethan, Joh. 3, 21.
Roͤm. 12, 36. c. 13, 12. 13.) wir (ich und meine
Gehuͤlfen mit euch) ſind nicht von der Nacht,
(im Stande der verderbten Natur, und im Rei-
che des Satans,) noch von der Finſterniß,
(daß wir ſolchen Stand in ſeinen ihm gemaͤſſen
boͤſen Wercken noch zeigeten.)

Anmerckungen.

1. Wohl dem Lehrer, der alſo von ſeinen
Zuhoͤrern ſagen kan; und zwar dieſes: ihr ſeyd
allzumal Kinder des Lichts!
wohl den Zu-
hoͤrern, von welchen dieſes wahr iſt! Und o
wie ſchoͤn ſtehet das ihr und wir bey einan-
der! das ihr von den Zuhoͤrern; das wir von
den Lehrern und Zuhoͤrern zugleich. Denn wo
dieſe noch ſelbſt in der Finſterniß ſtehen und
darinnen wandeln, ſo ſind ſie blinde Leiter der
Blinden, die endlich mit einander in die Gru-
be fallen. Matth. 15, 14. c. 23, 24. Roͤm. 2, 19.

2. Wie die erſten Chriſten zur wahren Er-
leuchtung gekommen, daß ſie Kinder des Lichts
worden ſind; alſo und nicht anders kommen
wir noch heut zu Tage dazu. Nun aber ſind ſie
dazu gelanget in der Ordnung der wahren Bekeh-
rung und des angezuͤndeten wahren ſeligmachen-
den Glaubens an Chriſtum: darum koͤnnen wir
auch nicht anders dazu kommen; und folglich iſt
kein unbekehrter und glaubloſer Menſch wahr-
haftig erleuchtet.

3. Wenn an wahren Kindern GOttes ihr
Gnaden-Stand gelobet wird, laſſen ſie ſich
ſolches keinesweges zur Erhebung, ſondern
[Spaltenumbruch] vielmehr zur Demuth, und dabey zum Lobe
GOttes, und zur getreuen Wahrnehmung ih-
rer ſelbſt, dienen: denn ſie erkennen wohl, daß
ſie nichts von ſich ſelbſt, ſondern alles aus Gna-
den haben, und zwar als eine theure Beylage,
die bewahret und wohl angeleget, und davon
Rechenſchaft gegeben werden muß. Daß die
Theſſalonicher das Zeugniß Pauli alſo angewen-
det haben, daran iſt ſo viel weniger zu zweifeln,
ſo viel deutlicher Paulus mit den folgenden
Worten anzeiget, daß ſein Zweck eben dahin
gehe.

V. 6.

So laſſet uns nun nicht ſchlafen (wie-
der in Suͤnden entſchlafen, und alſo werden,)
wie die andern (ὀι λοιποὶ, die uͤbrigen noch
unbekehrten Juden und Heyden, c. 4, 13.) ſon-
dern laſſet uns wachen und nuͤchtern ſeyn,

(auf eine theils leibliche, theils geiſtliche Art
nuͤchtern ſeyn, um dadurch im Stande der geiſt-
lichen Wachſamkeit erfunden zu werden.)

Anmerckungen.

1. Gleichwie es wohl geſchiehet, daß einem
auch wol bey Tage der leibliche Schlaf ankoͤmmt;
(welches aber eine an ſich ſelbſt unſuͤndliche Sa-
che iſt, und nur von einiger Schwachheit der
Natur zeiget, zuweilen auch der Natur eine rech-
te Wohlthat iſt;) ſo kan auch leichtlich ein Kind
des Lichts, der am Tage wandelt, wieder in
einen geiſtlichen Schlaf, oder doch einiges
Schlummern durch Nachlaͤßigkeit und Unlau-
terkeit des Hertzens gerathen: daher ihnen Pau-
lus billig zurufet: Laſſet uns nicht ſchlafen,
oder wieder einſchlafen!

2. Es kan aber ein Lehrer dieſes zu ſeinen
Zuhoͤrern weder mit der gehoͤrigen Freudigkeit,
noch mit dem ſonſt zu hoffenden mehrern Se-
gen ſagen, wenn er es mit Paulo und ſeinen
Gehuͤlfen nicht auch von ſich ſelbſt ſagen, und
alſo ſich ſelbſt mit ermuntern und ſprechen kan;
laſſet uns nicht ſchlafen! denn wie wird ein
Todter oder ein Schlaͤfer den andern aufwecken?
zwar behaͤlt das Wort GOttes wol an ſich ſelbſt
ſeine Kraft: aber ein geiſtlich Todter und ſchla-
fender iſt doch nicht in dem Stande, es recht in
aller Lauterkeit, nach allen zum Grund und zur
Ordnung des Heyls gehoͤrigen Stuͤcken zu erken-
nen und nach dem unterſchiedenen Zuſtande der
Zuhoͤrer gehoͤrig zu theilen, vorzutragen und zu
appliciren. Und was denn dißfals noch in
ziemlicher Richtigkeit vorgetragen wird, das
pfleget doch bey den Zuhoͤrern durch das Exem-
pel eines ſolchen Lehrers guten Theils erſticket
und entkraͤftet zu werden.

3. Es iſt zwar die leibliche Wachſam-
keit,
in ſo fern ſie dem uͤbermaͤßigen Schlafe, da-
durch der Menſch ſo viel gutes verſaͤumet, auch
wol der Geſundheit des Leibes ſelbſt ſchadet, ent-
gegen geſetzet iſt, eine noͤthige Chriſten-Pflicht:
es koͤmmt doch aber bey dem Chriſtenthum ei-
gentlich an auf die geiſtliche Wachſamkeit,
von welcher der Apoſtel alhie redet. Dieſe ſte-
het der fleiſchlichen Sicherheit und Unachtſam-
keit entgegen, und beſtehet in einer ſolchen ge-

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[36/0038] Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 5. v. 3-6. den Schlaf der Sicherheit mit ihrem falſchen Troſte eingewieget, oder darinnen erhalten ha- ben; davon GOTT Jer. 6, 14. ſaget: Sie troͤ- ſten mein Volck in ihrem Ungluͤck, daß ſie es gering achten ſollen, und ſagen: Friede! Friede! und iſt doch nicht Friede. Siehe auch Jer. 8, 11. 2. Mit der Suͤnde gehet es wie mit der Empfaͤngniß: als welche ſich mit Luſt anhebet, Jac. 1, 14. 15. aber mit Schmertzen den Tod ge- bieret; und zwar eher, als man es ſich verſiehet. Darum wohl dem, der die reitzende Luſt durch Cinwilligung nicht zur Empfaͤngniß, vielweni- ger zur Geburt, kommen laͤſſet! V. 4. 5. Jhr aber, lieben Bruͤder, ſeyd nicht in der Finſterniß, (in der Nacht der Suͤnden und der fleiſchlichen Sicherheit Eph. 5, 8.) daß euch der Tag (der Zukunft Chriſti und des Gerichts,) wie ein Dieb (gantz unvermuthet) ergreife, (und euch das Verderben uͤberfalle, wie aus der Sicherheit zu erfolgen pfleget.) V. 5. Jhr (wieviel euer durch unſern Dienſt bekehret worden ſind, oder ſich auch noch nach- her in der Ordnung wahrer Bekehrung zu der Gemeine gethan haben,) ſeyd allzumal Kin- der des Lichts (die wahrhaftig von GOTT erleuchtet ſind,) und Kinder des Tages, (wel- che die Nacht der Suͤnden verlaſſen, und, als am hellen Tage, im Lichte der Lauterkeit und Wahrheit wandeln; die auch daher an das Licht kommen, daß ihre Wercke offenbar wer- den: denn ſie ſind in GOtt gethan, Joh. 3, 21. Roͤm. 12, 36. c. 13, 12. 13.) wir (ich und meine Gehuͤlfen mit euch) ſind nicht von der Nacht, (im Stande der verderbten Natur, und im Rei- che des Satans,) noch von der Finſterniß, (daß wir ſolchen Stand in ſeinen ihm gemaͤſſen boͤſen Wercken noch zeigeten.) Anmerckungen. 1. Wohl dem Lehrer, der alſo von ſeinen Zuhoͤrern ſagen kan; und zwar dieſes: ihr ſeyd allzumal Kinder des Lichts! wohl den Zu- hoͤrern, von welchen dieſes wahr iſt! Und o wie ſchoͤn ſtehet das ihr und wir bey einan- der! das ihr von den Zuhoͤrern; das wir von den Lehrern und Zuhoͤrern zugleich. Denn wo dieſe noch ſelbſt in der Finſterniß ſtehen und darinnen wandeln, ſo ſind ſie blinde Leiter der Blinden, die endlich mit einander in die Gru- be fallen. Matth. 15, 14. c. 23, 24. Roͤm. 2, 19. 2. Wie die erſten Chriſten zur wahren Er- leuchtung gekommen, daß ſie Kinder des Lichts worden ſind; alſo und nicht anders kommen wir noch heut zu Tage dazu. Nun aber ſind ſie dazu gelanget in der Ordnung der wahren Bekeh- rung und des angezuͤndeten wahren ſeligmachen- den Glaubens an Chriſtum: darum koͤnnen wir auch nicht anders dazu kommen; und folglich iſt kein unbekehrter und glaubloſer Menſch wahr- haftig erleuchtet. 3. Wenn an wahren Kindern GOttes ihr Gnaden-Stand gelobet wird, laſſen ſie ſich ſolches keinesweges zur Erhebung, ſondern vielmehr zur Demuth, und dabey zum Lobe GOttes, und zur getreuen Wahrnehmung ih- rer ſelbſt, dienen: denn ſie erkennen wohl, daß ſie nichts von ſich ſelbſt, ſondern alles aus Gna- den haben, und zwar als eine theure Beylage, die bewahret und wohl angeleget, und davon Rechenſchaft gegeben werden muß. Daß die Theſſalonicher das Zeugniß Pauli alſo angewen- det haben, daran iſt ſo viel weniger zu zweifeln, ſo viel deutlicher Paulus mit den folgenden Worten anzeiget, daß ſein Zweck eben dahin gehe. V. 6. So laſſet uns nun nicht ſchlafen (wie- der in Suͤnden entſchlafen, und alſo werden,) wie die andern (ὀι λοιποὶ, die uͤbrigen noch unbekehrten Juden und Heyden, c. 4, 13.) ſon- dern laſſet uns wachen und nuͤchtern ſeyn, (auf eine theils leibliche, theils geiſtliche Art nuͤchtern ſeyn, um dadurch im Stande der geiſt- lichen Wachſamkeit erfunden zu werden.) Anmerckungen. 1. Gleichwie es wohl geſchiehet, daß einem auch wol bey Tage der leibliche Schlaf ankoͤmmt; (welches aber eine an ſich ſelbſt unſuͤndliche Sa- che iſt, und nur von einiger Schwachheit der Natur zeiget, zuweilen auch der Natur eine rech- te Wohlthat iſt;) ſo kan auch leichtlich ein Kind des Lichts, der am Tage wandelt, wieder in einen geiſtlichen Schlaf, oder doch einiges Schlummern durch Nachlaͤßigkeit und Unlau- terkeit des Hertzens gerathen: daher ihnen Pau- lus billig zurufet: Laſſet uns nicht ſchlafen, oder wieder einſchlafen! 2. Es kan aber ein Lehrer dieſes zu ſeinen Zuhoͤrern weder mit der gehoͤrigen Freudigkeit, noch mit dem ſonſt zu hoffenden mehrern Se- gen ſagen, wenn er es mit Paulo und ſeinen Gehuͤlfen nicht auch von ſich ſelbſt ſagen, und alſo ſich ſelbſt mit ermuntern und ſprechen kan; laſſet uns nicht ſchlafen! denn wie wird ein Todter oder ein Schlaͤfer den andern aufwecken? zwar behaͤlt das Wort GOttes wol an ſich ſelbſt ſeine Kraft: aber ein geiſtlich Todter und ſchla- fender iſt doch nicht in dem Stande, es recht in aller Lauterkeit, nach allen zum Grund und zur Ordnung des Heyls gehoͤrigen Stuͤcken zu erken- nen und nach dem unterſchiedenen Zuſtande der Zuhoͤrer gehoͤrig zu theilen, vorzutragen und zu appliciren. Und was denn dißfals noch in ziemlicher Richtigkeit vorgetragen wird, das pfleget doch bey den Zuhoͤrern durch das Exem- pel eines ſolchen Lehrers guten Theils erſticket und entkraͤftet zu werden. 3. Es iſt zwar die leibliche Wachſam- keit, in ſo fern ſie dem uͤbermaͤßigen Schlafe, da- durch der Menſch ſo viel gutes verſaͤumet, auch wol der Geſundheit des Leibes ſelbſt ſchadet, ent- gegen geſetzet iſt, eine noͤthige Chriſten-Pflicht: es koͤmmt doch aber bey dem Chriſtenthum ei- gentlich an auf die geiſtliche Wachſamkeit, von welcher der Apoſtel alhie redet. Dieſe ſte- het der fleiſchlichen Sicherheit und Unachtſam- keit entgegen, und beſtehet in einer ſolchen ge- nauen

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/38>, abgerufen am 27.04.2024.