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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 2, v. 19-21. an die Colosser.
[Spaltenumbruch] zumal widrige, Dinge könne daneben halten?
Also hielten sich nun diese falschen Lehrer nicht
an CHristo: und darum führeten sie auch ande-
re von ihm ab.
5. Die andere Eigenschaft des geistli-
chen Leibes ist, daß, da er von CHristo einen
solchen seligen Aus- und Einfluß in solcher ge-
nauen Vereinigung und Gemeinschaft mit ihm,
als seinem Haupte, hat, er nach allen seinen
Gliedern
durch Gelencke und Fugen so genau
verbunden sey,
und ein Glied dem andern al-
so zu statten komme, wie man es am natürli-
chen Leibe und dessen Gliedern siehet; zumal
wenn man die Anatomie ein wenig verstehet, und
daher erkennet, wie weise und wunderbarlich
der Schöpfer die Glieder in der schönsten und
genauesten Symmetrie zusammen gefüget, und
immer eines sein Absehen auf das andere habe,
eins auch ohne das andere nicht seyn könne.
Dieses läßt sich nun gar wohl auf die Gemein-
schaft des Geistes und auf die gemeinschaftliche
Erbauung appliciren. Denn da haben alle Glie-
der zuvorderst einerley geistliche Nahrung,
aus und in CHristo, dadurch sie eines Sinnes
werden. Und in dieser halten sie vest an einan-
der, also daß ein Glied dem andern damit zu
statten kömmt, da nicht allein eines für das an-
dere betet, sondern auch seinen gemeinschaftli-
chen Sinn nach dem innerlichen Triebe der Lie-
be auf mancherley Art und in der That selbst zu
erkennen giebet, und eines das andere theils
träget, theils stärcket und erquicket, sich auch
eines von dem andern stärcken und erbauen
läßt.
6. Und aus dieser Verbindung wird denn
der geistliche Wachsthum des Leibes also be-
fordert, daß CHristus, ihr Haupt, selbst in
allen seinen Gliedern immer mehrere Gestalt
gewinnet. Welches Wachsthums beständiges
und herrliches Zunehmen auszudrucken Paulus
spricht: auxei ten auxesin tou~ Theou~, es wächset
einen Wachsthum GOttes,
das ist, es be-
kömmt einen recht göttlichen Wachsthum; als
der aus GOTT ist, in GOTT zunimt,
und immer näher zu GOTT führet. Wel-
ches Lutherus nicht uneben übersetzet hat durch:
Und also wächset zur göttlichen Grösse.
7. Der nachdrücklichste Parallel-Ort ist
dieser Eph. 4, 12. u. f. - - Dadurch der Leib
CHristi erbauet werde, bis daß wir alle
hinan kommen zu einerley Glauben und
Erkäntniß des Sohnes GOttes, und ein
vollkommen Mann werden, der da sey in
der Masse des vollkommenen Alters Chri-
sti.
Und ferner v. 16. 17. Lasset uns recht-
schaffen seyn in der Liebe, und wachsen
in allen Stücken an dem, der das Haupt
ist, CHristus: aus welchem der gantze
Leib zusammen gefüget und ein Glied am
andern hanget durch alle Gelencke, da-
durch eines dem andern Handreichung
thut nach dem Werck eines ieglichen Glie-
des, in seiner Masse, und machet, daß der
Leib wächset zu sein selbst Besserung, und
das alles in der Liebe.
[Spaltenumbruch]
V. 20. 21.

So ihr denn nun abgestorben seyd mit
CHristo den Satzungen der Welt,
(den
äusserlichen Jüdischen Ceremonien und allen ü-
brigen Menschen-Geboten,) was lasset ihr
euch denn fangen mit Satzungen, als le-
betet ihr noch in der Welt,
(in dem äusser-
lichen Judenthum, wie es vor den Zeiten Chri-
sti war,) die da sagen: Du solt das nicht
angreifen, du solt das nicht kosten, du solt
das nicht anrühren.

Anmerckungen.
1. Es hat der Apostel vorher v. 8. die Co-
losser überhaupt vor zweyerley gewarnet, eines
theils vor einer solchen verkehrten Art der Phi-
losophie,
da man seine eigene Einfälle und al-
lerhand Chimaeren der Imagination für göttli-
che Geheimnisse ausgiebet; andern theils vor
den Jüdischen Ceremonien und Menschen-
Satzungen. Nachdem er nun darauf die Co-
losser mit mehrern von dem Ceremonialischen
Joche abgeführet von v. 10. bis 17. und auch v.
18. wider die Cabbalistische falsche Theologie und
Philosophie seine Warnung noch mit mehrer
Bezeichnung derselben wiederhohlet hatte, so
schärfet er nun hiemit aufs neue ein, wie sehr
man sich vor dem Joche des Mosaischen Cere-
monial-Gesetzes, und der noch dazu gethanen
Menschen-Satzungen zu hüten habe. Mit
welcher wiederholung angezeiget wird, daß den
Colossern mit der Versuchung sey sehr zugesetzet
worden.
2. Der Text selbst hat drey Stücke in sich:
erstlich den aus der vorhergegangenen Abhan-
delung wiederholten Grund von der Erlösung
CHristi, dadurch die Glaubigen den Jüdischen
Satzungen wären abgestorben: hernach den dar-
aus gezogenen Schluß von der Unbilligkeit des-
sen, wenn man sich dennoch davon wolle ge-
fangen nehmen lassen: und denn das Begin-
nen der falschen Lehrer,
wie sie den Colos-
fern zugesetzet haben. Welche drey Puncte nun
insonderheit zu erörtern sind.
3. Bey dem ersten Puncte ist unterschied-
liches zu mercken:
a. Was sind die Satzungen der Welt? Diß
sind die Jüdischen Ceremonial-Gesetze: wel-
che alhier, wie auch vorher v. 8. und Gal. 4,
3. 9. stoikhei~a, Elemente, erste Anfän-
ge,
genennet werden, weil sie denen, wel-
che gegen die Gläubigen des Neuen Testa-
ments den unmündigen Kindern gleich gehal-
ten wurden, vorgeschrieben waren und zur
Unterweisung dieneten. Elemente der
Welt
aber werden sie genennet, weil sie be-
stunden in äusserlichen Dingen, welche zur
materialischen und sichtbaren Welt, oder
Geschöpfen gehöreten, und in die äusserlichen
Sinne fielen. Und ob gleich solcher Satzun-
gen eine sehr grosse Menge war, so hatten doch
die Pharisäer noch mehrere hinzu gethan, auf
welche gemeiniglich noch schärfer gehalten
wurde, als auf die von GOTT vorgeschrie-
benen.
b. Wie
Cap. 2, v. 19-21. an die Coloſſer.
[Spaltenumbruch] zumal widrige, Dinge koͤnne daneben halten?
Alſo hielten ſich nun dieſe falſchen Lehrer nicht
an CHriſto: und darum fuͤhreten ſie auch ande-
re von ihm ab.
5. Die andere Eigenſchaft des geiſtli-
chen Leibes iſt, daß, da er von CHriſto einen
ſolchen ſeligen Aus- und Einfluß in ſolcher ge-
nauen Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm,
als ſeinem Haupte, hat, er nach allen ſeinen
Gliedern
durch Gelencke und Fugen ſo genau
verbunden ſey,
und ein Glied dem andern al-
ſo zu ſtatten komme, wie man es am natuͤrli-
chen Leibe und deſſen Gliedern ſiehet; zumal
wenn man die Anatomie ein wenig verſtehet, und
daher erkennet, wie weiſe und wunderbarlich
der Schoͤpfer die Glieder in der ſchoͤnſten und
genaueſten Symmetrie zuſammen gefuͤget, und
immer eines ſein Abſehen auf das andere habe,
eins auch ohne das andere nicht ſeyn koͤnne.
Dieſes laͤßt ſich nun gar wohl auf die Gemein-
ſchaft des Geiſtes und auf die gemeinſchaftliche
Erbauung appliciren. Denn da haben alle Glie-
der zuvorderſt einerley geiſtliche Nahrung,
aus und in CHriſto, dadurch ſie eines Sinnes
werden. Und in dieſer halten ſie veſt an einan-
der, alſo daß ein Glied dem andern damit zu
ſtatten koͤmmt, da nicht allein eines fuͤr das an-
dere betet, ſondern auch ſeinen gemeinſchaftli-
chen Sinn nach dem innerlichen Triebe der Lie-
be auf mancherley Art und in der That ſelbſt zu
erkennen giebet, und eines das andere theils
traͤget, theils ſtaͤrcket und erquicket, ſich auch
eines von dem andern ſtaͤrcken und erbauen
laͤßt.
6. Und aus dieſer Verbindung wird denn
der geiſtliche Wachsthum des Leibes alſo be-
fordert, daß CHriſtus, ihr Haupt, ſelbſt in
allen ſeinen Gliedern immer mehrere Geſtalt
gewinnet. Welches Wachsthums beſtaͤndiges
und herrliches Zunehmen auszudrucken Paulus
ſpricht: ἀύξει τὴν ἀύξησιν του῀ Θεου῀, es waͤchſet
einen Wachsthum GOttes,
das iſt, es be-
koͤmmt einen recht goͤttlichen Wachsthum; als
der aus GOTT iſt, in GOTT zunimt,
und immer naͤher zu GOTT fuͤhret. Wel-
ches Lutherus nicht uneben uͤberſetzet hat durch:
Und alſo waͤchſet zur goͤttlichen Groͤſſe.
7. Der nachdruͤcklichſte Parallel-Ort iſt
dieſer Eph. 4, 12. u. f. ‒ ‒ Dadurch der Leib
CHriſti erbauet werde, bis daß wir alle
hinan kommen zu einerley Glauben und
Erkaͤntniß des Sohnes GOttes, und ein
vollkommen Mann werden, der da ſey in
der Maſſe des vollkommenen Alters Chri-
ſti.
Und ferner v. 16. 17. Laſſet uns recht-
ſchaffen ſeyn in der Liebe, und wachſen
in allen Stuͤcken an dem, der das Haupt
iſt, CHriſtus: aus welchem der gantze
Leib zuſammen gefuͤget und ein Glied am
andern hanget durch alle Gelencke, da-
durch eines dem andern Handreichung
thut nach dem Werck eines ieglichen Glie-
des, in ſeiner Maſſe, und machet, daß der
Leib waͤchſet zu ſein ſelbſt Beſſerung, und
das alles in der Liebe.
[Spaltenumbruch]
V. 20. 21.

So ihr denn nun abgeſtorben ſeyd mit
CHriſto den Satzungen der Welt,
(den
aͤuſſerlichen Juͤdiſchen Ceremonien und allen uͤ-
brigen Menſchen-Geboten,) was laſſet ihr
euch denn fangen mit Satzungen, als le-
betet ihr noch in der Welt,
(in dem aͤuſſer-
lichen Judenthum, wie es vor den Zeiten Chri-
ſti war,) die da ſagen: Du ſolt das nicht
angreifen, du ſolt das nicht koſten, du ſolt
das nicht anruͤhren.

Anmerckungen.
1. Es hat der Apoſtel vorher v. 8. die Co-
loſſer uͤberhaupt vor zweyerley gewarnet, eines
theils vor einer ſolchen verkehrten Art der Phi-
loſophie,
da man ſeine eigene Einfaͤlle und al-
lerhand Chimæren der Imagination fuͤr goͤttli-
che Geheimniſſe ausgiebet; andern theils vor
den Juͤdiſchen Ceremonien und Menſchen-
Satzungen. Nachdem er nun darauf die Co-
loſſer mit mehrern von dem Ceremonialiſchen
Joche abgefuͤhret von v. 10. bis 17. und auch v.
18. wider die Cabbaliſtiſche falſche Theologie und
Philoſophie ſeine Warnung noch mit mehrer
Bezeichnung derſelben wiederhohlet hatte, ſo
ſchaͤrfet er nun hiemit aufs neue ein, wie ſehr
man ſich vor dem Joche des Moſaiſchen Cere-
monial-Geſetzes, und der noch dazu gethanen
Menſchen-Satzungen zu huͤten habe. Mit
welcher wiederholung angezeiget wird, daß den
Coloſſern mit der Verſuchung ſey ſehr zugeſetzet
worden.
2. Der Text ſelbſt hat drey Stuͤcke in ſich:
erſtlich den aus der vorhergegangenen Abhan-
delung wiederholten Grund von der Erloͤſung
CHriſti, dadurch die Glaubigen den Juͤdiſchen
Satzungen waͤren abgeſtorben: hernach den dar-
aus gezogenen Schluß von der Unbilligkeit deſ-
ſen, wenn man ſich dennoch davon wolle ge-
fangen nehmen laſſen: und denn das Begin-
nen der falſchen Lehrer,
wie ſie den Coloſ-
fern zugeſetzet haben. Welche drey Puncte nun
inſonderheit zu eroͤrtern ſind.
3. Bey dem erſten Puncte iſt unterſchied-
liches zu mercken:
a. Was ſind die Satzungen der Welt? Diß
ſind die Juͤdiſchen Ceremonial-Geſetze: wel-
che alhier, wie auch vorher v. 8. und Gal. 4,
3. 9. στοιχει῀α, Elemente, erſte Anfaͤn-
ge,
genennet werden, weil ſie denen, wel-
che gegen die Glaͤubigen des Neuen Teſta-
ments den unmuͤndigen Kindern gleich gehal-
ten wurden, vorgeſchrieben waren und zur
Unterweiſung dieneten. Elemente der
Welt
aber werden ſie genennet, weil ſie be-
ſtunden in aͤuſſerlichen Dingen, welche zur
materialiſchen und ſichtbaren Welt, oder
Geſchoͤpfen gehoͤreten, und in die aͤuſſerlichen
Sinne fielen. Und ob gleich ſolcher Satzun-
gen eine ſehr groſſe Menge war, ſo hatten doch
die Phariſaͤer noch mehrere hinzu gethan, auf
welche gemeiniglich noch ſchaͤrfer gehalten
wurde, als auf die von GOTT vorgeſchrie-
benen.
b. Wie
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[791/0819] Cap. 2, v. 19-21. an die Coloſſer. zumal widrige, Dinge koͤnne daneben halten? Alſo hielten ſich nun dieſe falſchen Lehrer nicht an CHriſto: und darum fuͤhreten ſie auch ande- re von ihm ab. 5. Die andere Eigenſchaft des geiſtli- chen Leibes iſt, daß, da er von CHriſto einen ſolchen ſeligen Aus- und Einfluß in ſolcher ge- nauen Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm, als ſeinem Haupte, hat, er nach allen ſeinen Gliedern durch Gelencke und Fugen ſo genau verbunden ſey, und ein Glied dem andern al- ſo zu ſtatten komme, wie man es am natuͤrli- chen Leibe und deſſen Gliedern ſiehet; zumal wenn man die Anatomie ein wenig verſtehet, und daher erkennet, wie weiſe und wunderbarlich der Schoͤpfer die Glieder in der ſchoͤnſten und genaueſten Symmetrie zuſammen gefuͤget, und immer eines ſein Abſehen auf das andere habe, eins auch ohne das andere nicht ſeyn koͤnne. Dieſes laͤßt ſich nun gar wohl auf die Gemein- ſchaft des Geiſtes und auf die gemeinſchaftliche Erbauung appliciren. Denn da haben alle Glie- der zuvorderſt einerley geiſtliche Nahrung, aus und in CHriſto, dadurch ſie eines Sinnes werden. Und in dieſer halten ſie veſt an einan- der, alſo daß ein Glied dem andern damit zu ſtatten koͤmmt, da nicht allein eines fuͤr das an- dere betet, ſondern auch ſeinen gemeinſchaftli- chen Sinn nach dem innerlichen Triebe der Lie- be auf mancherley Art und in der That ſelbſt zu erkennen giebet, und eines das andere theils traͤget, theils ſtaͤrcket und erquicket, ſich auch eines von dem andern ſtaͤrcken und erbauen laͤßt. 6. Und aus dieſer Verbindung wird denn der geiſtliche Wachsthum des Leibes alſo be- fordert, daß CHriſtus, ihr Haupt, ſelbſt in allen ſeinen Gliedern immer mehrere Geſtalt gewinnet. Welches Wachsthums beſtaͤndiges und herrliches Zunehmen auszudrucken Paulus ſpricht: ἀύξει τὴν ἀύξησιν του῀ Θεου῀, es waͤchſet einen Wachsthum GOttes, das iſt, es be- koͤmmt einen recht goͤttlichen Wachsthum; als der aus GOTT iſt, in GOTT zunimt, und immer naͤher zu GOTT fuͤhret. Wel- ches Lutherus nicht uneben uͤberſetzet hat durch: Und alſo waͤchſet zur goͤttlichen Groͤſſe. 7. Der nachdruͤcklichſte Parallel-Ort iſt dieſer Eph. 4, 12. u. f. ‒ ‒ Dadurch der Leib CHriſti erbauet werde, bis daß wir alle hinan kommen zu einerley Glauben und Erkaͤntniß des Sohnes GOttes, und ein vollkommen Mann werden, der da ſey in der Maſſe des vollkommenen Alters Chri- ſti. Und ferner v. 16. 17. Laſſet uns recht- ſchaffen ſeyn in der Liebe, und wachſen in allen Stuͤcken an dem, der das Haupt iſt, CHriſtus: aus welchem der gantze Leib zuſammen gefuͤget und ein Glied am andern hanget durch alle Gelencke, da- durch eines dem andern Handreichung thut nach dem Werck eines ieglichen Glie- des, in ſeiner Maſſe, und machet, daß der Leib waͤchſet zu ſein ſelbſt Beſſerung, und das alles in der Liebe. V. 20. 21. So ihr denn nun abgeſtorben ſeyd mit CHriſto den Satzungen der Welt, (den aͤuſſerlichen Juͤdiſchen Ceremonien und allen uͤ- brigen Menſchen-Geboten,) was laſſet ihr euch denn fangen mit Satzungen, als le- betet ihr noch in der Welt, (in dem aͤuſſer- lichen Judenthum, wie es vor den Zeiten Chri- ſti war,) die da ſagen: Du ſolt das nicht angreifen, du ſolt das nicht koſten, du ſolt das nicht anruͤhren. Anmerckungen. 1. Es hat der Apoſtel vorher v. 8. die Co- loſſer uͤberhaupt vor zweyerley gewarnet, eines theils vor einer ſolchen verkehrten Art der Phi- loſophie, da man ſeine eigene Einfaͤlle und al- lerhand Chimæren der Imagination fuͤr goͤttli- che Geheimniſſe ausgiebet; andern theils vor den Juͤdiſchen Ceremonien und Menſchen- Satzungen. Nachdem er nun darauf die Co- loſſer mit mehrern von dem Ceremonialiſchen Joche abgefuͤhret von v. 10. bis 17. und auch v. 18. wider die Cabbaliſtiſche falſche Theologie und Philoſophie ſeine Warnung noch mit mehrer Bezeichnung derſelben wiederhohlet hatte, ſo ſchaͤrfet er nun hiemit aufs neue ein, wie ſehr man ſich vor dem Joche des Moſaiſchen Cere- monial-Geſetzes, und der noch dazu gethanen Menſchen-Satzungen zu huͤten habe. Mit welcher wiederholung angezeiget wird, daß den Coloſſern mit der Verſuchung ſey ſehr zugeſetzet worden. 2. Der Text ſelbſt hat drey Stuͤcke in ſich: erſtlich den aus der vorhergegangenen Abhan- delung wiederholten Grund von der Erloͤſung CHriſti, dadurch die Glaubigen den Juͤdiſchen Satzungen waͤren abgeſtorben: hernach den dar- aus gezogenen Schluß von der Unbilligkeit deſ- ſen, wenn man ſich dennoch davon wolle ge- fangen nehmen laſſen: und denn das Begin- nen der falſchen Lehrer, wie ſie den Coloſ- fern zugeſetzet haben. Welche drey Puncte nun inſonderheit zu eroͤrtern ſind. 3. Bey dem erſten Puncte iſt unterſchied- liches zu mercken: a. Was ſind die Satzungen der Welt? Diß ſind die Juͤdiſchen Ceremonial-Geſetze: wel- che alhier, wie auch vorher v. 8. und Gal. 4, 3. 9. στοιχει῀α, Elemente, erſte Anfaͤn- ge, genennet werden, weil ſie denen, wel- che gegen die Glaͤubigen des Neuen Teſta- ments den unmuͤndigen Kindern gleich gehal- ten wurden, vorgeſchrieben waren und zur Unterweiſung dieneten. Elemente der Welt aber werden ſie genennet, weil ſie be- ſtunden in aͤuſſerlichen Dingen, welche zur materialiſchen und ſichtbaren Welt, oder Geſchoͤpfen gehoͤreten, und in die aͤuſſerlichen Sinne fielen. Und ob gleich ſolcher Satzun- gen eine ſehr groſſe Menge war, ſo hatten doch die Phariſaͤer noch mehrere hinzu gethan, auf welche gemeiniglich noch ſchaͤrfer gehalten wurde, als auf die von GOTT vorgeſchrie- benen. b. Wie

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 791. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/819>, abgerufen am 24.11.2024.