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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 5. v. 1. 2. 3. an die Thessalonicher.
[Spaltenumbruch] uns ein Tag verborgen, damit wir alle Tage
wohl auf unserer Hut stehen mögen. Als die
Jünger Christi wissen wolten, ob er schon sofort
nach seiner Himmelfahrt, da er ihnen die beson-
dere Kraft und Gaben des Heiligen Geistes ver-
sprochen hatte, das dem Jsrael in den Prophe-
ten versprochene geistliche Reich aufrichten wol-
te? antwortete ihnen der HErr: Es gebüh-
ret euch nicht zu wissen Zeit oder Stunde,

(khronous, e kairous) welche der Vater seiner
Macht vorbehalten hat.
Es kan uns ge-
nug seyn, daß alles zu seiner Zeit gewiß genug
kommen wird, und daß wir uns solche Ge-
wißheit zur würdigen Vorbereitung dienen
lassen.

2. Das Wort khronoi, Zeiten, gehet wol
auf die Jahre, die von der damaligen Zeit an bis
auf die Zukunft Christi noch verfliessen würden;
und also insonderheit auf das letztere und eigent-
liche Jahr, in welchem sie würde geschehen.
Kairoi aber, welches Lutherus Stunden
übersetzet hat, läßt sich am füglichsten von der
besondern Jahres-Zeit in Ansehung des Monats,
des Tages und der Stunde, oder von der
Nachts-Tags-Morgens- oder Abends-Zeit er-
klären. Siehe Dan. 7, 12. Matth. 24, 36. 37.
und Ap. Gesch. 1, 7.

V. 2.

Denn ihr selbst wisset (aus dem von uns
empfangenen und gläubig angenommenen Un-
terricht ohn allen Zweifel, wie ich aus eurer
Glaubens-Freudigkeit gesehen habe) gewiß,
daß der
(grosse, den Gläubigen erfreuliche,
den Gottlosen aber erschreckliche Gerichts-) Tag
des HErrn
(JEsu Christi, als des Richters
der lebendigen und der Todten) wird kommen
(Gr. kömmt, nach der prophetischen die Ge-
wißheit bezeichnenden Redens-Art) wie ein Dieb
in der Nacht
(Sprichworts weise also davon
zu reden: das ist unangesaget, unvermuthet,
in Ansehung der Gottlosen auch unerwartet.
Welches denn zur beständigen Wahrnehmung
unser selbst dienen soll)

Anmerckungen.

1. Durch den Tag des HErrn, als den
Tag des Gerichts, wird kein gemeiner Tag ver-
standen, denn ob sich gleich das grosse Welt-
Gerichte in einem gemeinen Tage anheben wird;
so wird es doch in demselben wol nicht vollendet
werden. Zwar könte es GOTT nach seiner
Allmacht so bald wohl vollenden: allein er
wird nach der Allmacht nichts thun, was nicht
auch zugleich seiner Weisheit, Güte und Ge-
rechtigkeit
gemäß ist und zu desto mehrer Ver-
herrlichung seines Namens gereichen kan. Da-
her zu dem grossen Gerichts-Tage wol eine länge-
re Zeit von GOtt wird genommen werden. Und
ob gleich der Gerichts-Proceß Matth. 25. auf
menschliche Weise schwachen Begrifs wegen vor-
gestellet wird: so siehet man doch aus solcher Vor-
stellung soviel, daß das Gerichte nicht so schnell
und plötzlich, als die Zukunft Christi geschiehet,
wird vollbracht werden. Es ist auch bey uns
Teutschen nichts gemeiners, als daß wir das
[Spaltenumbruch] Wort Tag von Gerichten gebrauchen, und wenn
sie auch gleich noch so lange anhalten: sintemal
wir sagen, Reichs-Tag, Land-Tag u. s. w.
daß diese Redens-Art in den Schriften der Pro-
pheten und Apostel sehr gemein sey, weiß ein ie-
der fleißiger Bibel-Leser. Er heißt auch emera
ekeine, jener Tag, nemlich den man immer vor
Augen haben muß; Matth. 7, 22. c. 24, 36. c.
26, 29. Luc. 21, 34. 2 Thess. 1, 10. 2 Tim. 1, 18.
desgleichen emera, der Tag absolute oder
schlechthin, mit dem besondern Nachdruck von
dem vor allen andern wohl zu erwegenden Tage.
Siehe Hebr. 10, 25. da es heißt; daß sich der
Tag nahet.

2. Aus den Worten: autoi akri[fremdsprachliches Material]as o da-
le, ihr selbst wisser gewiß, gar accurat,
genau, siehet man, theils wie fleißig und treu
sich Paulus mit seinen Gehülfen erwiesen habe,
die Thessalonicher von allen Glaubens-Puncten
zu unterrichten, und theils wie begierig sie ge-
wesen, den Unterricht anzuhören, und wie wohl
sie ihn gefasset haben: zum schönen Exempel
der Nachfolge allen rechtschaffenen Lehrern und
Zuhörern; wie sich denn der Apostel noch auf
viele andere, auch zu den Lebens-Pflichten gehö-
rige, und mündlich gegebene Erinnerungen in
diesem Briefe beziehet.

3. Und da die Redens-Art, daß der Tag
des HErrn werde kommen wie ein Dieb
in der Nacht,
den Aposteln und den übrigen
Gläubigen aus den mündlichen Reden Christi
wohl bekannt gewesen, Matth. 24, 42. 44. Luc.
12, 39. 2 Pet. 3, 10. Offenb. Joh. 3, 3. c. 16, 15.
und daher auch Paulo bekannt worden; so hat
er sich derselben auch vermuthlich bey den Thes-
salonichern bedienet, wie denn auch wol seyn
kan, daß die gläubigen Thessalonicher zur Zeit
dieses an sie geschriebenen Briefes einen und den
andern von den damals schon geschriebenen Ev-
angelisten bereits gehabt und gelesen haben.

V. 3.

Denn wenn sie (die Gottlosen) werden
sagen
(oder auch gedencken und sich veste einbil-
den) es ist Friede und hat keine Gefahr
(ist alles in Sicherheit) so wird sie das Ver-
derben
(das Gericht der Verdammniß 2 Thess.
1, 9.) schnell überfallen; gleich wie der
Schmertz ein schwanger Weib,
(welche
sich der Zeit der Geburt noch nicht versehen hat-
te, Jes. 13, 8. Jer. 13, 21. Hos. 13, 13.) und wer-
den nicht entfliehen.
(Siehe davon ein meh-
rers in den Worten Christi Matth. 24, 38. u. s. f.
Luc. 21, 34.)

Anmerckungen.

1. Man siehet hier den grossen Unterscheid
unter dem wahren Frieden der Seele in und
mit GOTT, und dem falschen, der nichts ist,
als eine fleischliche Sicherheit; denn da jener
sich endet mit einer grossen Freudigkeit, in wel-
cher die Gläubigen ihre Häupter aufheben, und
auf ihre Erlösung warten, Luc. 21, 28. so nimmt
dieser ein Ende mit Sehrecken; und dieses
Schrecken wird gewiß verdoppelt werden bey
den fleischlichen Lehrern, welche die Leute in

den
E 2

Cap. 5. v. 1. 2. 3. an die Theſſalonicher.
[Spaltenumbruch] uns ein Tag verborgen, damit wir alle Tage
wohl auf unſerer Hut ſtehen moͤgen. Als die
Juͤnger Chriſti wiſſen wolten, ob er ſchon ſofort
nach ſeiner Himmelfahrt, da er ihnen die beſon-
dere Kraft und Gaben des Heiligen Geiſtes ver-
ſprochen hatte, das dem Jſrael in den Prophe-
ten verſprochene geiſtliche Reich aufrichten wol-
te? antwortete ihnen der HErr: Es gebuͤh-
ret euch nicht zu wiſſen Zeit oder Stunde,

(χρόνους, ἤ καιροὺς) welche der Vater ſeiner
Macht vorbehalten hat.
Es kan uns ge-
nug ſeyn, daß alles zu ſeiner Zeit gewiß genug
kommen wird, und daß wir uns ſolche Ge-
wißheit zur wuͤrdigen Vorbereitung dienen
laſſen.

2. Das Wort χρόνοι, Zeiten, gehet wol
auf die Jahre, die von der damaligen Zeit an bis
auf die Zukunft Chriſti noch verflieſſen wuͤrden;
und alſo inſonderheit auf das letztere und eigent-
liche Jahr, in welchem ſie wuͤrde geſchehen.
Καιροὶ aber, welches Lutherus Stunden
uͤberſetzet hat, laͤßt ſich am fuͤglichſten von der
beſondern Jahres-Zeit in Anſehung des Monats,
des Tages und der Stunde, oder von der
Nachts-Tags-Morgens- oder Abends-Zeit er-
klaͤren. Siehe Dan. 7, 12. Matth. 24, 36. 37.
und Ap. Geſch. 1, 7.

V. 2.

Denn ihr ſelbſt wiſſet (aus dem von uns
empfangenen und glaͤubig angenommenen Un-
terricht ohn allen Zweifel, wie ich aus eurer
Glaubens-Freudigkeit geſehen habe) gewiß,
daß der
(groſſe, den Glaͤubigen erfreuliche,
den Gottloſen aber erſchreckliche Gerichts-) Tag
des HErrn
(JEſu Chriſti, als des Richters
der lebendigen und der Todten) wird kommen
(Gr. koͤmmt, nach der prophetiſchen die Ge-
wißheit bezeichnenden Redens-Art) wie ein Dieb
in der Nacht
(Sprichworts weiſe alſo davon
zu reden: das iſt unangeſaget, unvermuthet,
in Anſehung der Gottloſen auch unerwartet.
Welches denn zur beſtaͤndigen Wahrnehmung
unſer ſelbſt dienen ſoll)

Anmerckungen.

1. Durch den Tag des HErrn, als den
Tag des Gerichts, wird kein gemeiner Tag ver-
ſtanden, denn ob ſich gleich das groſſe Welt-
Gerichte in einem gemeinen Tage anheben wird;
ſo wird es doch in demſelben wol nicht vollendet
werden. Zwar koͤnte es GOTT nach ſeiner
Allmacht ſo bald wohl vollenden: allein er
wird nach der Allmacht nichts thun, was nicht
auch zugleich ſeiner Weisheit, Guͤte und Ge-
rechtigkeit
gemaͤß iſt und zu deſto mehrer Ver-
herrlichung ſeines Namens gereichen kan. Da-
her zu dem groſſen Gerichts-Tage wol eine laͤnge-
re Zeit von GOtt wird genommen werden. Und
ob gleich der Gerichts-Proceß Matth. 25. auf
menſchliche Weiſe ſchwachen Begrifs wegen vor-
geſtellet wird: ſo ſiehet man doch aus ſolcher Vor-
ſtellung ſoviel, daß das Gerichte nicht ſo ſchnell
und ploͤtzlich, als die Zukunft Chriſti geſchiehet,
wird vollbracht werden. Es iſt auch bey uns
Teutſchen nichts gemeiners, als daß wir das
[Spaltenumbruch] Wort Tag von Gerichten gebrauchen, und wenn
ſie auch gleich noch ſo lange anhalten: ſintemal
wir ſagen, Reichs-Tag, Land-Tag u. ſ. w.
daß dieſe Redens-Art in den Schriften der Pro-
pheten und Apoſtel ſehr gemein ſey, weiß ein ie-
der fleißiger Bibel-Leſer. Er heißt auch ἡμέρα
ἐκεινη, jener Tag, nemlich den man immer vor
Augen haben muß; Matth. 7, 22. c. 24, 36. c.
26, 29. Luc. 21, 34. 2 Theſſ. 1, 10. 2 Tim. 1, 18.
desgleichen ἡμέρα, der Tag abſolute oder
ſchlechthin, mit dem beſondern Nachdruck von
dem vor allen andern wohl zu erwegenden Tage.
Siehe Hebr. 10, 25. da es heißt; daß ſich der
Tag nahet.

2. Aus den Worten: αυτοι ἀκρι[fremdsprachliches Material]ᾶς ὄ δα-
λε, ihr ſelbſt wiſſer gewiß, gar accurat,
genau, ſiehet man, theils wie fleißig und treu
ſich Paulus mit ſeinen Gehuͤlfen erwieſen habe,
die Theſſalonicher von allen Glaubens-Puncten
zu unterrichten, und theils wie begierig ſie ge-
weſen, den Unterricht anzuhoͤren, und wie wohl
ſie ihn gefaſſet haben: zum ſchoͤnen Exempel
der Nachfolge allen rechtſchaffenen Lehrern und
Zuhoͤrern; wie ſich denn der Apoſtel noch auf
viele andere, auch zu den Lebens-Pflichten gehoͤ-
rige, und muͤndlich gegebene Erinnerungen in
dieſem Briefe beziehet.

3. Und da die Redens-Art, daß der Tag
des HErrn werde kommen wie ein Dieb
in der Nacht,
den Apoſteln und den uͤbrigen
Glaͤubigen aus den muͤndlichen Reden Chriſti
wohl bekannt geweſen, Matth. 24, 42. 44. Luc.
12, 39. 2 Pet. 3, 10. Offenb. Joh. 3, 3. c. 16, 15.
und daher auch Paulo bekannt worden; ſo hat
er ſich derſelben auch vermuthlich bey den Theſ-
ſalonichern bedienet, wie denn auch wol ſeyn
kan, daß die glaͤubigen Theſſalonicher zur Zeit
dieſes an ſie geſchriebenen Briefes einen und den
andern von den damals ſchon geſchriebenen Ev-
angeliſten bereits gehabt und geleſen haben.

V. 3.

Denn wenn ſie (die Gottloſen) werden
ſagen
(oder auch gedencken und ſich veſte einbil-
den) es iſt Friede und hat keine Gefahr
(iſt alles in Sicherheit) ſo wird ſie das Ver-
derben
(das Gericht der Verdammniß 2 Theſſ.
1, 9.) ſchnell uͤberfallen; gleich wie der
Schmertz ein ſchwanger Weib,
(welche
ſich der Zeit der Geburt noch nicht verſehen hat-
te, Jeſ. 13, 8. Jer. 13, 21. Hoſ. 13, 13.) und wer-
den nicht entfliehen.
(Siehe davon ein meh-
rers in den Worten Chriſti Matth. 24, 38. u. ſ. f.
Luc. 21, 34.)

Anmerckungen.

1. Man ſiehet hier den groſſen Unterſcheid
unter dem wahren Frieden der Seele in und
mit GOTT, und dem falſchen, der nichts iſt,
als eine fleiſchliche Sicherheit; denn da jener
ſich endet mit einer groſſen Freudigkeit, in wel-
cher die Glaͤubigen ihre Haͤupter aufheben, und
auf ihre Erloͤſung warten, Luc. 21, 28. ſo nimmt
dieſer ein Ende mit Sehrecken; und dieſes
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den fleiſchlichen Lehrern, welche die Leute in

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[35/0037] Cap. 5. v. 1. 2. 3. an die Theſſalonicher. uns ein Tag verborgen, damit wir alle Tage wohl auf unſerer Hut ſtehen moͤgen. Als die Juͤnger Chriſti wiſſen wolten, ob er ſchon ſofort nach ſeiner Himmelfahrt, da er ihnen die beſon- dere Kraft und Gaben des Heiligen Geiſtes ver- ſprochen hatte, das dem Jſrael in den Prophe- ten verſprochene geiſtliche Reich aufrichten wol- te? antwortete ihnen der HErr: Es gebuͤh- ret euch nicht zu wiſſen Zeit oder Stunde, (χρόνους, ἤ καιροὺς) welche der Vater ſeiner Macht vorbehalten hat. Es kan uns ge- nug ſeyn, daß alles zu ſeiner Zeit gewiß genug kommen wird, und daß wir uns ſolche Ge- wißheit zur wuͤrdigen Vorbereitung dienen laſſen. 2. Das Wort χρόνοι, Zeiten, gehet wol auf die Jahre, die von der damaligen Zeit an bis auf die Zukunft Chriſti noch verflieſſen wuͤrden; und alſo inſonderheit auf das letztere und eigent- liche Jahr, in welchem ſie wuͤrde geſchehen. Καιροὶ aber, welches Lutherus Stunden uͤberſetzet hat, laͤßt ſich am fuͤglichſten von der beſondern Jahres-Zeit in Anſehung des Monats, des Tages und der Stunde, oder von der Nachts-Tags-Morgens- oder Abends-Zeit er- klaͤren. Siehe Dan. 7, 12. Matth. 24, 36. 37. und Ap. Geſch. 1, 7. V. 2. Denn ihr ſelbſt wiſſet (aus dem von uns empfangenen und glaͤubig angenommenen Un- terricht ohn allen Zweifel, wie ich aus eurer Glaubens-Freudigkeit geſehen habe) gewiß, daß der (groſſe, den Glaͤubigen erfreuliche, den Gottloſen aber erſchreckliche Gerichts-) Tag des HErrn (JEſu Chriſti, als des Richters der lebendigen und der Todten) wird kommen (Gr. koͤmmt, nach der prophetiſchen die Ge- wißheit bezeichnenden Redens-Art) wie ein Dieb in der Nacht (Sprichworts weiſe alſo davon zu reden: das iſt unangeſaget, unvermuthet, in Anſehung der Gottloſen auch unerwartet. Welches denn zur beſtaͤndigen Wahrnehmung unſer ſelbſt dienen ſoll) Anmerckungen. 1. Durch den Tag des HErrn, als den Tag des Gerichts, wird kein gemeiner Tag ver- ſtanden, denn ob ſich gleich das groſſe Welt- Gerichte in einem gemeinen Tage anheben wird; ſo wird es doch in demſelben wol nicht vollendet werden. Zwar koͤnte es GOTT nach ſeiner Allmacht ſo bald wohl vollenden: allein er wird nach der Allmacht nichts thun, was nicht auch zugleich ſeiner Weisheit, Guͤte und Ge- rechtigkeit gemaͤß iſt und zu deſto mehrer Ver- herrlichung ſeines Namens gereichen kan. Da- her zu dem groſſen Gerichts-Tage wol eine laͤnge- re Zeit von GOtt wird genommen werden. Und ob gleich der Gerichts-Proceß Matth. 25. auf menſchliche Weiſe ſchwachen Begrifs wegen vor- geſtellet wird: ſo ſiehet man doch aus ſolcher Vor- ſtellung ſoviel, daß das Gerichte nicht ſo ſchnell und ploͤtzlich, als die Zukunft Chriſti geſchiehet, wird vollbracht werden. Es iſt auch bey uns Teutſchen nichts gemeiners, als daß wir das Wort Tag von Gerichten gebrauchen, und wenn ſie auch gleich noch ſo lange anhalten: ſintemal wir ſagen, Reichs-Tag, Land-Tag u. ſ. w. daß dieſe Redens-Art in den Schriften der Pro- pheten und Apoſtel ſehr gemein ſey, weiß ein ie- der fleißiger Bibel-Leſer. Er heißt auch ἡμέρα ἐκεινη, jener Tag, nemlich den man immer vor Augen haben muß; Matth. 7, 22. c. 24, 36. c. 26, 29. Luc. 21, 34. 2 Theſſ. 1, 10. 2 Tim. 1, 18. desgleichen ἡμέρα, der Tag abſolute oder ſchlechthin, mit dem beſondern Nachdruck von dem vor allen andern wohl zu erwegenden Tage. Siehe Hebr. 10, 25. da es heißt; daß ſich der Tag nahet. 2. Aus den Worten: αυτοι ἀκρι_ ᾶς ὄ δα- λε, ihr ſelbſt wiſſer gewiß, gar accurat, genau, ſiehet man, theils wie fleißig und treu ſich Paulus mit ſeinen Gehuͤlfen erwieſen habe, die Theſſalonicher von allen Glaubens-Puncten zu unterrichten, und theils wie begierig ſie ge- weſen, den Unterricht anzuhoͤren, und wie wohl ſie ihn gefaſſet haben: zum ſchoͤnen Exempel der Nachfolge allen rechtſchaffenen Lehrern und Zuhoͤrern; wie ſich denn der Apoſtel noch auf viele andere, auch zu den Lebens-Pflichten gehoͤ- rige, und muͤndlich gegebene Erinnerungen in dieſem Briefe beziehet. 3. Und da die Redens-Art, daß der Tag des HErrn werde kommen wie ein Dieb in der Nacht, den Apoſteln und den uͤbrigen Glaͤubigen aus den muͤndlichen Reden Chriſti wohl bekannt geweſen, Matth. 24, 42. 44. Luc. 12, 39. 2 Pet. 3, 10. Offenb. Joh. 3, 3. c. 16, 15. und daher auch Paulo bekannt worden; ſo hat er ſich derſelben auch vermuthlich bey den Theſ- ſalonichern bedienet, wie denn auch wol ſeyn kan, daß die glaͤubigen Theſſalonicher zur Zeit dieſes an ſie geſchriebenen Briefes einen und den andern von den damals ſchon geſchriebenen Ev- angeliſten bereits gehabt und geleſen haben. V. 3. Denn wenn ſie (die Gottloſen) werden ſagen (oder auch gedencken und ſich veſte einbil- den) es iſt Friede und hat keine Gefahr (iſt alles in Sicherheit) ſo wird ſie das Ver- derben (das Gericht der Verdammniß 2 Theſſ. 1, 9.) ſchnell uͤberfallen; gleich wie der Schmertz ein ſchwanger Weib, (welche ſich der Zeit der Geburt noch nicht verſehen hat- te, Jeſ. 13, 8. Jer. 13, 21. Hoſ. 13, 13.) und wer- den nicht entfliehen. (Siehe davon ein meh- rers in den Worten Chriſti Matth. 24, 38. u. ſ. f. Luc. 21, 34.) Anmerckungen. 1. Man ſiehet hier den groſſen Unterſcheid unter dem wahren Frieden der Seele in und mit GOTT, und dem falſchen, der nichts iſt, als eine fleiſchliche Sicherheit; denn da jener ſich endet mit einer groſſen Freudigkeit, in wel- cher die Glaͤubigen ihre Haͤupter aufheben, und auf ihre Erloͤſung warten, Luc. 21, 28. ſo nimmt dieſer ein Ende mit Sehrecken; und dieſes Schrecken wird gewiß verdoppelt werden bey den fleiſchlichen Lehrern, welche die Leute in den E 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/37>, abgerufen am 23.11.2024.