Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 6. v. 4. 5. 6. an die Hebräer. [Spaltenumbruch]
gen so gut, so gütig und so erqvicklich ist, daß einegläubige Seele die vergnüglichste Labung, Nah- rung und Stärckung zum Wachsthum des neu- en Menschen darinnen empfindet: welche Em- pfindung und wirckliche Erfahrung der Ge- schmack genennet wird. David nennet es Ps. 23, 2. 3. Eine Weide auf einer grünen Aue, eine Führung zu den frischen Wassern, eine Erqvickung der Seele. Und im 19 Psalm v. 10. 11. spricht er: Die Rechte des HErrn sind köstlicher, denn Gold und viel feines Gol- des, sie sind süsser, denn Honig und Honig- seim. 7. Alles dieses aber, was bisher von dem 8. So viel von dem Stande der Gna- 9. Denn also heisset es dabey: und wie- a. Daß dieser Abfall gantz ungezwungen, und recht vorsetzlich gewesen. b. Daß die davon gebrauchten Worte aus der Geschicht von der leiblichen Creutzigung Christi hergenommen sind. c. Daß die Sünde des mit einer solchen Feind- seligkeit verknüpften, oder dieselbe nach sich zie- henden, Abfalls, verglichen werde mit der Sünde derer Juden, welche Christum leibli- cher Weise ans Creutz gebracht und verspottet hatten. Denn diese abfällige billigten damit jener ihre grosse Sünde, und bezeugeten in der That, daß, wofern sie damals zugegen gewe- sen wären, sie es selbst also würden gemachet haben. d. Daß diese Sünde des Abfalls so viel ärger ge- wesen, oder, wenn er geschehen solte, seyn wür- de, als jenes Verbrechen der Creutzigung Christi, so viel grösser die Gnade gewesen, die man vorher gehabt. Denn obwol von den ersten Feinden Christi, wenn man sonderlich Paulum davon ausnimmt, gewiß ist, daß sie wider bessere Uberzeugung und wider ihr Ge- wissen gehandelt haben; so kan man doch von ihnen einen solchen Stand der Gnaden nicht sagen, als alhier vorher beschrieben wird. e. Daß der Apostel, um die Grösse dieser Sün- de anzuzeigen, saget, daß man den Sohn GOttes wieder creutzige: gleichwie Petrus Ap. Ges. 3, 15. jenen sagte: Den Fürsten des Lebens habet ihr getödtet. Und wie Paulus 1 Cor. 2, 8. spricht: daß sie den HErrn der Herrlichkeit gecreutziget hätten; aber nicht einmal würden gecreutziget haben, wofern sie ihn recht erkannt hätten. f. Daß man solche Creutzigung sich selbst thue: da denn der Apostel mit dem Worte eauto~is ihnen selbst, anzeiget, wie daß man zwar sei- ne Feindseligkeit wider Christum richte, aber damit nicht ihme, sondern nur sich selbst schade. 10. Nun ist der dritte Punct noch übrig, a. Daß man das Wort adunaton, es ist un- müglich, billig in seinem eigentlichen Verstan- de, wie es lautet, stehen läßt; als darinnen es auch sonst genommen wird. b. Daß das anakainiz ein eis metanoian, wieder erneuern zur Busse, soviel sey, als einen aufs neue wieder dazu bringen, daß er wahrhaftige Busse thue, und wieder erneuert werde, und also auch wieder zu dem vorigen Gnaden-Stande, daraus er verfallen war, gelange. Dabey denn leichtlich zu verstehen ist, daß die Rede sey von den
Cap. 6. v. 4. 5. 6. an die Hebraͤer. [Spaltenumbruch]
gen ſo gut, ſo guͤtig und ſo erqvicklich iſt, daß eineglaͤubige Seele die vergnuͤglichſte Labung, Nah- rung und Staͤrckung zum Wachsthum des neu- en Menſchen darinnen empfindet: welche Em- pfindung und wirckliche Erfahrung der Ge- ſchmack genennet wird. David nennet es Pſ. 23, 2. 3. Eine Weide auf einer gruͤnen Aue, eine Fuͤhrung zu den friſchen Waſſern, eine Erqvickung der Seele. Und im 19 Pſalm v. 10. 11. ſpricht er: Die Rechte des HErrn ſind koͤſtlicher, denn Gold und viel feines Gol- des, ſie ſind ſuͤſſer, denn Honig und Honig- ſeim. 7. Alles dieſes aber, was bisher von dem 8. So viel von dem Stande der Gna- 9. Denn alſo heiſſet es dabey: und wie- a. Daß dieſer Abfall gantz ungezwungen, und recht vorſetzlich geweſen. b. Daß die davon gebrauchten Worte aus der Geſchicht von der leiblichen Creutzigung Chriſti hergenommen ſind. c. Daß die Suͤnde des mit einer ſolchen Feind- ſeligkeit verknuͤpften, oder dieſelbe nach ſich zie- henden, Abfalls, verglichen werde mit der Suͤnde derer Juden, welche Chriſtum leibli- cher Weiſe ans Creutz gebracht und verſpottet hatten. Denn dieſe abfaͤllige billigten damit jener ihre groſſe Suͤnde, und bezeugeten in der That, daß, wofern ſie damals zugegen gewe- ſen waͤren, ſie es ſelbſt alſo wuͤrden gemachet haben. d. Daß dieſe Suͤnde des Abfalls ſo viel aͤrger ge- weſen, oder, wenn er geſchehen ſolte, ſeyn wuͤr- de, als jenes Verbrechen der Creutzigung Chriſti, ſo viel groͤſſer die Gnade geweſen, die man vorher gehabt. Denn obwol von den erſten Feinden Chriſti, wenn man ſonderlich Paulum davon ausnimmt, gewiß iſt, daß ſie wider beſſere Uberzeugung und wider ihr Ge- wiſſen gehandelt haben; ſo kan man doch von ihnen einen ſolchen Stand der Gnaden nicht ſagen, als alhier vorher beſchrieben wird. e. Daß der Apoſtel, um die Groͤſſe dieſer Suͤn- de anzuzeigen, ſaget, daß man den Sohn GOttes wieder creutzige: gleichwie Petrus Ap. Geſ. 3, 15. jenen ſagte: Den Fuͤrſten des Lebens habet ihr getoͤdtet. Und wie Paulus 1 Cor. 2, 8. ſpricht: daß ſie den HErrn der Herrlichkeit gecreutziget haͤtten; aber nicht einmal wuͤrden gecreutziget haben, wofern ſie ihn recht erkannt haͤtten. f. Daß man ſolche Creutzigung ſich ſelbſt thue: da denn der Apoſtel mit dem Worte εαυτο῀ις ihnen ſelbſt, anzeiget, wie daß man zwar ſei- ne Feindſeligkeit wider Chriſtum richte, aber damit nicht ihme, ſondern nur ſich ſelbſt ſchade. 10. Nun iſt der dritte Punct noch uͤbrig, a. Daß man das Wort ἀδύνατον, es iſt un- muͤglich, billig in ſeinem eigentlichen Verſtan- de, wie es lautet, ſtehen laͤßt; als darinnen es auch ſonſt genommen wird. b. Daß das ἀνακαινίζ ειν ἐις μετάνοιαν, wieder erneuern zur Buſſe, ſoviel ſey, als einen aufs neue wieder dazu bringen, daß er wahrhaftige Buſſe thue, und wieder erneuert werde, und alſo auch wieder zu dem vorigen Gnaden-Stande, daraus er verfallen war, gelange. Dabey denn leichtlich zu verſtehen iſt, daß die Rede ſey von den
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Denn obwol von den<lb/> erſten Feinden Chriſti, wenn man ſonderlich<lb/> Paulum davon ausnimmt, gewiß iſt, daß ſie<lb/> wider beſſere Uberzeugung und wider ihr Ge-<lb/> wiſſen gehandelt haben; ſo kan man doch von<lb/> ihnen einen ſolchen Stand der Gnaden nicht<lb/> ſagen, als alhier vorher beſchrieben wird.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">e.</hi> Daß der Apoſtel, um die Groͤſſe dieſer Suͤn-<lb/> de anzuzeigen, ſaget, <hi rendition="#fr">daß man den Sohn<lb/> GOttes wieder creutzige:</hi> gleichwie Petrus<lb/> Ap. 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Cap. 6. v. 4. 5. 6. an die Hebraͤer.
gen ſo gut, ſo guͤtig und ſo erqvicklich iſt, daß eine
glaͤubige Seele die vergnuͤglichſte Labung, Nah-
rung und Staͤrckung zum Wachsthum des neu-
en Menſchen darinnen empfindet: welche Em-
pfindung und wirckliche Erfahrung der Ge-
ſchmack genennet wird. David nennet es Pſ.
23, 2. 3. Eine Weide auf einer gruͤnen Aue,
eine Fuͤhrung zu den friſchen Waſſern, eine
Erqvickung der Seele. Und im 19 Pſalm v.
10. 11. ſpricht er: Die Rechte des HErrn ſind
koͤſtlicher, denn Gold und viel feines Gol-
des, ſie ſind ſuͤſſer, denn Honig und Honig-
ſeim.
7. Alles dieſes aber, was bisher von dem
Genuß der Heyls-Guͤter geſaget worden, wird
dadurch erlaͤutert, wenn hinzu geſetzet wird: und
die Kraͤfte der zukuͤnftigen Welt, nemlich ha-
ben ſie geſchmecket. Da denn durch die zu-
kuͤnftige Welt alhier billig der Himmel und der
Stand der Herrlichkeit verſtanden wird. Und
die Kraͤfte dieſer Welt ſind die Guͤter und
Schaͤtze, oder alle Stuͤcke der Seligkeit. Wel-
che deßwegen mit dem Namen der Kraͤfte be-
nennet werden, weil ſie von einer groſſen Kraft
und Realitaͤt, und von einem kraͤftigen Einfluß
in das Reich der Gnaden ſind, alſo daß ein Glaͤu-
biger dadurch mit goͤttlicher Kraft ausgeruͤſtet,
und wie zur Erduldung alles Leidens, alſo auch
zur Ausuͤbung alles Guten und zur Beharrung
darinnen kraͤftigſt geſtaͤrcket wird. Siehe Eph.
3, 16. c. 6, 11. Col. 1, 11. Es iſt demnach der Ge-
nuß der Kraͤfte der zukuͤnftigen Welt der Vor-
ſchmack des ewigen Lebens, oder des Reichs
der Herrlichkeit, dadurch ſich der Stand der
wahren, obgleich noch ſehr unvollkommenen,
Seligkeit ſchon im Reiche der Gnaden anhe-
bet.
8. So viel von dem Stande der Gna-
den. Nun folget, daß, und wie einer daraus
wieder verfallen koͤnne. Da denn zuvorderſt
zu mercken iſt, daß das Woͤrtlein und, welches
im Griechiſchen ſtehet, und von dem ſel. Luthero
gar ausgelaſſen iſt, anzeige, wie daß eines auf das
andere folge, nemlich der Verfall auf den Stand
der Gnaden; und ſich am beſten durch aber
uͤberſetzen laſſe. Der Abfall ſelbſt iſt alhier nicht
ein ſolcher, als Gal. 6, 1. gedacht wird, damit ie-
mand kan uͤbereilet werden, und bald wieder da-
von aufſtehen; ſondern ein ſolcher, dadurch man
das geiſtliche Leben gantz verlieret, und daruͤber
man gar im geiſtlichen Tode liegen bleibet; ja
dadurch man in einen ſolchen Stand geſetzet wird,
daß auch nicht einmal eine Erweckung wieder ſtatt
findet. Von ſolchem Fall heißt es Roͤm. 11, 11.
Sind ſie (die Juden) darum angelaufen, daß
ſie fallen (und daruͤber liegen bleiben) ſolten?
Das ſey ferne. Welches in Anſehung der gan-
tzen Nation und der Verheiſſung von ihrer Wie-
deraufrichtung dazu geſetzet wird. Es wird al-
hier ein ſolcher Fall verſtanden dadurch nicht al-
lein das geiſtliche Leben mit der Beſitzung und dem
Genuß der zuvorgedachten und damit verknuͤpf-
ten geiſtlichen Heyls-Guͤter verloren ging, ſondern
dabey auch Chriſtus ſelbſt mit der gantzen Chriſt-
lichen Religion verleugnet, ja er noch dazu aufs
aͤuſſerſte verſchmaͤhet wurde; wie die dazu geſetz-
ten Worte anzeigen.
9. Denn alſo heiſſet es dabey: und wie-
derum ihnen ſelbſt den Sohn GOttes creu-
tzigen und fuͤr Spott halten. Dabey fol-
gendes zu mercken iſt:
a. Daß dieſer Abfall gantz ungezwungen, und
recht vorſetzlich geweſen.
b. Daß die davon gebrauchten Worte aus der
Geſchicht von der leiblichen Creutzigung
Chriſti hergenommen ſind.
c. Daß die Suͤnde des mit einer ſolchen Feind-
ſeligkeit verknuͤpften, oder dieſelbe nach ſich zie-
henden, Abfalls, verglichen werde mit der
Suͤnde derer Juden, welche Chriſtum leibli-
cher Weiſe ans Creutz gebracht und verſpottet
hatten. Denn dieſe abfaͤllige billigten damit
jener ihre groſſe Suͤnde, und bezeugeten in der
That, daß, wofern ſie damals zugegen gewe-
ſen waͤren, ſie es ſelbſt alſo wuͤrden gemachet
haben.
d. Daß dieſe Suͤnde des Abfalls ſo viel aͤrger ge-
weſen, oder, wenn er geſchehen ſolte, ſeyn wuͤr-
de, als jenes Verbrechen der Creutzigung
Chriſti, ſo viel groͤſſer die Gnade geweſen, die
man vorher gehabt. Denn obwol von den
erſten Feinden Chriſti, wenn man ſonderlich
Paulum davon ausnimmt, gewiß iſt, daß ſie
wider beſſere Uberzeugung und wider ihr Ge-
wiſſen gehandelt haben; ſo kan man doch von
ihnen einen ſolchen Stand der Gnaden nicht
ſagen, als alhier vorher beſchrieben wird.
e. Daß der Apoſtel, um die Groͤſſe dieſer Suͤn-
de anzuzeigen, ſaget, daß man den Sohn
GOttes wieder creutzige: gleichwie Petrus
Ap. Geſ. 3, 15. jenen ſagte: Den Fuͤrſten
des Lebens habet ihr getoͤdtet. Und wie
Paulus 1 Cor. 2, 8. ſpricht: daß ſie den HErrn
der Herrlichkeit gecreutziget haͤtten;
aber nicht einmal wuͤrden gecreutziget haben,
wofern ſie ihn recht erkannt haͤtten.
f. Daß man ſolche Creutzigung ſich ſelbſt thue:
da denn der Apoſtel mit dem Worte εαυτο῀ις
ihnen ſelbſt, anzeiget, wie daß man zwar ſei-
ne Feindſeligkeit wider Chriſtum richte, aber
damit nicht ihme, ſondern nur ſich ſelbſt
ſchade.
10. Nun iſt der dritte Punct noch uͤbrig,
nemlich der von der Unmoͤglichkeit, daß ſolche
ſo ſehr und ſo weit verfallene Leute wieder zur Buſ-
ſe ſollen koͤnnen erneuert werden. Da denn fol-
gendes zu mercken iſt:
a. Daß man das Wort ἀδύνατον, es iſt un-
muͤglich, billig in ſeinem eigentlichen Verſtan-
de, wie es lautet, ſtehen laͤßt; als darinnen es
auch ſonſt genommen wird.
b. Daß das ἀνακαινίζ ειν ἐις μετάνοιαν, wieder
erneuern zur Buſſe, ſoviel ſey, als einen aufs
neue wieder dazu bringen, daß er wahrhaftige
Buſſe thue, und wieder erneuert werde, und alſo
auch wieder zu dem vorigen Gnaden-Stande,
daraus er verfallen war, gelange. Dabey denn
leichtlich zu verſtehen iſt, daß die Rede ſey von
den
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