Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 2, v. 1-3. an die Colosser. Das andere Capitel/ Darinn der Apostel/ nach dem im ersten gelegten und ietzo kürtzlich wiederholten Glaubens-Grunde von CHristo und dem Evan- gelio/ vermöge seiner Apostolischen Sorgfalt/ die gläubigen Colosser warnet vor allerley Verführung/ sonderlich derjenigen/ welche von den falschen Lehrern aus der verkehrten Philosophie hergenommen wa- ren/ und auf eine Vermengung der Jüdischen Satzungen mit dem Evangelio führeten. V. 1-3. [Spaltenumbruch]
JCh lasse euch aber wissen, welch Anmerckungen. 1. Der Verbindung nach hat man das Wörtlein gar denn, welches Lutherus durch aber gegeben hat, billig zu behalten. Denn, nachdem der Apostel bezeuget hat, mit welchem Ernste er sein Amt treibe, so erweiset er solches alhier auch damit, daß er seine Vorsorge auch auf die richte, welche ihm von Angesicht unbe- kant geblieben waren. 2. Es liegen in diesem Texte drey Stücke: erstlich Pauli Kampf: hernach die Sache, worauf er gerichtet ist, nemlich auf die Bevesti- gung in der gläubigen Erkäntniß CHristi: und denn drittens die Vortreflichkeit dieser Er- käntniß. 3. Der Kampf bedeutet alhier eine recht grosse Sorgfalt, da sich der Apostel aus der Lie- be zu CHristo gedrungen gefunden hat, zur Ge- winnung vieler Seelen alle Treue und allen Ernst zu beweisen, auch für diejenigen Gemeinen zu sorgen, welche er selbst nicht gepflantzet hatte. Daß er aber diese seine Sorgfalt einen Kampf nennet, damit zeiget er an, daß er sich die gros- se Gefahr, in welcher sie, der verführischen Gei- ster wegen, schwebeten, vorgestellet, und da- gegen, als gegen eine rechte Macht der Finster- niß, mit seinem Gebet recht vor GOTT gestrit- ten und gekämpfet habe. Siehe auch Phil. 1, 30. 1 Thess. 2, 2. 4. Die Sache, worauf der Kampf ging, war der Colosser ihre Bevestigung im Bande der Liebe und in der glaubigen Gewißheit der Lehre von CHristo. Denn weil er gehö- ret hatte, wie die hernach beschriebenen Jrr- Geister ihnen zusetzeten, und einen Eingang und [Spaltenumbruch] Anhang bey ihnen suchten, so befürchtet er man- cherley Trennung unter ihnen, bey welcher sie gegen einander in allerhand Mißverständniß und Mißtrauen gerathen würden. Darum sein recht kämpfender Wunsch zuvorderst da- hin gerichtet war, daß sie unter einander in ei- nem vesten Bande der Liebe möchten recht zusam- men gesetzet, und mit einander vereiniget blei- ben. 5. Die auf die Bevestigung in der gläu- bigen und gewissen Erkäntniß der Lehre von CHristo gehende Worte sind sehr nachdrücklich, und zeiget die dazu gebrauchte Menge mehrer auf einerley Sache gehenden Worte theils der- selben Wichtigkeit und Fülle, theils Pauli Af- sect an. Sie können aber folgender gestalt füg- lich zerleget werden: a. Man fänget darinn, nach der hermenevti- schen analysi, billig von hinten an: nemlich von den Haupt-Worten, auf welche alle vor- hergehende gerichtet sind: Das Geheim- niß GOttes, und des Vaters und Chri- sti. Da denn zuvorderst zu mercken ist, daß das Wörtlein und zwischen den Worten GOttes des Vaters, nicht ein Wort mit dem andern verbinde, sondern nur dienet zur Erklärung, welche das letztere Wort dem er- stern giebet: nemlich daß GOTT, dessen gedacht wird, der Person nach der Vater sey. Mit dem Geheimniß aber des Va- ters und des Sohnes wird alhier nicht ei- gentlich gesehen auf die ewige Geburt des Sohnes vom Vater, als des ewigen Abglan- tzes vom ewigen Lichte: sondern auf das gan- tze Werck der Wiederbringung des mensch- lichen Geschlechts: als darinn der Vater sich zuvorderst sonderlich als den gerechten Richter geoffenbaret hat, der die Satisfaction, vermöge seiner unwandelbaren Gerechtigkeit, gefordert, dabey aber im Rathe des Friedens das Mittel der Erlösung durch CHristum selbst ausgefunden, den Sohn dazu in die Welt gesandt, zum Versöhn-Opfer dahin gegeben, und dieses zur Versöhnung als voll- gültig angenommen hat, und es allen Gläu- bigen, als ihr eigenes, zurechnet, sie an Kin- des statt annimmt, und sich um CHristi, sei- nes Sohnes willen, auch als ein Vater der Gna- E e e e e
Cap. 2, v. 1-3. an die Coloſſer. Das andere Capitel/ Darinn der Apoſtel/ nach dem im erſten gelegten und ietzo kuͤrtzlich wiederholten Glaubens-Grunde von CHriſto und dem Evan- gelio/ vermoͤge ſeiner Apoſtoliſchen Sorgfalt/ die glaͤubigen Coloſſer warnet vor allerley Verfuͤhrung/ ſonderlich derjenigen/ welche von den falſchen Lehrern aus der verkehrten Philoſophie hergenommen wa- ren/ und auf eine Vermengung der Juͤdiſchen Satzungen mit dem Evangelio fuͤhreten. V. 1-3. [Spaltenumbruch]
JCh laſſe euch aber wiſſen, welch Anmerckungen. 1. Der Verbindung nach hat man das Woͤrtlein γὰρ denn, welches Lutherus durch aber gegeben hat, billig zu behalten. Denn, nachdem der Apoſtel bezeuget hat, mit welchem Ernſte er ſein Amt treibe, ſo erweiſet er ſolches alhier auch damit, daß er ſeine Vorſorge auch auf die richte, welche ihm von Angeſicht unbe- kant geblieben waren. 2. Es liegen in dieſem Texte drey Stuͤcke: erſtlich Pauli Kampf: hernach die Sache, worauf er gerichtet iſt, nemlich auf die Beveſti- gung in der glaͤubigen Erkaͤntniß CHriſti: und denn drittens die Vortreflichkeit dieſer Er- kaͤntniß. 3. Der Kampf bedeutet alhier eine recht groſſe Sorgfalt, da ſich der Apoſtel aus der Lie- be zu CHriſto gedrungen gefunden hat, zur Ge- winnung vieler Seelen alle Treue und allen Ernſt zu beweiſen, auch fuͤr diejenigen Gemeinen zu ſorgen, welche er ſelbſt nicht gepflantzet hatte. Daß er aber dieſe ſeine Sorgfalt einen Kampf nennet, damit zeiget er an, daß er ſich die groſ- ſe Gefahr, in welcher ſie, der verfuͤhriſchen Gei- ſter wegen, ſchwebeten, vorgeſtellet, und da- gegen, als gegen eine rechte Macht der Finſter- niß, mit ſeinem Gebet recht vor GOTT geſtrit- ten und gekaͤmpfet habe. Siehe auch Phil. 1, 30. 1 Theſſ. 2, 2. 4. Die Sache, worauf der Kampf ging, war der Coloſſer ihre Beveſtigung im Bande der Liebe und in der glaubigen Gewißheit der Lehre von CHriſto. Denn weil er gehoͤ- ret hatte, wie die hernach beſchriebenen Jrr- Geiſter ihnen zuſetzeten, und einen Eingang und [Spaltenumbruch] Anhang bey ihnen ſuchten, ſo befuͤrchtet er man- cherley Trennung unter ihnen, bey welcher ſie gegen einander in allerhand Mißverſtaͤndniß und Mißtrauen gerathen wuͤrden. Darum ſein recht kaͤmpfender Wunſch zuvorderſt da- hin gerichtet war, daß ſie unter einander in ei- nem veſten Bande der Liebe moͤchten recht zuſam- men geſetzet, und mit einander vereiniget blei- ben. 5. Die auf die Beveſtigung in der glaͤu- bigen und gewiſſen Erkaͤntniß der Lehre von CHriſto gehende Worte ſind ſehr nachdruͤcklich, und zeiget die dazu gebrauchte Menge mehrer auf einerley Sache gehenden Worte theils der- ſelben Wichtigkeit und Fuͤlle, theils Pauli Af- ſect an. Sie koͤnnen aber folgender geſtalt fuͤg- lich zerleget werden: a. Man faͤnget darinn, nach der hermenevti- ſchen analyſi, billig von hinten an: nemlich von den Haupt-Worten, auf welche alle vor- hergehende gerichtet ſind: Das Geheim- niß GOttes, und des Vaters und Chri- ſti. Da denn zuvorderſt zu mercken iſt, daß das Woͤrtlein und zwiſchen den Worten GOttes des Vaters, nicht ein Wort mit dem andern verbinde, ſondern nur dienet zur Erklaͤrung, welche das letztere Wort dem er- ſtern giebet: nemlich daß GOTT, deſſen gedacht wird, der Perſon nach der Vater ſey. Mit dem Geheimniß aber des Va- ters und des Sohnes wird alhier nicht ei- gentlich geſehen auf die ewige Geburt des Sohnes vom Vater, als des ewigen Abglan- tzes vom ewigen Lichte: ſondern auf das gan- tze Werck der Wiederbringung des menſch- lichen Geſchlechts: als darinn der Vater ſich zuvorderſt ſonderlich als den gerechten Richter geoffenbaret hat, der die Satisfaction, vermoͤge ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit, gefordert, dabey aber im Rathe des Friedens das Mittel der Erloͤſung durch CHriſtum ſelbſt ausgefunden, den Sohn dazu in die Welt geſandt, zum Verſoͤhn-Opfer dahin gegeben, und dieſes zur Verſoͤhnung als voll- guͤltig angenommen hat, und es allen Glaͤu- bigen, als ihr eigenes, zurechnet, ſie an Kin- des ſtatt annimmt, und ſich um CHriſti, ſei- nes Sohnes willen, auch als ein Vater der Gna- E e e e e
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0797" n="769"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 2, v. 1-3. an die Coloſſer.</hi> </fw><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Das andere Capitel/<lb/> Darinn der Apoſtel/ nach dem im erſten gelegten und ietzo<lb/> kuͤrtzlich wiederholten Glaubens-Grunde von CHriſto und dem Evan-<lb/> gelio/ vermoͤge ſeiner Apoſtoliſchen Sorgfalt/ die glaͤubigen Coloſſer<lb/> warnet vor allerley Verfuͤhrung/ ſonderlich derjenigen/ welche von<lb/> den falſchen Lehrern aus der verkehrten <hi rendition="#aq">Philoſophi</hi>e hergenommen wa-<lb/> ren/ und auf eine Vermengung der Juͤdiſchen Satzungen<lb/> mit dem Evangelio fuͤhreten.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head>V. 1-3.</head><lb/> <cb/> <p> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">J</hi>Ch laſſe euch aber wiſſen, welch<lb/> einen Kampf ich habe um euch,<lb/> und um die zu Laodicea, und<lb/> alle, die meine Perſon im Fleiſch<lb/> nicht geſehen haben auf daß<lb/> eure Hertzen ermahnet und zuſammen ge-<lb/> faſſet werden in der Liebe, zu allem Reich-<lb/> thum des gewiſſen Verſtandes, zu erken-<lb/> nen das Geheimniß GOttes, und des Va-<lb/> ters und CHriſti: in welchem verborgen<lb/> liegen alle Schaͤtze der Weisheit und Er-<lb/> kaͤntniß.</hi> </p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Der <hi rendition="#fr">Verbindung</hi> nach hat man das<lb/> Woͤrtlein γὰρ <hi rendition="#fr">denn,</hi> welches Lutherus durch<lb/> aber gegeben hat, billig zu behalten. Denn,<lb/> nachdem der Apoſtel bezeuget hat, mit welchem<lb/> Ernſte er ſein Amt treibe, ſo erweiſet er ſolches<lb/> alhier auch damit, daß er ſeine Vorſorge auch<lb/> auf die richte, welche ihm von Angeſicht unbe-<lb/> kant geblieben waren.</item><lb/> <item>2. Es liegen in dieſem Texte drey Stuͤcke:<lb/> erſtlich Pauli <hi rendition="#fr">Kampf:</hi> hernach die <hi rendition="#fr">Sache,</hi><lb/> worauf er gerichtet iſt, nemlich auf die Beveſti-<lb/> gung in der glaͤubigen Erkaͤntniß CHriſti: und<lb/> denn drittens die <hi rendition="#fr">Vortreflichkeit dieſer Er-<lb/> kaͤntniß.</hi></item><lb/> <item>3. Der <hi rendition="#fr">Kampf</hi> bedeutet alhier eine recht<lb/> groſſe Sorgfalt, da ſich der Apoſtel aus der Lie-<lb/> be zu CHriſto gedrungen gefunden hat, zur Ge-<lb/> winnung vieler Seelen alle Treue und allen Ernſt<lb/> zu beweiſen, auch fuͤr diejenigen Gemeinen zu<lb/> ſorgen, welche er ſelbſt nicht gepflantzet hatte.<lb/> Daß er aber dieſe ſeine Sorgfalt einen <hi rendition="#fr">Kampf</hi><lb/> nennet, damit zeiget er an, daß er ſich die groſ-<lb/> ſe Gefahr, in welcher ſie, der verfuͤhriſchen Gei-<lb/> ſter wegen, ſchwebeten, vorgeſtellet, und da-<lb/> gegen, als gegen eine rechte Macht der Finſter-<lb/> niß, mit ſeinem Gebet recht vor GOTT geſtrit-<lb/> ten und gekaͤmpfet habe. Siehe auch Phil. 1,<lb/> 30. 1 Theſſ. 2, 2.</item><lb/> <item>4. Die <hi rendition="#fr">Sache,</hi> worauf der Kampf ging,<lb/> war der Coloſſer ihre <hi rendition="#fr">Beveſtigung im Bande<lb/> der Liebe</hi> und in der <hi rendition="#fr">glaubigen Gewißheit<lb/> der Lehre</hi> von CHriſto. Denn weil er gehoͤ-<lb/> ret hatte, wie die hernach beſchriebenen Jrr-<lb/> Geiſter ihnen zuſetzeten, und einen Eingang und<lb/><cb/> Anhang bey ihnen ſuchten, ſo befuͤrchtet er man-<lb/> cherley Trennung unter ihnen, bey welcher ſie<lb/> gegen einander in allerhand Mißverſtaͤndniß und<lb/> Mißtrauen gerathen wuͤrden. Darum ſein<lb/> recht kaͤmpfender Wunſch zuvorderſt da-<lb/> hin gerichtet war, daß ſie unter einander in ei-<lb/> nem veſten Bande der Liebe moͤchten recht zuſam-<lb/> men geſetzet, und mit einander vereiniget blei-<lb/> ben.</item><lb/> <item>5. Die auf die <hi rendition="#fr">Beveſtigung</hi> in der glaͤu-<lb/> bigen und gewiſſen <hi rendition="#fr">Erkaͤntniß</hi> der Lehre von<lb/> CHriſto gehende Worte ſind ſehr nachdruͤcklich,<lb/> und zeiget die dazu gebrauchte Menge mehrer<lb/> auf einerley Sache gehenden Worte theils der-<lb/> ſelben Wichtigkeit und Fuͤlle, theils Pauli <hi rendition="#aq">Af-<lb/> ſect</hi> an. Sie koͤnnen aber folgender geſtalt fuͤg-<lb/> lich zerleget werden:<lb/><list><item><hi rendition="#aq">a.</hi> Man faͤnget darinn, nach der <hi rendition="#aq">hermenevti-</hi><lb/> ſchen <hi rendition="#aq">analyſi,</hi> billig von hinten an: nemlich<lb/> von den Haupt-Worten, auf welche alle vor-<lb/> hergehende gerichtet ſind: <hi rendition="#fr">Das Geheim-<lb/> niß GOttes, und des Vaters und Chri-<lb/> ſti.</hi> Da denn zuvorderſt zu mercken iſt, daß<lb/> das Woͤrtlein <hi rendition="#fr">und</hi> zwiſchen den Worten<lb/><hi rendition="#fr">GOttes des Vaters,</hi> nicht ein Wort mit<lb/> dem andern verbinde, ſondern nur dienet zur<lb/> Erklaͤrung, welche das letztere Wort dem er-<lb/> ſtern giebet: nemlich daß <hi rendition="#fr">GOTT,</hi> deſſen<lb/> gedacht wird, der Perſon nach der <hi rendition="#fr">Vater</hi><lb/> ſey. Mit dem <hi rendition="#fr">Geheimniß aber des Va-<lb/> ters und des Sohnes</hi> wird alhier nicht ei-<lb/> gentlich geſehen auf die ewige Geburt des<lb/> Sohnes vom Vater, als des ewigen Abglan-<lb/> tzes vom ewigen Lichte: ſondern auf das gan-<lb/> tze <hi rendition="#fr">Werck der Wiederbringung</hi> des menſch-<lb/> lichen Geſchlechts: als darinn der <hi rendition="#fr">Vater</hi><lb/> ſich zuvorderſt ſonderlich als den gerechten<lb/> Richter geoffenbaret hat, der die <hi rendition="#aq">Satisfaction,</hi><lb/> vermoͤge ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit,<lb/> gefordert, dabey aber im Rathe des Friedens<lb/> das Mittel der Erloͤſung durch CHriſtum<lb/> ſelbſt ausgefunden, den Sohn dazu in die<lb/> Welt geſandt, zum Verſoͤhn-Opfer dahin<lb/> gegeben, und dieſes zur Verſoͤhnung als voll-<lb/> guͤltig angenommen hat, und es allen Glaͤu-<lb/> bigen, als ihr eigenes, zurechnet, ſie an Kin-<lb/> des ſtatt annimmt, und ſich um CHriſti, ſei-<lb/> nes Sohnes willen, auch als ein Vater der<lb/> <fw place="bottom" type="sig">E e e e e</fw><fw place="bottom" type="catch">Gna-</fw><lb/></item></list></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [769/0797]
Cap. 2, v. 1-3. an die Coloſſer.
Das andere Capitel/
Darinn der Apoſtel/ nach dem im erſten gelegten und ietzo
kuͤrtzlich wiederholten Glaubens-Grunde von CHriſto und dem Evan-
gelio/ vermoͤge ſeiner Apoſtoliſchen Sorgfalt/ die glaͤubigen Coloſſer
warnet vor allerley Verfuͤhrung/ ſonderlich derjenigen/ welche von
den falſchen Lehrern aus der verkehrten Philoſophie hergenommen wa-
ren/ und auf eine Vermengung der Juͤdiſchen Satzungen
mit dem Evangelio fuͤhreten.
V. 1-3.
JCh laſſe euch aber wiſſen, welch
einen Kampf ich habe um euch,
und um die zu Laodicea, und
alle, die meine Perſon im Fleiſch
nicht geſehen haben auf daß
eure Hertzen ermahnet und zuſammen ge-
faſſet werden in der Liebe, zu allem Reich-
thum des gewiſſen Verſtandes, zu erken-
nen das Geheimniß GOttes, und des Va-
ters und CHriſti: in welchem verborgen
liegen alle Schaͤtze der Weisheit und Er-
kaͤntniß.
Anmerckungen.
1. Der Verbindung nach hat man das
Woͤrtlein γὰρ denn, welches Lutherus durch
aber gegeben hat, billig zu behalten. Denn,
nachdem der Apoſtel bezeuget hat, mit welchem
Ernſte er ſein Amt treibe, ſo erweiſet er ſolches
alhier auch damit, daß er ſeine Vorſorge auch
auf die richte, welche ihm von Angeſicht unbe-
kant geblieben waren.
2. Es liegen in dieſem Texte drey Stuͤcke:
erſtlich Pauli Kampf: hernach die Sache,
worauf er gerichtet iſt, nemlich auf die Beveſti-
gung in der glaͤubigen Erkaͤntniß CHriſti: und
denn drittens die Vortreflichkeit dieſer Er-
kaͤntniß.
3. Der Kampf bedeutet alhier eine recht
groſſe Sorgfalt, da ſich der Apoſtel aus der Lie-
be zu CHriſto gedrungen gefunden hat, zur Ge-
winnung vieler Seelen alle Treue und allen Ernſt
zu beweiſen, auch fuͤr diejenigen Gemeinen zu
ſorgen, welche er ſelbſt nicht gepflantzet hatte.
Daß er aber dieſe ſeine Sorgfalt einen Kampf
nennet, damit zeiget er an, daß er ſich die groſ-
ſe Gefahr, in welcher ſie, der verfuͤhriſchen Gei-
ſter wegen, ſchwebeten, vorgeſtellet, und da-
gegen, als gegen eine rechte Macht der Finſter-
niß, mit ſeinem Gebet recht vor GOTT geſtrit-
ten und gekaͤmpfet habe. Siehe auch Phil. 1,
30. 1 Theſſ. 2, 2.
4. Die Sache, worauf der Kampf ging,
war der Coloſſer ihre Beveſtigung im Bande
der Liebe und in der glaubigen Gewißheit
der Lehre von CHriſto. Denn weil er gehoͤ-
ret hatte, wie die hernach beſchriebenen Jrr-
Geiſter ihnen zuſetzeten, und einen Eingang und
Anhang bey ihnen ſuchten, ſo befuͤrchtet er man-
cherley Trennung unter ihnen, bey welcher ſie
gegen einander in allerhand Mißverſtaͤndniß und
Mißtrauen gerathen wuͤrden. Darum ſein
recht kaͤmpfender Wunſch zuvorderſt da-
hin gerichtet war, daß ſie unter einander in ei-
nem veſten Bande der Liebe moͤchten recht zuſam-
men geſetzet, und mit einander vereiniget blei-
ben.
5. Die auf die Beveſtigung in der glaͤu-
bigen und gewiſſen Erkaͤntniß der Lehre von
CHriſto gehende Worte ſind ſehr nachdruͤcklich,
und zeiget die dazu gebrauchte Menge mehrer
auf einerley Sache gehenden Worte theils der-
ſelben Wichtigkeit und Fuͤlle, theils Pauli Af-
ſect an. Sie koͤnnen aber folgender geſtalt fuͤg-
lich zerleget werden:
a. Man faͤnget darinn, nach der hermenevti-
ſchen analyſi, billig von hinten an: nemlich
von den Haupt-Worten, auf welche alle vor-
hergehende gerichtet ſind: Das Geheim-
niß GOttes, und des Vaters und Chri-
ſti. Da denn zuvorderſt zu mercken iſt, daß
das Woͤrtlein und zwiſchen den Worten
GOttes des Vaters, nicht ein Wort mit
dem andern verbinde, ſondern nur dienet zur
Erklaͤrung, welche das letztere Wort dem er-
ſtern giebet: nemlich daß GOTT, deſſen
gedacht wird, der Perſon nach der Vater
ſey. Mit dem Geheimniß aber des Va-
ters und des Sohnes wird alhier nicht ei-
gentlich geſehen auf die ewige Geburt des
Sohnes vom Vater, als des ewigen Abglan-
tzes vom ewigen Lichte: ſondern auf das gan-
tze Werck der Wiederbringung des menſch-
lichen Geſchlechts: als darinn der Vater
ſich zuvorderſt ſonderlich als den gerechten
Richter geoffenbaret hat, der die Satisfaction,
vermoͤge ſeiner unwandelbaren Gerechtigkeit,
gefordert, dabey aber im Rathe des Friedens
das Mittel der Erloͤſung durch CHriſtum
ſelbſt ausgefunden, den Sohn dazu in die
Welt geſandt, zum Verſoͤhn-Opfer dahin
gegeben, und dieſes zur Verſoͤhnung als voll-
guͤltig angenommen hat, und es allen Glaͤu-
bigen, als ihr eigenes, zurechnet, ſie an Kin-
des ſtatt annimmt, und ſich um CHriſti, ſei-
nes Sohnes willen, auch als ein Vater der
Gna-
E e e e e
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |