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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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C. 6. v. 9. 10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] ewigen nicht zu sagen: denn wie viel Ungemach
ziehet sich der Mensch dadurch nicht an seinem Lei-
be und an seiner Gesundheit zu? Wie viele Un-
ruhe des Gemüths, und schlaflose Stunden ja
gantze Nächte machet sich ein Geitzhaltz nicht?
denn bald läßt ihm das Tichten und Trachten,
wie und auf was Art, was für Räncke und Grif-
fe sein Gut zu vermehren sey, nicht Ruhe: bald
verursachet ihm dieser und jener erlittene Schade
die grösseste Unzufriedenheit und Unruhe; zumal
wenn er sich selbst den widrigen Vorwurf ma-
chet, daß er sich selbst im Lichten gestanden und
hie und da seinen Vortheil versäumet, oder auch
sonst Schaden genommen.

V. 10.

Denn Geitz ist eine Wurtzel alles
Ubels
(wie der Sünden, so der Strafen.) wel-
ches
(nemlich Geitzig zu seyn oder nach Dingen,
womit es der Geitz zu thun hat, begierig zu streben)
hat etliche (von denen, welche sich zur Christli-
chen Religion bekennet haben) gelüstet (also
daß sie solche böse Lust auch haben bey sich herr-
schen lassen) und sind vom Glauben irre
gegangen
(da sie durch den Geitz sich zu aller-
hand Ungerechtigkeit verleiten lassen, und dadurch
das gute Gewissen von sich gestoffen, haben sie
auch am Glauben Schiffbruch gelitten, 1 Tim. 1,
19. ja die Christliche Religion wohl gar wieder
verleugnet) und machen ihnen selbst viel
Schmertzen,
(damit sie sich, als gleichsam mit
Dornen, durchstechen und qvälen.)

Anmerckungen.

1. Was die Wurtzel ist an einem Unkraute,
oder argen Baume, der arge Früchte bringet, das
ist der Geitz dem Menschen. Gleichwie nun ein
Unkraut, oder Baum aus seiner Wurtzel alle sei-
ne Nahrung und Kraft hat zur argen Frucht:
also hat auch ein unbekehrter Mensch vom Geitze
gleichsam sein Futter und seinen Antrieb zu den
übrigen Lastern.

2. Die meisten Laster aber fliessen bey einem
Geitzigen zusammen in der Ungerechtigkeit: als
darinnen sich findet eine rechte Sammlung alles
Ubels, nemlich Lug, Betrug, Undanckbarkeit,
Unbarmhertzigkeit, Neid, Haß, Hader, Feind-
schaft, wo nicht grober, doch subtiler, Diebstal,
Afterreden, falsche Zeugnisse in- und ausserhalb
der Gerichte, ja oft Raub, auch Mord und Todt-
schlag: und wider die erste Tafel des Gesetzes
subtile Abgötterey, Mißbrauch, und Entheili-
gung des Namens GOttes und des Sabbats,
auch des übrigen GOttes-Dienstes u. s. w. wie
solches alles aus dem Geitze entstehet, als die Er-
fahrung lehret, auch die herrschende Begierde des
zeitlichen es an sich also mit sich bringet.

3 Und gleichwie sich ein Geitziger an GOtt
und seinem Nächsten mit Unterlassung der schul-
digen Christen-Pflichten und Begehung der da-
gegen streitenden Laster auf so vielfältige Art ver-
sündiget: so mißhandelt er auch auf mancherley
Art wider sich selbst. Zuvorderst versäumet er
muthwilliger Weise das Heil seiner Seelen, und
häufet darinn und darüber alle Corruption,
und so viele Schuld. Und am Leibe ruiniret er
auf mancherley Art seine Zufriedenheit, daß er
[Spaltenumbruch] denn, wenn er sich ja nicht selbst bald ins Grab
bringet, bey einem verwahrloseten Cörper seiner
zusammen gescharrten Güter nicht einmal dem Lei-
be nach recht froh wird.

4. Zwar solte man meynen, der Geitz stehe
gleichwol dem Laster der Unmäßigkeit und Völle-
rey entgegen, und sey also davon keine Wurtzel:
allein auch dieses Ubel erwächset daraus, obgleich
nicht eben bey allen. Denn obwol mancher Gei-
tziger sich kaum recht satt isset und trincket, so ent-
stehet doch aus dem Geitze oft und endlich ein
Reichthum, und dieser giebt denn oft Anlaß wie
zum Stoltz, zur Pracht und zur Erhebung über
andere, auch zur Ehrsucht, da man nicht leere
Ehren-Titel genug kriegen kan: also auch zu
vieler Unmäßigkeit im Essen und Trincken: ob
man wol hernach durch Ungerechtigkeit wieder
vielfach einzubringen suchet, was darauf gegan-
gen ist.

5. Und obgleich zu diesem allen endlich die
ewige Verdammniß kömmt, und also der Geitz
ein so vielfaches Sünden- und Straf-Ubel nach
sich ziehet: so ist es doch daran noch nicht genug-
sondern, da die Geitzhälse mehrentheils für ihre
Kinder kratzen und scharren; so bringen sie das
Ubel damit auch auf diese: und zwar dergestalt,
daß sie entweder Verschwender, oder auch Gei-
tzige werden. Gehen sie ein in die Verschwen-
dung, so versündigen sie sich durch Wohllust, und
Uppigkeit, auch Stoltz und Ubermuth, mit einem
zeitlichen und ewigen Schaden an ihrer Seelen.
Haben sie aber nebst dem Gute auch den Geitz
von ihren Eltern mit ererbet, so scheinet es zwar,
als wolle der Reichthum nicht so bald zerinnen,
sondern noch wol eher zunehmen: aber eben da-
mit werden die mit dem Geitze verknüpfte und die
aus solcher bösen Wurtzel erwachsende Sünden
gehäufet. Da denn die Sünden der Eltern und der
ihnen darinnen nachfolgenden Kinder zusammen
auf eine Rechnung kommen, und das Maß der
Verdammniß recht voll und groß machen. O
wenn doch Eltern dieses bedächten! O wie man-
che Kinder wären besser gerathen, wenn ihnen die
Eltern entweder nichts, oder doch weniger hin-
terlassen hätten! Und also arbeiten sie nur mit
ihrem Geitze zu ihrer Kinder zeitlichen und ewigen
Verderben. Wie denn auch der zeitliche Fluch
selten lange ausbleibet; als man an so vielen Fa-
mili
en der Reichen erfähret. Wer nur zwanzig
oder dreyßig, ja oft noch wenigere, ich geschweige
viertzig und mehrere Jahre zurück dencken kan,
und sonderlich in einer Volckreichen Stadt woh-
net, oder doch an solchem Orte bekannt ist, der er-
wege nur bey sich selbst, wie viel an zeitlichen Gü-
tern so sehr florirende Familien nicht in kurtzer
Zeit zu Grunde gegangen, daß man sich oft dar-
über recht entsetzen muß.

6. Das allergrösseste Ubel aber, das ausser
der ewigen Verdammniß aus dem Geitze entste-
het und dazu derselbe abführet, ist dieses, daß
durch kein eintziges Laster die Seele so verstricket
und von der Bekehrung so sehr abgehalten wird
als durch den Geitz. Denn alle übrige Sünden
fallen mehr in die Sinne des Menschen und wer-
den mehr wahrgenommen, daher die damit be-

haf-

C. 6. v. 9. 10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] ewigen nicht zu ſagen: denn wie viel Ungemach
ziehet ſich der Menſch dadurch nicht an ſeinem Lei-
be und an ſeiner Geſundheit zu? Wie viele Un-
ruhe des Gemuͤths, und ſchlafloſe Stunden ja
gantze Naͤchte machet ſich ein Geitzhaltz nicht?
denn bald laͤßt ihm das Tichten und Trachten,
wie und auf was Art, was fuͤr Raͤncke und Grif-
fe ſein Gut zu vermehren ſey, nicht Ruhe: bald
verurſachet ihm dieſer und jener erlittene Schade
die groͤſſeſte Unzufriedenheit und Unruhe; zumal
wenn er ſich ſelbſt den widrigen Vorwurf ma-
chet, daß er ſich ſelbſt im Lichten geſtanden und
hie und da ſeinen Vortheil verſaͤumet, oder auch
ſonſt Schaden genommen.

V. 10.

Denn Geitz iſt eine Wurtzel alles
Ubels
(wie der Suͤnden, ſo der Strafen.) wel-
ches
(nemlich Geitzig zu ſeyn oder nach Dingen,
womit es der Geitz zu thun hat, begierig zu ſtreben)
hat etliche (von denen, welche ſich zur Chriſtli-
chen Religion bekennet haben) geluͤſtet (alſo
daß ſie ſolche boͤſe Luſt auch haben bey ſich herr-
ſchen laſſen) und ſind vom Glauben irre
gegangen
(da ſie durch den Geitz ſich zu aller-
hand Ungerechtigkeit verleiten laſſen, und dadurch
das gute Gewiſſen von ſich geſtoffen, haben ſie
auch am Glauben Schiffbruch gelitten, 1 Tim. 1,
19. ja die Chriſtliche Religion wohl gar wieder
verleugnet) und machen ihnen ſelbſt viel
Schmertzen,
(damit ſie ſich, als gleichſam mit
Dornen, durchſtechen und qvaͤlen.)

Anmerckungen.

1. Was die Wurtzel iſt an einem Unkraute,
oder argen Baume, der arge Fruͤchte bringet, das
iſt der Geitz dem Menſchen. Gleichwie nun ein
Unkraut, oder Baum aus ſeiner Wurtzel alle ſei-
ne Nahrung und Kraft hat zur argen Frucht:
alſo hat auch ein unbekehrter Menſch vom Geitze
gleichſam ſein Futter und ſeinen Antrieb zu den
uͤbrigen Laſtern.

2. Die meiſten Laſter aber flieſſen bey einem
Geitzigen zuſammen in der Ungerechtigkeit: als
darinnen ſich findet eine rechte Sammlung alles
Ubels, nemlich Lug, Betrug, Undanckbarkeit,
Unbarmhertzigkeit, Neid, Haß, Hader, Feind-
ſchaft, wo nicht grober, doch ſubtiler, Diebſtal,
Afterreden, falſche Zeugniſſe in- und auſſerhalb
der Gerichte, ja oft Raub, auch Mord und Todt-
ſchlag: und wider die erſte Tafel des Geſetzes
ſubtile Abgoͤtterey, Mißbrauch, und Entheili-
gung des Namens GOttes und des Sabbats,
auch des uͤbrigen GOttes-Dienſtes u. ſ. w. wie
ſolches alles aus dem Geitze entſtehet, als die Er-
fahrung lehret, auch die herrſchende Begierde des
zeitlichen es an ſich alſo mit ſich bringet.

3 Und gleichwie ſich ein Geitziger an GOtt
und ſeinem Naͤchſten mit Unterlaſſung der ſchul-
digen Chriſten-Pflichten und Begehung der da-
gegen ſtreitenden Laſter auf ſo vielfaͤltige Art ver-
ſuͤndiget: ſo mißhandelt er auch auf mancherley
Art wider ſich ſelbſt. Zuvorderſt verſaͤumet er
muthwilliger Weiſe das Heil ſeiner Seelen, und
haͤufet darinn und daruͤber alle Corruption,
und ſo viele Schuld. Und am Leibe ruiniret er
auf mancherley Art ſeine Zufriedenheit, daß er
[Spaltenumbruch] denn, wenn er ſich ja nicht ſelbſt bald ins Grab
bringet, bey einem verwahrloſeten Coͤrper ſeiner
zuſammen geſcharrten Guͤter nicht einmal dem Lei-
be nach recht froh wird.

4. Zwar ſolte man meynen, der Geitz ſtehe
gleichwol dem Laſter der Unmaͤßigkeit und Voͤlle-
rey entgegen, und ſey alſo davon keine Wurtzel:
allein auch dieſes Ubel erwaͤchſet daraus, obgleich
nicht eben bey allen. Denn obwol mancher Gei-
tziger ſich kaum recht ſatt iſſet und trincket, ſo ent-
ſtehet doch aus dem Geitze oft und endlich ein
Reichthum, und dieſer giebt denn oft Anlaß wie
zum Stoltz, zur Pracht und zur Erhebung uͤber
andere, auch zur Ehrſucht, da man nicht leere
Ehren-Titel genug kriegen kan: alſo auch zu
vieler Unmaͤßigkeit im Eſſen und Trincken: ob
man wol hernach durch Ungerechtigkeit wieder
vielfach einzubringen ſuchet, was darauf gegan-
gen iſt.

5. Und obgleich zu dieſem allen endlich die
ewige Verdammniß koͤmmt, und alſo der Geitz
ein ſo vielfaches Suͤnden- und Straf-Ubel nach
ſich ziehet: ſo iſt es doch daran noch nicht genug-
ſondern, da die Geitzhaͤlſe mehrentheils fuͤr ihre
Kinder kratzen und ſcharren; ſo bringen ſie das
Ubel damit auch auf dieſe: und zwar dergeſtalt,
daß ſie entweder Verſchwender, oder auch Gei-
tzige werden. Gehen ſie ein in die Verſchwen-
dung, ſo verſuͤndigen ſie ſich durch Wohlluſt, und
Uppigkeit, auch Stoltz und Ubermuth, mit einem
zeitlichen und ewigen Schaden an ihrer Seelen.
Haben ſie aber nebſt dem Gute auch den Geitz
von ihren Eltern mit ererbet, ſo ſcheinet es zwar,
als wolle der Reichthum nicht ſo bald zerinnen,
ſondern noch wol eher zunehmen: aber eben da-
mit werden die mit dem Geitze verknuͤpfte und die
aus ſolcher boͤſen Wurtzel erwachſende Suͤnden
gehaͤufet. Da denn die Suͤnden der Eltern und der
ihnen darinnen nachfolgenden Kinder zuſammen
auf eine Rechnung kommen, und das Maß der
Verdammniß recht voll und groß machen. O
wenn doch Eltern dieſes bedaͤchten! O wie man-
che Kinder waͤren beſſer gerathen, wenn ihnen die
Eltern entweder nichts, oder doch weniger hin-
terlaſſen haͤtten! Und alſo arbeiten ſie nur mit
ihrem Geitze zu ihrer Kinder zeitlichen und ewigen
Verderben. Wie denn auch der zeitliche Fluch
ſelten lange ausbleibet; als man an ſo vielen Fa-
mili
en der Reichen erfaͤhret. Wer nur zwanzig
oder dreyßig, ja oft noch wenigere, ich geſchweige
viertzig und mehrere Jahre zuruͤck dencken kan,
und ſonderlich in einer Volckreichen Stadt woh-
net, oder doch an ſolchem Orte bekannt iſt, der er-
wege nur bey ſich ſelbſt, wie viel an zeitlichen Guͤ-
tern ſo ſehr florirende Familien nicht in kurtzer
Zeit zu Grunde gegangen, daß man ſich oft dar-
uͤber recht entſetzen muß.

6. Das allergroͤſſeſte Ubel aber, das auſſer
der ewigen Verdammniß aus dem Geitze entſte-
het und dazu derſelbe abfuͤhret, iſt dieſes, daß
durch kein eintziges Laſter die Seele ſo verſtricket
und von der Bekehrung ſo ſehr abgehalten wird
als durch den Geitz. Denn alle uͤbrige Suͤnden
fallen mehr in die Sinne des Menſchen und wer-
den mehr wahrgenommen, daher die damit be-

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[135/0137] C. 6. v. 9. 10. an den Timotheum. ewigen nicht zu ſagen: denn wie viel Ungemach ziehet ſich der Menſch dadurch nicht an ſeinem Lei- be und an ſeiner Geſundheit zu? Wie viele Un- ruhe des Gemuͤths, und ſchlafloſe Stunden ja gantze Naͤchte machet ſich ein Geitzhaltz nicht? denn bald laͤßt ihm das Tichten und Trachten, wie und auf was Art, was fuͤr Raͤncke und Grif- fe ſein Gut zu vermehren ſey, nicht Ruhe: bald verurſachet ihm dieſer und jener erlittene Schade die groͤſſeſte Unzufriedenheit und Unruhe; zumal wenn er ſich ſelbſt den widrigen Vorwurf ma- chet, daß er ſich ſelbſt im Lichten geſtanden und hie und da ſeinen Vortheil verſaͤumet, oder auch ſonſt Schaden genommen. V. 10. Denn Geitz iſt eine Wurtzel alles Ubels (wie der Suͤnden, ſo der Strafen.) wel- ches (nemlich Geitzig zu ſeyn oder nach Dingen, womit es der Geitz zu thun hat, begierig zu ſtreben) hat etliche (von denen, welche ſich zur Chriſtli- chen Religion bekennet haben) geluͤſtet (alſo daß ſie ſolche boͤſe Luſt auch haben bey ſich herr- ſchen laſſen) und ſind vom Glauben irre gegangen (da ſie durch den Geitz ſich zu aller- hand Ungerechtigkeit verleiten laſſen, und dadurch das gute Gewiſſen von ſich geſtoffen, haben ſie auch am Glauben Schiffbruch gelitten, 1 Tim. 1, 19. ja die Chriſtliche Religion wohl gar wieder verleugnet) und machen ihnen ſelbſt viel Schmertzen, (damit ſie ſich, als gleichſam mit Dornen, durchſtechen und qvaͤlen.) Anmerckungen. 1. Was die Wurtzel iſt an einem Unkraute, oder argen Baume, der arge Fruͤchte bringet, das iſt der Geitz dem Menſchen. Gleichwie nun ein Unkraut, oder Baum aus ſeiner Wurtzel alle ſei- ne Nahrung und Kraft hat zur argen Frucht: alſo hat auch ein unbekehrter Menſch vom Geitze gleichſam ſein Futter und ſeinen Antrieb zu den uͤbrigen Laſtern. 2. Die meiſten Laſter aber flieſſen bey einem Geitzigen zuſammen in der Ungerechtigkeit: als darinnen ſich findet eine rechte Sammlung alles Ubels, nemlich Lug, Betrug, Undanckbarkeit, Unbarmhertzigkeit, Neid, Haß, Hader, Feind- ſchaft, wo nicht grober, doch ſubtiler, Diebſtal, Afterreden, falſche Zeugniſſe in- und auſſerhalb der Gerichte, ja oft Raub, auch Mord und Todt- ſchlag: und wider die erſte Tafel des Geſetzes ſubtile Abgoͤtterey, Mißbrauch, und Entheili- gung des Namens GOttes und des Sabbats, auch des uͤbrigen GOttes-Dienſtes u. ſ. w. wie ſolches alles aus dem Geitze entſtehet, als die Er- fahrung lehret, auch die herrſchende Begierde des zeitlichen es an ſich alſo mit ſich bringet. 3 Und gleichwie ſich ein Geitziger an GOtt und ſeinem Naͤchſten mit Unterlaſſung der ſchul- digen Chriſten-Pflichten und Begehung der da- gegen ſtreitenden Laſter auf ſo vielfaͤltige Art ver- ſuͤndiget: ſo mißhandelt er auch auf mancherley Art wider ſich ſelbſt. Zuvorderſt verſaͤumet er muthwilliger Weiſe das Heil ſeiner Seelen, und haͤufet darinn und daruͤber alle Corruption, und ſo viele Schuld. Und am Leibe ruiniret er auf mancherley Art ſeine Zufriedenheit, daß er denn, wenn er ſich ja nicht ſelbſt bald ins Grab bringet, bey einem verwahrloſeten Coͤrper ſeiner zuſammen geſcharrten Guͤter nicht einmal dem Lei- be nach recht froh wird. 4. Zwar ſolte man meynen, der Geitz ſtehe gleichwol dem Laſter der Unmaͤßigkeit und Voͤlle- rey entgegen, und ſey alſo davon keine Wurtzel: allein auch dieſes Ubel erwaͤchſet daraus, obgleich nicht eben bey allen. Denn obwol mancher Gei- tziger ſich kaum recht ſatt iſſet und trincket, ſo ent- ſtehet doch aus dem Geitze oft und endlich ein Reichthum, und dieſer giebt denn oft Anlaß wie zum Stoltz, zur Pracht und zur Erhebung uͤber andere, auch zur Ehrſucht, da man nicht leere Ehren-Titel genug kriegen kan: alſo auch zu vieler Unmaͤßigkeit im Eſſen und Trincken: ob man wol hernach durch Ungerechtigkeit wieder vielfach einzubringen ſuchet, was darauf gegan- gen iſt. 5. Und obgleich zu dieſem allen endlich die ewige Verdammniß koͤmmt, und alſo der Geitz ein ſo vielfaches Suͤnden- und Straf-Ubel nach ſich ziehet: ſo iſt es doch daran noch nicht genug- ſondern, da die Geitzhaͤlſe mehrentheils fuͤr ihre Kinder kratzen und ſcharren; ſo bringen ſie das Ubel damit auch auf dieſe: und zwar dergeſtalt, daß ſie entweder Verſchwender, oder auch Gei- tzige werden. Gehen ſie ein in die Verſchwen- dung, ſo verſuͤndigen ſie ſich durch Wohlluſt, und Uppigkeit, auch Stoltz und Ubermuth, mit einem zeitlichen und ewigen Schaden an ihrer Seelen. Haben ſie aber nebſt dem Gute auch den Geitz von ihren Eltern mit ererbet, ſo ſcheinet es zwar, als wolle der Reichthum nicht ſo bald zerinnen, ſondern noch wol eher zunehmen: aber eben da- mit werden die mit dem Geitze verknuͤpfte und die aus ſolcher boͤſen Wurtzel erwachſende Suͤnden gehaͤufet. Da denn die Suͤnden der Eltern und der ihnen darinnen nachfolgenden Kinder zuſammen auf eine Rechnung kommen, und das Maß der Verdammniß recht voll und groß machen. O wenn doch Eltern dieſes bedaͤchten! O wie man- che Kinder waͤren beſſer gerathen, wenn ihnen die Eltern entweder nichts, oder doch weniger hin- terlaſſen haͤtten! Und alſo arbeiten ſie nur mit ihrem Geitze zu ihrer Kinder zeitlichen und ewigen Verderben. Wie denn auch der zeitliche Fluch ſelten lange ausbleibet; als man an ſo vielen Fa- milien der Reichen erfaͤhret. Wer nur zwanzig oder dreyßig, ja oft noch wenigere, ich geſchweige viertzig und mehrere Jahre zuruͤck dencken kan, und ſonderlich in einer Volckreichen Stadt woh- net, oder doch an ſolchem Orte bekannt iſt, der er- wege nur bey ſich ſelbſt, wie viel an zeitlichen Guͤ- tern ſo ſehr florirende Familien nicht in kurtzer Zeit zu Grunde gegangen, daß man ſich oft dar- uͤber recht entſetzen muß. 6. Das allergroͤſſeſte Ubel aber, das auſſer der ewigen Verdammniß aus dem Geitze entſte- het und dazu derſelbe abfuͤhret, iſt dieſes, daß durch kein eintziges Laſter die Seele ſo verſtricket und von der Bekehrung ſo ſehr abgehalten wird als durch den Geitz. Denn alle uͤbrige Suͤnden fallen mehr in die Sinne des Menſchen und wer- den mehr wahrgenommen, daher die damit be- haf-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/137>, abgerufen am 23.11.2024.