Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 4, 19-22. [Spaltenumbruch]
türliche Sünden verfallen Rom. 1, 24. u. s. w.)und treiben allerley Unreinigkeit (wie ehe- mals die zu Sodom und Gomorra) samt dem Geitze (en pleonexia mit einer Unersättlichkeit, da die unreine Begierde durch ihre Erfüllung nicht gestillet, sondern nur noch immer mehr ge- reitzet und vermehret wird.) Anmerckungen. 1. Da der Mensch fühllos werden kan, welches durch die muthwillige Verstockung ge- schiehet: so hat man die Züchtigung und Schlä- ge des Gewissens, so theils vom natürlichen Lichte, und theils vom H. Geiste kommen, wohl zu bemercken, und ihnen gehorsamlich nachzu- kommen, damit nicht durch Betrug der Sünde das Hertz nach und nach in Verhärtung gerathe. Hebr. 3, 13. Die Bestrafung GOttes im Ge- wissen hat man als eine grosse Wohlthat anzu- sehen: aber sie muß wohl angeleget werden. 2. Das Wort pleonexia verstehet man alhier billig von einer unersättlichen Begier- de, wie sie sich zwar insonderheit bey dem Tich- ten und Trachten nach irdischen Gütern, aber auch bey der Geilheit und Unzucht befindet: wie denn das Griechische Wort nicht allein auf den Geitz, sondern auch überhaupt auf eine Uner- sättlichkeit gehet, der Apostel auch an diesem Or- te nicht so wol eine besondere Art von Lastern, als die Art und Weise, wie das Laster der Un- zucht ausgeübet worden, anzeiget. Es schicket sich aber auch das Wort Geitz auf die, welche um schändlichen Gewinstes willen ihren Leib zu unreinen Wercken dem andern dahin geben. Welcher Sünden-Lohn aber auch noch in dieser Zeit zum gerechten Vorgerichte allerley Stra- fen, sonderlich des äussersten Mangels, nach sich zu ziehen pfleget. V. 20. 21. Jhr aber (die ihr aus den Heiden zu Chri- Anmerckungen. 1. Jn der gantzen Christlichen Religion kömmt es fürnehmlich auf Christum selbst an, daß man, wenn man sie fasset, darinnen vor al- len Dingen Christum recht lernet erkennen, wie nach seiner Person und seinem Mittler-Amte, also auch nach der rechten Heils-Ordnung, in welcher man zu der seligen Gemeinschaft mit ihm kömmt und dieselbe bewahret. 2. Durch getreue Diener Christi von Christo und also dieselbe gebührend hören, ist [Spaltenumbruch] so viel, als Christum selbst hören, sie verachten, so viel, als Christum selbst verachten. Wie denn auch unser Heiland gesaget hat Matth. 10, 40. Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf: und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich gesandt hat. Und Luc. 10, 16. Wer euch höret, der höret mich: Und wer euch verachtet, der verachtet mich: wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt hat. Siehe auch 1 Thess. 2, 13. 4, 8. Die Ephesier hatten Christum in Person weder gesehen noch gehöret, und doch saget der Apostel: auton ekousate, ihr habet ihn gehöret: welches Lutherus gar recht über- setzet hat: ihr habt von ihm gehöret. 3. Die Ephesier hatten also von Christo gehöret, daß sie waren wahrhaftig erleuchtet und ein Licht im HErrn worden Eph. 5, 8. Und da- durch waren sie so fort zu einer solchen gläubigen Gemeinschaft mit Christo gelanget, daß es Pau- lus nennet in ihm gelehret worden seyn. 4. Das Wort aletheia ist also von Luthe- ro sehr wohl und nachdrücklich übersetzet worden durch die beyden Worte: rechtschaffen We- sen. Denn es wird damit gesehen so wol auf das Gebäude, als auf den Grund,; so wol auf den Leib, als auf das Haupt: nemlich, daß nicht allein in Christo, nach seiner Person und Mittler-Amte, lauter Wahrheit, Realität und Solidität sey, sondern daß auch in der Gemein- schaft mit Christo der erste Stand der Unschuld immer mehr hergestellet und in den Gliedern Christi angerichtet werde. Daher Christus sich auch selbst nennet aletheian, die Wahrheit Joh. 14, 6. der da ist voller Gnad und Wahr- heit c. 1, 14. durch welchen Gnade und Wahr- heit worden oder wiedergebracht ist v. 17. V. 22. So leget nun (wie ihr empfangen habet, Anmerckungen. 1. Der Connexion nach ist zu mercken, daß das Wort ablegen im Griechischen nicht im imperativo stehet mit einer particula illativa: So leget nun von euch ab - sondern im Insinitivo, dadurch angezeiget wird, daß das ab- legen der Zweck und der gewisse Erfolg sey von dem erkanten und angenommenen rechtschafnen Wesen in CHristo. Und also wäre es zu über- setzen gewesen: abzulegen, oder: auf daß ihr ableget. Und gleiche Beschaffenheit hat es mit den Worten: erneuert euch v. 23. und ziehet an v. 24. 2. Paulus greiffet den vorigen heidni- schen Wandel an samt seinem Grunde und samt seiner bösen Wurtzel, dem alten Menschen: wie denn die Heiligung niemals rechter Art ist, es sey denn, daß sie von innen heraus komme, und aus einem bessern Grunde das gantze Leben ge- bessert werde. 3. Durch
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, 19-22. [Spaltenumbruch]
tuͤrliche Suͤnden verfallen Rom. 1, 24. u. ſ. w.)und treiben allerley Unreinigkeit (wie ehe- mals die zu Sodom und Gomorra) ſamt dem Geitze (ἐν πλεονεξίᾳ mit einer Unerſaͤttlichkeit, da die unreine Begierde durch ihre Erfuͤllung nicht geſtillet, ſondern nur noch immer mehr ge- reitzet und vermehret wird.) Anmerckungen. 1. Da der Menſch fuͤhllos werden kan, welches durch die muthwillige Verſtockung ge- ſchiehet: ſo hat man die Zuͤchtigung und Schlaͤ- ge des Gewiſſens, ſo theils vom natuͤrlichen Lichte, und theils vom H. Geiſte kommen, wohl zu bemercken, und ihnen gehorſamlich nachzu- kommen, damit nicht durch Betrug der Suͤnde das Hertz nach und nach in Verhaͤrtung gerathe. Hebr. 3, 13. Die Beſtrafung GOttes im Ge- wiſſen hat man als eine groſſe Wohlthat anzu- ſehen: aber ſie muß wohl angeleget werden. 2. Das Wort πλεονεξία verſtehet man alhier billig von einer unerſaͤttlichen Begier- de, wie ſie ſich zwar inſonderheit bey dem Tich- ten und Trachten nach irdiſchen Guͤtern, aber auch bey der Geilheit und Unzucht befindet: wie denn das Griechiſche Wort nicht allein auf den Geitz, ſondern auch uͤberhaupt auf eine Uner- ſaͤttlichkeit gehet, der Apoſtel auch an dieſem Or- te nicht ſo wol eine beſondere Art von Laſtern, als die Art und Weiſe, wie das Laſter der Un- zucht ausgeuͤbet worden, anzeiget. Es ſchicket ſich aber auch das Wort Geitz auf die, welche um ſchaͤndlichen Gewinſtes willen ihren Leib zu unreinen Wercken dem andern dahin geben. Welcher Suͤnden-Lohn aber auch noch in dieſer Zeit zum gerechten Vorgerichte allerley Stra- fen, ſonderlich des aͤuſſerſten Mangels, nach ſich zu ziehen pfleget. V. 20. 21. Jhr aber (die ihr aus den Heiden zu Chri- Anmerckungen. 1. Jn der gantzen Chriſtlichen Religion koͤmmt es fuͤrnehmlich auf Chriſtum ſelbſt an, daß man, wenn man ſie faſſet, darinnen vor al- len Dingen Chriſtum recht lernet erkennen, wie nach ſeiner Perſon und ſeinem Mittler-Amte, alſo auch nach der rechten Heils-Ordnung, in welcher man zu der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm koͤmmt und dieſelbe bewahret. 2. Durch getreue Diener Chriſti von Chriſto und alſo dieſelbe gebuͤhrend hoͤren, iſt [Spaltenumbruch] ſo viel, als Chriſtum ſelbſt hoͤren, ſie verachten, ſo viel, als Chriſtum ſelbſt verachten. Wie denn auch unſer Heiland geſaget hat Matth. 10, 40. Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf: und wer mich aufnimmt, der nimmt den auf, der mich geſandt hat. Und Luc. 10, 16. Wer euch hoͤret, der hoͤret mich: Und wer euch verachtet, der verachtet mich: wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich geſandt hat. Siehe auch 1 Theſſ. 2, 13. 4, 8. Die Epheſier hatten Chriſtum in Perſon weder geſehen noch gehoͤret, und doch ſaget der Apoſtel: ἀυτον ἠκούσατε, ihr habet ihn gehoͤret: welches Lutherus gar recht uͤber- ſetzet hat: ihr habt von ihm gehoͤret. 3. Die Epheſier hatten alſo von Chriſto gehoͤret, daß ſie waren wahrhaftig erleuchtet und ein Licht im HErrn worden Eph. 5, 8. Und da- durch waren ſie ſo fort zu einer ſolchen glaͤubigen Gemeinſchaft mit Chriſto gelanget, daß es Pau- lus nennet in ihm gelehret worden ſeyn. 4. Das Wort ἀλήϑεια iſt alſo von Luthe- ro ſehr wohl und nachdruͤcklich uͤberſetzet worden durch die beyden Worte: rechtſchaffen We- ſen. Denn es wird damit geſehen ſo wol auf das Gebaͤude, als auf den Grund,; ſo wol auf den Leib, als auf das Haupt: nemlich, daß nicht allein in Chriſto, nach ſeiner Perſon und Mittler-Amte, lauter Wahrheit, Realitaͤt und Soliditaͤt ſey, ſondern daß auch in der Gemein- ſchaft mit Chriſto der erſte Stand der Unſchuld immer mehr hergeſtellet und in den Gliedern Chriſti angerichtet werde. Daher Chriſtus ſich auch ſelbſt nennet ἀλήϑειαν, die Wahrheit Joh. 14, 6. der da iſt voller Gnad und Wahr- heit c. 1, 14. durch welchen Gnade und Wahr- heit worden oder wiedergebracht iſt v. 17. V. 22. So leget nun (wie ihr empfangen habet, Anmerckungen. 1. Der Connexion nach iſt zu mercken, daß das Wort ablegen im Griechiſchen nicht im imperativo ſtehet mit einer particula illativa: So leget nun von euch ab - ſondern im Inſinitivo, dadurch angezeiget wird, daß das ab- legen der Zweck und der gewiſſe Erfolg ſey von dem erkanten und angenommenen rechtſchafnen Weſen in CHriſto. Und alſo waͤre es zu uͤber- ſetzen geweſen: abzulegen, oder: auf daß ihr ableget. Und gleiche Beſchaffenheit hat es mit den Worten: erneuert euch v. 23. und ziehet an v. 24. 2. Paulus greiffet den vorigen heidni- ſchen Wandel an ſamt ſeinem Grunde und ſamt ſeiner boͤſen Wurtzel, dem alten Menſchen: wie denn die Heiligung niemals rechter Art iſt, es ſey denn, daß ſie von innen heraus komme, und aus einem beſſern Grunde das gantze Leben ge- beſſert werde. 3. Durch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0670" n="642"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 4, 19-22.</hi></hi></fw><lb/><cb/> tuͤrliche Suͤnden verfallen Rom. 1, 24. u. ſ. w.)<lb/><hi rendition="#fr">und treiben allerley Unreinigkeit</hi> (wie ehe-<lb/> mals die zu Sodom und Gomorra) <hi rendition="#fr">ſamt dem<lb/> Geitze</hi> (ἐν πλεονεξίᾳ mit einer Unerſaͤttlichkeit,<lb/> da die unreine Begierde durch ihre Erfuͤllung<lb/> nicht geſtillet, ſondern nur noch immer mehr ge-<lb/> reitzet und vermehret wird.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Da der Menſch fuͤhllos werden kan,<lb/> welches durch die muthwillige Verſtockung ge-<lb/> ſchiehet: ſo hat man die Zuͤchtigung und Schlaͤ-<lb/> ge des Gewiſſens, ſo theils vom natuͤrlichen<lb/> Lichte, und theils vom H. Geiſte kommen, wohl<lb/> zu bemercken, und ihnen gehorſamlich nachzu-<lb/> kommen, damit nicht durch Betrug der Suͤnde<lb/> das Hertz nach und nach in Verhaͤrtung gerathe.<lb/> Hebr. 3, 13. Die Beſtrafung GOttes im Ge-<lb/> wiſſen hat man als eine groſſe Wohlthat anzu-<lb/> ſehen: aber ſie muß wohl angeleget werden.</item><lb/> <item>2. Das Wort πλεονεξία verſtehet man<lb/> alhier billig von einer <hi rendition="#fr">unerſaͤttlichen Begier-<lb/> de,</hi> wie ſie ſich zwar inſonderheit bey dem Tich-<lb/> ten und Trachten nach irdiſchen Guͤtern, aber<lb/> auch bey der Geilheit und Unzucht befindet: wie<lb/> denn das Griechiſche Wort nicht allein auf den<lb/> Geitz, ſondern auch uͤberhaupt auf eine Uner-<lb/> ſaͤttlichkeit gehet, der Apoſtel auch an dieſem Or-<lb/> te nicht ſo wol eine beſondere Art von Laſtern,<lb/> als die Art und Weiſe, wie das Laſter der Un-<lb/> zucht ausgeuͤbet worden, anzeiget. Es ſchicket<lb/> ſich aber auch das Wort <hi rendition="#fr">Geitz</hi> auf die, welche<lb/> um ſchaͤndlichen Gewinſtes willen ihren Leib zu<lb/> unreinen Wercken dem andern dahin geben.<lb/> Welcher Suͤnden-Lohn aber auch noch in dieſer<lb/> Zeit zum gerechten Vorgerichte allerley Stra-<lb/> fen, ſonderlich des aͤuſſerſten Mangels, nach ſich<lb/> zu ziehen pfleget.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 20. 21.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Jhr aber</hi> (die ihr aus den Heiden zu Chri-<lb/> ſto bekehret ſeyd) <hi rendition="#fr">habet Chriſtum nicht alſo<lb/> gelernet</hi> (da ihr die Lehre von Chriſto gehoͤret,<lb/> und im Glauben angenommen habet, da habet<lb/> ihr gleich anfangs wohl erkannt, daß das be-<lb/> ſchriebene heidniſche Leben mit der Lehre des Ev-<lb/> angelii und mit der Gemeinſchaft Chriſti nicht<lb/> beſtehen koͤnne.) v. 21. <hi rendition="#fr">So ihr anders von<lb/> ihm</hi> (durch ſeine Diener) <hi rendition="#fr">gehoͤret habet, und<lb/> in ihm gelehret ſeyd, wie in JEſu</hi> (in der<lb/> Vereinigung mit ihm bey den Glaͤubigen) <hi rendition="#fr">iſt<lb/> ein rechtſchaffen Weſen</hi> (welches in der Rei-<lb/> nigkeit der Lehre, und in der Heiligkeit des Le-<lb/> bens ſich erweiſet.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Jn der gantzen Chriſtlichen Religion<lb/> koͤmmt es fuͤrnehmlich auf Chriſtum ſelbſt an,<lb/> daß man, wenn man ſie faſſet, darinnen vor al-<lb/> len Dingen Chriſtum recht lernet erkennen, wie<lb/> nach ſeiner Perſon und ſeinem Mittler-Amte,<lb/> alſo auch nach der rechten Heils-Ordnung, in<lb/> welcher man zu der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm<lb/> koͤmmt und dieſelbe bewahret.</item><lb/> <item>2. Durch getreue Diener Chriſti von<lb/> Chriſto und alſo dieſelbe gebuͤhrend hoͤren, iſt<lb/><cb/> ſo viel, als Chriſtum ſelbſt hoͤren, ſie verachten,<lb/> ſo viel, als Chriſtum ſelbſt verachten. Wie<lb/> denn auch unſer Heiland geſaget hat Matth. 10,<lb/> 40. <hi rendition="#fr">Wer euch aufnimmt, der nimmt mich<lb/> auf: und wer mich aufnimmt, der nimmt<lb/> den auf, der mich geſandt hat.</hi> Und Luc. 10,<lb/> 16. <hi rendition="#fr">Wer euch hoͤret, der hoͤret mich: Und<lb/> wer euch verachtet, der verachtet mich:<lb/> wer aber mich verachtet, der verachtet den,<lb/> der mich geſandt hat.</hi> Siehe auch 1 Theſſ. 2,<lb/> 13. 4, 8. Die Epheſier hatten Chriſtum in<lb/> Perſon weder geſehen noch gehoͤret, und doch<lb/> ſaget der Apoſtel: ἀυτον ἠκούσατε, <hi rendition="#fr">ihr habet<lb/> ihn gehoͤret:</hi> welches Lutherus gar recht uͤber-<lb/> ſetzet hat: <hi rendition="#fr">ihr habt von ihm gehoͤret.</hi></item><lb/> <item>3. Die Epheſier hatten alſo von Chriſto<lb/> gehoͤret, daß ſie waren wahrhaftig erleuchtet und<lb/> ein Licht im HErrn worden Eph. 5, 8. Und da-<lb/> durch waren ſie ſo fort zu einer ſolchen glaͤubigen<lb/> Gemeinſchaft mit Chriſto gelanget, daß es Pau-<lb/> lus nennet <hi rendition="#fr">in ihm gelehret worden ſeyn.</hi></item><lb/> <item>4. Das Wort ἀλήϑεια iſt alſo von Luthe-<lb/> ro ſehr wohl und nachdruͤcklich uͤberſetzet worden<lb/> durch die beyden Worte: <hi rendition="#fr">rechtſchaffen We-<lb/> ſen.</hi> Denn es wird damit geſehen ſo wol auf<lb/> das Gebaͤude, als auf den Grund,; ſo wol auf<lb/> den Leib, als auf das Haupt: nemlich, daß<lb/> nicht allein in Chriſto, nach ſeiner Perſon und<lb/> Mittler-Amte, lauter Wahrheit, <hi rendition="#aq">Realit</hi>aͤt und<lb/><hi rendition="#aq">Solidit</hi>aͤt ſey, ſondern daß auch in der Gemein-<lb/> ſchaft mit Chriſto der erſte Stand der Unſchuld<lb/> immer mehr hergeſtellet und in den Gliedern<lb/> Chriſti angerichtet werde. Daher Chriſtus ſich<lb/> auch ſelbſt nennet ἀλήϑειαν, die <hi rendition="#fr">Wahrheit</hi><lb/> Joh. 14, 6. der da iſt <hi rendition="#fr">voller Gnad und Wahr-<lb/> heit</hi> c. 1, 14. durch welchen <hi rendition="#fr">Gnade und Wahr-<lb/> heit worden</hi> oder wiedergebracht iſt v. 17.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 22.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">So leget nun</hi> (wie ihr empfangen habet,<lb/> alſo auch noch ferner) <hi rendition="#fr">von euch ab nach dem<lb/> vorigen</hi> (im blinden Heidenthum gefuͤhrten)<lb/><hi rendition="#fr">Wandel den alten Menſchen</hi> (das von Adam<lb/> her uns angeerbte Suͤnden-Ubel) <hi rendition="#fr">der durch<lb/> Luͤſte in Jrrthum ſich verderbet.</hi></p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Der <hi rendition="#aq">Connexion</hi> nach iſt zu mercken, daß<lb/> das Wort <hi rendition="#fr">ablegen</hi> im Griechiſchen nicht im<lb/><hi rendition="#aq">imperativo</hi> ſtehet mit einer <hi rendition="#aq">particula illativa:</hi><lb/><hi rendition="#fr">So leget nun von euch ab</hi> - ſondern im<lb/><hi rendition="#aq">Inſinitivo,</hi> dadurch angezeiget wird, daß das ab-<lb/> legen der Zweck und der gewiſſe Erfolg ſey von<lb/> dem erkanten und angenommenen rechtſchafnen<lb/> Weſen in CHriſto. Und alſo waͤre es zu uͤber-<lb/> ſetzen geweſen: <hi rendition="#fr">abzulegen,</hi> oder: <hi rendition="#fr">auf daß ihr<lb/> ableget.</hi> Und gleiche Beſchaffenheit hat es mit<lb/> den Worten: <hi rendition="#fr">erneuert euch</hi> v. 23. und <hi rendition="#fr">ziehet<lb/> an</hi> v. 24.</item><lb/> <item>2. Paulus greiffet den <hi rendition="#fr">vorigen</hi> heidni-<lb/> ſchen <hi rendition="#fr">Wandel</hi> an ſamt ſeinem Grunde und ſamt<lb/> ſeiner boͤſen Wurtzel, dem <hi rendition="#fr">alten Menſchen:</hi><lb/> wie denn die Heiligung niemals rechter Art iſt,<lb/> es ſey denn, daß ſie von innen heraus komme, und<lb/> aus einem beſſern Grunde das gantze Leben ge-<lb/> beſſert werde.</item> </list><lb/> <fw place="bottom" type="catch">3. Durch</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [642/0670]
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, 19-22.
tuͤrliche Suͤnden verfallen Rom. 1, 24. u. ſ. w.)
und treiben allerley Unreinigkeit (wie ehe-
mals die zu Sodom und Gomorra) ſamt dem
Geitze (ἐν πλεονεξίᾳ mit einer Unerſaͤttlichkeit,
da die unreine Begierde durch ihre Erfuͤllung
nicht geſtillet, ſondern nur noch immer mehr ge-
reitzet und vermehret wird.)
Anmerckungen.
1. Da der Menſch fuͤhllos werden kan,
welches durch die muthwillige Verſtockung ge-
ſchiehet: ſo hat man die Zuͤchtigung und Schlaͤ-
ge des Gewiſſens, ſo theils vom natuͤrlichen
Lichte, und theils vom H. Geiſte kommen, wohl
zu bemercken, und ihnen gehorſamlich nachzu-
kommen, damit nicht durch Betrug der Suͤnde
das Hertz nach und nach in Verhaͤrtung gerathe.
Hebr. 3, 13. Die Beſtrafung GOttes im Ge-
wiſſen hat man als eine groſſe Wohlthat anzu-
ſehen: aber ſie muß wohl angeleget werden.
2. Das Wort πλεονεξία verſtehet man
alhier billig von einer unerſaͤttlichen Begier-
de, wie ſie ſich zwar inſonderheit bey dem Tich-
ten und Trachten nach irdiſchen Guͤtern, aber
auch bey der Geilheit und Unzucht befindet: wie
denn das Griechiſche Wort nicht allein auf den
Geitz, ſondern auch uͤberhaupt auf eine Uner-
ſaͤttlichkeit gehet, der Apoſtel auch an dieſem Or-
te nicht ſo wol eine beſondere Art von Laſtern,
als die Art und Weiſe, wie das Laſter der Un-
zucht ausgeuͤbet worden, anzeiget. Es ſchicket
ſich aber auch das Wort Geitz auf die, welche
um ſchaͤndlichen Gewinſtes willen ihren Leib zu
unreinen Wercken dem andern dahin geben.
Welcher Suͤnden-Lohn aber auch noch in dieſer
Zeit zum gerechten Vorgerichte allerley Stra-
fen, ſonderlich des aͤuſſerſten Mangels, nach ſich
zu ziehen pfleget.
V. 20. 21.
Jhr aber (die ihr aus den Heiden zu Chri-
ſto bekehret ſeyd) habet Chriſtum nicht alſo
gelernet (da ihr die Lehre von Chriſto gehoͤret,
und im Glauben angenommen habet, da habet
ihr gleich anfangs wohl erkannt, daß das be-
ſchriebene heidniſche Leben mit der Lehre des Ev-
angelii und mit der Gemeinſchaft Chriſti nicht
beſtehen koͤnne.) v. 21. So ihr anders von
ihm (durch ſeine Diener) gehoͤret habet, und
in ihm gelehret ſeyd, wie in JEſu (in der
Vereinigung mit ihm bey den Glaͤubigen) iſt
ein rechtſchaffen Weſen (welches in der Rei-
nigkeit der Lehre, und in der Heiligkeit des Le-
bens ſich erweiſet.)
Anmerckungen.
1. Jn der gantzen Chriſtlichen Religion
koͤmmt es fuͤrnehmlich auf Chriſtum ſelbſt an,
daß man, wenn man ſie faſſet, darinnen vor al-
len Dingen Chriſtum recht lernet erkennen, wie
nach ſeiner Perſon und ſeinem Mittler-Amte,
alſo auch nach der rechten Heils-Ordnung, in
welcher man zu der ſeligen Gemeinſchaft mit ihm
koͤmmt und dieſelbe bewahret.
2. Durch getreue Diener Chriſti von
Chriſto und alſo dieſelbe gebuͤhrend hoͤren, iſt
ſo viel, als Chriſtum ſelbſt hoͤren, ſie verachten,
ſo viel, als Chriſtum ſelbſt verachten. Wie
denn auch unſer Heiland geſaget hat Matth. 10,
40. Wer euch aufnimmt, der nimmt mich
auf: und wer mich aufnimmt, der nimmt
den auf, der mich geſandt hat. Und Luc. 10,
16. Wer euch hoͤret, der hoͤret mich: Und
wer euch verachtet, der verachtet mich:
wer aber mich verachtet, der verachtet den,
der mich geſandt hat. Siehe auch 1 Theſſ. 2,
13. 4, 8. Die Epheſier hatten Chriſtum in
Perſon weder geſehen noch gehoͤret, und doch
ſaget der Apoſtel: ἀυτον ἠκούσατε, ihr habet
ihn gehoͤret: welches Lutherus gar recht uͤber-
ſetzet hat: ihr habt von ihm gehoͤret.
3. Die Epheſier hatten alſo von Chriſto
gehoͤret, daß ſie waren wahrhaftig erleuchtet und
ein Licht im HErrn worden Eph. 5, 8. Und da-
durch waren ſie ſo fort zu einer ſolchen glaͤubigen
Gemeinſchaft mit Chriſto gelanget, daß es Pau-
lus nennet in ihm gelehret worden ſeyn.
4. Das Wort ἀλήϑεια iſt alſo von Luthe-
ro ſehr wohl und nachdruͤcklich uͤberſetzet worden
durch die beyden Worte: rechtſchaffen We-
ſen. Denn es wird damit geſehen ſo wol auf
das Gebaͤude, als auf den Grund,; ſo wol auf
den Leib, als auf das Haupt: nemlich, daß
nicht allein in Chriſto, nach ſeiner Perſon und
Mittler-Amte, lauter Wahrheit, Realitaͤt und
Soliditaͤt ſey, ſondern daß auch in der Gemein-
ſchaft mit Chriſto der erſte Stand der Unſchuld
immer mehr hergeſtellet und in den Gliedern
Chriſti angerichtet werde. Daher Chriſtus ſich
auch ſelbſt nennet ἀλήϑειαν, die Wahrheit
Joh. 14, 6. der da iſt voller Gnad und Wahr-
heit c. 1, 14. durch welchen Gnade und Wahr-
heit worden oder wiedergebracht iſt v. 17.
V. 22.
So leget nun (wie ihr empfangen habet,
alſo auch noch ferner) von euch ab nach dem
vorigen (im blinden Heidenthum gefuͤhrten)
Wandel den alten Menſchen (das von Adam
her uns angeerbte Suͤnden-Ubel) der durch
Luͤſte in Jrrthum ſich verderbet.
Anmerckungen.
1. Der Connexion nach iſt zu mercken, daß
das Wort ablegen im Griechiſchen nicht im
imperativo ſtehet mit einer particula illativa:
So leget nun von euch ab - ſondern im
Inſinitivo, dadurch angezeiget wird, daß das ab-
legen der Zweck und der gewiſſe Erfolg ſey von
dem erkanten und angenommenen rechtſchafnen
Weſen in CHriſto. Und alſo waͤre es zu uͤber-
ſetzen geweſen: abzulegen, oder: auf daß ihr
ableget. Und gleiche Beſchaffenheit hat es mit
den Worten: erneuert euch v. 23. und ziehet
an v. 24.
2. Paulus greiffet den vorigen heidni-
ſchen Wandel an ſamt ſeinem Grunde und ſamt
ſeiner boͤſen Wurtzel, dem alten Menſchen:
wie denn die Heiligung niemals rechter Art iſt,
es ſey denn, daß ſie von innen heraus komme, und
aus einem beſſern Grunde das gantze Leben ge-
beſſert werde.
3. Durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |