Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 5-7. [Spaltenumbruch]
Augenblick über alle Himmel, und also noch vielmehr über alle Wälder, und Felder, erheben und anderswo seyn, nicht allein in den blossen Gedancken, sondern auch mit den Begierden. Die denn auch, zumal wenn sie sich in ein hertz- liches Gebet auslassen, bey den Abwesenden von vieler Wirckung sind. Auf welche Art gläubi- ge Christen in der Liebe einander immer gegen- wärtig sind. 3. Aeussere Ordnung der guten Disci- plin, da alles zugehet eukhemonos, auf eine wohl- anständige Art 1 Cor. 14, 40. und der innere Glaube des Hertzens, müssen in der Kirche CHristi allezeit bey einander seyn: sie sind auch allenthalben mit einander verbunden, nemlich bey rechtschaffnen Gliedern der Kirche. Denn wer recht im Stande der Gnaden und also auch im Glauben wohl geordnet ist, der läßt es zum wenigsten bey sich an guter äusserlichen Ordnung nicht fehlen, wenn auch gleich alles übrige im Verfall und in der Unordnung stehet. Denn gleichwie der Glaube zuvorderst das Hertz wohl ordnet, so lässet er auch den äusserlichen Wan- del mit allem Verhalten in keiner Unordnung stehen. Daß es von so langen Zeiten her an äusserlicher Ordnung, die recht Christlich wäre, und an guter Disciplin in der Kirche fehlet, das kömmt fürnemlich daher, daß innerlich am wah- ren Glauben und an dem Stande der Gnaden ein so gar grosser und gemeiner Mangel ist. Doch ist hiebey zu mercken, daß, obgleich der Glaube des Hertzens nicht ohne gute Ordnung des Le- bens ist, doch bey manchen sich endlich noch wol eine äusserliche Lebens-Ordnung finde, aber oh- ne den Grund des Glaubens im Hertzen. 4. Der Glaube muß, wenn er wider Ver- suchung und Verführung, und auch im Leiden bestehen soll, seine rechte Vestigkeit haben. Gleichwie ihm Paulus daher alhier stereoma, eine rechte Vestigkeit zuschreibet, daß er den Menschen gleichsam, wie in einer Vestung ge- schiehet, halte; so nennet er ihn Hebr. 11, 1. hy- postasin, und eignet ihm damit naturam hypo- staticam, eine rechte Selbstständigkeit, zu, wie ein Gebäude hat an seinem guten Grunde, ein Baum an seiner tiefen Wurtzel. 5. Ob einer gleich im Glauben bereits ve- ste stehet, wie die Colosser, so gebrauchet er doch noch immer mehr bevestiget zu werden: als dahin auch bey den Colossern der gantze Brief Pauli angesehen war. Daher er gleich anfangs bezeuget, wie daß sein Gebet für sie auf ihre noch mehrere Stärckung angesehen sey c. 1, 10. 11. Und daß sie aus der Vestung ihres Glau- bens wieder verfallen können, (dagegen die Warnung 2 Petr. 3, 17. wohl zu mercken ist,) zeiget er auch damit an, wenn er v. 23. spricht: So ihr anders bleibet im Glauben gegrün- det und vest und unbeweglich von der Hoffnung des Evangelii. Und da das ste- rioma, die Vestigkeit des Glaubens die Glau- bigen selbst machet stereous, veste, so spricht Pe- trus 1. Epist. 5, 9. Dem Satan widerstehet stereoi veste im Glauben. Und wie Paulus im folgenden Contexte auf die mehrere Bevesti- [Spaltenumbruch] gung dringe, das wollen wir ferner aus seinen Worten vernehmen. V. 6. 7. Wie ihr nun angenommen habet den Anmerckungen. 1. Da der Apostel die Colosser zu mehrern Wachsthum und Bevestigung aufmuntern will, so führet er ihnen noch einmal ihren bisherigen so gesegneten Gnaden-Stand zu Gemüthe, und spricht: Wie ihr CHristum aufgenommen habet u. f. Welches gute Zeugniß nicht al- lein ein Zeichen war von dem guten Vertrauen Pauli gegen die Colosser, sondern auch ihr Ver- trauen gegen Paulum vermehren konte. Es kan demnach das von einem andern in seiner Ge- genwart gegebene mündliche oder an ihn gerich- tete schriftliche gute Zeugniß zu vieler Aufmun- terung dienen, und wie ohne Schmeicheley in aller Einfalt nach der Wahrheit gegeben, also auch ohne alle Erhebung in Demuth zu mehrern Fortgange und zum Lobe GOttes aufgenommen werden. 2. CHristum annehmen ist an ihn glau- ben, und sich ihn im Glauben nach dem Wer- cke seiner Versöhnung zur Gerechtigkeit und Se- ligkeit zueignen. Da die Colosser CHristum also im Glauben rechtschaffen aufgenommen, hat- te er ihnen auch Macht, oder das Recht und die grosse Würde, gegeben, GOttes Kinder zu werden, wie Johannes spricht: Daß nem- lich eines mit dem andern verbunden sey, die gläubige Aufnahme mit der Kindschaft. Joh. 1, 12. 3. Wie der Mensch CHristum aufnimt, so wandelt er auch in ihm. Jst nun die Auf- nahme nicht rechter Art, so tauget auch der Wandel nichts. Und wenn man auch gleich von dem Mangel der Aufnahme nichts weiß, als von einer innerlichen Sache, so kan man doch aus dem Wandel leichtlich einen Schluß ma- chen, wie es darum stehe. Wie der HERR JESUS seine Aufnahme suche und finde, auch segne, das sehe man sonderlich Off. 3, 20. da er spricht: Siehe ich stehe vor der Thür und klopfe an. So iemand meine Stimme hö- ren wird und die Thüre aufthun, zu dem will ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. 4. Weil kein Wandel ohne Leben ge- schehen kan, so lieget im Glauben, dadurch CHristus aufgenommen wird, das göttliche Le- ben und thut sich im Wandel hervor: wie Pau- lus Gal. 5, 45. spricht: So wir im Geiste le- ben, so lasset uns auch im Geiste wandeln. 5. Gläu-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 5-7. [Spaltenumbruch]
Augenblick uͤber alle Himmel, und alſo noch vielmehr uͤber alle Waͤlder, und Felder, erheben und anderswo ſeyn, nicht allein in den bloſſen Gedancken, ſondern auch mit den Begierden. Die denn auch, zumal wenn ſie ſich in ein hertz- liches Gebet auslaſſen, bey den Abweſenden von vieler Wirckung ſind. Auf welche Art glaͤubi- ge Chriſten in der Liebe einander immer gegen- waͤrtig ſind. 3. Aeuſſere Ordnung der guten Diſci- plin, da alles zugehet ἐυχημόνως, auf eine wohl- anſtaͤndige Art 1 Cor. 14, 40. und der innere Glaube des Hertzens, muͤſſen in der Kirche CHriſti allezeit bey einander ſeyn: ſie ſind auch allenthalben mit einander verbunden, nemlich bey rechtſchaffnen Gliedern der Kirche. Denn wer recht im Stande der Gnaden und alſo auch im Glauben wohl geordnet iſt, der laͤßt es zum wenigſten bey ſich an guter aͤuſſerlichen Ordnung nicht fehlen, wenn auch gleich alles uͤbrige im Verfall und in der Unordnung ſtehet. Denn gleichwie der Glaube zuvorderſt das Hertz wohl ordnet, ſo laͤſſet er auch den aͤuſſerlichen Wan- del mit allem Verhalten in keiner Unordnung ſtehen. Daß es von ſo langen Zeiten her an aͤuſſerlicher Ordnung, die recht Chriſtlich waͤre, und an guter Diſciplin in der Kirche fehlet, das koͤmmt fuͤrnemlich daher, daß innerlich am wah- ren Glauben und an dem Stande der Gnaden ein ſo gar groſſer und gemeiner Mangel iſt. Doch iſt hiebey zu mercken, daß, obgleich der Glaube des Hertzens nicht ohne gute Ordnung des Le- bens iſt, doch bey manchen ſich endlich noch wol eine aͤuſſerliche Lebens-Ordnung finde, aber oh- ne den Grund des Glaubens im Hertzen. 4. Der Glaube muß, wenn er wider Ver- ſuchung und Verfuͤhrung, und auch im Leiden beſtehen ſoll, ſeine rechte Veſtigkeit haben. Gleichwie ihm Paulus daher alhier στερέωμα, eine rechte Veſtigkeit zuſchreibet, daß er den Menſchen gleichſam, wie in einer Veſtung ge- ſchiehet, halte; ſo nennet er ihn Hebr. 11, 1. hy- poſtaſin, und eignet ihm damit naturam hypo- ſtaticam, eine rechte Selbſtſtaͤndigkeit, zu, wie ein Gebaͤude hat an ſeinem guten Grunde, ein Baum an ſeiner tiefen Wurtzel. 5. Ob einer gleich im Glauben bereits ve- ſte ſtehet, wie die Coloſſer, ſo gebrauchet er doch noch immer mehr beveſtiget zu werden: als dahin auch bey den Coloſſern der gantze Brief Pauli angeſehen war. Daher er gleich anfangs bezeuget, wie daß ſein Gebet fuͤr ſie auf ihre noch mehrere Staͤrckung angeſehen ſey c. 1, 10. 11. Und daß ſie aus der Veſtung ihres Glau- bens wieder verfallen koͤnnen, (dagegen die Warnung 2 Petr. 3, 17. wohl zu mercken iſt,) zeiget er auch damit an, wenn er v. 23. ſpricht: So ihr anders bleibet im Glauben gegruͤn- det und veſt und unbeweglich von der Hoffnung des Evangelii. Und da das στε- ρίωμα, die Veſtigkeit des Glaubens die Glau- bigen ſelbſt machet στερεοὺς, veſte, ſo ſpricht Pe- trus 1. Epiſt. 5, 9. Dem Satan widerſtehet στερεὸι veſte im Glauben. Und wie Paulus im folgenden Contexte auf die mehrere Beveſti- [Spaltenumbruch] gung dringe, das wollen wir ferner aus ſeinen Worten vernehmen. V. 6. 7. Wie ihr nun angenommen habet den Anmerckungen. 1. Da der Apoſtel die Coloſſer zu mehrern Wachsthum und Beveſtigung aufmuntern will, ſo fuͤhret er ihnen noch einmal ihren bisherigen ſo geſegneten Gnaden-Stand zu Gemuͤthe, und ſpricht: Wie ihr CHriſtum aufgenommen habet u. f. Welches gute Zeugniß nicht al- lein ein Zeichen war von dem guten Vertrauen Pauli gegen die Coloſſer, ſondern auch ihr Ver- trauen gegen Paulum vermehren konte. Es kan demnach das von einem andern in ſeiner Ge- genwart gegebene muͤndliche oder an ihn gerich- tete ſchriftliche gute Zeugniß zu vieler Aufmun- terung dienen, und wie ohne Schmeicheley in aller Einfalt nach der Wahrheit gegeben, alſo auch ohne alle Erhebung in Demuth zu mehrern Fortgange und zum Lobe GOttes aufgenommen werden. 2. CHriſtum annehmen iſt an ihn glau- ben, und ſich ihn im Glauben nach dem Wer- cke ſeiner Verſoͤhnung zur Gerechtigkeit und Se- ligkeit zueignen. Da die Coloſſer CHriſtum alſo im Glauben rechtſchaffen aufgenommen, hat- te er ihnen auch Macht, oder das Recht und die groſſe Wuͤrde, gegeben, GOttes Kinder zu werden, wie Johannes ſpricht: Daß nem- lich eines mit dem andern verbunden ſey, die glaͤubige Aufnahme mit der Kindſchaft. Joh. 1, 12. 3. Wie der Menſch CHriſtum aufnimt, ſo wandelt er auch in ihm. Jſt nun die Auf- nahme nicht rechter Art, ſo tauget auch der Wandel nichts. Und wenn man auch gleich von dem Mangel der Aufnahme nichts weiß, als von einer innerlichen Sache, ſo kan man doch aus dem Wandel leichtlich einen Schluß ma- chen, wie es darum ſtehe. Wie der HERR JESUS ſeine Aufnahme ſuche und finde, auch ſegne, das ſehe man ſonderlich Off. 3, 20. da er ſpricht: Siehe ich ſtehe vor der Thuͤr und klopfe an. So iemand meine Stimme hoͤ- ren wird und die Thuͤre aufthun, zu dem will ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. 4. Weil kein Wandel ohne Leben ge- ſchehen kan, ſo lieget im Glauben, dadurch CHriſtus aufgenommen wird, das goͤttliche Le- ben und thut ſich im Wandel hervor: wie Pau- lus Gal. 5, 45. ſpricht: So wir im Geiſte le- ben, ſo laſſet uns auch im Geiſte wandeln. 5. Glaͤu-
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 5-7.
Augenblick uͤber alle Himmel, und alſo noch viel
mehr uͤber alle Waͤlder, und Felder, erheben
und anderswo ſeyn, nicht allein in den bloſſen
Gedancken, ſondern auch mit den Begierden.
Die denn auch, zumal wenn ſie ſich in ein hertz-
liches Gebet auslaſſen, bey den Abweſenden von
vieler Wirckung ſind. Auf welche Art glaͤubi-
ge Chriſten in der Liebe einander immer gegen-
waͤrtig ſind.
3. Aeuſſere Ordnung der guten Diſci-
plin, da alles zugehet ἐυχημόνως, auf eine wohl-
anſtaͤndige Art 1 Cor. 14, 40. und der innere
Glaube des Hertzens, muͤſſen in der Kirche
CHriſti allezeit bey einander ſeyn: ſie ſind auch
allenthalben mit einander verbunden, nemlich
bey rechtſchaffnen Gliedern der Kirche. Denn
wer recht im Stande der Gnaden und alſo auch
im Glauben wohl geordnet iſt, der laͤßt es zum
wenigſten bey ſich an guter aͤuſſerlichen Ordnung
nicht fehlen, wenn auch gleich alles uͤbrige im
Verfall und in der Unordnung ſtehet. Denn
gleichwie der Glaube zuvorderſt das Hertz wohl
ordnet, ſo laͤſſet er auch den aͤuſſerlichen Wan-
del mit allem Verhalten in keiner Unordnung
ſtehen. Daß es von ſo langen Zeiten her an
aͤuſſerlicher Ordnung, die recht Chriſtlich waͤre,
und an guter Diſciplin in der Kirche fehlet, das
koͤmmt fuͤrnemlich daher, daß innerlich am wah-
ren Glauben und an dem Stande der Gnaden
ein ſo gar groſſer und gemeiner Mangel iſt. Doch
iſt hiebey zu mercken, daß, obgleich der Glaube
des Hertzens nicht ohne gute Ordnung des Le-
bens iſt, doch bey manchen ſich endlich noch wol
eine aͤuſſerliche Lebens-Ordnung finde, aber oh-
ne den Grund des Glaubens im Hertzen.
4. Der Glaube muß, wenn er wider Ver-
ſuchung und Verfuͤhrung, und auch im Leiden
beſtehen ſoll, ſeine rechte Veſtigkeit haben.
Gleichwie ihm Paulus daher alhier στερέωμα,
eine rechte Veſtigkeit zuſchreibet, daß er den
Menſchen gleichſam, wie in einer Veſtung ge-
ſchiehet, halte; ſo nennet er ihn Hebr. 11, 1. hy-
poſtaſin, und eignet ihm damit naturam hypo-
ſtaticam, eine rechte Selbſtſtaͤndigkeit, zu, wie
ein Gebaͤude hat an ſeinem guten Grunde, ein
Baum an ſeiner tiefen Wurtzel.
5. Ob einer gleich im Glauben bereits ve-
ſte ſtehet, wie die Coloſſer, ſo gebrauchet er
doch noch immer mehr beveſtiget zu werden: als
dahin auch bey den Coloſſern der gantze Brief
Pauli angeſehen war. Daher er gleich anfangs
bezeuget, wie daß ſein Gebet fuͤr ſie auf ihre
noch mehrere Staͤrckung angeſehen ſey c. 1, 10.
11. Und daß ſie aus der Veſtung ihres Glau-
bens wieder verfallen koͤnnen, (dagegen die
Warnung 2 Petr. 3, 17. wohl zu mercken iſt,)
zeiget er auch damit an, wenn er v. 23. ſpricht:
So ihr anders bleibet im Glauben gegruͤn-
det und veſt und unbeweglich von der
Hoffnung des Evangelii. Und da das στε-
ρίωμα, die Veſtigkeit des Glaubens die Glau-
bigen ſelbſt machet στερεοὺς, veſte, ſo ſpricht Pe-
trus 1. Epiſt. 5, 9. Dem Satan widerſtehet
στερεὸι veſte im Glauben. Und wie Paulus
im folgenden Contexte auf die mehrere Beveſti-
gung dringe, das wollen wir ferner aus ſeinen
Worten vernehmen.
V. 6. 7.
Wie ihr nun angenommen habet den
HErrn JEſum CHriſtum, ſo wandelt in
ihm, und ſeyd gewurtzelt und erbauet in
ihm, und ſeyd veſte im Glauben, und ſeyd
in demſelben reichlich danckbar, (in hertzli-
cher Aufopferung gegen GOTT und demuͤthi-
ger Verehrung ſeines Namens fuͤr die euch be-
reits erzeigete und noch immer reichlicher zuflieſ-
ſende Gnade.)
Anmerckungen.
1. Da der Apoſtel die Coloſſer zu mehrern
Wachsthum und Beveſtigung aufmuntern will,
ſo fuͤhret er ihnen noch einmal ihren bisherigen
ſo geſegneten Gnaden-Stand zu Gemuͤthe, und
ſpricht: Wie ihr CHriſtum aufgenommen
habet u. f. Welches gute Zeugniß nicht al-
lein ein Zeichen war von dem guten Vertrauen
Pauli gegen die Coloſſer, ſondern auch ihr Ver-
trauen gegen Paulum vermehren konte. Es
kan demnach das von einem andern in ſeiner Ge-
genwart gegebene muͤndliche oder an ihn gerich-
tete ſchriftliche gute Zeugniß zu vieler Aufmun-
terung dienen, und wie ohne Schmeicheley in
aller Einfalt nach der Wahrheit gegeben, alſo
auch ohne alle Erhebung in Demuth zu mehrern
Fortgange und zum Lobe GOttes aufgenommen
werden.
2. CHriſtum annehmen iſt an ihn glau-
ben, und ſich ihn im Glauben nach dem Wer-
cke ſeiner Verſoͤhnung zur Gerechtigkeit und Se-
ligkeit zueignen. Da die Coloſſer CHriſtum
alſo im Glauben rechtſchaffen aufgenommen, hat-
te er ihnen auch Macht, oder das Recht und
die groſſe Wuͤrde, gegeben, GOttes Kinder
zu werden, wie Johannes ſpricht: Daß nem-
lich eines mit dem andern verbunden ſey, die
glaͤubige Aufnahme mit der Kindſchaft. Joh.
1, 12.
3. Wie der Menſch CHriſtum aufnimt,
ſo wandelt er auch in ihm. Jſt nun die Auf-
nahme nicht rechter Art, ſo tauget auch der
Wandel nichts. Und wenn man auch gleich
von dem Mangel der Aufnahme nichts weiß, als
von einer innerlichen Sache, ſo kan man doch
aus dem Wandel leichtlich einen Schluß ma-
chen, wie es darum ſtehe. Wie der HERR
JESUS ſeine Aufnahme ſuche und finde, auch
ſegne, das ſehe man ſonderlich Off. 3, 20. da er
ſpricht: Siehe ich ſtehe vor der Thuͤr und
klopfe an. So iemand meine Stimme hoͤ-
ren wird und die Thuͤre aufthun, zu dem
will ich eingehen und das Abendmahl mit
ihm halten und er mit mir.
4. Weil kein Wandel ohne Leben ge-
ſchehen kan, ſo lieget im Glauben, dadurch
CHriſtus aufgenommen wird, das goͤttliche Le-
ben und thut ſich im Wandel hervor: wie Pau-
lus Gal. 5, 45. ſpricht: So wir im Geiſte le-
ben, ſo laſſet uns auch im Geiſte wandeln.
5. Glaͤu-
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