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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 2, v. 9. 10. an die Colosser.
[Spaltenumbruch] Vereinigung ausser der Person CHristi nicht war,
sondern in derselben.
5. Was die Einwohnung selbst betrifft:
so gehören dazu folgende Stücke:
a. Die Vereinigung beyder Naturen, in An-
sehung ihres actus betrachtet: da die göttliche
die menschliche, wie sie aus Leib und Seele
bestehet, in dem geheiligten Leibe der Jung-
frauen Mariä in ihre hypostasin, oder in ihr
selbstständiges persönliches Wesen, aufge-
nommen, und sich mit ihr aufs allergenaue-
ste vereiniget hat. Welche Aufnahme und
Vereinigung, ob sie gleich über allen Begriff
gehet, sich auch daher nicht eigentlich erklä-
ren läßt, doch damit kan einiger massen er-
läutert werden, wenn man saget, sie sey von
dem Sohne GOttes also angenommen, wie
ein Pfropf-Reiß von einem Baum auf- und
angenommen, und dadurch mit dem Baume
also vereiniget wird, daß es mit ihm ein Baum
ist und heißt, und aus dessen Kraft wächset
und Früchte bringet.
b. Die Mittheilung aller Fülle der Gott-
heit;
als wodurch die menschliche Natur der-
gestalt gesalbet und durchdrungen ist, daß sie
dadurch ist voller göttlicher Herrlichkeit wor-
den; ob sich gleich dieselbe erst im Stande der
Erhöhung im vollen Glantze, hervorgethan
hat.
c. Der Stand solcher Einwohnung, wel-
cher auf die Vereinigung und Mittheilung er-
folget ist, und nach der Erniedrigung in der
Erhöhung ewiglich unveränderlich bleibet.
Denn wie die Einwohnung gedachter Fülle
in der Erniedrigung sich also hervor gethan
hat, daß die gantze Person CHristi, und also
auch die menschliche Natur in allen Wercken
des Mittler-Amts, sich geschäftig erweisen
konte: also thut sie sich noch vielmehr hervor
im Stande der Erhöhung.
6. Die Beschaffenheit der Einwoh-
nung:
welche mit dem Worte somatikos,
leibhaftig ausgedrucket wird. Es halten die
meisten interpretes dafür, daß damit gesehen
werde auf die menschliche Natur, und es so viel
heisse, als persönlich, der Menschheit nach, oder
in der Menschheit. Allein ob gleich dieser Ver-
stand, der Sache selbst nach, wahr ist; so will
er sich doch alhier nicht wohl schicken:
a. Weil dasjenige, was damit, der menschlichen
Natur nach, auf diese Art soll angezeiget wer-
den, schon lieget in dem Worte CHristus
und in der gantzen Redens-Art: Die Fülle
der Gottheit wohnet in CHristo;
da ja,
weil, wie schon gedacht, die Gottheit nicht
kan in sich selbst gewohnet haben, in dem
Worte CHristus, damit ohne das sonder-
lich auf die menschliche Natur gesehen wird,
die bewohnete menschliche Natur schon be-
zeichnet ist.
b. Weil das Wort soma, Leib, Cörper, in
dem Contexte und in eben dieser Materie v. 17.
nicht gebrauchet wird von der menschlichen
Natur, sondern von der dem Schatten-Wercke
des Alten Testaments entgegen stehenden rea-
[Spaltenumbruch] lit
ät der Erfüllung in CHristo: da es c. 2, 17.
heißt: Welches (Levitische Satzungs-We-
sen) ist der Schatten von dem, das zu-
künftig war,
to de soma Khristou~, aber der
Cörper
(ist) CHristi, oder in CHristo.
7. Es heißt demnach somatikos alhier so
viel, als im Gegenbilde, wesentlich, wirck-
lich,
wahrhaftig, thätig, nach aller realität
und Kraft. Und diesen Sinn bestätigen die
Parallel-Oerter in dem Briefe an die Hebräer
cap. 10, 1. da es heißt: Das Gesetz hat den
Schatten von den zukünftigen Gütern,
nicht das Wesen der Güter selbst.
Siehe
auch c. 8, 6. Und da die wesentliche Einwoh-
nung alhier der figürlichen entgegen gesetzet wird,
so wird durch diese sonderlich diejenige verstan-
den, welche an der Wolcken-Seule repraesen-
tir
et wurde. Denn gleichwie ausser der Stifts-
Hütte und dem Tempel das helllichte Feuer in
der Wolcken eine Abschattung der göttlichen
Natur gab: also war in der Stifts-Hütte und
in dem Tempel die gantze Wolcken-Seule, in
Ansehung dessen, daß sie das Haus GOTTes,
und darinnen insonderheit das Allerheiligste er-
füllete, ein Bild der göttlichen Natur, und das
Haus selbst eine Figur der menschlichen. Wie
denn auch von der figürlichen Gegenwart GOt-
tes in solchem seinem typischen Hause das Wort
wohnen, einwohnen, gar gewöhnlich gebrau-
chet wird, und bekannt ist, daß die alte Jüdi-
sche Kirche dieses die Schechinah, die Einwoh-
nung genannt, und mit dem Worte auf die Per-
son des Meßiä und dessen figürliche Gegenwart
gesehen habe. Johannes sahe wol ohne Zweifel
auf das Bild und Gegenbild, als er c. 1, 14.
sagte: Das Wort ward Fleisch, und woh-
nete unter uns, und wir sahen seine Herr-
lichkeit, eine Herrlichkeit, als des einge-
bohrnen Sohnes GOttes voller
(nach der
Fülle der einwohnenden Gottheit) Gnade und
Wahrheit.
V. 10.

Und ihr seyd erfüllet in ihm, welcher
ist das Haupt aller Fürstenthum und Obrig-
keit.

Anmerckungen.
1. Was der Apostel alhier sagen will mit
den Worten: Jhr seyd erfüllet in ihm, das
drucket Johannes c. 1, 16. also aus: Aus sei-
ner Fülle haben wir genömmen Gnade um
Gnade.
Und daher heißt auch Eph. 1, 23. die
Kirche die Fülle, passive, die erfüllet ist:
Darum dabey stehet: Dessen, der alles in
allen erfüllet.
Und c. 3, 19. bezeuget Paulus,
daß sein Gebet dahin gehe, daß die Gläubigen
möchten erfüllet werden mit aller GOttes
Fülle.
2. Diese Fülle, oder Erfüllung, führet,
nach dem Grunde der Cap. 1. angepriesenen
Versöhnung, zuvorderst mit sich die vollkom-
mene Gerechtigkeit
CHristi: Daß demnach
die, welche solche Fülle hatten, ihre Fülle nicht
erst in den dürftigen Mosaischen Satzungen zur
Selig-
F f f f f 2
Cap. 2, v. 9. 10. an die Coloſſer.
[Spaltenumbruch] Vereinigung auſſer der Perſon CHriſti nicht war,
ſondern in derſelben.
5. Was die Einwohnung ſelbſt betrifft:
ſo gehoͤren dazu folgende Stuͤcke:
a. Die Vereinigung beyder Naturen, in An-
ſehung ihres actus betrachtet: da die goͤttliche
die menſchliche, wie ſie aus Leib und Seele
beſtehet, in dem geheiligten Leibe der Jung-
frauen Mariaͤ in ihre hypoſtaſin, oder in ihr
ſelbſtſtaͤndiges perſoͤnliches Weſen, aufge-
nommen, und ſich mit ihr aufs allergenaue-
ſte vereiniget hat. Welche Aufnahme und
Vereinigung, ob ſie gleich uͤber allen Begriff
gehet, ſich auch daher nicht eigentlich erklaͤ-
ren laͤßt, doch damit kan einiger maſſen er-
laͤutert werden, wenn man ſaget, ſie ſey von
dem Sohne GOttes alſo angenommen, wie
ein Pfropf-Reiß von einem Baum auf- und
angenommen, und dadurch mit dem Baume
alſo vereiniget wird, daß es mit ihm ein Baum
iſt und heißt, und aus deſſen Kraft waͤchſet
und Fruͤchte bringet.
b. Die Mittheilung aller Fuͤlle der Gott-
heit;
als wodurch die menſchliche Natur der-
geſtalt geſalbet und durchdrungen iſt, daß ſie
dadurch iſt voller goͤttlicher Herrlichkeit wor-
den; ob ſich gleich dieſelbe erſt im Stande der
Erhoͤhung im vollen Glantze, hervorgethan
hat.
c. Der Stand ſolcher Einwohnung, wel-
cher auf die Vereinigung und Mittheilung er-
folget iſt, und nach der Erniedrigung in der
Erhoͤhung ewiglich unveraͤnderlich bleibet.
Denn wie die Einwohnung gedachter Fuͤlle
in der Erniedrigung ſich alſo hervor gethan
hat, daß die gantze Perſon CHriſti, und alſo
auch die menſchliche Natur in allen Wercken
des Mittler-Amts, ſich geſchaͤftig erweiſen
konte: alſo thut ſie ſich noch vielmehr hervor
im Stande der Erhoͤhung.
6. Die Beſchaffenheit der Einwoh-
nung:
welche mit dem Worte σωματικῶς,
leibhaftig ausgedrucket wird. Es halten die
meiſten interpretes dafuͤr, daß damit geſehen
werde auf die menſchliche Natur, und es ſo viel
heiſſe, als perſoͤnlich, der Menſchheit nach, oder
in der Menſchheit. Allein ob gleich dieſer Ver-
ſtand, der Sache ſelbſt nach, wahr iſt; ſo will
er ſich doch alhier nicht wohl ſchicken:
a. Weil dasjenige, was damit, der menſchlichen
Natur nach, auf dieſe Art ſoll angezeiget wer-
den, ſchon lieget in dem Worte CHriſtus
und in der gantzen Redens-Art: Die Fuͤlle
der Gottheit wohnet in CHriſto;
da ja,
weil, wie ſchon gedacht, die Gottheit nicht
kan in ſich ſelbſt gewohnet haben, in dem
Worte CHriſtus, damit ohne das ſonder-
lich auf die menſchliche Natur geſehen wird,
die bewohnete menſchliche Natur ſchon be-
zeichnet iſt.
b. Weil das Wort σῶμα, Leib, Coͤrper, in
dem Contexte und in eben dieſer Materie v. 17.
nicht gebrauchet wird von der menſchlichen
Natur, ſondern von der dem Schatten-Wercke
des Alten Teſtaments entgegen ſtehenden rea-
[Spaltenumbruch] lit
aͤt der Erfuͤllung in CHriſto: da es c. 2, 17.
heißt: Welches (Levitiſche Satzungs-We-
ſen) iſt der Schatten von dem, das zu-
kuͤnftig war,
τὸ δέ σῶμα Χριστου῀, aber der
Coͤrper
(iſt) CHriſti, oder in CHriſto.
7. Es heißt demnach σωματικῶς alhier ſo
viel, als im Gegenbilde, weſentlich, wirck-
lich,
wahrhaftig, thaͤtig, nach aller realitaͤt
und Kraft. Und dieſen Sinn beſtaͤtigen die
Parallel-Oerter in dem Briefe an die Hebraͤer
cap. 10, 1. da es heißt: Das Geſetz hat den
Schatten von den zukuͤnftigen Guͤtern,
nicht das Weſen der Guͤter ſelbſt.
Siehe
auch c. 8, 6. Und da die weſentliche Einwoh-
nung alhier der figuͤrlichen entgegen geſetzet wird,
ſo wird durch dieſe ſonderlich diejenige verſtan-
den, welche an der Wolcken-Seule repræſen-
tir
et wurde. Denn gleichwie auſſer der Stifts-
Huͤtte und dem Tempel das helllichte Feuer in
der Wolcken eine Abſchattung der goͤttlichen
Natur gab: alſo war in der Stifts-Huͤtte und
in dem Tempel die gantze Wolcken-Seule, in
Anſehung deſſen, daß ſie das Haus GOTTes,
und darinnen inſonderheit das Allerheiligſte er-
fuͤllete, ein Bild der goͤttlichen Natur, und das
Haus ſelbſt eine Figur der menſchlichen. Wie
denn auch von der figuͤrlichen Gegenwart GOt-
tes in ſolchem ſeinem typiſchen Hauſe das Wort
wohnen, einwohnen, gar gewoͤhnlich gebrau-
chet wird, und bekannt iſt, daß die alte Juͤdi-
ſche Kirche dieſes die Schechinah, die Einwoh-
nung genannt, und mit dem Worte auf die Per-
ſon des Meßiaͤ und deſſen figuͤrliche Gegenwart
geſehen habe. Johannes ſahe wol ohne Zweifel
auf das Bild und Gegenbild, als er c. 1, 14.
ſagte: Das Wort ward Fleiſch, und woh-
nete unter uns, und wir ſahen ſeine Herr-
lichkeit, eine Herrlichkeit, als des einge-
bohrnen Sohnes GOttes voller
(nach der
Fuͤlle der einwohnenden Gottheit) Gnade und
Wahrheit.
V. 10.

Und ihr ſeyd erfuͤllet in ihm, welcher
iſt das Haupt aller Fuͤrſtenthum und Obrig-
keit.

Anmerckungen.
1. Was der Apoſtel alhier ſagen will mit
den Worten: Jhr ſeyd erfuͤllet in ihm, das
drucket Johannes c. 1, 16. alſo aus: Aus ſei-
ner Fuͤlle haben wir genoͤmmen Gnade um
Gnade.
Und daher heißt auch Eph. 1, 23. die
Kirche die Fuͤlle, pasſive, die erfuͤllet iſt:
Darum dabey ſtehet: Deſſen, der alles in
allen erfuͤllet.
Und c. 3, 19. bezeuget Paulus,
daß ſein Gebet dahin gehe, daß die Glaͤubigen
moͤchten erfuͤllet werden mit aller GOttes
Fuͤlle.
2. Dieſe Fuͤlle, oder Erfuͤllung, fuͤhret,
nach dem Grunde der Cap. 1. angeprieſenen
Verſoͤhnung, zuvorderſt mit ſich die vollkom-
mene Gerechtigkeit
CHriſti: Daß demnach
die, welche ſolche Fuͤlle hatten, ihre Fuͤlle nicht
erſt in den duͤrftigen Moſaiſchen Satzungen zur
Selig-
F f f f f 2
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[779/0807] Cap. 2, v. 9. 10. an die Coloſſer. Vereinigung auſſer der Perſon CHriſti nicht war, ſondern in derſelben. 5. Was die Einwohnung ſelbſt betrifft: ſo gehoͤren dazu folgende Stuͤcke: a. Die Vereinigung beyder Naturen, in An- ſehung ihres actus betrachtet: da die goͤttliche die menſchliche, wie ſie aus Leib und Seele beſtehet, in dem geheiligten Leibe der Jung- frauen Mariaͤ in ihre hypoſtaſin, oder in ihr ſelbſtſtaͤndiges perſoͤnliches Weſen, aufge- nommen, und ſich mit ihr aufs allergenaue- ſte vereiniget hat. Welche Aufnahme und Vereinigung, ob ſie gleich uͤber allen Begriff gehet, ſich auch daher nicht eigentlich erklaͤ- ren laͤßt, doch damit kan einiger maſſen er- laͤutert werden, wenn man ſaget, ſie ſey von dem Sohne GOttes alſo angenommen, wie ein Pfropf-Reiß von einem Baum auf- und angenommen, und dadurch mit dem Baume alſo vereiniget wird, daß es mit ihm ein Baum iſt und heißt, und aus deſſen Kraft waͤchſet und Fruͤchte bringet. b. Die Mittheilung aller Fuͤlle der Gott- heit; als wodurch die menſchliche Natur der- geſtalt geſalbet und durchdrungen iſt, daß ſie dadurch iſt voller goͤttlicher Herrlichkeit wor- den; ob ſich gleich dieſelbe erſt im Stande der Erhoͤhung im vollen Glantze, hervorgethan hat. c. Der Stand ſolcher Einwohnung, wel- cher auf die Vereinigung und Mittheilung er- folget iſt, und nach der Erniedrigung in der Erhoͤhung ewiglich unveraͤnderlich bleibet. Denn wie die Einwohnung gedachter Fuͤlle in der Erniedrigung ſich alſo hervor gethan hat, daß die gantze Perſon CHriſti, und alſo auch die menſchliche Natur in allen Wercken des Mittler-Amts, ſich geſchaͤftig erweiſen konte: alſo thut ſie ſich noch vielmehr hervor im Stande der Erhoͤhung. 6. Die Beſchaffenheit der Einwoh- nung: welche mit dem Worte σωματικῶς, leibhaftig ausgedrucket wird. Es halten die meiſten interpretes dafuͤr, daß damit geſehen werde auf die menſchliche Natur, und es ſo viel heiſſe, als perſoͤnlich, der Menſchheit nach, oder in der Menſchheit. Allein ob gleich dieſer Ver- ſtand, der Sache ſelbſt nach, wahr iſt; ſo will er ſich doch alhier nicht wohl ſchicken: a. Weil dasjenige, was damit, der menſchlichen Natur nach, auf dieſe Art ſoll angezeiget wer- den, ſchon lieget in dem Worte CHriſtus und in der gantzen Redens-Art: Die Fuͤlle der Gottheit wohnet in CHriſto; da ja, weil, wie ſchon gedacht, die Gottheit nicht kan in ſich ſelbſt gewohnet haben, in dem Worte CHriſtus, damit ohne das ſonder- lich auf die menſchliche Natur geſehen wird, die bewohnete menſchliche Natur ſchon be- zeichnet iſt. b. Weil das Wort σῶμα, Leib, Coͤrper, in dem Contexte und in eben dieſer Materie v. 17. nicht gebrauchet wird von der menſchlichen Natur, ſondern von der dem Schatten-Wercke des Alten Teſtaments entgegen ſtehenden rea- litaͤt der Erfuͤllung in CHriſto: da es c. 2, 17. heißt: Welches (Levitiſche Satzungs-We- ſen) iſt der Schatten von dem, das zu- kuͤnftig war, τὸ δέ σῶμα Χριστου῀, aber der Coͤrper (iſt) CHriſti, oder in CHriſto. 7. Es heißt demnach σωματικῶς alhier ſo viel, als im Gegenbilde, weſentlich, wirck- lich, wahrhaftig, thaͤtig, nach aller realitaͤt und Kraft. Und dieſen Sinn beſtaͤtigen die Parallel-Oerter in dem Briefe an die Hebraͤer cap. 10, 1. da es heißt: Das Geſetz hat den Schatten von den zukuͤnftigen Guͤtern, nicht das Weſen der Guͤter ſelbſt. Siehe auch c. 8, 6. Und da die weſentliche Einwoh- nung alhier der figuͤrlichen entgegen geſetzet wird, ſo wird durch dieſe ſonderlich diejenige verſtan- den, welche an der Wolcken-Seule repræſen- tiret wurde. Denn gleichwie auſſer der Stifts- Huͤtte und dem Tempel das helllichte Feuer in der Wolcken eine Abſchattung der goͤttlichen Natur gab: alſo war in der Stifts-Huͤtte und in dem Tempel die gantze Wolcken-Seule, in Anſehung deſſen, daß ſie das Haus GOTTes, und darinnen inſonderheit das Allerheiligſte er- fuͤllete, ein Bild der goͤttlichen Natur, und das Haus ſelbſt eine Figur der menſchlichen. Wie denn auch von der figuͤrlichen Gegenwart GOt- tes in ſolchem ſeinem typiſchen Hauſe das Wort wohnen, einwohnen, gar gewoͤhnlich gebrau- chet wird, und bekannt iſt, daß die alte Juͤdi- ſche Kirche dieſes die Schechinah, die Einwoh- nung genannt, und mit dem Worte auf die Per- ſon des Meßiaͤ und deſſen figuͤrliche Gegenwart geſehen habe. Johannes ſahe wol ohne Zweifel auf das Bild und Gegenbild, als er c. 1, 14. ſagte: Das Wort ward Fleiſch, und woh- nete unter uns, und wir ſahen ſeine Herr- lichkeit, eine Herrlichkeit, als des einge- bohrnen Sohnes GOttes voller (nach der Fuͤlle der einwohnenden Gottheit) Gnade und Wahrheit. V. 10. Und ihr ſeyd erfuͤllet in ihm, welcher iſt das Haupt aller Fuͤrſtenthum und Obrig- keit. Anmerckungen. 1. Was der Apoſtel alhier ſagen will mit den Worten: Jhr ſeyd erfuͤllet in ihm, das drucket Johannes c. 1, 16. alſo aus: Aus ſei- ner Fuͤlle haben wir genoͤmmen Gnade um Gnade. Und daher heißt auch Eph. 1, 23. die Kirche die Fuͤlle, pasſive, die erfuͤllet iſt: Darum dabey ſtehet: Deſſen, der alles in allen erfuͤllet. Und c. 3, 19. bezeuget Paulus, daß ſein Gebet dahin gehe, daß die Glaͤubigen moͤchten erfuͤllet werden mit aller GOttes Fuͤlle. 2. Dieſe Fuͤlle, oder Erfuͤllung, fuͤhret, nach dem Grunde der Cap. 1. angeprieſenen Verſoͤhnung, zuvorderſt mit ſich die vollkom- mene Gerechtigkeit CHriſti: Daß demnach die, welche ſolche Fuͤlle hatten, ihre Fuͤlle nicht erſt in den duͤrftigen Moſaiſchen Satzungen zur Selig- F f f f f 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 779. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/807>, abgerufen am 27.11.2024.