Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 10-12. [Spaltenumbruch]
Seligkeit suchen dürften. Denn daß der Apo-stel auf dieses Haupt-Gut alhier zuvorderst sehe, ist aus dem Contexte klar. Und also ist alhier in CHristo erfüllet seyn so viel, als durch CHri- stum versöhnet seyn, und die Versöhnung sich durch den Glauben zugeeignet haben: Durch sein Blut die Erlösung haben zur Verge- bung der Sünden c. 1, 14. durch die Versöh- nung von CHristo dargestellet seyn heilig, unsträflich und ohne Tadel v. 22. durch sein Opfer dargestellt, geheiliget und vollendet seyn, daß man zu seiner Seligkeit aus eignen Kräften und Verdiensten nichts hinzu thun dürfe und könne. 3. Weil aber das Haupt-Gut der Gerech- tigkeit nicht allein kömmt, sondern auch die Fül- le aller andern Heils-Güter, und mit densel- ben auch die zum heiligen Wandel nöthigen Gnaden-Kräfte mit sich führet, so gehöret hie- her, was Paulus Phil. 1, 11. spricht: Erfül- let werden mit Früchten der Gerechtigkeit, die durch JEsum CHristum geschehen in uns zur Ehre und Lobe GOttes. Siehe auch Eph. 4, 13. von der Gleichförmigkeit der Gläubigen nach dem Masse pleromatos tou~ Khristou~, der Fülle CHristi. Es gehöret demnach zu dieser Erfüllung die Salbung. 4. Es ist aber auch alhier die Paulo ge- wöhnliche Redens-Art zu mercken: in Christo. Die Gläubigen haben ihre Fülle nicht allein von Christo, daß sie solche ihm zu dancken ha- ben, sondern auch in Christo, in solcher Ge- meinschaft mit ihm, da sie durch den Glauben mit ihm sind vereiniget und in ihm erfunden werden: gleichwie die menschliche Natur ihre Fülle hat nicht allein von der göttlichen Natur, sondern auch in der genauesten Vereinigung mit derselben. 5. Durch die Worte aller Fürstenthum und aller Obrigkeit siehet der Apostel zurück auf c. 1, 16. da er mit solchen und mehrern nach- drücklichen Worten die heiligen Engel nach ihren besondern Heerschaaren benennet hat. Das Haupt heißt alhier so viel als der Schöpfer und Ober-HErr, der den Engeln zu befehlen hat. Jn welchem Verstande er Jos. 5, 14. ge- nennet wird der Fürst über das Heer des HErrn. 6. Wenn aber der Sohn GOttes alhier das Haupt heißt, so ist dabey noch zweyerley zu mercken: a. Daß er das Haupt ist nicht allein nach der göttlichen, sondern auch nach der menschli- chen Natur, und also nach seiner gantzen Per- son: sintemal alhier die Rede ist von CHri- sto, als GOTT-Menschen, in welchem die gantze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet. Dabey man conferiren kan das erste Capitel an die Hebräer, woselbst der Apostel diese Ho- heit der gantzen Person CHristi mit mehrern zeiget, und ihr die Ehre der Anbetung der En- gel zueignet. b. Daß er zwar das Haupt der Engel genennet werde, aber nicht in dem Verstande, wie er das Haupt der Gläubigen ist. Denn da je- nes nur gehet auf die Ober-Herrschaft, so ge- [Spaltenumbruch] het dieses nebst derselben zugleich auf die Gleichheit der menschlichen Natur, nach wel- cher das Haupt so wol ein wahrer Mensch ist, als ein iegliches Glied an seinem geistlichen Leibe. So stehet auch deßwegen CHristus, als das Haupt, in einer viel genauern Ver- einigung mit den Gläubigen als mit den En- geln. Daher sie darinn vor ihnen in Ewig- keit einen grossen Vorzug haben und behal- ten. V. 11. 12. Jn welchem ihr auch beschnitten seyd, Anmerckungen 1. Zuvorderst haben wir wegen der Ver- bindung dieser Verse mit den vorhergehenden nach dem Zwecke Pauli zu mercken, daß weil die falschen Lehrer die gläubigen Christen auf die Mosaischen Satzungen, und darunter sonder- lich auf die Beschneidung, als auf eine zur Se- ligkeit nöthige Sache, führeten, er ihnen da- gegen vorstellet, wie sie vermöge der von Chri- sto bereits empfangenen Fülle der Gerechtigkeit, des Heils und der Seligkeit, was bessers hät- ten, und daher solcher dürftigen Dinge gar nicht benöthiget wären. Da er sie denn an statt der Beschneidung auf die heilige Taufe, Wiedergeburt und Rechtfertigung weiset; als in welcher sie CHristi zur Seligkeit wären theil- haftig worden. 2. Der Ordnung nach finden wir alhier zwey Haupt-Stücke, das erste in dem eilften Verse von der der leiblichen entgegen gesetzten geistlichen Beschneidung: das andere in dem zwölften von der heiligen Taufe und ihrer Kraft: welche an statt der Beschneidung ist verordnet worden. Und solcher gestalt hangen diese bey- den Verse so wol nach der grammatischen stru- ctur, als nach der Sache selbst so genaue an ein- ander, daß sie in der Erklärung nicht wohl von einander abgesondert werden können. 3. Was den ersten Punct, die Beschnei- dung, anlanget, so sind dabey folgende Puncte zu mercken: a. Der Unterscheid der leiblichen und geist- lichen Beschneidung. Da die leibliche ist die mit Händen verrichtete, die geistliche ohne Hände. Und diese nennet er die Be- schneidung CHristi, in Ansehung dessen, weil sie zur neuen Oeconomie, welche des Meßiä, oder CHristi ist, also gehöret, daß CHristus dadurch den Gläubigen zugeeignet, und in ihnen verkläret wird: welche auch von CHristo also kömt, daß er sie uns erworben hat,
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 10-12. [Spaltenumbruch]
Seligkeit ſuchen duͤrften. Denn daß der Apo-ſtel auf dieſes Haupt-Gut alhier zuvorderſt ſehe, iſt aus dem Contexte klar. Und alſo iſt alhier in CHriſto erfuͤllet ſeyn ſo viel, als durch CHri- ſtum verſoͤhnet ſeyn, und die Verſoͤhnung ſich durch den Glauben zugeeignet haben: Durch ſein Blut die Erloͤſung haben zur Verge- bung der Suͤnden c. 1, 14. durch die Verſoͤh- nung von CHriſto dargeſtellet ſeyn heilig, unſtraͤflich und ohne Tadel v. 22. durch ſein Opfer dargeſtellt, geheiliget und vollendet ſeyn, daß man zu ſeiner Seligkeit aus eignen Kraͤften und Verdienſten nichts hinzu thun duͤrfe und koͤnne. 3. Weil aber das Haupt-Gut der Gerech- tigkeit nicht allein koͤmmt, ſondern auch die Fuͤl- le aller andern Heils-Guͤter, und mit denſel- ben auch die zum heiligen Wandel noͤthigen Gnaden-Kraͤfte mit ſich fuͤhret, ſo gehoͤret hie- her, was Paulus Phil. 1, 11. ſpricht: Erfuͤl- let werden mit Fruͤchten der Gerechtigkeit, die durch JEſum CHriſtum geſchehen in uns zur Ehre und Lobe GOttes. Siehe auch Eph. 4, 13. von der Gleichfoͤrmigkeit der Glaͤubigen nach dem Maſſe πληρώματος του῀ Χριστου῀, der Fuͤlle CHriſti. Es gehoͤret demnach zu dieſer Erfuͤllung die Salbung. 4. Es iſt aber auch alhier die Paulo ge- woͤhnliche Redens-Art zu mercken: in Chriſto. Die Glaͤubigen haben ihre Fuͤlle nicht allein von Chriſto, daß ſie ſolche ihm zu dancken ha- ben, ſondern auch in Chriſto, in ſolcher Ge- meinſchaft mit ihm, da ſie durch den Glauben mit ihm ſind vereiniget und in ihm erfunden werden: gleichwie die menſchliche Natur ihre Fuͤlle hat nicht allein von der goͤttlichen Natur, ſondern auch in der genaueſten Vereinigung mit derſelben. 5. Durch die Worte aller Fuͤrſtenthum und aller Obrigkeit ſiehet der Apoſtel zuruͤck auf c. 1, 16. da er mit ſolchen und mehrern nach- druͤcklichen Worten die heiligen Engel nach ihren beſondern Heerſchaaren benennet hat. Das Haupt heißt alhier ſo viel als der Schoͤpfer und Ober-HErr, der den Engeln zu befehlen hat. Jn welchem Verſtande er Joſ. 5, 14. ge- nennet wird der Fuͤrſt uͤber das Heer des HErrn. 6. Wenn aber der Sohn GOttes alhier das Haupt heißt, ſo iſt dabey noch zweyerley zu mercken: a. Daß er das Haupt iſt nicht allein nach der goͤttlichen, ſondern auch nach der menſchli- chen Natur, und alſo nach ſeiner gantzen Per- ſon: ſintemal alhier die Rede iſt von CHri- ſto, als GOTT-Menſchen, in welchem die gantze Fuͤlle der Gottheit leibhaftig wohnet. Dabey man conferiren kan das erſte Capitel an die Hebraͤer, woſelbſt der Apoſtel dieſe Ho- heit der gantzen Perſon CHriſti mit mehrern zeiget, und ihr die Ehre der Anbetung der En- gel zueignet. b. Daß er zwar das Haupt der Engel genennet werde, aber nicht in dem Verſtande, wie er das Haupt der Glaͤubigen iſt. Denn da je- nes nur gehet auf die Ober-Herrſchaft, ſo ge- [Spaltenumbruch] het dieſes nebſt derſelben zugleich auf die Gleichheit der menſchlichen Natur, nach wel- cher das Haupt ſo wol ein wahrer Menſch iſt, als ein iegliches Glied an ſeinem geiſtlichen Leibe. So ſtehet auch deßwegen CHriſtus, als das Haupt, in einer viel genauern Ver- einigung mit den Glaͤubigen als mit den En- geln. Daher ſie darinn vor ihnen in Ewig- keit einen groſſen Vorzug haben und behal- ten. V. 11. 12. Jn welchem ihr auch beſchnitten ſeyd, Anmerckungen 1. Zuvorderſt haben wir wegen der Ver- bindung dieſer Verſe mit den vorhergehenden nach dem Zwecke Pauli zu mercken, daß weil die falſchen Lehrer die glaͤubigen Chriſten auf die Moſaiſchen Satzungen, und darunter ſonder- lich auf die Beſchneidung, als auf eine zur Se- ligkeit noͤthige Sache, fuͤhreten, er ihnen da- gegen vorſtellet, wie ſie vermoͤge der von Chri- ſto bereits empfangenen Fuͤlle der Gerechtigkeit, des Heils und der Seligkeit, was beſſers haͤt- ten, und daher ſolcher duͤrftigen Dinge gar nicht benoͤthiget waͤren. Da er ſie denn an ſtatt der Beſchneidung auf die heilige Taufe, Wiedergeburt und Rechtfertigung weiſet; als in welcher ſie CHriſti zur Seligkeit waͤren theil- haftig worden. 2. Der Ordnung nach finden wir alhier zwey Haupt-Stuͤcke, das erſte in dem eilften Verſe von der der leiblichen entgegen geſetzten geiſtlichen Beſchneidung: das andere in dem zwoͤlften von der heiligen Taufe und ihrer Kraft: welche an ſtatt der Beſchneidung iſt verordnet worden. Und ſolcher geſtalt hangen dieſe bey- den Verſe ſo wol nach der grammatiſchen ſtru- ctur, als nach der Sache ſelbſt ſo genaue an ein- ander, daß ſie in der Erklaͤrung nicht wohl von einander abgeſondert werden koͤnnen. 3. Was den erſten Punct, die Beſchnei- dung, anlanget, ſo ſind dabey folgende Puncte zu mercken: a. Der Unterſcheid der leiblichen und geiſt- lichen Beſchneidung. Da die leibliche iſt die mit Haͤnden verrichtete, die geiſtliche ohne Haͤnde. Und dieſe nennet er die Be- ſchneidung CHriſti, in Anſehung deſſen, weil ſie zur neuen Oeconomie, welche des Meßiaͤ, oder CHriſti iſt, alſo gehoͤret, daß CHriſtus dadurch den Glaͤubigen zugeeignet, und in ihnen verklaͤret wird: welche auch von CHriſto alſo koͤmt, daß er ſie uns erworben hat,
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 10-12.
Seligkeit ſuchen duͤrften. Denn daß der Apo-
ſtel auf dieſes Haupt-Gut alhier zuvorderſt ſehe,
iſt aus dem Contexte klar. Und alſo iſt alhier
in CHriſto erfuͤllet ſeyn ſo viel, als durch CHri-
ſtum verſoͤhnet ſeyn, und die Verſoͤhnung ſich
durch den Glauben zugeeignet haben: Durch
ſein Blut die Erloͤſung haben zur Verge-
bung der Suͤnden c. 1, 14. durch die Verſoͤh-
nung von CHriſto dargeſtellet ſeyn heilig,
unſtraͤflich und ohne Tadel v. 22. durch ſein
Opfer dargeſtellt, geheiliget und vollendet ſeyn,
daß man zu ſeiner Seligkeit aus eignen Kraͤften
und Verdienſten nichts hinzu thun duͤrfe und
koͤnne.
3. Weil aber das Haupt-Gut der Gerech-
tigkeit nicht allein koͤmmt, ſondern auch die Fuͤl-
le aller andern Heils-Guͤter, und mit denſel-
ben auch die zum heiligen Wandel noͤthigen
Gnaden-Kraͤfte mit ſich fuͤhret, ſo gehoͤret hie-
her, was Paulus Phil. 1, 11. ſpricht: Erfuͤl-
let werden mit Fruͤchten der Gerechtigkeit,
die durch JEſum CHriſtum geſchehen in
uns zur Ehre und Lobe GOttes. Siehe
auch Eph. 4, 13. von der Gleichfoͤrmigkeit der
Glaͤubigen nach dem Maſſe πληρώματος του῀
Χριστου῀, der Fuͤlle CHriſti. Es gehoͤret demnach
zu dieſer Erfuͤllung die Salbung.
4. Es iſt aber auch alhier die Paulo ge-
woͤhnliche Redens-Art zu mercken: in Chriſto.
Die Glaͤubigen haben ihre Fuͤlle nicht allein
von Chriſto, daß ſie ſolche ihm zu dancken ha-
ben, ſondern auch in Chriſto, in ſolcher Ge-
meinſchaft mit ihm, da ſie durch den Glauben
mit ihm ſind vereiniget und in ihm erfunden
werden: gleichwie die menſchliche Natur ihre
Fuͤlle hat nicht allein von der goͤttlichen Natur,
ſondern auch in der genaueſten Vereinigung mit
derſelben.
5. Durch die Worte aller Fuͤrſtenthum
und aller Obrigkeit ſiehet der Apoſtel zuruͤck
auf c. 1, 16. da er mit ſolchen und mehrern nach-
druͤcklichen Worten die heiligen Engel nach
ihren beſondern Heerſchaaren benennet hat.
Das Haupt heißt alhier ſo viel als der Schoͤpfer
und Ober-HErr, der den Engeln zu befehlen
hat. Jn welchem Verſtande er Joſ. 5, 14. ge-
nennet wird der Fuͤrſt uͤber das Heer des
HErrn.
6. Wenn aber der Sohn GOttes alhier
das Haupt heißt, ſo iſt dabey noch zweyerley zu
mercken:
a. Daß er das Haupt iſt nicht allein nach der
goͤttlichen, ſondern auch nach der menſchli-
chen Natur, und alſo nach ſeiner gantzen Per-
ſon: ſintemal alhier die Rede iſt von CHri-
ſto, als GOTT-Menſchen, in welchem die
gantze Fuͤlle der Gottheit leibhaftig wohnet.
Dabey man conferiren kan das erſte Capitel
an die Hebraͤer, woſelbſt der Apoſtel dieſe Ho-
heit der gantzen Perſon CHriſti mit mehrern
zeiget, und ihr die Ehre der Anbetung der En-
gel zueignet.
b. Daß er zwar das Haupt der Engel genennet
werde, aber nicht in dem Verſtande, wie er
das Haupt der Glaͤubigen iſt. Denn da je-
nes nur gehet auf die Ober-Herrſchaft, ſo ge-
het dieſes nebſt derſelben zugleich auf die
Gleichheit der menſchlichen Natur, nach wel-
cher das Haupt ſo wol ein wahrer Menſch iſt,
als ein iegliches Glied an ſeinem geiſtlichen
Leibe. So ſtehet auch deßwegen CHriſtus,
als das Haupt, in einer viel genauern Ver-
einigung mit den Glaͤubigen als mit den En-
geln. Daher ſie darinn vor ihnen in Ewig-
keit einen groſſen Vorzug haben und behal-
ten.
V. 11. 12.
Jn welchem ihr auch beſchnitten ſeyd,
mit der Beſchneidung ohne Haͤnde, durch
Ablegung des ſuͤndlichen Leibes im Flei-
ſche, (des gantzen ſuͤndlichen Zuſtandes, nach
welchem wir von Natur fleiſchlich geſinnet ſind,)
nemlich mit der Beſchneidung CHriſti:
Jn dem, daß ihr mit ihm begraben ſeyd
durch die Taufe, in welchem ihr auch ſeyd
auferſtanden durch den Glauben, den GOtt
wircket, welcher ihn auferwecket hat von
den Todten.
Anmerckungen
1. Zuvorderſt haben wir wegen der Ver-
bindung dieſer Verſe mit den vorhergehenden
nach dem Zwecke Pauli zu mercken, daß weil
die falſchen Lehrer die glaͤubigen Chriſten auf die
Moſaiſchen Satzungen, und darunter ſonder-
lich auf die Beſchneidung, als auf eine zur Se-
ligkeit noͤthige Sache, fuͤhreten, er ihnen da-
gegen vorſtellet, wie ſie vermoͤge der von Chri-
ſto bereits empfangenen Fuͤlle der Gerechtigkeit,
des Heils und der Seligkeit, was beſſers haͤt-
ten, und daher ſolcher duͤrftigen Dinge gar
nicht benoͤthiget waͤren. Da er ſie denn an
ſtatt der Beſchneidung auf die heilige Taufe,
Wiedergeburt und Rechtfertigung weiſet; als
in welcher ſie CHriſti zur Seligkeit waͤren theil-
haftig worden.
2. Der Ordnung nach finden wir alhier
zwey Haupt-Stuͤcke, das erſte in dem eilften
Verſe von der der leiblichen entgegen geſetzten
geiſtlichen Beſchneidung: das andere in dem
zwoͤlften von der heiligen Taufe und ihrer Kraft:
welche an ſtatt der Beſchneidung iſt verordnet
worden. Und ſolcher geſtalt hangen dieſe bey-
den Verſe ſo wol nach der grammatiſchen ſtru-
ctur, als nach der Sache ſelbſt ſo genaue an ein-
ander, daß ſie in der Erklaͤrung nicht wohl von
einander abgeſondert werden koͤnnen.
3. Was den erſten Punct, die Beſchnei-
dung, anlanget, ſo ſind dabey folgende Puncte
zu mercken:
a. Der Unterſcheid der leiblichen und geiſt-
lichen Beſchneidung. Da die leibliche iſt
die mit Haͤnden verrichtete, die geiſtliche
ohne Haͤnde. Und dieſe nennet er die Be-
ſchneidung CHriſti, in Anſehung deſſen,
weil ſie zur neuen Oeconomie, welche des
Meßiaͤ, oder CHriſti iſt, alſo gehoͤret, daß
CHriſtus dadurch den Glaͤubigen zugeeignet,
und in ihnen verklaͤret wird: welche auch von
CHriſto alſo koͤmt, daß er ſie uns erworben
hat,
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