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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 5. v. 8-14. an die Hebräer.
[Spaltenumbruch] allein aus sich den würcklichen Gehorsam, wel-
cher aus geschenckten Gnaden-Kräften in Aus-
übung der wohlgeordneten Liebe gegen GOtt,
uns selbst und unsern Nächsten, nach dem Gese-
tze bewiesen wird: sondern er bestehet auch schon
an sich selbst in einer solchen Art des Gehorsams,
durch welchen man die göttlichen Verheissungen
zuversichtlich annimmt, sich aufs genaueste zueig-
net, und darinnen aufs vergnüglichste ruhet.
Welche Art des Gehorsams mit jener, so genau
sie auch gleich mit ihr verbunden ist, nicht muß
confundiret werden: sintemal man sonst aus
der Liebe den Glauben machen, und der Liebe die
Seligkeit zuschreiben würde; wie sie dem Glau-
ben zugeschrieben wird: nemlich nicht der Wir-
ckung nach, welche dem Glauben in Ansehung
der Liebe eigen ist, sondern der Ergreifung und
Zueignung nach.

6. Ob aber nun gleich die Erwerbung
des Heyls
allgemein ist, und auf alle Menschen
ohne allen Unterscheid gehet, nach c. 2, 9. da be-
zeuget wird, wie daß Christus für alle den Tod
geschmecket habe: so gehöret doch zu der Zueig-
nung
eine solche Ordnung, welche zwar auch
allen offen stehet, darein sich aber nicht alle brin-
gen lassen, nemlich nach der gemachten Heyls-
Ordnung zum Glauben. Darum denn die
Frucht des allgemeinen Verdiensts nur den
Gläubigen zu theil wird. Und also stehet das
Wort alle alhier von der Zueignung, gleich-
wie es oben c. 10, 9. von der Erwerbung stehet.

V. 10. 11.

Genannt (und auch wircklich verordnet
und dargestellet nach dem Ps. 110.) von GOtt
ein Hoherpriester nach der Weise Melchi-
sedech,
(und also hat er ein solches Hohes-Prie-
sterthum, welches vor dem Levitischen einen gros-
sen Vorzug hat; daß also ihr Hebräer nicht nö-
thig habet an dem Levitischen Gottesdienst noch
hangen zu bleiben mit eurem Hertzen, und mit
einem der Seligkeit wegen darauf gesetzten Ver-
trauen:) V. 11. Davon (von Christo in der
Vergleichung mit dem Melchisedech) hätten
wir wol viel zu reden; aber es ist schwer,

(und zwar das schwer ist auszulegen,) weil ihr
so unverständig seyd,
(Gr. so träge wor-
den seyd am Gehör
und verstehen.

Anmerckungen.

1. Wir sehen aus dem gantzen Contexte,
daß des Apostels Vorhaben in diesem gantzen
Briefe fürnemlich sey, von dem Hohenpriester-
thum Christi, als dem wahren Gegenbilde des
gantzen Levitischen Gottesdienstes, ausführlich
zu handeln. Wie er denn davon nach den c. 1, 3.
c. 2, 9. 14. 15. 17. 18. c. 3, 1. vorhergegangenen
Anzeigungen c. 4, 14. u. f. angehoben hatte, und
bisher darinnen fortgefahren. Da er aber da-
bey auf den Zustand der Hebräer kömmt c. 5, 11.
so hält er sich hiebey nach Erforderung der Be-
schaffenheit desselben etwas länger auf, und
kömmt erst c. 6, 20. und c. 7. wider zu seinem ei-
gentlichen Zweck.

[Spaltenumbruch]

2. Weil der Apostel nicht lange vorher, ehe
er diesen Brief aus Jtalien schrieb, sich in den
Morgenländern unter denen darinnen in grosser
Anzahl zerstreuet lebenden Juden, von welchen
ihrer viel sich zu Christo hatten bringen lassen, auf-
gehalten hatte, auch zu Rom immer Nachricht
von ihnen bekam; so war ihm ihr Zustand wohl
bekannt. Und da erkannte er an ihnen, zum we-
nigsten einem grossen Theile nach, eine grosse
Trägheit, die Geheimnisse des Evangelii von der
Person, dem Mittler-Amte und dem zwiefachen
Stande Christi recht zu fassen; obgleich alles
noch so deutlich vorher verkündiget war. Wel-
ches der grosse Mißverstand, den sie vom Meßia
und seinem Reiche gefasset hatten, verursachete.
Wie viel unser Heyland mit seinen eigenen Jün-
gern dißfalls zu thun hatte, und wie viel die zu
Christo gleichsam nur halb bekehrte Juden den
Aposteln fast in allen Kirchen zu schaffen gemachet
haben, siehet man aus der Historie der Evangeli-
sten und aus den Briefen der Apostel, sonderlich
in dem an die Galater. Und wie muste nicht un-
ser Heyland die sonst wohlgesinnete Emmaunti-
sche Jünger bestrafen, und zu ihnen sagen: O
ihr Thoren und träges Hertzens, zu glauben
allem dem, das die Propheten geredet ha-
ben? Muste nicht Christus solches leiden
und zu seiner Herrlichkeit eingehen?

3. Was Petrus 2 Ep. c. 3, 16. von Pauli
Briefen schreibet, daß darinnen einige Dinge
schwer zu verstehen seyn,
das kan man inson-
derheit von dem Briefe an die Hebräer und darin-
nen auch von der auf den Melchisedech in der Ver-
gleichung mit Christo gehenden Lehre sehen. Doch
lieget die Ursache eigentlich an dem Leser: wie sie
Paulus selber alhier den Hebräern beyleget.

V. 12. 13. 14.

Und die (Gr. Denn die) ihr soltet
längst
(der Zeit nach, da ihr die Schriften Mo-
sis und der Propheten von euren Vor-Eltern her
unter euch habet, auch schon vorlängst von dem
auf Christum und sein Reich gehenden Evangelio
gehöret habet) Meister (in der Erkenntniß der-
gestalt wohl gegründet und geübet) seyn (daß
ihr andere, sonderlich die Heyden, davon unter-
richten köntet) bedürfet ihr wiederum (aufs
neue nach dem euch schon im Anfange gegebnen
Unterricht) daß man euch die ersten Buch-
staben
(die ersten Grund-Wahrheiten) der
göttlichen Worte
(welche nach dem Evange-
lio auf die Person und auf das Mittler-Amt Chri-
sti gehen) lehre, und daß man euch (eurem
noch itzt schwachen Begriffe nach) Milch gebe
und nicht starcke Speise
(euch tiefer in die Ge-
heimnisse des Reichs GOttes einführe.) V. 13.
Denn wem man noch Milch geben muß,
der ist unerfahren
(was die mehrern Tiefen
betrift) in dem Wort der Gerechtigkeit (in
den Lehren des Evangelii, darunter die von der
uns durch das Hohe-Priesterliche Mittler-Amt
Christi erworbenen Gerechtigkeit die vornehmste
ist) denn er ist ein junges (noch unmündiges)
Kind (oder einem solchen gleich.) V. 14. Den

Voll-

Cap. 5. v. 8-14. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch] allein aus ſich den wuͤrcklichen Gehorſam, wel-
cher aus geſchenckten Gnaden-Kraͤften in Aus-
uͤbung der wohlgeordneten Liebe gegen GOtt,
uns ſelbſt und unſern Naͤchſten, nach dem Geſe-
tze bewieſen wird: ſondern er beſtehet auch ſchon
an ſich ſelbſt in einer ſolchen Art des Gehorſams,
durch welchen man die goͤttlichen Verheiſſungen
zuverſichtlich annimmt, ſich aufs genaueſte zueig-
net, und darinnen aufs vergnuͤglichſte ruhet.
Welche Art des Gehorſams mit jener, ſo genau
ſie auch gleich mit ihr verbunden iſt, nicht muß
confundiret werden: ſintemal man ſonſt aus
der Liebe den Glauben machen, und der Liebe die
Seligkeit zuſchreiben wuͤrde; wie ſie dem Glau-
ben zugeſchrieben wird: nemlich nicht der Wir-
ckung nach, welche dem Glauben in Anſehung
der Liebe eigen iſt, ſondern der Ergreifung und
Zueignung nach.

6. Ob aber nun gleich die Erwerbung
des Heyls
allgemein iſt, und auf alle Menſchen
ohne allen Unterſcheid gehet, nach c. 2, 9. da be-
zeuget wird, wie daß Chriſtus fuͤr alle den Tod
geſchmecket habe: ſo gehoͤret doch zu der Zueig-
nung
eine ſolche Ordnung, welche zwar auch
allen offen ſtehet, darein ſich aber nicht alle brin-
gen laſſen, nemlich nach der gemachten Heyls-
Ordnung zum Glauben. Darum denn die
Frucht des allgemeinen Verdienſts nur den
Glaͤubigen zu theil wird. Und alſo ſtehet das
Wort alle alhier von der Zueignung, gleich-
wie es oben c. 10, 9. von der Erwerbung ſtehet.

V. 10. 11.

Genannt (und auch wircklich verordnet
und dargeſtellet nach dem Pſ. 110.) von GOtt
ein Hoherprieſter nach der Weiſe Melchi-
ſedech,
(und alſo hat er ein ſolches Hohes-Prie-
ſterthum, welches vor dem Levitiſchen einen groſ-
ſen Vorzug hat; daß alſo ihr Hebraͤer nicht noͤ-
thig habet an dem Levitiſchen Gottesdienſt noch
hangen zu bleiben mit eurem Hertzen, und mit
einem der Seligkeit wegen darauf geſetzten Ver-
trauen:) V. 11. Davon (von Chriſto in der
Vergleichung mit dem Melchiſedech) haͤtten
wir wol viel zu reden; aber es iſt ſchwer,

(und zwar das ſchwer iſt auszulegen,) weil ihr
ſo unverſtaͤndig ſeyd,
(Gr. ſo traͤge wor-
den ſeyd am Gehoͤr
und verſtehen.

Anmerckungen.

1. Wir ſehen aus dem gantzen Contexte,
daß des Apoſtels Vorhaben in dieſem gantzen
Briefe fuͤrnemlich ſey, von dem Hohenprieſter-
thum Chriſti, als dem wahren Gegenbilde des
gantzen Levitiſchen Gottesdienſtes, ausfuͤhrlich
zu handeln. Wie er denn davon nach den c. 1, 3.
c. 2, 9. 14. 15. 17. 18. c. 3, 1. vorhergegangenen
Anzeigungen c. 4, 14. u. f. angehoben hatte, und
bisher darinnen fortgefahren. Da er aber da-
bey auf den Zuſtand der Hebraͤer koͤmmt c. 5, 11.
ſo haͤlt er ſich hiebey nach Erforderung der Be-
ſchaffenheit deſſelben etwas laͤnger auf, und
koͤmmt erſt c. 6, 20. und c. 7. wider zu ſeinem ei-
gentlichen Zweck.

[Spaltenumbruch]

2. Weil der Apoſtel nicht lange vorher, ehe
er dieſen Brief aus Jtalien ſchrieb, ſich in den
Morgenlaͤndern unter denen darinnen in groſſer
Anzahl zerſtreuet lebenden Juden, von welchen
ihrer viel ſich zu Chriſto hatten bringen laſſen, auf-
gehalten hatte, auch zu Rom immer Nachricht
von ihnen bekam; ſo war ihm ihr Zuſtand wohl
bekannt. Und da erkannte er an ihnen, zum we-
nigſten einem groſſen Theile nach, eine groſſe
Traͤgheit, die Geheimniſſe des Evangelii von der
Perſon, dem Mittler-Amte und dem zwiefachen
Stande Chriſti recht zu faſſen; obgleich alles
noch ſo deutlich vorher verkuͤndiget war. Wel-
ches der groſſe Mißverſtand, den ſie vom Meßia
und ſeinem Reiche gefaſſet hatten, verurſachete.
Wie viel unſer Heyland mit ſeinen eigenen Juͤn-
gern dißfalls zu thun hatte, und wie viel die zu
Chriſto gleichſam nur halb bekehrte Juden den
Apoſteln faſt in allen Kirchen zu ſchaffen gemachet
haben, ſiehet man aus der Hiſtorie der Evangeli-
ſten und aus den Briefen der Apoſtel, ſonderlich
in dem an die Galater. Und wie muſte nicht un-
ſer Heyland die ſonſt wohlgeſinnete Emmaunti-
ſche Juͤnger beſtrafen, und zu ihnen ſagen: O
ihr Thoren und traͤges Hertzens, zu glauben
allem dem, das die Propheten geredet ha-
ben? Muſte nicht Chriſtus ſolches leiden
und zu ſeiner Herrlichkeit eingehen?

3. Was Petrus 2 Ep. c. 3, 16. von Pauli
Briefen ſchreibet, daß darinnen einige Dinge
ſchwer zu verſtehen ſeyn,
das kan man inſon-
derheit von dem Briefe an die Hebraͤer und darin-
nen auch von der auf den Melchiſedech in der Ver-
gleichung mit Chriſto gehenden Lehre ſehen. Doch
lieget die Urſache eigentlich an dem Leſer: wie ſie
Paulus ſelber alhier den Hebraͤern beyleget.

V. 12. 13. 14.

Und die (Gr. Denn die) ihr ſoltet
laͤngſt
(der Zeit nach, da ihr die Schriften Mo-
ſis und der Propheten von euren Vor-Eltern her
unter euch habet, auch ſchon vorlaͤngſt von dem
auf Chriſtum und ſein Reich gehenden Evangelio
gehoͤret habet) Meiſter (in der Erkenntniß der-
geſtalt wohl gegruͤndet und geuͤbet) ſeyn (daß
ihr andere, ſonderlich die Heyden, davon unter-
richten koͤntet) beduͤrfet ihr wiederum (aufs
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ſtaben
(die erſten Grund-Wahrheiten) der
goͤttlichen Worte
(welche nach dem Evange-
lio auf die Perſon und auf das Mittler-Amt Chri-
ſti gehen) lehre, und daß man euch (eurem
noch itzt ſchwachen Begriffe nach) Milch gebe
und nicht ſtarcke Speiſe
(euch tiefer in die Ge-
heimniſſe des Reichs GOttes einfuͤhre.) V. 13.
Denn wem man noch Milch geben muß,
der iſt unerfahren
(was die mehrern Tiefen
betrift) in dem Wort der Gerechtigkeit (in
den Lehren des Evangelii, darunter die von der
uns durch das Hohe-Prieſterliche Mittler-Amt
Chriſti erworbenen Gerechtigkeit die vornehmſte
iſt) denn er iſt ein junges (noch unmuͤndiges)
Kind (oder einem ſolchen gleich.) V. 14. Den

Voll-
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[303/0305] Cap. 5. v. 8-14. an die Hebraͤer. allein aus ſich den wuͤrcklichen Gehorſam, wel- cher aus geſchenckten Gnaden-Kraͤften in Aus- uͤbung der wohlgeordneten Liebe gegen GOtt, uns ſelbſt und unſern Naͤchſten, nach dem Geſe- tze bewieſen wird: ſondern er beſtehet auch ſchon an ſich ſelbſt in einer ſolchen Art des Gehorſams, durch welchen man die goͤttlichen Verheiſſungen zuverſichtlich annimmt, ſich aufs genaueſte zueig- net, und darinnen aufs vergnuͤglichſte ruhet. Welche Art des Gehorſams mit jener, ſo genau ſie auch gleich mit ihr verbunden iſt, nicht muß confundiret werden: ſintemal man ſonſt aus der Liebe den Glauben machen, und der Liebe die Seligkeit zuſchreiben wuͤrde; wie ſie dem Glau- ben zugeſchrieben wird: nemlich nicht der Wir- ckung nach, welche dem Glauben in Anſehung der Liebe eigen iſt, ſondern der Ergreifung und Zueignung nach. 6. Ob aber nun gleich die Erwerbung des Heyls allgemein iſt, und auf alle Menſchen ohne allen Unterſcheid gehet, nach c. 2, 9. da be- zeuget wird, wie daß Chriſtus fuͤr alle den Tod geſchmecket habe: ſo gehoͤret doch zu der Zueig- nung eine ſolche Ordnung, welche zwar auch allen offen ſtehet, darein ſich aber nicht alle brin- gen laſſen, nemlich nach der gemachten Heyls- Ordnung zum Glauben. Darum denn die Frucht des allgemeinen Verdienſts nur den Glaͤubigen zu theil wird. Und alſo ſtehet das Wort alle alhier von der Zueignung, gleich- wie es oben c. 10, 9. von der Erwerbung ſtehet. V. 10. 11. Genannt (und auch wircklich verordnet und dargeſtellet nach dem Pſ. 110.) von GOtt ein Hoherprieſter nach der Weiſe Melchi- ſedech, (und alſo hat er ein ſolches Hohes-Prie- ſterthum, welches vor dem Levitiſchen einen groſ- ſen Vorzug hat; daß alſo ihr Hebraͤer nicht noͤ- thig habet an dem Levitiſchen Gottesdienſt noch hangen zu bleiben mit eurem Hertzen, und mit einem der Seligkeit wegen darauf geſetzten Ver- trauen:) V. 11. Davon (von Chriſto in der Vergleichung mit dem Melchiſedech) haͤtten wir wol viel zu reden; aber es iſt ſchwer, (und zwar das ſchwer iſt auszulegen,) weil ihr ſo unverſtaͤndig ſeyd, (Gr. ſo traͤge wor- den ſeyd am Gehoͤr und verſtehen. Anmerckungen. 1. Wir ſehen aus dem gantzen Contexte, daß des Apoſtels Vorhaben in dieſem gantzen Briefe fuͤrnemlich ſey, von dem Hohenprieſter- thum Chriſti, als dem wahren Gegenbilde des gantzen Levitiſchen Gottesdienſtes, ausfuͤhrlich zu handeln. Wie er denn davon nach den c. 1, 3. c. 2, 9. 14. 15. 17. 18. c. 3, 1. vorhergegangenen Anzeigungen c. 4, 14. u. f. angehoben hatte, und bisher darinnen fortgefahren. Da er aber da- bey auf den Zuſtand der Hebraͤer koͤmmt c. 5, 11. ſo haͤlt er ſich hiebey nach Erforderung der Be- ſchaffenheit deſſelben etwas laͤnger auf, und koͤmmt erſt c. 6, 20. und c. 7. wider zu ſeinem ei- gentlichen Zweck. 2. Weil der Apoſtel nicht lange vorher, ehe er dieſen Brief aus Jtalien ſchrieb, ſich in den Morgenlaͤndern unter denen darinnen in groſſer Anzahl zerſtreuet lebenden Juden, von welchen ihrer viel ſich zu Chriſto hatten bringen laſſen, auf- gehalten hatte, auch zu Rom immer Nachricht von ihnen bekam; ſo war ihm ihr Zuſtand wohl bekannt. Und da erkannte er an ihnen, zum we- nigſten einem groſſen Theile nach, eine groſſe Traͤgheit, die Geheimniſſe des Evangelii von der Perſon, dem Mittler-Amte und dem zwiefachen Stande Chriſti recht zu faſſen; obgleich alles noch ſo deutlich vorher verkuͤndiget war. Wel- ches der groſſe Mißverſtand, den ſie vom Meßia und ſeinem Reiche gefaſſet hatten, verurſachete. Wie viel unſer Heyland mit ſeinen eigenen Juͤn- gern dißfalls zu thun hatte, und wie viel die zu Chriſto gleichſam nur halb bekehrte Juden den Apoſteln faſt in allen Kirchen zu ſchaffen gemachet haben, ſiehet man aus der Hiſtorie der Evangeli- ſten und aus den Briefen der Apoſtel, ſonderlich in dem an die Galater. Und wie muſte nicht un- ſer Heyland die ſonſt wohlgeſinnete Emmaunti- ſche Juͤnger beſtrafen, und zu ihnen ſagen: O ihr Thoren und traͤges Hertzens, zu glauben allem dem, das die Propheten geredet ha- ben? Muſte nicht Chriſtus ſolches leiden und zu ſeiner Herrlichkeit eingehen? 3. Was Petrus 2 Ep. c. 3, 16. von Pauli Briefen ſchreibet, daß darinnen einige Dinge ſchwer zu verſtehen ſeyn, das kan man inſon- derheit von dem Briefe an die Hebraͤer und darin- nen auch von der auf den Melchiſedech in der Ver- gleichung mit Chriſto gehenden Lehre ſehen. Doch lieget die Urſache eigentlich an dem Leſer: wie ſie Paulus ſelber alhier den Hebraͤern beyleget. V. 12. 13. 14. Und die (Gr. Denn die) ihr ſoltet laͤngſt (der Zeit nach, da ihr die Schriften Mo- ſis und der Propheten von euren Vor-Eltern her unter euch habet, auch ſchon vorlaͤngſt von dem auf Chriſtum und ſein Reich gehenden Evangelio gehoͤret habet) Meiſter (in der Erkenntniß der- geſtalt wohl gegruͤndet und geuͤbet) ſeyn (daß ihr andere, ſonderlich die Heyden, davon unter- richten koͤntet) beduͤrfet ihr wiederum (aufs neue nach dem euch ſchon im Anfange gegebnen Unterricht) daß man euch die erſten Buch- ſtaben (die erſten Grund-Wahrheiten) der goͤttlichen Worte (welche nach dem Evange- lio auf die Perſon und auf das Mittler-Amt Chri- ſti gehen) lehre, und daß man euch (eurem noch itzt ſchwachen Begriffe nach) Milch gebe und nicht ſtarcke Speiſe (euch tiefer in die Ge- heimniſſe des Reichs GOttes einfuͤhre.) V. 13. Denn wem man noch Milch geben muß, der iſt unerfahren (was die mehrern Tiefen betrift) in dem Wort der Gerechtigkeit (in den Lehren des Evangelii, darunter die von der uns durch das Hohe-Prieſterliche Mittler-Amt Chriſti erworbenen Gerechtigkeit die vornehmſte iſt) denn er iſt ein junges (noch unmuͤndiges) Kind (oder einem ſolchen gleich.) V. 14. Den Voll-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/305>, abgerufen am 23.11.2024.