Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 5. v. 7. 8. an die Hebräer. [Spaltenumbruch]
selbst auch die eigentliche Bedeutung des Wortseulabeia also mit sich. Und eben dieses erfo- derte auch die Construction mit dem Wört- lein apo, welches sich nicht wol durch darum, oder deswegen, weil, übersetzen läßt. Und da eularoeia sonst bey andern Griechischen Aucto- ribus und insonderheit bey den Griechischen Interpretibus des alten Testaments Furcht heißt, und zwar ängstliche Furcht, (man sehe Jos. 22, 14. Sprichw. 12, 16. Jes. 57, 11. Jerem. 17, 8.) so hat es auch die Bedeutung der Furcht im neuen Testament Ap. Ges. 23, 10. und wenn dieses Wort Hebr. 11, 7. von Noa gesaget wird, so läßt es sich gar wol von der Furcht vor den einbrechenden Gerichten GOttes verstehen, als welche bey seinem Glauben gar wohl beste- hen konte, und es bey den übrigen Menschen ein Hauptfehler war, daß es nebst den Glauben ihnen an solcher nöthigen Furcht fehlete. Zwar stehet dieses Wort Hebr. 12, 4. 28. von der Ehr- Furcht gegen GOTT, aber daraus folget mehr nicht, als daß es sich in seiner Bedeutung nach dem Object, oder nach der Sache, richte, wor- auf die Furcht gehet, oder vor der sie ist. Jst es GOTT selbst, so ist eulabeia vor GOTT eine solche heilige Ehr-Furcht, welche sonst mit den Worten Furcht und Zittern bezeichnet wird Ps. 2, 11. Phil. 2, 12. Jst es aber etwas widri- ges und schreckliches, so ist eulabeia eine ängst- liche Furcht: wie an diesem Orte. 16. Jm übrigen ist bey der Griechischen V. 8. Und wiewol er der Sohn GOttes Anmerckungen. 1. Man siehet alhier klärlich, daß das, 2. Mit dem Worte Leiden, hat ge- 3. Da der HErr JEsus GOttes Sohn 4. Der Gehorsam Christi wird zwar al- 5. Mit dem Worte lernen, er hat Ge- land P p 3
Cap. 5. v. 7. 8. an die Hebraͤer. [Spaltenumbruch]
ſelbſt auch die eigentliche Bedeutung des Wortsἐυλάβεια alſo mit ſich. Und eben dieſes erfo- derte auch die Conſtruction mit dem Woͤrt- lein ἀπὸ, welches ſich nicht wol durch darum, oder deswegen, weil, uͤberſetzen laͤßt. Und da ευλάροεια ſonſt bey andern Griechiſchen Aucto- ribus und inſonderheit bey den Griechiſchen Interpretibus des alten Teſtaments Furcht heißt, und zwar aͤngſtliche Furcht, (man ſehe Joſ. 22, 14. Sprichw. 12, 16. Jeſ. 57, 11. Jerem. 17, 8.) ſo hat es auch die Bedeutung der Furcht im neuen Teſtament Ap. Geſ. 23, 10. und wenn dieſes Wort Hebr. 11, 7. von Noa geſaget wird, ſo laͤßt es ſich gar wol von der Furcht vor den einbrechenden Gerichten GOttes verſtehen, als welche bey ſeinem Glauben gar wohl beſte- hen konte, und es bey den uͤbrigen Menſchen ein Hauptfehler war, daß es nebſt den Glauben ihnen an ſolcher noͤthigen Furcht fehlete. Zwar ſtehet dieſes Wort Hebr. 12, 4. 28. von der Ehr- Furcht gegen GOTT, aber daraus folget mehr nicht, als daß es ſich in ſeiner Bedeutung nach dem Object, oder nach der Sache, richte, wor- auf die Furcht gehet, oder vor der ſie iſt. Jſt es GOTT ſelbſt, ſo iſt ἐυλάβεια vor GOTT eine ſolche heilige Ehr-Furcht, welche ſonſt mit den Worten Furcht und Zittern bezeichnet wird Pſ. 2, 11. Phil. 2, 12. Jſt es aber etwas widri- ges und ſchreckliches, ſo iſt ἐυλάβεια eine aͤngſt- liche Furcht: wie an dieſem Orte. 16. Jm uͤbrigen iſt bey der Griechiſchen V. 8. Und wiewol er der Sohn GOttes Anmerckungen. 1. Man ſiehet alhier klaͤrlich, daß das, 2. Mit dem Worte Leiden, hat ge- 3. Da der HErr JEſus GOttes Sohn 4. Der Gehorſam Chriſti wird zwar al- 5. Mit dem Worte lernen, er hat Ge- land P p 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0303" n="301"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 5. v. 7. 8. an die Hebraͤer.</hi></fw><lb/><cb/> ſelbſt auch die eigentliche Bedeutung des Worts<lb/> ἐυλάβεια alſo mit ſich. Und eben dieſes erfo-<lb/> derte auch die <hi rendition="#aq">Conſtruction</hi> mit dem Woͤrt-<lb/> lein ἀπὸ, welches ſich nicht wol durch <hi rendition="#fr">darum,</hi><lb/> oder <hi rendition="#fr">deswegen, weil,</hi> uͤberſetzen laͤßt. Und da<lb/> ευλάροεια ſonſt bey andern Griechiſchen <hi rendition="#aq">Aucto-<lb/> ribus</hi> und inſonderheit bey den Griechiſchen<lb/><hi rendition="#aq">Interpretibus</hi> des alten Teſtaments <hi rendition="#fr">Furcht</hi><lb/> heißt, und zwar <hi rendition="#fr">aͤngſtliche Furcht,</hi> (man ſehe<lb/> Joſ. 22, 14. Sprichw. 12, 16. Jeſ. 57, 11. Jerem.<lb/> 17, 8.) ſo hat es auch die Bedeutung der Furcht<lb/> im neuen Teſtament Ap. Geſ. 23, 10. und wenn<lb/> dieſes Wort Hebr. 11, 7. von Noa geſaget<lb/> wird, ſo laͤßt es ſich gar wol von der Furcht vor<lb/> den einbrechenden Gerichten GOttes verſtehen,<lb/> als welche bey ſeinem Glauben gar wohl beſte-<lb/> hen konte, und es bey den uͤbrigen Menſchen<lb/> ein Hauptfehler war, daß es nebſt den Glauben<lb/> ihnen an ſolcher noͤthigen Furcht fehlete. Zwar<lb/> ſtehet dieſes Wort Hebr. 12, 4. 28. von der <hi rendition="#fr">Ehr-<lb/> Furcht</hi> gegen GOTT, aber daraus folget mehr<lb/> nicht, als daß es ſich in ſeiner Bedeutung nach<lb/> dem <hi rendition="#aq">Object,</hi> oder nach der Sache, richte, wor-<lb/> auf die Furcht gehet, oder vor der ſie iſt. Jſt<lb/> es GOTT ſelbſt, ſo iſt ἐυλάβεια vor GOTT<lb/> eine ſolche heilige <hi rendition="#fr">Ehr-Furcht,</hi> welche ſonſt mit<lb/> den Worten Furcht und Zittern bezeichnet wird<lb/> Pſ. 2, 11. Phil. 2, 12. Jſt es aber etwas widri-<lb/> ges und ſchreckliches, ſo iſt ἐυλάβεια eine <hi rendition="#fr">aͤngſt-<lb/> liche Furcht:</hi> wie an dieſem Orte.</p><lb/> <p>16. Jm uͤbrigen iſt bey der Griechiſchen<lb/><hi rendition="#aq">conſtruction</hi> der beyden <hi rendition="#aq">participiorum</hi> πρυσ-<lb/> ενέγκας καὶ ἐξακουσϑεὶς zu mercken, daß ſie<lb/> ſich auf die Worte des folgenden Verſes bezie-<lb/> hen, und dem Verſtande nach in dem Zuſam-<lb/> menhange mit denſelben alſo zu uͤberſetzen ſind:<lb/><hi rendition="#fr">indem,</hi> oder damit, <hi rendition="#fr">daß er gebetet hat,<lb/> und erhoͤret worden iſt, hat er, ob er<lb/> gleich der Sohn war, an dem, was er ge-<lb/> litten hat, Gehorſam gelernet.</hi></p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 8.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Und wiewol er der Sohn GOttes<lb/> war,</hi> (welchem weder das Leiden, noch der Ge-<lb/> horſam an ſich ſelbſt zukommen konte) <hi rendition="#fr">ſo hat er<lb/> doch an dem, das er lidte,</hi> (und alſo in dem<lb/> Stande der Erniedrigung nach ſeinem Mittler-<lb/> Amte,) <hi rendition="#fr">Gehorſam gelernet,</hi> (alſo daß er durch<lb/> die Erfahrung ſelbſt immer mehr inne geworden,<lb/> was dazu gehoͤret, und damit ihn wircklich erwie-<lb/> ſen, damit auch unſere Schuld bezahlet, und<lb/> uns erloͤſet hat.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Man ſiehet alhier klaͤrlich, daß das,<lb/> woran ſich die kluͤglende Vernunft ſtoſſet, nich-<lb/> tig ſey; nemlich wie das zuſammen ſtehen koͤnne,<lb/> GOttes Sohn, und alſo wahrer GOTT ſelbſt<lb/> ſeyn, und doch ſo viele Leiden uͤber ſich ergehen<lb/> laſſen? darauf uns doch aber die heilige Schrift<lb/> ſo oft, ſo reichlich, und nachdruͤcklich fuͤhret. Daß<lb/> es einem aber, der den allerweiſeſten Rath GOt-<lb/> tes von unſerer Seligkeit noch nicht recht einſie-<lb/> het, wunderlich vorkommen koͤnne, zeiget Pau-<lb/><cb/> lus ſelbſt damit an, daß er ſaget: <hi rendition="#fr">Ob er wol der<lb/> Sohn,</hi> nemlich GOttes, war: ſo hat er den-<lb/> noch im Leiden den Gehorſam bewieſen. Die<lb/> Worte ἀφ᾽ ὦν heiſſen nach dem <hi rendition="#aq">Græciſmo</hi><lb/> eben ſoviel, als ἀπ᾽ ἐκει´νων, ἅ ἔπαϑε. Und<lb/> die Worte ἔπαθε, ἕμαθε beziehen ſich faſt in glei-<lb/> chem Laute auf einander, wie auch die Woͤrter<lb/> παθήματα μαϑήματα nach dem Sprichworte<lb/> der Griechen.</p><lb/> <p>2. Mit dem Worte <hi rendition="#fr">Leiden, hat ge-<lb/> litten,</hi> welches ſich auf den vorhergehenden<lb/> Vers beziehet, zeiget der Apoſtel an, was ſich<lb/> bey dem geopferten Gebet und Flehen Chriſti ge-<lb/> funden habe, nemlich ein ſolches Leiden, dadurch<lb/> er ſich auch ſelbſt GOtt geopfert habe.</p><lb/> <p>3. Da der HErr JEſus GOttes Sohn<lb/> war und dennoch die Leiden, welcher er wol<lb/> uͤberhoben bleiben koͤnnen, uͤber ſich genommen<lb/> hat, ſo ſehen wir daraus, daß er keines weges<lb/> gezwungner Weiſe, ſondern in groſſer Willig-<lb/> keit dazu gegangen ſey. Darum Paulus auch<lb/> unten c. 12, 2. ſpricht: <hi rendition="#fr">Da er wol haͤtte moͤ-<lb/> gen Freude haben, erduldete er das Creutz,<lb/> und achtete der Schande nicht.</hi> Siehe auch<lb/> Phil. 2, 6. 7. 8.</p><lb/> <p>4. Der <hi rendition="#fr">Gehorſam</hi> Chriſti wird zwar al-<lb/> hier eigentlich auf das Leiden gezogen; wie auch<lb/> Phil. 2, 8. geſchiehet, da es heißt: <hi rendition="#fr">er ward ge-<lb/> horſam bis zum Tode, ja zum Tode am<lb/> Creutz:</hi> aber er gehet an ſich ſelbſt auf das gan-<lb/> tze Leben Chriſti, und darinnen auch auf ſeine<lb/> allervollkommneſte Bereitwilligkeit den Willen<lb/> des Vaters zu thun, und auf die wirckliche Lei-<lb/> ſtung alles Gehorſams, den wir GOtt nach dem<lb/> anerſchaffnen, aber verlornen Ebenbilde GOt-<lb/> tes ſchuldig waren, und nicht leiſten konten.<lb/> Durch dieſen ſeinen Gehorſam hat er fuͤr uns das<lb/> Geſetz GOttes erfuͤllet, und uns damit und mit<lb/> ſeinem Gehorſam im Leiden die Gerechtigkeit,<lb/> damit wir vor GOtt beſtehen, <hi rendition="#fr">e</hi>rworben. Von<lb/> dieſem <hi rendition="#fr">Gehorſam</hi> heißt er ein <hi rendition="#fr">Knecht GOttes</hi><lb/> Jeſ. 42, 1. 19. c. 52, 13. c. 53, 11. und davon ſprach<lb/> der Meßias ſelbſt Pſ. 40, 8. 9. <hi rendition="#fr">Siehe ich kom-<lb/> me, deinen Willen, mein <hi rendition="#g">GOTT,</hi> thue<lb/> ich gerne, und dein Geſetz habe ich in mei-<lb/> nem Hertzen.</hi> Hebr. 10, 7. Und Joh. 4, 34.<lb/><hi rendition="#fr">Meine Speiſe iſt die, daß ich thue den<lb/> Willen deß, der mich geſandt hat, und<lb/> vollende ſein Werck.</hi> Daß uns aber dieſer<lb/> Gehorſam Chriſti zur Gerechtigkeit gereiche, iſt<lb/> daraus offenbar, daß er ihn um unſert willen ge-<lb/> leiſtet hat, und zu dem Ende Menſch worden iſt.<lb/> Und eben dieſes iſt es, was Paulus Roͤm. 5, 19.<lb/> ausdruͤcklich bezeuget, wenn er den <hi rendition="#fr">Ungehor-<lb/> ſam Adams</hi> und den <hi rendition="#fr">Gehorſam Chriſti</hi> ein-<lb/> ander entgegen ſetzet, und ſpricht: <hi rendition="#fr">Gleichwie<lb/> durch eines Menſchen Ungehorſam viel<lb/> Suͤnder worden ſind: alſo auch durch ei-<lb/> nes Gehorſam werde viele Gerechte.</hi></p><lb/> <p>5. Mit dem Worte <hi rendition="#fr">lernen, er hat Ge-<lb/> horſam gelernet,</hi> ſiehet der Apoſtel auf die<lb/><hi rendition="#fr">wirckliche Erfahrung</hi> und <hi rendition="#fr">Leiſtung;</hi> hat<lb/> aber dabey dieſes zum Grunde, daß unſer Hey-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">P p 3</fw><fw place="bottom" type="catch">land</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [301/0303]
Cap. 5. v. 7. 8. an die Hebraͤer.
ſelbſt auch die eigentliche Bedeutung des Worts
ἐυλάβεια alſo mit ſich. Und eben dieſes erfo-
derte auch die Conſtruction mit dem Woͤrt-
lein ἀπὸ, welches ſich nicht wol durch darum,
oder deswegen, weil, uͤberſetzen laͤßt. Und da
ευλάροεια ſonſt bey andern Griechiſchen Aucto-
ribus und inſonderheit bey den Griechiſchen
Interpretibus des alten Teſtaments Furcht
heißt, und zwar aͤngſtliche Furcht, (man ſehe
Joſ. 22, 14. Sprichw. 12, 16. Jeſ. 57, 11. Jerem.
17, 8.) ſo hat es auch die Bedeutung der Furcht
im neuen Teſtament Ap. Geſ. 23, 10. und wenn
dieſes Wort Hebr. 11, 7. von Noa geſaget
wird, ſo laͤßt es ſich gar wol von der Furcht vor
den einbrechenden Gerichten GOttes verſtehen,
als welche bey ſeinem Glauben gar wohl beſte-
hen konte, und es bey den uͤbrigen Menſchen
ein Hauptfehler war, daß es nebſt den Glauben
ihnen an ſolcher noͤthigen Furcht fehlete. Zwar
ſtehet dieſes Wort Hebr. 12, 4. 28. von der Ehr-
Furcht gegen GOTT, aber daraus folget mehr
nicht, als daß es ſich in ſeiner Bedeutung nach
dem Object, oder nach der Sache, richte, wor-
auf die Furcht gehet, oder vor der ſie iſt. Jſt
es GOTT ſelbſt, ſo iſt ἐυλάβεια vor GOTT
eine ſolche heilige Ehr-Furcht, welche ſonſt mit
den Worten Furcht und Zittern bezeichnet wird
Pſ. 2, 11. Phil. 2, 12. Jſt es aber etwas widri-
ges und ſchreckliches, ſo iſt ἐυλάβεια eine aͤngſt-
liche Furcht: wie an dieſem Orte.
16. Jm uͤbrigen iſt bey der Griechiſchen
conſtruction der beyden participiorum πρυσ-
ενέγκας καὶ ἐξακουσϑεὶς zu mercken, daß ſie
ſich auf die Worte des folgenden Verſes bezie-
hen, und dem Verſtande nach in dem Zuſam-
menhange mit denſelben alſo zu uͤberſetzen ſind:
indem, oder damit, daß er gebetet hat,
und erhoͤret worden iſt, hat er, ob er
gleich der Sohn war, an dem, was er ge-
litten hat, Gehorſam gelernet.
V. 8.
Und wiewol er der Sohn GOttes
war, (welchem weder das Leiden, noch der Ge-
horſam an ſich ſelbſt zukommen konte) ſo hat er
doch an dem, das er lidte, (und alſo in dem
Stande der Erniedrigung nach ſeinem Mittler-
Amte,) Gehorſam gelernet, (alſo daß er durch
die Erfahrung ſelbſt immer mehr inne geworden,
was dazu gehoͤret, und damit ihn wircklich erwie-
ſen, damit auch unſere Schuld bezahlet, und
uns erloͤſet hat.)
Anmerckungen.
1. Man ſiehet alhier klaͤrlich, daß das,
woran ſich die kluͤglende Vernunft ſtoſſet, nich-
tig ſey; nemlich wie das zuſammen ſtehen koͤnne,
GOttes Sohn, und alſo wahrer GOTT ſelbſt
ſeyn, und doch ſo viele Leiden uͤber ſich ergehen
laſſen? darauf uns doch aber die heilige Schrift
ſo oft, ſo reichlich, und nachdruͤcklich fuͤhret. Daß
es einem aber, der den allerweiſeſten Rath GOt-
tes von unſerer Seligkeit noch nicht recht einſie-
het, wunderlich vorkommen koͤnne, zeiget Pau-
lus ſelbſt damit an, daß er ſaget: Ob er wol der
Sohn, nemlich GOttes, war: ſo hat er den-
noch im Leiden den Gehorſam bewieſen. Die
Worte ἀφ᾽ ὦν heiſſen nach dem Græciſmo
eben ſoviel, als ἀπ᾽ ἐκει´νων, ἅ ἔπαϑε. Und
die Worte ἔπαθε, ἕμαθε beziehen ſich faſt in glei-
chem Laute auf einander, wie auch die Woͤrter
παθήματα μαϑήματα nach dem Sprichworte
der Griechen.
2. Mit dem Worte Leiden, hat ge-
litten, welches ſich auf den vorhergehenden
Vers beziehet, zeiget der Apoſtel an, was ſich
bey dem geopferten Gebet und Flehen Chriſti ge-
funden habe, nemlich ein ſolches Leiden, dadurch
er ſich auch ſelbſt GOtt geopfert habe.
3. Da der HErr JEſus GOttes Sohn
war und dennoch die Leiden, welcher er wol
uͤberhoben bleiben koͤnnen, uͤber ſich genommen
hat, ſo ſehen wir daraus, daß er keines weges
gezwungner Weiſe, ſondern in groſſer Willig-
keit dazu gegangen ſey. Darum Paulus auch
unten c. 12, 2. ſpricht: Da er wol haͤtte moͤ-
gen Freude haben, erduldete er das Creutz,
und achtete der Schande nicht. Siehe auch
Phil. 2, 6. 7. 8.
4. Der Gehorſam Chriſti wird zwar al-
hier eigentlich auf das Leiden gezogen; wie auch
Phil. 2, 8. geſchiehet, da es heißt: er ward ge-
horſam bis zum Tode, ja zum Tode am
Creutz: aber er gehet an ſich ſelbſt auf das gan-
tze Leben Chriſti, und darinnen auch auf ſeine
allervollkommneſte Bereitwilligkeit den Willen
des Vaters zu thun, und auf die wirckliche Lei-
ſtung alles Gehorſams, den wir GOtt nach dem
anerſchaffnen, aber verlornen Ebenbilde GOt-
tes ſchuldig waren, und nicht leiſten konten.
Durch dieſen ſeinen Gehorſam hat er fuͤr uns das
Geſetz GOttes erfuͤllet, und uns damit und mit
ſeinem Gehorſam im Leiden die Gerechtigkeit,
damit wir vor GOtt beſtehen, erworben. Von
dieſem Gehorſam heißt er ein Knecht GOttes
Jeſ. 42, 1. 19. c. 52, 13. c. 53, 11. und davon ſprach
der Meßias ſelbſt Pſ. 40, 8. 9. Siehe ich kom-
me, deinen Willen, mein GOTT, thue
ich gerne, und dein Geſetz habe ich in mei-
nem Hertzen. Hebr. 10, 7. Und Joh. 4, 34.
Meine Speiſe iſt die, daß ich thue den
Willen deß, der mich geſandt hat, und
vollende ſein Werck. Daß uns aber dieſer
Gehorſam Chriſti zur Gerechtigkeit gereiche, iſt
daraus offenbar, daß er ihn um unſert willen ge-
leiſtet hat, und zu dem Ende Menſch worden iſt.
Und eben dieſes iſt es, was Paulus Roͤm. 5, 19.
ausdruͤcklich bezeuget, wenn er den Ungehor-
ſam Adams und den Gehorſam Chriſti ein-
ander entgegen ſetzet, und ſpricht: Gleichwie
durch eines Menſchen Ungehorſam viel
Suͤnder worden ſind: alſo auch durch ei-
nes Gehorſam werde viele Gerechte.
5. Mit dem Worte lernen, er hat Ge-
horſam gelernet, ſiehet der Apoſtel auf die
wirckliche Erfahrung und Leiſtung; hat
aber dabey dieſes zum Grunde, daß unſer Hey-
land
P p 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |