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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 2, v. 8. an die Colosser.
[Spaltenumbruch] lich gedachter Lust-Begierden, setzet, und da-
her eine solche Mittel-Strasse machet, dar-
nach man eines theils die wahre Selbst-Ver-
leugnung und Creutzigung solcher Begierden
und aller eiteln Lust- und Spiel-Handelun-
gen, andern theils solche Uberfahrungen, wo-
durch man aus den Schrancken der bürgerli-
chen Ehrbarkeit schreitet, und auf gröbere Ex-
cess
e verfällt, für Abwege erkennet: ob man
gleich von jenem vermeinten Abwege die Phra-
seologi
e selbst, als Verleugnung seiner selbst,
Busse, Bekehrung u. d. gl. noch beybehält, sich
aber hütet, daß es damit ja nicht in der Praxi
zum rechten Verstande komme; als welcher
ihnen ein Abweg ist. Diß ist ein noch aus der
Aristotelischen Philosophie übriger sehr gemei-
ner und schädlicher Sauerteig, der die gantze
doctrinam moralem im Grunde verdirbet und
darinnen gar nichts gesundes übrig lässet, als
blosse Worte ohne ihren richtigen Verstand.
Es sind hievon die gelehrten und mit einem
natürlichen und geistlichen Judicio verfertig-
ten Schriften des sel. Rectoris am Gothaischen
Gymnasio, H. Vockerods, vor andern Lesens
werth. Was ich selbst davon ediret habe, ist
nicht unbekannt.
g. Das aus dem Mißbrauche der eclectischen
Philosophie entstandene grosse Ubel bestehet in
einer improba scepsi, da die Freyheit zu sen-
tir
en durch die Frechheit degeneriret ist.
Denn da hat man immer Vorurtheile entde-
cken und neue Wahrheiten ans Licht stellen
wollen: man hat aber auch grosse Jrrthümer
für Wahrheiten ausgegeben, und hingegen
rechte Grund-Wahrheiten, die sonst ieder-
man billig für rechte Grund- und Grentz-Stei-
ne gehalten hat, für Jrrthümer erkläret, sich
auch nicht gescheuet, die Grund-Veste der
Christlichen Religion wo nicht gerade anzu-
greifen, doch dagegen solche Principia zu se-
tzen, dadurch sie bey Unbevestigten muß über
einen Haufen gehen, und theils dem Atheismo,
theils dem Naturalismo mit dem Epicureismo,
Platz machen.
9. Wir sehen demnach, daß man noch
heute zu Tage der Apostolischen Warnung
vor der falschen
Philosophie, als einer losen
Verführung, allerdings sehr nöthig habe. Und
wie dieselbe in einer gantz neuen, und zum Theil
pseudo-mathematischen Form sich wie der Krebs
in den Cörper unserer Universität eingefressen
hatte, ist weltkündig, und davon alhier nicht viel
anzuführen, aber auch so viel weniger mit Still-
schweigen gäntzlich zu übergehen, so viel ausdrück-
licher der gegenwärtige Text der falschen Philo-
sophi
e entgegen gesetzet ist, und also auch davon
einige Meldung und Application erfodert; zu-
mal von dem, der ihn erklären soll, und nach
der besondern Leitung GOttes dagegen in unter-
schiedlichen Schriften hat die Feder führen müs-
sen. Man mercke demnach folgendes:
a. Unter den Systematibus der falschen Philosophie
sind zwey die allerungereimtesten und irrig-
sten, auch schädlichsten, welche in extremis
einander entgegen stehen: das eine ist der so
genannten Materialisten, oder der schon vor
[Spaltenumbruch] alters bekannten Materiariorum, welche von
den würcklich existirenden Dingen nichts, als
nur materialische Cörper zugeben, die Exi-
sten
tz der Geister überhaupt, und also auch
GOttes, läugnen, die menschlichen Seelen
aber für ein subtiles cörperliches Wesen hal-
ten. Hingegen sind wieder andere, doch nur
einige wenige, Leute von gantz zerrütteten Sin-
nen, Idealisten genannt, gewesen, welche alle
Existentz der Cörper mit ihrem Wesen, auch
der gantzen cörperlichen Welt, geläugnet, und
dagegen nichts als blosse Geister zugegeben,
und dieser ihr gantzes Wesen in den Ideen, oder
in dem Vermögen, sich von cörperlichen Din-
gen Ideen oder solche Vorstellungen zu ma-
chen, als wenn die Dinge, die doch nicht da
sind, würcklich da wären, gesetzet haben.
b. Weil nun die Materialisten keine Geister sta-
tuir
en, weder GOtt, als den Schöpfer, noch
andere, als Geschöpfe, so können sie nicht an-
ders, als daß sie mit Verläugnung GOttes
und aller übrigen Geister, dadurch sie zu recht
groben Atheisten werden, alle Bewegungen,
die in der Welt geschehen, und insonderheit
welche am menschlichen Cörper in allen Hand-
lungen, auch des Mundes im reden, und der
Hände im schreiben, und übrigem Wircken
vorgehen, der blossen Materie zuschreiben, und
darin nichts als einen blossen Mechanismum
erkennen, sie auch nur nach blosser Machinen-
Art erklären.
c. Weil die Idealisten keine Cörper statuiren, so
können sie nicht anders, als daß sie, wie sie
auch thun, vorgeben, daß die Seele des Men-
schen zu den Ideen und Bildern, welche sie von
cörperlichen Dingen in sich hat, sich keiner
Gliedmassen der Sinnen, als der Augen und
der Ohren u. s. w. bedienet; sondern daß sie
dieselbe aus sich selbst aus ihrem Wesen, daß
in einer ideisirenden Kraft bostehe, nach einer
unveränderlichen Nothwendigkeit gleichsam
heraus wircket.
d. Diese beyden gantz contraire Systemata haben
zu unsern Zeiten ein paar Mathematici in eines
zusammen gefüget, und also zwar eines Theils
wider die Materialisten Geister zugegeben;
aber doch den Haupt-Jrrthum des idealisti-
schen Systematis behalten: welcher, wie schon
gedacht, darinnen bestehet, daß die Seele oh-
ne alle Beyhülfe des Leibes und dessen Glied-
massen, insonderheit des Gesichts und des Ge-
höres, alle Ideen, welche sie von cörperlichen
Dingen hat, aus ihrem eignen Wesen her-
vorbringe. Sie gaben auch zwar andern
Theils wider die Idealisten Cörper zu; aber
mit Beybehaltung ihres Haupt-Jrrthums:
welcher dieser ist, daß der Leib alle willkürli-
che Bewegung, insonderheit des Mundes im
reden, und der Hand im schreiben und
künstlichen Wirckungen, ohne alle Wirckung,
Regirung und Beyhülfe der Seele, auf eine
blos mechanische Art vor sich verrichtete.
e. Da nun alle beyde sonst einander gantz con-
trair
e Systemata sich in diesem Haupt-Jrrthum
concentriren, daß sie auf ein mehr als Stoisches
Fatum, oder auf eine unwandelbare Noth-
wen-
F f f f f
Cap. 2, v. 8. an die Coloſſer.
[Spaltenumbruch] lich gedachter Luſt-Begierden, ſetzet, und da-
her eine ſolche Mittel-Straſſe machet, dar-
nach man eines theils die wahre Selbſt-Ver-
leugnung und Creutzigung ſolcher Begierden
und aller eiteln Luſt- und Spiel-Handelun-
gen, andern theils ſolche Uberfahrungen, wo-
durch man aus den Schrancken der buͤrgerli-
chen Ehrbarkeit ſchreitet, und auf groͤbere Ex-
ceſſ
e verfaͤllt, fuͤr Abwege erkennet: ob man
gleich von jenem vermeinten Abwege die Phra-
ſeologi
e ſelbſt, als Verleugnung ſeiner ſelbſt,
Buſſe, Bekehrung u. d. gl. noch beybehaͤlt, ſich
aber huͤtet, daß es damit ja nicht in der Praxi
zum rechten Verſtande komme; als welcher
ihnen ein Abweg iſt. Diß iſt ein noch aus der
Ariſtoteliſchen Philoſophie uͤbriger ſehr gemei-
ner und ſchaͤdlicher Sauerteig, der die gantze
doctrinam moralem im Grunde verdirbet und
darinnen gar nichts geſundes uͤbrig laͤſſet, als
bloſſe Worte ohne ihren richtigen Verſtand.
Es ſind hievon die gelehrten und mit einem
natuͤrlichen und geiſtlichen Judicio verfertig-
ten Schriften des ſel. Rectoris am Gothaiſchen
Gymnaſio, H. Vockerods, vor andern Leſens
werth. Was ich ſelbſt davon ediret habe, iſt
nicht unbekannt.
g. Das aus dem Mißbrauche der eclectiſchen
Philoſophie entſtandene groſſe Ubel beſtehet in
einer improba ſcepſi, da die Freyheit zu ſen-
tir
en durch die Frechheit degeneriret iſt.
Denn da hat man immer Vorurtheile entde-
cken und neue Wahrheiten ans Licht ſtellen
wollen: man hat aber auch groſſe Jrrthuͤmer
fuͤr Wahrheiten ausgegeben, und hingegen
rechte Grund-Wahrheiten, die ſonſt ieder-
man billig fuͤr rechte Grund- und Grentz-Stei-
ne gehalten hat, fuͤr Jrrthuͤmer erklaͤret, ſich
auch nicht geſcheuet, die Grund-Veſte der
Chriſtlichen Religion wo nicht gerade anzu-
greifen, doch dagegen ſolche Principia zu ſe-
tzen, dadurch ſie bey Unbeveſtigten muß uͤber
einen Haufen gehen, und theils dem Atheiſmo,
theils dem Naturaliſmo mit dem Epicureiſmo,
Platz machen.
9. Wir ſehen demnach, daß man noch
heute zu Tage der Apoſtoliſchen Warnung
vor der falſchen
Philoſophie, als einer loſen
Verfuͤhrung, allerdings ſehr noͤthig habe. Und
wie dieſelbe in einer gantz neuen, und zum Theil
pſeudo-mathematiſchen Form ſich wie der Krebs
in den Coͤrper unſerer Univerſitaͤt eingefreſſen
hatte, iſt weltkuͤndig, und davon alhier nicht viel
anzufuͤhren, aber auch ſo viel weniger mit Still-
ſchweigen gaͤntzlich zu uͤbergehen, ſo viel ausdruͤck-
licher der gegenwaͤrtige Text der falſchen Philo-
ſophi
e entgegen geſetzet iſt, und alſo auch davon
einige Meldung und Application erfodert; zu-
mal von dem, der ihn erklaͤren ſoll, und nach
der beſondern Leitung GOttes dagegen in unter-
ſchiedlichen Schriften hat die Feder fuͤhren muͤſ-
ſen. Man mercke demnach folgendes:
a. Unter den Syſtematibus der falſchen Philoſophie
ſind zwey die allerungereimteſten und irrig-
ſten, auch ſchaͤdlichſten, welche in extremis
einander entgegen ſtehen: das eine iſt der ſo
genannten Materialiſten, oder der ſchon vor
[Spaltenumbruch] alters bekannten Materiariorum, welche von
den wuͤrcklich exiſtirenden Dingen nichts, als
nur materialiſche Coͤrper zugeben, die Exi-
ſten
tz der Geiſter uͤberhaupt, und alſo auch
GOttes, laͤugnen, die menſchlichen Seelen
aber fuͤr ein ſubtiles coͤrperliches Weſen hal-
ten. Hingegen ſind wieder andere, doch nur
einige wenige, Leute von gantz zerruͤtteten Sin-
nen, Idealiſten genannt, geweſen, welche alle
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der gantzen coͤrperlichen Welt, gelaͤugnet, und
dagegen nichts als bloſſe Geiſter zugegeben,
und dieſer ihr gantzes Weſen in den Ideen, oder
in dem Vermoͤgen, ſich von coͤrperlichen Din-
gen Ideen oder ſolche Vorſtellungen zu ma-
chen, als wenn die Dinge, die doch nicht da
ſind, wuͤrcklich da waͤren, geſetzet haben.
b. Weil nun die Materialiſten keine Geiſter ſta-
tuir
en, weder GOtt, als den Schoͤpfer, noch
andere, als Geſchoͤpfe, ſo koͤnnen ſie nicht an-
ders, als daß ſie mit Verlaͤugnung GOttes
und aller uͤbrigen Geiſter, dadurch ſie zu recht
groben Atheiſten werden, alle Bewegungen,
die in der Welt geſchehen, und inſonderheit
welche am menſchlichen Coͤrper in allen Hand-
lungen, auch des Mundes im reden, und der
Haͤnde im ſchreiben, und uͤbrigem Wircken
vorgehen, der bloſſen Materie zuſchreiben, und
darin nichts als einen bloſſen Mechaniſmum
erkennen, ſie auch nur nach bloſſer Machinen-
Art erklaͤren.
c. Weil die Idealiſten keine Coͤrper ſtatuiren, ſo
koͤnnen ſie nicht anders, als daß ſie, wie ſie
auch thun, vorgeben, daß die Seele des Men-
ſchen zu den Ideen und Bildern, welche ſie von
coͤrperlichen Dingen in ſich hat, ſich keiner
Gliedmaſſen der Sinnen, als der Augen und
der Ohren u. ſ. w. bedienet; ſondern daß ſie
dieſelbe aus ſich ſelbſt aus ihrem Weſen, daß
in einer ideiſirenden Kraft boſtehe, nach einer
unveraͤnderlichen Nothwendigkeit gleichſam
heraus wircket.
d. Dieſe beyden gantz contraire Syſtemata haben
zu unſern Zeiten ein paar Mathematici in eines
zuſammen gefuͤget, und alſo zwar eines Theils
wider die Materialiſten Geiſter zugegeben;
aber doch den Haupt-Jrrthum des idealiſti-
ſchen Syſtematis behalten: welcher, wie ſchon
gedacht, darinnen beſtehet, daß die Seele oh-
ne alle Beyhuͤlfe des Leibes und deſſen Glied-
maſſen, inſonderheit des Geſichts und des Ge-
hoͤres, alle Ideen, welche ſie von coͤrperlichen
Dingen hat, aus ihrem eignen Weſen her-
vorbringe. Sie gaben auch zwar andern
Theils wider die Idealiſten Coͤrper zu; aber
mit Beybehaltung ihres Haupt-Jrrthums:
welcher dieſer iſt, daß der Leib alle willkuͤrli-
che Bewegung, inſonderheit des Mundes im
reden, und der Hand im ſchreiben und
kuͤnſtlichen Wirckungen, ohne alle Wirckung,
Regirung und Beyhuͤlfe der Seele, auf eine
blos mechaniſche Art vor ſich verrichtete.
e. Da nun alle beyde ſonſt einander gantz con-
trair
e Syſtemata ſich in dieſem Haupt-Jrrthum
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[777/0805] Cap. 2, v. 8. an die Coloſſer. lich gedachter Luſt-Begierden, ſetzet, und da- her eine ſolche Mittel-Straſſe machet, dar- nach man eines theils die wahre Selbſt-Ver- leugnung und Creutzigung ſolcher Begierden und aller eiteln Luſt- und Spiel-Handelun- gen, andern theils ſolche Uberfahrungen, wo- durch man aus den Schrancken der buͤrgerli- chen Ehrbarkeit ſchreitet, und auf groͤbere Ex- ceſſe verfaͤllt, fuͤr Abwege erkennet: ob man gleich von jenem vermeinten Abwege die Phra- ſeologie ſelbſt, als Verleugnung ſeiner ſelbſt, Buſſe, Bekehrung u. d. gl. noch beybehaͤlt, ſich aber huͤtet, daß es damit ja nicht in der Praxi zum rechten Verſtande komme; als welcher ihnen ein Abweg iſt. Diß iſt ein noch aus der Ariſtoteliſchen Philoſophie uͤbriger ſehr gemei- ner und ſchaͤdlicher Sauerteig, der die gantze doctrinam moralem im Grunde verdirbet und darinnen gar nichts geſundes uͤbrig laͤſſet, als bloſſe Worte ohne ihren richtigen Verſtand. Es ſind hievon die gelehrten und mit einem natuͤrlichen und geiſtlichen Judicio verfertig- ten Schriften des ſel. Rectoris am Gothaiſchen Gymnaſio, H. Vockerods, vor andern Leſens werth. Was ich ſelbſt davon ediret habe, iſt nicht unbekannt. g. Das aus dem Mißbrauche der eclectiſchen Philoſophie entſtandene groſſe Ubel beſtehet in einer improba ſcepſi, da die Freyheit zu ſen- tiren durch die Frechheit degeneriret iſt. Denn da hat man immer Vorurtheile entde- cken und neue Wahrheiten ans Licht ſtellen wollen: man hat aber auch groſſe Jrrthuͤmer fuͤr Wahrheiten ausgegeben, und hingegen rechte Grund-Wahrheiten, die ſonſt ieder- man billig fuͤr rechte Grund- und Grentz-Stei- ne gehalten hat, fuͤr Jrrthuͤmer erklaͤret, ſich auch nicht geſcheuet, die Grund-Veſte der Chriſtlichen Religion wo nicht gerade anzu- greifen, doch dagegen ſolche Principia zu ſe- tzen, dadurch ſie bey Unbeveſtigten muß uͤber einen Haufen gehen, und theils dem Atheiſmo, theils dem Naturaliſmo mit dem Epicureiſmo, Platz machen. 9. Wir ſehen demnach, daß man noch heute zu Tage der Apoſtoliſchen Warnung vor der falſchen Philoſophie, als einer loſen Verfuͤhrung, allerdings ſehr noͤthig habe. Und wie dieſelbe in einer gantz neuen, und zum Theil pſeudo-mathematiſchen Form ſich wie der Krebs in den Coͤrper unſerer Univerſitaͤt eingefreſſen hatte, iſt weltkuͤndig, und davon alhier nicht viel anzufuͤhren, aber auch ſo viel weniger mit Still- ſchweigen gaͤntzlich zu uͤbergehen, ſo viel ausdruͤck- licher der gegenwaͤrtige Text der falſchen Philo- ſophie entgegen geſetzet iſt, und alſo auch davon einige Meldung und Application erfodert; zu- mal von dem, der ihn erklaͤren ſoll, und nach der beſondern Leitung GOttes dagegen in unter- ſchiedlichen Schriften hat die Feder fuͤhren muͤſ- ſen. Man mercke demnach folgendes: a. Unter den Syſtematibus der falſchen Philoſophie ſind zwey die allerungereimteſten und irrig- ſten, auch ſchaͤdlichſten, welche in extremis einander entgegen ſtehen: das eine iſt der ſo genannten Materialiſten, oder der ſchon vor alters bekannten Materiariorum, welche von den wuͤrcklich exiſtirenden Dingen nichts, als nur materialiſche Coͤrper zugeben, die Exi- ſtentz der Geiſter uͤberhaupt, und alſo auch GOttes, laͤugnen, die menſchlichen Seelen aber fuͤr ein ſubtiles coͤrperliches Weſen hal- ten. Hingegen ſind wieder andere, doch nur einige wenige, Leute von gantz zerruͤtteten Sin- nen, Idealiſten genannt, geweſen, welche alle Exiſtentz der Coͤrper mit ihrem Weſen, auch der gantzen coͤrperlichen Welt, gelaͤugnet, und dagegen nichts als bloſſe Geiſter zugegeben, und dieſer ihr gantzes Weſen in den Ideen, oder in dem Vermoͤgen, ſich von coͤrperlichen Din- gen Ideen oder ſolche Vorſtellungen zu ma- chen, als wenn die Dinge, die doch nicht da ſind, wuͤrcklich da waͤren, geſetzet haben. b. Weil nun die Materialiſten keine Geiſter ſta- tuiren, weder GOtt, als den Schoͤpfer, noch andere, als Geſchoͤpfe, ſo koͤnnen ſie nicht an- ders, als daß ſie mit Verlaͤugnung GOttes und aller uͤbrigen Geiſter, dadurch ſie zu recht groben Atheiſten werden, alle Bewegungen, die in der Welt geſchehen, und inſonderheit welche am menſchlichen Coͤrper in allen Hand- lungen, auch des Mundes im reden, und der Haͤnde im ſchreiben, und uͤbrigem Wircken vorgehen, der bloſſen Materie zuſchreiben, und darin nichts als einen bloſſen Mechaniſmum erkennen, ſie auch nur nach bloſſer Machinen- Art erklaͤren. c. Weil die Idealiſten keine Coͤrper ſtatuiren, ſo koͤnnen ſie nicht anders, als daß ſie, wie ſie auch thun, vorgeben, daß die Seele des Men- ſchen zu den Ideen und Bildern, welche ſie von coͤrperlichen Dingen in ſich hat, ſich keiner Gliedmaſſen der Sinnen, als der Augen und der Ohren u. ſ. w. bedienet; ſondern daß ſie dieſelbe aus ſich ſelbſt aus ihrem Weſen, daß in einer ideiſirenden Kraft boſtehe, nach einer unveraͤnderlichen Nothwendigkeit gleichſam heraus wircket. d. Dieſe beyden gantz contraire Syſtemata haben zu unſern Zeiten ein paar Mathematici in eines zuſammen gefuͤget, und alſo zwar eines Theils wider die Materialiſten Geiſter zugegeben; aber doch den Haupt-Jrrthum des idealiſti- ſchen Syſtematis behalten: welcher, wie ſchon gedacht, darinnen beſtehet, daß die Seele oh- ne alle Beyhuͤlfe des Leibes und deſſen Glied- maſſen, inſonderheit des Geſichts und des Ge- hoͤres, alle Ideen, welche ſie von coͤrperlichen Dingen hat, aus ihrem eignen Weſen her- vorbringe. Sie gaben auch zwar andern Theils wider die Idealiſten Coͤrper zu; aber mit Beybehaltung ihres Haupt-Jrrthums: welcher dieſer iſt, daß der Leib alle willkuͤrli- che Bewegung, inſonderheit des Mundes im reden, und der Hand im ſchreiben und kuͤnſtlichen Wirckungen, ohne alle Wirckung, Regirung und Beyhuͤlfe der Seele, auf eine blos mechaniſche Art vor ſich verrichtete. e. Da nun alle beyde ſonſt einander gantz con- traire Syſtemata ſich in dieſem Haupt-Jrrthum concentriren, daß ſie auf ein mehr als Stoiſches Fatum, oder auf eine unwandelbare Noth- wen- F f f f f

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/805>, abgerufen am 20.05.2024.