[Spaltenumbruch]
nehmen und sich darinnen offenbaren würde Joh. 1, 14. 18. 2 Cor. 5, 19. 1 Tim. 3, 16.
5. Daß aber diese gantze Figur sonderlich auf Christum gegangen, zeiget Paulus ausdrücklich an, wenn er Röm. 3, 24. 25. saget: Wir werden ohne Verdienst gerecht aus seiner (GOttes) Gnade durch die Erlösung, so durch Christum JEsum geschehen ist; welchen GOtt hat vorgestellet zu einem Gnaden-Stuhl durch den Glauben in seinem Blute. u. f. Siehe auch 1 Joh. 2, 2. und Hebr. 4, 16.
V. 6.
Da nun solches zugerichtet (und die Stifts-Hütte aufgerichtet) war (am ersten Monat im andern Jahre nach dem Ausgange aus Egypten 2 B. Mos. 40, 2.) gingen die Prie- ster allezeit (täglich, Morgens und Abends) in die vorderste Hütte (in den vordersten Theil der Hütte, welcher von innen wie eine be- sondere Hütte anzusehen war: siehe oben v. 3. 4.) und richteten aus den Gottesdienst (bey dem Rauch-Altar mit räuchern, bey dem göldnen Leuchter mit Reinigung und Zurichtung der Lam- pen, bey dem Schaubrodt-Tische nur alle Sab- bat-Tage, da die Brodte nebst der zwischen ih- nen gesetzten Weyhrauchs-Schale mit frischen verwechselt wurden. Siehe 2 B. Mos. 25, 30. c. 30, 7. 3 B. Mos. 24, 1. u. f.
V. 7.
Jn die andere (Hütte) aber (in das Allerheiligste) ging (nicht täglich, wie ins Hei- lige der Priester sondern) nur einmal (an ei- nem Tage, nemlich der hohen Versöhnung 3 B. Mos. 16.) allein der Hohe-Priester, nicht ohne Blut (von dem im Vorhofe geschlachte- ten und geopferten Viehe) das er opferte (es darbrachte vor GOtt, also daß er damit gegen die Bundes-Lade siebenmal sprengete v. 14. 19.) für sein selbst und des Volcks Unwisseuheit (und der darinnen begangenen Sünden.)
Anmerckungen.
1. Von diesem Feste und Eingange des Hohen-Priesters in das Allerheiligste wird aus- führlich gehandelt 3 B. Mos. 16. Was dieses Fest und die darinn geschehene allgemeine Ver- söhnung des gantzen Volcks auf sich gehabt habe, siehet man unter andern aus dem damit verknüpf- ten bußfertigen Fasten des gantzen Volcks davon und von der Wichtigkeit dieser Versöh- nung es v. 29. u. f. heißt: Am zehnden Tage des siebenden Monden solt ihr euren Leib casteien, und kein Werck thun er sey ein Ein- heimischer oder Fremder unter euch: denn an diesem Tage geschiehet eure Versöhnung, daß ihr gereiniget werdet, von allen euren Sünden werdet ihr gereiniget vor dem HErrn. Darum solls euch der grösseste Sabbat seyn u. s. w.
2. Wenn es aber v. 34. heißt, daß solche Versöhnung im Jahre einmal geschehen soll, und Paulus solche Worte alhier wiederholet; so [Spaltenumbruch]
wird damit nicht geleugnet, daß der Hohe-Prie- ster an demselben Tage öfter, als einmal ins Aller- heiligste eingegangen sey. Denn er ging vier- mal ein, da die Handlungen der einmaligen Ver- söhnung von ihm nicht auf einmal geschehen kon- ten. Das erste mal ging er ein mit dem göldnen Rauchvasse zu räuchern vor dem HErrn: wel- ches er darinn stehen gelassen bis auf den Abend. Das andere mal ging er ein mit dem in einem Becken gethanen Blute vom Farren, als seinem eignen und seines Priesterlichen Geschlechts Sünd-Opfer: Das dritte mal mit dem Blute von dem Bocke, als einem Sünd-Opfer des Vol- ckes, sich selbst und die Seinigen, und denn das gantze Volck, durch siebenmalige Sprengung des Bluts, bey GOtt zu versöhnen. Zum vierten mal ging er des Abends ein und holete das göldne Rauchvaß wieder heraus.
3. Da nun diese Ceremonie des Hohen- Priesters von seinem Eingange ins Allerheiligste so gar nachdrücklich beschrieben ist, so ist leichtlich zu erachten, daß er Christum, als den wahren Hohen-Priester, mit seiner Versöhnung auf eine gar ausnehmende Art vorgebildet habe. Es ist aber dieser Tag mit allen Handlungen eigentlich ei- ne Figur gewesen von dem Char-Freytag, oder von dem Tage des Leidens und Sterbens Christi am Creutze: als daran er uns mit seinem Blute versöhnet hat, und nachdem er am Creutze ver- schieden, und das Opfer gleichsam als im Vor- hofe geschlachtet war, so ist er mit der Kraft sol- cher seines Versohn-Opfers der Seelen nach in das Paradies GOttes, als in das Allerheiligste, eingegangen: darauf denn nach seiner Auferste- hung, der gantzen menschlichen Natur nach, die Himmelfahrt und das Sitzen zür Rechten GOt- tes erfolget ist. Ein mehrers itzo von dem Gegen- bilde anzuführen, ist nicht nöthig, weil der Apo- stel im nachfolgenden selbst noch unterschiedliches davon beybringet. Dieses aber ist hierbey son- derlich wohl zu mercken, daß das jährliche hohe Versöhnungs-Fest ein gar solenner und allge- meiner Fast- auch Buß- und Bet-Tag bey dem gantzen Volcke war. Damit also die Ordnung angewiesen ist, in welcher man der Versöhnung und Vergebung der Sünden soll und kan theil- haftig werden.
4. Daß aber die versöhneten Sünden von der Unwissenheit benennet werden, so kan man dabey conferiren den Ort 1 Pet. 1, 14. da es heißt: Stellet euch nicht gleich, wie vorhin, da ihr in Unwissenheit nach den Lüsten le- betet. Ob nun gleich nicht geleugnet wird, daß die Unwissenheit die Sünden, welche von der Schuld des Willens herrühren, nicht ausschliesse: so ist doch aber dieses gewiß, daß, wenn iemand gantz vorsetzlicher Weise diese und jene grosse Missethat begangen, auch wol gar den Tod ver- dienet hatte, dafür kein Opfer statt funde, son- dern er, vermöge anderer Gebote, sterben muste. Wie sich denn dieses nicht anders schickte für den Levitischen Gottesdienst: sintemal sonst der Missethaten kein Ende würde gewesen seyn, wenn
5. Daß aber dieſe gantze Figur ſonderlich auf Chriſtum gegangen, zeiget Paulus ausdꝛuͤcklich an, wenn er Roͤm. 3, 24. 25. ſaget: Wir werden ohne Verdienſt gerecht aus ſeiner (GOttes) Gnade duꝛch die Erloͤſung, ſo durch Chꝛiſtum JEſum geſchehen iſt; welchen GOtt hat vorgeſtellet zu einem Gnaden-Stuhl durch den Glauben in ſeinem Blute. u. f. Siehe auch 1 Joh. 2, 2. und Hebr. 4, 16.
V. 6.
Da nun ſolches zugerichtet (und die Stifts-Huͤtte aufgerichtet) war (am erſten Monat im andern Jahre nach dem Ausgange aus Egypten 2 B. Moſ. 40, 2.) gingen die Prie- ſter allezeit (taͤglich, Morgens und Abends) in die vorderſte Huͤtte (in den vorderſten Theil der Huͤtte, welcher von innen wie eine be- ſondere Huͤtte anzuſehen war: ſiehe oben v. 3. 4.) und richteten aus den Gottesdienſt (bey dem Rauch-Altar mit raͤuchern, bey dem goͤldnen Leuchter mit Reinigung und Zurichtung der Lam- pen, bey dem Schaubrodt-Tiſche nur alle Sab- bat-Tage, da die Brodte nebſt der zwiſchen ih- nen geſetzten Weyhrauchs-Schale mit friſchen verwechſelt wurden. Siehe 2 B. Moſ. 25, 30. c. 30, 7. 3 B. Moſ. 24, 1. u. f.
V. 7.
Jn die andere (Huͤtte) aber (in das Allerheiligſte) ging (nicht taͤglich, wie ins Hei- lige der Prieſter ſondern) nur einmal (an ei- nem Tage, nemlich der hohen Verſoͤhnung 3 B. Moſ. 16.) allein der Hohe-Prieſter, nicht ohne Blut (von dem im Vorhofe geſchlachte- ten und geopferten Viehe) das er opferte (es darbrachte vor GOtt, alſo daß er damit gegen die Bundes-Lade ſiebenmal ſprengete v. 14. 19.) fuͤr ſein ſelbſt und des Volcks Unwiſſeuheit (und der darinnen begangenen Suͤnden.)
Anmerckungen.
1. Von dieſem Feſte und Eingange des Hohen-Prieſters in das Allerheiligſte wird aus- fuͤhrlich gehandelt 3 B. Moſ. 16. Was dieſes Feſt und die darinn geſchehene allgemeine Ver- ſoͤhnung des gantzen Volcks auf ſich gehabt habe, ſiehet man unter andern aus dem damit verknuͤpf- ten bußfertigen Faſten des gantzen Volcks davon und von der Wichtigkeit dieſer Verſoͤh- nung es v. 29. u. f. heißt: Am zehnden Tage des ſiebenden Monden ſolt ihr euren Leib caſteien, und kein Werck thun er ſey ein Ein- heimiſcher oder Fremder unter euch: denn an dieſem Tage geſchiehet eure Verſoͤhnung, daß ihr gereiniget werdet, von allen euren Suͤnden werdet ihr gereiniget vor dem HErrn. Darum ſolls euch der groͤſſeſte Sabbat ſeyn u. ſ. w.
2. Wenn es aber v. 34. heißt, daß ſolche Verſoͤhnung im Jahre einmal geſchehen ſoll, und Paulus ſolche Worte alhier wiederholet; ſo [Spaltenumbruch]
wird damit nicht geleugnet, daß der Hohe-Prie- ſter an demſelben Tage oͤfter, als einmal ins Aller- heiligſte eingegangen ſey. Denn er ging vier- mal ein, da die Handlungen der einmaligen Ver- ſoͤhnung von ihm nicht auf einmal geſchehen kon- ten. Das erſte mal ging er ein mit dem goͤldnen Rauchvaſſe zu raͤuchern vor dem HErrn: wel- ches er darinn ſtehen gelaſſen bis auf den Abend. Das andere mal ging er ein mit dem in einem Becken gethanen Blute vom Farren, als ſeinem eignen und ſeines Prieſterlichen Geſchlechts Suͤnd-Opfer: Das dritte mal mit dem Blute von dem Bocke, als einem Suͤnd-Opfer des Vol- ckes, ſich ſelbſt und die Seinigen, und denn das gantze Volck, durch ſiebenmalige Sprengung des Bluts, bey GOtt zu verſoͤhnen. Zum vierten mal ging er des Abends ein und holete das goͤldne Rauchvaß wieder heraus.
3. Da nun dieſe Ceremonie des Hohen- Prieſters von ſeinem Eingange ins Allerheiligſte ſo gar nachdruͤcklich beſchrieben iſt, ſo iſt leichtlich zu erachten, daß er Chriſtum, als den wahren Hohen-Prieſter, mit ſeiner Verſoͤhnung auf eine gar ausnehmende Art vorgebildet habe. Es iſt aber dieſer Tag mit allen Handlungen eigentlich ei- ne Figur geweſen von dem Char-Freytag, oder von dem Tage des Leidens und Sterbens Chriſti am Creutze: als daran er uns mit ſeinem Blute verſoͤhnet hat, und nachdem er am Creutze ver- ſchieden, und das Opfer gleichſam als im Vor- hofe geſchlachtet war, ſo iſt er mit der Kraft ſol- cher ſeines Verſohn-Opfers der Seelen nach in das Paradies GOttes, als in das Allerheiligſte, eingegangen: darauf denn nach ſeiner Auferſte- hung, der gantzen menſchlichen Natur nach, die Himmelfahrt und das Sitzen zuͤr Rechten GOt- tes erfolget iſt. Ein mehrers itzo von dem Gegen- bilde anzufuͤhren, iſt nicht noͤthig, weil der Apo- ſtel im nachfolgenden ſelbſt noch unterſchiedliches davon beybringet. Dieſes aber iſt hierbey ſon- derlich wohl zu mercken, daß das jaͤhrliche hohe Verſoͤhnungs-Feſt ein gar ſolenner und allge- meiner Faſt- auch Buß- und Bet-Tag bey dem gantzen Volcke war. Damit alſo die Ordnung angewieſen iſt, in welcher man der Verſoͤhnung und Vergebung der Suͤnden ſoll und kan theil- haftig werden.
4. Daß aber die verſoͤhneten Suͤnden von der Unwiſſenheit benennet werden, ſo kan man dabey conferiren den Ort 1 Pet. 1, 14. da es heißt: Stellet euch nicht gleich, wie vorhin, da ihr in Unwiſſenheit nach den Luͤſten le- betet. Ob nun gleich nicht geleugnet wird, daß die Unwiſſenheit die Suͤnden, welche von der Schuld des Willens herruͤhren, nicht ausſchlieſſe: ſo iſt doch aber dieſes gewiß, daß, wenn iemand gantz vorſetzlicher Weiſe dieſe und jene groſſe Miſſethat begangen, auch wol gar den Tod ver- dienet hatte, dafuͤr kein Opfer ſtatt funde, ſon- dern er, vermoͤge anderer Gebote, ſterben muſte. Wie ſich denn dieſes nicht anders ſchickte fuͤr den Levitiſchen Gottesdienſt: ſintemal ſonſt der Miſſethaten kein Ende wuͤrde geweſen ſeyn, wenn
ſie
X x 2
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[347/0349]
Cap. 9. v. 5-7. an die Hebraͤer.
nehmen und ſich darinnen offenbaren wuͤrde Joh.
1, 14. 18. 2 Cor. 5, 19. 1 Tim. 3, 16.
5. Daß aber dieſe gantze Figur ſonderlich
auf Chriſtum gegangen, zeiget Paulus ausdꝛuͤcklich
an, wenn er Roͤm. 3, 24. 25. ſaget: Wir werden
ohne Verdienſt gerecht aus ſeiner (GOttes)
Gnade duꝛch die Erloͤſung, ſo durch Chꝛiſtum
JEſum geſchehen iſt; welchen GOtt hat
vorgeſtellet zu einem Gnaden-Stuhl durch
den Glauben in ſeinem Blute. u. f. Siehe
auch 1 Joh. 2, 2. und Hebr. 4, 16.
V. 6.
Da nun ſolches zugerichtet (und die
Stifts-Huͤtte aufgerichtet) war (am erſten
Monat im andern Jahre nach dem Ausgange aus
Egypten 2 B. Moſ. 40, 2.) gingen die Prie-
ſter allezeit (taͤglich, Morgens und Abends)
in die vorderſte Huͤtte (in den vorderſten
Theil der Huͤtte, welcher von innen wie eine be-
ſondere Huͤtte anzuſehen war: ſiehe oben v. 3. 4.)
und richteten aus den Gottesdienſt (bey dem
Rauch-Altar mit raͤuchern, bey dem goͤldnen
Leuchter mit Reinigung und Zurichtung der Lam-
pen, bey dem Schaubrodt-Tiſche nur alle Sab-
bat-Tage, da die Brodte nebſt der zwiſchen ih-
nen geſetzten Weyhrauchs-Schale mit friſchen
verwechſelt wurden. Siehe 2 B. Moſ. 25, 30.
c. 30, 7. 3 B. Moſ. 24, 1. u. f.
V. 7.
Jn die andere (Huͤtte) aber (in das
Allerheiligſte) ging (nicht taͤglich, wie ins Hei-
lige der Prieſter ſondern) nur einmal (an ei-
nem Tage, nemlich der hohen Verſoͤhnung 3 B.
Moſ. 16.) allein der Hohe-Prieſter, nicht
ohne Blut (von dem im Vorhofe geſchlachte-
ten und geopferten Viehe) das er opferte (es
darbrachte vor GOtt, alſo daß er damit gegen die
Bundes-Lade ſiebenmal ſprengete v. 14. 19.) fuͤr
ſein ſelbſt und des Volcks Unwiſſeuheit (und
der darinnen begangenen Suͤnden.)
Anmerckungen.
1. Von dieſem Feſte und Eingange des
Hohen-Prieſters in das Allerheiligſte wird aus-
fuͤhrlich gehandelt 3 B. Moſ. 16. Was dieſes
Feſt und die darinn geſchehene allgemeine Ver-
ſoͤhnung des gantzen Volcks auf ſich gehabt habe,
ſiehet man unter andern aus dem damit verknuͤpf-
ten bußfertigen Faſten des gantzen Volcks
davon und von der Wichtigkeit dieſer Verſoͤh-
nung es v. 29. u. f. heißt: Am zehnden Tage
des ſiebenden Monden ſolt ihr euren Leib
caſteien, und kein Werck thun er ſey ein Ein-
heimiſcher oder Fremder unter euch: denn
an dieſem Tage geſchiehet eure Verſoͤhnung,
daß ihr gereiniget werdet, von allen euren
Suͤnden werdet ihr gereiniget vor dem
HErrn. Darum ſolls euch der groͤſſeſte
Sabbat ſeyn u. ſ. w.
2. Wenn es aber v. 34. heißt, daß ſolche
Verſoͤhnung im Jahre einmal geſchehen ſoll,
und Paulus ſolche Worte alhier wiederholet; ſo
wird damit nicht geleugnet, daß der Hohe-Prie-
ſter an demſelben Tage oͤfter, als einmal ins Aller-
heiligſte eingegangen ſey. Denn er ging vier-
mal ein, da die Handlungen der einmaligen Ver-
ſoͤhnung von ihm nicht auf einmal geſchehen kon-
ten. Das erſte mal ging er ein mit dem goͤldnen
Rauchvaſſe zu raͤuchern vor dem HErrn: wel-
ches er darinn ſtehen gelaſſen bis auf den Abend.
Das andere mal ging er ein mit dem in einem
Becken gethanen Blute vom Farren, als ſeinem
eignen und ſeines Prieſterlichen Geſchlechts
Suͤnd-Opfer: Das dritte mal mit dem Blute
von dem Bocke, als einem Suͤnd-Opfer des Vol-
ckes, ſich ſelbſt und die Seinigen, und denn das
gantze Volck, durch ſiebenmalige Sprengung des
Bluts, bey GOtt zu verſoͤhnen. Zum vierten
mal ging er des Abends ein und holete das goͤldne
Rauchvaß wieder heraus.
3. Da nun dieſe Ceremonie des Hohen-
Prieſters von ſeinem Eingange ins Allerheiligſte
ſo gar nachdruͤcklich beſchrieben iſt, ſo iſt leichtlich
zu erachten, daß er Chriſtum, als den wahren
Hohen-Prieſter, mit ſeiner Verſoͤhnung auf eine
gar ausnehmende Art vorgebildet habe. Es iſt
aber dieſer Tag mit allen Handlungen eigentlich ei-
ne Figur geweſen von dem Char-Freytag, oder
von dem Tage des Leidens und Sterbens Chriſti
am Creutze: als daran er uns mit ſeinem Blute
verſoͤhnet hat, und nachdem er am Creutze ver-
ſchieden, und das Opfer gleichſam als im Vor-
hofe geſchlachtet war, ſo iſt er mit der Kraft ſol-
cher ſeines Verſohn-Opfers der Seelen nach in
das Paradies GOttes, als in das Allerheiligſte,
eingegangen: darauf denn nach ſeiner Auferſte-
hung, der gantzen menſchlichen Natur nach, die
Himmelfahrt und das Sitzen zuͤr Rechten GOt-
tes erfolget iſt. Ein mehrers itzo von dem Gegen-
bilde anzufuͤhren, iſt nicht noͤthig, weil der Apo-
ſtel im nachfolgenden ſelbſt noch unterſchiedliches
davon beybringet. Dieſes aber iſt hierbey ſon-
derlich wohl zu mercken, daß das jaͤhrliche hohe
Verſoͤhnungs-Feſt ein gar ſolenner und allge-
meiner Faſt- auch Buß- und Bet-Tag bey dem
gantzen Volcke war. Damit alſo die Ordnung
angewieſen iſt, in welcher man der Verſoͤhnung
und Vergebung der Suͤnden ſoll und kan theil-
haftig werden.
4. Daß aber die verſoͤhneten Suͤnden von
der Unwiſſenheit benennet werden, ſo kan man
dabey conferiren den Ort 1 Pet. 1, 14. da es heißt:
Stellet euch nicht gleich, wie vorhin, da
ihr in Unwiſſenheit nach den Luͤſten le-
betet. Ob nun gleich nicht geleugnet wird, daß
die Unwiſſenheit die Suͤnden, welche von der
Schuld des Willens herruͤhren, nicht ausſchlieſſe:
ſo iſt doch aber dieſes gewiß, daß, wenn iemand
gantz vorſetzlicher Weiſe dieſe und jene groſſe
Miſſethat begangen, auch wol gar den Tod ver-
dienet hatte, dafuͤr kein Opfer ſtatt funde, ſon-
dern er, vermoͤge anderer Gebote, ſterben muſte.
Wie ſich denn dieſes nicht anders ſchickte fuͤr den
Levitiſchen Gottesdienſt: ſintemal ſonſt der
Miſſethaten kein Ende wuͤrde geweſen ſeyn, wenn
ſie
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/349>, abgerufen am 22.11.2024.
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vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.