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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 4. v. 10-12.
[Spaltenumbruch] ner Ruhe. Eben dieses zeiget das prono-
men,
autou an, da es sonst heissen müßte, autou,
wie es bey den Worten ergon stehet.

3. Daß alhier auf Seiten des Menschen
keine andere Wercke verstanden werden, als
welche der Ruhe entgegen stehen, das zeiget die
Sache selbst an. Und solche sind, ausser der
noch übrigen Sünde, sonderlich die Wercke
des äusserlichen Streits und Kampfes, und der
Geduld, in allerley Leiden, da sich eine gläubi-
ge Seele durch zu arbeiten hat. Darum es
Offenb. 14, 13. heißt: Selig sind die Todten,
die im HErrn sterben von nun an. Ja
der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer
Arbeit: Denn ihre Wercke folgen ihnen
nach.

V. 11.

So lasset uns nun (da es also um die
Ruhe GOttes stehet, und sie so vortreflich ist in
ihrem gemeinschaftlichen G[e]nuß) Fleiß thun
(spoudasomen, solchen Fleiß anwenden, daß der
Ernst ohne Aufschub so fort sich erweise) einzu-
kommen zu dieser
(ekeinen, zu derjenigen, da-
von gehandelt ist) Ruhe, auf daß nicht ie-
mand falle in dasselbige Exempel des Un-
glaubens,
(daß es ihme nicht also ergehe, we-
gen seines Unglaubens, wie es den alten Jsraeli-
ten im Vorbilde ergangen ist. Siehe 1 Cor.
10, 9. 10.)

V. 12.

Denn das Wort GOttes (insgemein,
sonderlich des Evangelii, welches alle seine Kraft
hat von dem selbständigen Worte, dem Sohne
GOttes, auf welchen alhier auch mit gesehen
wird, sonderlich v. 13.) ist lebendig (an sich
selbst voller geistlicher Lebens Kraft, und daher
lebendig machend, auch sonst kräftig wirckend)
und schärfer, denn kein zweyschneidig
Schwerdt,
(da es nach dem Gesetz und Evan-
gelio seine Wirckung thut) und durchdrin-
get, bis daß scheidet Seel und Geist
(das,
was im Menschen natürlich, sündlich und fleisch-
lich, und was in ihm übernatürlich und geistlich
ist) auch Marck und Bein (die innersten Zu-
sammenfügungen, und das Marck in den Kno-
chen, das ist, die innersten und verborgnesten Ge-
dancken und Begierden) und ist ein Richter
der Gedancken und der Sinnen des Her-
tzens
(also, daß es davon durch die eigentliche
Entdeckung einen solchen Ausspruch thut, der
ihrer Beschaffenheit gemäß ist.) Und ist kei-
ne Creatur vor ihm
(dem allwissenden Soh-
ne GOttes, auf welchen man von dem Worte
GOttes billig kömmt:) unsichtbar: es ist
aber alles bloß und entdecket vor seinen Au-
gen
(wenn gleich der Mensch das innerste seines
Hertzens noch so sehr verbirget und verstecket:)
von dem reden wir (auf den gehet dieses und
fast alles übrige in diesem Briefe.)

Anmerckungen.

1. Zuvorderst ist alhier die Frage, was
durch das Wort GOttes verstanden werde?
ob man diesen Text von dem selbständigen
[Spaltenumbruch] Worte GOttes,
Christo, oder von dem in der
heiligen Schrift aufgezeichneten und nach sol-
cher Vorschrift gelesenen, gepredigten und be-
trachteten Worte GOttes anzunehmen habe?
Welche diesen Text nicht von dem Sohne GOt-
tes, sondern von dem göttlichen Worte der
heiligen Schrift verstehen, die haben vor sich
erstlich die Verbindung desselben mit dem
vorhergehenden gantzen Contexte, darinn schon
zu unterschiedlichen malen des Worts, sonder-
lich der Verheissung, als der zu hörenden Stim-
me des HErrn, ist gedacht worden: und denn
solche Aussprüche des 12ten Verses, welche
grossen Theils auch anderwärtig von dem gött-
lichen Worte gesaget werden, sich aber nicht wol
von dem Sohne GOttes sagen lassen: wie denn
der Sohn GOttes nach dem Stilo Pauli auch
sonsten nicht mit dem Namen logos des Worts
benennet wird. Hingegen aber stehet ihnen
entgegen, daß die Aussprüche des mit dem
12ten Verse gar genau verknüpften 13den Ver-
ses nicht wohl von dem göttlichen Worte kön-
nen vrrstanden werden; sondern eigentlich
dem Sohne GOttes zukommen: da nemlich
der göttlichen Allwissenheit und Allgegen-
wart
gedacht, oder gesaget wird, daß keine
Creatur vor ihm unsichtbar, sondern alles bloß
und entdecket sey vor seinen Augen. Da es
denn eine sehr ungewöhnliche Rede seyn würde,
dem göttlichen Worte Augen, die allein einer
Person zukommen, zuzueignen.

2. Da nun so wol diese, als jene Auslegung
ihre Schwierigkeit hat, so kan man dieser am be-
sten abhelfen, wenn man keine von beyden gantz
allein, sondern sie alle beyde dergestalt zusam-
men nimmt, daß man saget, es rede der Apo-
stel v. 12. vom göttlichen Worte der heiligen
Schrift, und v. 13. von dem Sohne GOttes
selbst; und zwar also, daß er von dem göttlichen
Worte auf den Sohn GOttes kömmt. Welches
sich denn so viel füglicher hat thun lassen, so
viel weniger sich eines von dem andern trennen
lässet, und so viel mehr sich das göttliche Wort
auf den Sohn GOttes, der das wesentliche und
selbständige Wort GOttes genennet wird, be-
ziehet, und dieser durch jenes, seinem propheti-
schen Amte nach, wircket. Man kan auch das
Wort, ihm, vor ihm v. 13. von GOTT selbst
verstehen, und es mit den ersten Worten des
12ten Verses verbinden; da es nemlich heißt:
Das Wort GOttes - - - und ist keine Crea-
tur vor ihm
(GOTT, dessen Wort so kräf-
tig ist) unsichtbar. Da denn die particula
pros in den letztern Worten gar recht von Luthe-
ro gegeben worden durch von: wie sie also auch
c. 1. v. 7. 8. genommen wird.

3. Die Verbindung des 12ten Verses
mit den vorhergehenden ist diese. Nach dem
der Apostel aus dem bis an den eilften Vers
fortgesetzten Contexte v. 11. den Schluß gemachet
hatte zur Ermahnung, daß die gläubigen He-
bräer ja möchten Fleiß anwenden, zur wahren und
ewigen Ruhe einzukommen, und solche Ermah-
nung mit der von dem Exempel der Jsraeliten

genom-

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 4. v. 10-12.
[Spaltenumbruch] ner Ruhe. Eben dieſes zeiget das prono-
men,
ἀυτοῦ an, da es ſonſt heiſſen muͤßte, ἀυτοῦ,
wie es bey den Worten ἔργων ſtehet.

3. Daß alhier auf Seiten des Menſchen
keine andere Wercke verſtanden werden, als
welche der Ruhe entgegen ſtehen, das zeiget die
Sache ſelbſt an. Und ſolche ſind, auſſer der
noch uͤbrigen Suͤnde, ſonderlich die Wercke
des aͤuſſerlichen Streits und Kampfes, und der
Geduld, in allerley Leiden, da ſich eine glaͤubi-
ge Seele durch zu arbeiten hat. Darum es
Offenb. 14, 13. heißt: Selig ſind die Todten,
die im HErrn ſterben von nun an. Ja
der Geiſt ſpricht, daß ſie ruhen von ihrer
Arbeit: Denn ihre Wercke folgen ihnen
nach.

V. 11.

So laſſet uns nun (da es alſo um die
Ruhe GOttes ſtehet, und ſie ſo vortreflich iſt in
ihrem gemeinſchaftlichen G[e]nuß) Fleiß thun
(σπουδάσωμεν, ſolchen Fleiß anwenden, daß der
Ernſt ohne Aufſchub ſo fort ſich erweiſe) einzu-
kommen zu dieſer
(ἐκέινην, zu derjenigen, da-
von gehandelt iſt) Ruhe, auf daß nicht ie-
mand falle in daſſelbige Exempel des Un-
glaubens,
(daß es ihme nicht alſo ergehe, we-
gen ſeines Unglaubens, wie es den alten Jſraeli-
ten im Vorbilde ergangen iſt. Siehe 1 Cor.
10, 9. 10.)

V. 12.

Denn das Wort GOttes (insgemein,
ſonderlich des Evangelii, welches alle ſeine Kraft
hat von dem ſelbſtaͤndigen Worte, dem Sohne
GOttes, auf welchen alhier auch mit geſehen
wird, ſonderlich v. 13.) iſt lebendig (an ſich
ſelbſt voller geiſtlicher Lebens Kraft, und daher
lebendig machend, auch ſonſt kraͤftig wirckend)
und ſchaͤrfer, denn kein zweyſchneidig
Schwerdt,
(da es nach dem Geſetz und Evan-
gelio ſeine Wirckung thut) und durchdrin-
get, bis daß ſcheidet Seel und Geiſt
(das,
was im Menſchen natuͤrlich, ſuͤndlich und fleiſch-
lich, und was in ihm uͤbernatuͤrlich und geiſtlich
iſt) auch Marck und Bein (die innerſten Zu-
ſammenfuͤgungen, und das Marck in den Kno-
chen, das iſt, die innerſten und verborgneſten Ge-
dancken und Begierden) und iſt ein Richter
der Gedancken und der Sinnen des Her-
tzens
(alſo, daß es davon durch die eigentliche
Entdeckung einen ſolchen Ausſpruch thut, der
ihrer Beſchaffenheit gemaͤß iſt.) Und iſt kei-
ne Creatur vor ihm
(dem allwiſſenden Soh-
ne GOttes, auf welchen man von dem Worte
GOttes billig koͤmmt:) unſichtbar: es iſt
aber alles bloß und entdecket vor ſeinen Au-
gen
(wenn gleich der Menſch das innerſte ſeines
Hertzens noch ſo ſehr verbirget und verſtecket:)
von dem reden wir (auf den gehet dieſes und
faſt alles uͤbrige in dieſem Briefe.)

Anmerckungen.

1. Zuvorderſt iſt alhier die Frage, was
durch das Wort GOttes verſtanden werde?
ob man dieſen Text von dem ſelbſtaͤndigen
[Spaltenumbruch] Worte GOttes,
Chriſto, oder von dem in der
heiligen Schrift aufgezeichneten und nach ſol-
cher Vorſchrift geleſenen, gepredigten und be-
trachteten Worte GOttes anzunehmen habe?
Welche dieſen Text nicht von dem Sohne GOt-
tes, ſondern von dem goͤttlichen Worte der
heiligen Schrift verſtehen, die haben vor ſich
erſtlich die Verbindung deſſelben mit dem
vorhergehenden gantzen Contexte, darinn ſchon
zu unterſchiedlichen malen des Worts, ſonder-
lich der Verheiſſung, als der zu hoͤrenden Stim-
me des HErrn, iſt gedacht worden: und denn
ſolche Ausſpruͤche des 12ten Verſes, welche
groſſen Theils auch anderwaͤrtig von dem goͤtt-
lichen Worte geſaget werden, ſich aber nicht wol
von dem Sohne GOttes ſagen laſſen: wie denn
der Sohn GOttes nach dem Stilo Pauli auch
ſonſten nicht mit dem Namen λόγος des Worts
benennet wird. Hingegen aber ſtehet ihnen
entgegen, daß die Ausſpruͤche des mit dem
12ten Verſe gar genau verknuͤpften 13den Ver-
ſes nicht wohl von dem goͤttlichen Worte koͤn-
nen vrrſtanden werden; ſondern eigentlich
dem Sohne GOttes zukommen: da nemlich
der goͤttlichen Allwiſſenheit und Allgegen-
wart
gedacht, oder geſaget wird, daß keine
Creatur vor ihm unſichtbar, ſondern alles bloß
und entdecket ſey vor ſeinen Augen. Da es
denn eine ſehr ungewoͤhnliche Rede ſeyn wuͤrde,
dem goͤttlichen Worte Augen, die allein einer
Perſon zukommen, zuzueignen.

2. Da nun ſo wol dieſe, als jene Auslegung
ihre Schwierigkeit hat, ſo kan man dieſer am be-
ſten abhelfen, wenn man keine von beyden gantz
allein, ſondern ſie alle beyde dergeſtalt zuſam-
men nimmt, daß man ſaget, es rede der Apo-
ſtel v. 12. vom goͤttlichen Worte der heiligen
Schrift, und v. 13. von dem Sohne GOttes
ſelbſt; und zwar alſo, daß er von dem goͤttlichen
Worte auf den Sohn GOttes koͤmmt. Welches
ſich denn ſo viel fuͤglicher hat thun laſſen, ſo
viel weniger ſich eines von dem andern trennen
laͤſſet, und ſo viel mehr ſich das goͤttliche Wort
auf den Sohn GOttes, der das weſentliche und
ſelbſtaͤndige Wort GOttes genennet wird, be-
ziehet, und dieſer durch jenes, ſeinem propheti-
ſchen Amte nach, wircket. Man kan auch das
Wort, ihm, vor ihm v. 13. von GOTT ſelbſt
verſtehen, und es mit den erſten Worten des
12ten Verſes verbinden; da es nemlich heißt:
Das Wort GOttes ‒ ‒ ‒ und iſt keine Crea-
tur vor ihm
(GOTT, deſſen Wort ſo kraͤf-
tig iſt) unſichtbar. Da denn die particula
πρὸς in den letztern Worten gar recht von Luthe-
ro gegeben worden durch von: wie ſie alſo auch
c. 1. v. 7. 8. genommen wird.

3. Die Verbindung des 12ten Verſes
mit den vorhergehenden iſt dieſe. Nach dem
der Apoſtel aus dem bis an den eilften Vers
fortgeſetzten Contexte v. 11. den Schluß gemachet
hatte zur Ermahnung, daß die glaͤubigen He-
braͤer ja moͤchten Fleiß anwenden, zur wahren und
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nung mit der von dem Exempel der Jſraeliten

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[290/0292] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 4. v. 10-12. ner Ruhe. Eben dieſes zeiget das prono- men, ἀυτοῦ an, da es ſonſt heiſſen muͤßte, ἀυτοῦ, wie es bey den Worten ἔργων ſtehet. 3. Daß alhier auf Seiten des Menſchen keine andere Wercke verſtanden werden, als welche der Ruhe entgegen ſtehen, das zeiget die Sache ſelbſt an. Und ſolche ſind, auſſer der noch uͤbrigen Suͤnde, ſonderlich die Wercke des aͤuſſerlichen Streits und Kampfes, und der Geduld, in allerley Leiden, da ſich eine glaͤubi- ge Seele durch zu arbeiten hat. Darum es Offenb. 14, 13. heißt: Selig ſind die Todten, die im HErrn ſterben von nun an. Ja der Geiſt ſpricht, daß ſie ruhen von ihrer Arbeit: Denn ihre Wercke folgen ihnen nach. V. 11. So laſſet uns nun (da es alſo um die Ruhe GOttes ſtehet, und ſie ſo vortreflich iſt in ihrem gemeinſchaftlichen Genuß) Fleiß thun (σπουδάσωμεν, ſolchen Fleiß anwenden, daß der Ernſt ohne Aufſchub ſo fort ſich erweiſe) einzu- kommen zu dieſer (ἐκέινην, zu derjenigen, da- von gehandelt iſt) Ruhe, auf daß nicht ie- mand falle in daſſelbige Exempel des Un- glaubens, (daß es ihme nicht alſo ergehe, we- gen ſeines Unglaubens, wie es den alten Jſraeli- ten im Vorbilde ergangen iſt. Siehe 1 Cor. 10, 9. 10.) V. 12. Denn das Wort GOttes (insgemein, ſonderlich des Evangelii, welches alle ſeine Kraft hat von dem ſelbſtaͤndigen Worte, dem Sohne GOttes, auf welchen alhier auch mit geſehen wird, ſonderlich v. 13.) iſt lebendig (an ſich ſelbſt voller geiſtlicher Lebens Kraft, und daher lebendig machend, auch ſonſt kraͤftig wirckend) und ſchaͤrfer, denn kein zweyſchneidig Schwerdt, (da es nach dem Geſetz und Evan- gelio ſeine Wirckung thut) und durchdrin- get, bis daß ſcheidet Seel und Geiſt (das, was im Menſchen natuͤrlich, ſuͤndlich und fleiſch- lich, und was in ihm uͤbernatuͤrlich und geiſtlich iſt) auch Marck und Bein (die innerſten Zu- ſammenfuͤgungen, und das Marck in den Kno- chen, das iſt, die innerſten und verborgneſten Ge- dancken und Begierden) und iſt ein Richter der Gedancken und der Sinnen des Her- tzens (alſo, daß es davon durch die eigentliche Entdeckung einen ſolchen Ausſpruch thut, der ihrer Beſchaffenheit gemaͤß iſt.) Und iſt kei- ne Creatur vor ihm (dem allwiſſenden Soh- ne GOttes, auf welchen man von dem Worte GOttes billig koͤmmt:) unſichtbar: es iſt aber alles bloß und entdecket vor ſeinen Au- gen (wenn gleich der Menſch das innerſte ſeines Hertzens noch ſo ſehr verbirget und verſtecket:) von dem reden wir (auf den gehet dieſes und faſt alles uͤbrige in dieſem Briefe.) Anmerckungen. 1. Zuvorderſt iſt alhier die Frage, was durch das Wort GOttes verſtanden werde? ob man dieſen Text von dem ſelbſtaͤndigen Worte GOttes, Chriſto, oder von dem in der heiligen Schrift aufgezeichneten und nach ſol- cher Vorſchrift geleſenen, gepredigten und be- trachteten Worte GOttes anzunehmen habe? Welche dieſen Text nicht von dem Sohne GOt- tes, ſondern von dem goͤttlichen Worte der heiligen Schrift verſtehen, die haben vor ſich erſtlich die Verbindung deſſelben mit dem vorhergehenden gantzen Contexte, darinn ſchon zu unterſchiedlichen malen des Worts, ſonder- lich der Verheiſſung, als der zu hoͤrenden Stim- me des HErrn, iſt gedacht worden: und denn ſolche Ausſpruͤche des 12ten Verſes, welche groſſen Theils auch anderwaͤrtig von dem goͤtt- lichen Worte geſaget werden, ſich aber nicht wol von dem Sohne GOttes ſagen laſſen: wie denn der Sohn GOttes nach dem Stilo Pauli auch ſonſten nicht mit dem Namen λόγος des Worts benennet wird. Hingegen aber ſtehet ihnen entgegen, daß die Ausſpruͤche des mit dem 12ten Verſe gar genau verknuͤpften 13den Ver- ſes nicht wohl von dem goͤttlichen Worte koͤn- nen vrrſtanden werden; ſondern eigentlich dem Sohne GOttes zukommen: da nemlich der goͤttlichen Allwiſſenheit und Allgegen- wart gedacht, oder geſaget wird, daß keine Creatur vor ihm unſichtbar, ſondern alles bloß und entdecket ſey vor ſeinen Augen. Da es denn eine ſehr ungewoͤhnliche Rede ſeyn wuͤrde, dem goͤttlichen Worte Augen, die allein einer Perſon zukommen, zuzueignen. 2. Da nun ſo wol dieſe, als jene Auslegung ihre Schwierigkeit hat, ſo kan man dieſer am be- ſten abhelfen, wenn man keine von beyden gantz allein, ſondern ſie alle beyde dergeſtalt zuſam- men nimmt, daß man ſaget, es rede der Apo- ſtel v. 12. vom goͤttlichen Worte der heiligen Schrift, und v. 13. von dem Sohne GOttes ſelbſt; und zwar alſo, daß er von dem goͤttlichen Worte auf den Sohn GOttes koͤmmt. Welches ſich denn ſo viel fuͤglicher hat thun laſſen, ſo viel weniger ſich eines von dem andern trennen laͤſſet, und ſo viel mehr ſich das goͤttliche Wort auf den Sohn GOttes, der das weſentliche und ſelbſtaͤndige Wort GOttes genennet wird, be- ziehet, und dieſer durch jenes, ſeinem propheti- ſchen Amte nach, wircket. Man kan auch das Wort, ihm, vor ihm v. 13. von GOTT ſelbſt verſtehen, und es mit den erſten Worten des 12ten Verſes verbinden; da es nemlich heißt: Das Wort GOttes ‒ ‒ ‒ und iſt keine Crea- tur vor ihm (GOTT, deſſen Wort ſo kraͤf- tig iſt) unſichtbar. Da denn die particula πρὸς in den letztern Worten gar recht von Luthe- ro gegeben worden durch von: wie ſie alſo auch c. 1. v. 7. 8. genommen wird. 3. Die Verbindung des 12ten Verſes mit den vorhergehenden iſt dieſe. Nach dem der Apoſtel aus dem bis an den eilften Vers fortgeſetzten Contexte v. 11. den Schluß gemachet hatte zur Ermahnung, daß die glaͤubigen He- braͤer ja moͤchten Fleiß anwenden, zur wahren und ewigen Ruhe einzukommen, und ſolche Ermah- nung mit der von dem Exempel der Jſraeliten genom-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/292>, abgerufen am 23.11.2024.