Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 17. 18. [Spaltenumbruch]
sich selbst gleichsam mit zu Grabe getragen undabgethan) siehe, es ist (vermöge der Auferste- hung Christi, der Evangelischen Oeconomie nach) alles neu worden. Anmerckungen. 1. Jn Christo seyn ist, eine solche glaubi- ge Gemeinschaft mit ihm haben, daß man seines Todes zur Gerechtigkeit und Vergebung der Sünden theilhaftig worden, Christum angezo- gen habe, und sich mit gläubiger Application für einen solchen halte, für den Christus ge- storben, und der also vor dem Gerichte GOttes angesehen werde, als sey er selbst gestorben. 2. Eine neue Creatur seyn ist, bey der Ge- meinschaft mit dem Tode Christi auch der Auf- erstehung Christi also theilhaftig worden seyn, daß man zum geistlichen Leben gebracht sey, und aus der Kraft desselben auch Christo lebe. Wodurch denn erläutert wird, was vorher ge- saget worden, wie wir Christo, der für uns ge- storben und auferstanden, leben sollen, und ste- het zugleich als ein Gegensatz von dem, was v. 16. von dem Kennen Christi nach dem Flei- sche gesaget ist. Es stehet aber so wol dieser als der vorhergehende Vers mit wiederhohlter par- ticul oste, als ein Schluß, der aus dem 15. Vers von dem Tode und von der Auferstehung Christi gezogen wird. 3. Jn den Worten: neue Creatur, oder neues Geschöpf, wird die allem falschen Schein entgegen gesetzte rechte Realität und Soliditat derjenigen Veränderung des Menschen, welche in der Wiedergeburt oder Bekehrung mit ihm vorgehet, angezeiget, und diese als eine neue Schöpfung vorgestellet. Es wird aber damit sonderlich noch auf zweyerley gesehen: erstlich auf den Verlust des Ebenbildes GOttes, welchen der Mensch aus der ersten natürlichen Schöpfung gehabt, aber verlohren, und wieder erlangen muß: und denn, daß er dazu aus eignen Kräften so wenig beytrage, als er zu seiner Schöpfung und leiblichen Geburt gethan hat. 4. Von dieser neuen Creatur siehe auch Psalm 51, 12. da David betet: Schaffe in mir GOtt ein reines Hertz, und gib mir einen neuen gewissen Geist. Und was dieser erbit- tet, darüber preiset Paulus GOtt, wenn er spricht Eph. 2, 10. Wir sind sein Werck, ge- schaffen in Christo JEsu zu guten Wer- cken, zu welchen uns GOtt zuvor berei- tet hat, daß wir darinnen wandeln sollen. Was er 2 Cor. 5, 17. nennet: also in Christo seyn, daß man eine neue Creatur sey, das heißt alhier in Christo JEsu zu guten Wer- cken erschaffen seyn, ktisis, ktisthentes. Und Gal. 6, 16. spricht er: Jn Christo JEsu gilt nichts, weder Beschneidung, noch Vor- haut, sondern eine neue Creatur. Wel- ches c. 5, 6. mit diesen Worten ausgedrucket wird: Jn Christo gilt weder Beschnei- dung, noch Vorhaut, sondern der Glau- be, der durch die Liebe thätig ist. Denn darinnen erweiset sich das neue Geschöpf in der Seele. 5. Die neue Oeconomie des Evangelii erfo- dert auch neue Creaturen; wie der Most neue Schläuche Matth. 9, 17. darum ist es ein schändlicher Mißbrauch des Evangelii, wenn es aufs Fleisch, und die Christliche Freyheit in Frechheit auf Muthwillen gezogen wird. Denn es gehet schon im Reiche der Gnaden an, was der HErr vom Reiche der Herrlichkeit saget Apoc. 21, 5. Siehe, ich mache alles neue. 6. Es muß sich aber einer als eine neue Creatur damit legitimiren, daß er nach der Wahrheit sagen kan, es ist alles dergestalt neu worden, daß das Alte vergangen ist: alte Jrrthümer und Vorurtheile und alte sündliche Gewohnheiten in eiteler Gleichstellung der Welt müssen abgeleget seyn: und der alte Mensch, nachdem er einmal ausgezogen, muß in dem, was noch von ihm übrig ist, immer mehr gecreutziget, und also der Wachsthum des neuen, als der neuen Creatur, befordert werden. Rom. 6, 4-6. Eph. 4, 23. 24. Col. 3, 8. sqq. V. 18. Aber das alles (so da neu worden ist, und Anmerckungen. 1. Die Versöhnung setzet alhier zweyerley zum Grunde: Auf Seiten des menschlichen Geschlechts den Sünden-Fall und den gantzen Stand der Sünde, der dergestalt dem heiligen Willen GOttes entgegen stehet, daß darinnen gar das höchste Laster der Rebellion wider GOtt lieget; sintemal der Mensch durch die Sünde seinen eignen verkehrten Willen dem heiligen Willen GOttes opponiret, ja sich damit wie wider, also auch über GOtt erhebet. Auf Sei- ten GOttes, desselben unwandelbare Heilig- keit und Straf-Gerechtigkeit, nach welcher der Sünder bey solcher seiner Beschaffenheit von Rechtswegen aus seiner seligen Gemeinschaft verstossen seyn muß. 2. Die Versöhnung ist nun diejenige Handlung, dadurch der Gerechtigkeit GOttes ein Genüge geschehen, also, daß GOtt seinen gerechten richterlichen Zorn oder Ernst mit der Strafe gegen die Menschen fahren läßt, und sich gegen sie gnädig erweiset, und also in Ansehung der Beleidiger anders Sinnes ist: welches das Wort katallassein anzeiget. 3. Jn dieser Versöhnung treten die Ge- rechtigkeit und die Barmhertzigkeit zusam- men, und machen das allerweiseste und beste Temperamentum aus. Die Gerechtigkeit damit, daß sie ein Löse-Geld fodert: die Barm- hertzigkeit damit, daß sie das Mittel zum Löse- Geld selbst ausfindet, es auch annimmt und de- nen, für welche es dargeleget, zurechnet: da be- kant ist, daß, wenn nach dem strengen Rechte ver-
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 17. 18. [Spaltenumbruch]
ſich ſelbſt gleichſam mit zu Grabe getragen undabgethan) ſiehe, es iſt (vermoͤge der Auferſte- hung Chriſti, der Evangeliſchen Oeconomie nach) alles neu worden. Anmerckungen. 1. Jn Chriſto ſeyn iſt, eine ſolche glaubi- ge Gemeinſchaft mit ihm haben, daß man ſeines Todes zur Gerechtigkeit und Vergebung der Suͤnden theilhaftig worden, Chriſtum angezo- gen habe, und ſich mit glaͤubiger Application fuͤr einen ſolchen halte, fuͤr den Chriſtus ge- ſtorben, und der alſo vor dem Gerichte GOttes angeſehen werde, als ſey er ſelbſt geſtorben. 2. Eine neue Creatur ſeyn iſt, bey der Ge- meinſchaft mit dem Tode Chriſti auch der Auf- erſtehung Chriſti alſo theilhaftig worden ſeyn, daß man zum geiſtlichen Leben gebracht ſey, und aus der Kraft deſſelben auch Chriſto lebe. Wodurch denn erlaͤutert wird, was vorher ge- ſaget worden, wie wir Chriſto, der fuͤr uns ge- ſtorben und auferſtanden, leben ſollen, und ſte- het zugleich als ein Gegenſatz von dem, was v. 16. von dem Kennen Chriſti nach dem Flei- ſche geſaget iſt. Es ſtehet aber ſo wol dieſer als der vorhergehende Vers mit wiederhohlter par- ticul ὥϛε, als ein Schluß, der aus dem 15. Vers von dem Tode und von der Auferſtehung Chriſti gezogen wird. 3. Jn den Worten: neue Creatur, oder neues Geſchoͤpf, wird die allem falſchen Schein entgegen geſetzte rechte Realitaͤt und Soliditat derjenigen Veraͤnderung des Menſchen, welche in der Wiedergeburt oder Bekehrung mit ihm vorgehet, angezeiget, und dieſe als eine neue Schoͤpfung vorgeſtellet. Es wird aber damit ſonderlich noch auf zweyerley geſehen: erſtlich auf den Verluſt des Ebenbildes GOttes, welchen der Menſch aus der erſten natuͤrlichen Schoͤpfung gehabt, aber verlohren, und wieder erlangen muß: und denn, daß er dazu aus eignen Kraͤften ſo wenig beytrage, als er zu ſeiner Schoͤpfung und leiblichen Geburt gethan hat. 4. Von dieſer neuen Creatur ſiehe auch Pſalm 51, 12. da David betet: Schaffe in mir GOtt ein reines Hertz, und gib mir einen neuen gewiſſen Geiſt. Und was dieſer erbit- tet, daruͤber preiſet Paulus GOtt, wenn er ſpricht Eph. 2, 10. Wir ſind ſein Werck, ge- ſchaffen in Chriſto JEſu zu guten Wer- cken, zu welchen uns GOtt zuvor berei- tet hat, daß wir darinnen wandeln ſollen. Was er 2 Cor. 5, 17. nennet: alſo in Chriſto ſeyn, daß man eine neue Creatur ſey, das heißt alhier in Chriſto JEſu zu guten Wer- cken erſchaffen ſeyn, κτίσις, κτισϑέντες. Und Gal. 6, 16. ſpricht er: Jn Chriſto JEſu gilt nichts, weder Beſchneidung, noch Vor- haut, ſondern eine neue Creatur. Wel- ches c. 5, 6. mit dieſen Worten ausgedrucket wird: Jn Chriſto gilt weder Beſchnei- dung, noch Vorhaut, ſondern der Glau- be, der durch die Liebe thaͤtig iſt. Denn darinnen erweiſet ſich das neue Geſchoͤpf in der Seele. 5. Die neue Oeconomie des Evangelii erfo- dert auch neue Creaturen; wie der Moſt neue Schlaͤuche Matth. 9, 17. darum iſt es ein ſchaͤndlicher Mißbrauch des Evangelii, wenn es aufs Fleiſch, und die Chriſtliche Freyheit in Frechheit auf Muthwillen gezogen wird. Denn es gehet ſchon im Reiche der Gnaden an, was der HErr vom Reiche der Herrlichkeit ſaget Apoc. 21, 5. Siehe, ich mache alles neue. 6. Es muß ſich aber einer als eine neue Creatur damit legitimiren, daß er nach der Wahrheit ſagen kan, es iſt alles dergeſtalt neu worden, daß das Alte vergangen iſt: alte Jrrthuͤmer und Vorurtheile und alte ſuͤndliche Gewohnheiten in eiteler Gleichſtellung der Welt muͤſſen abgeleget ſeyn: und der alte Menſch, nachdem er einmal ausgezogen, muß in dem, was noch von ihm uͤbrig iſt, immer mehr gecreutziget, und alſo der Wachsthum des neuen, als der neuen Creatur, befordert werden. Rom. 6, 4-6. Eph. 4, 23. 24. Col. 3, 8. ſqq. V. 18. Aber das alles (ſo da neu worden iſt, und Anmerckungen. 1. Die Verſoͤhnung ſetzet alhier zweyerley zum Grunde: Auf Seiten des menſchlichen Geſchlechts den Suͤnden-Fall und den gantzen Stand der Suͤnde, der dergeſtalt dem heiligen Willen GOttes entgegen ſtehet, daß darinnen gar das hoͤchſte Laſter der Rebellion wider GOtt lieget; ſintemal der Menſch durch die Suͤnde ſeinen eignen verkehrten Willen dem heiligen Willen GOttes opponiret, ja ſich damit wie wider, alſo auch uͤber GOtt erhebet. Auf Sei- ten GOttes, deſſelben unwandelbare Heilig- keit und Straf-Gerechtigkeit, nach welcher der Suͤnder bey ſolcher ſeiner Beſchaffenheit von Rechtswegen aus ſeiner ſeligen Gemeinſchaft verſtoſſen ſeyn muß. 2. Die Verſoͤhnung iſt nun diejenige Handlung, dadurch der Gerechtigkeit GOttes ein Genuͤge geſchehen, alſo, daß GOtt ſeinen gerechten richterlichen Zorn oder Ernſt mit der Strafe gegen die Menſchen fahren laͤßt, und ſich gegen ſie gnaͤdig erweiſet, und alſo in Anſehung der Beleidiger anders Sinnes iſt: welches das Wort καταλλάσσειν anzeiget. 3. Jn dieſer Verſoͤhnung treten die Ge- rechtigkeit und die Barmhertzigkeit zuſam- men, und machen das allerweiſeſte und beſte Temperamentum aus. Die Gerechtigkeit damit, daß ſie ein Loͤſe-Geld fodert: die Barm- hertzigkeit damit, daß ſie das Mittel zum Loͤſe- Geld ſelbſt ausfindet, es auch annimmt und de- nen, fuͤr welche es dargeleget, zurechnet: da be- kant iſt, daß, wenn nach dem ſtrengen Rechte ver-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0424" n="396"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des andern Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 5, v. 17. 18.</hi></hi></fw><lb/><cb/> ſich ſelbſt gleichſam mit zu Grabe getragen und<lb/> abgethan) <hi rendition="#fr">ſiehe, es iſt</hi> (vermoͤge der Auferſte-<lb/> hung Chriſti, der Evangeliſchen <hi rendition="#aq">Oeconomi</hi>e<lb/> nach) <hi rendition="#fr">alles neu worden.</hi></p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. <hi rendition="#fr">Jn Chriſto ſeyn</hi> iſt, eine ſolche glaubi-<lb/> ge Gemeinſchaft mit ihm haben, daß man ſeines<lb/> Todes zur Gerechtigkeit und Vergebung der<lb/> Suͤnden theilhaftig worden, Chriſtum angezo-<lb/> gen habe, und ſich mit glaͤubiger <hi rendition="#aq">Application</hi><lb/> fuͤr einen ſolchen halte, fuͤr den Chriſtus ge-<lb/> ſtorben, und der alſo vor dem Gerichte GOttes<lb/> angeſehen werde, als ſey er ſelbſt geſtorben.</item><lb/> <item>2. Eine <hi rendition="#fr">neue Creatur</hi> ſeyn iſt, bey der Ge-<lb/> meinſchaft mit dem Tode Chriſti auch der Auf-<lb/> erſtehung Chriſti alſo theilhaftig worden ſeyn,<lb/> daß man zum geiſtlichen Leben gebracht ſey, und<lb/> aus der Kraft deſſelben auch Chriſto lebe.<lb/> Wodurch denn erlaͤutert wird, was vorher ge-<lb/> ſaget worden, wie wir Chriſto, der fuͤr uns ge-<lb/> ſtorben und auferſtanden, leben ſollen, und ſte-<lb/> het zugleich als ein Gegenſatz von dem, was v.<lb/> 16. von <hi rendition="#fr">dem Kennen Chriſti nach dem Flei-<lb/> ſche</hi> geſaget iſt. Es ſtehet aber ſo wol dieſer als<lb/> der vorhergehende Vers mit wiederhohlter <hi rendition="#aq">par-<lb/> ticul</hi> ὥϛε, als ein Schluß, der aus dem 15. Vers<lb/> von dem Tode und von der Auferſtehung Chriſti<lb/> gezogen wird.</item><lb/> <item>3. Jn den Worten: <hi rendition="#fr">neue Creatur,</hi> oder<lb/><hi rendition="#fr">neues Geſchoͤpf,</hi> wird die allem falſchen Schein<lb/> entgegen geſetzte rechte <hi rendition="#aq">Realit</hi>aͤt und <hi rendition="#aq">Solidit</hi>at<lb/> derjenigen Veraͤnderung des Menſchen, welche<lb/> in der Wiedergeburt oder Bekehrung mit ihm<lb/> vorgehet, angezeiget, und dieſe als eine neue<lb/> Schoͤpfung vorgeſtellet. Es wird aber damit<lb/> ſonderlich noch auf <hi rendition="#fr">zweyerley</hi> geſehen: erſtlich<lb/> auf den <hi rendition="#fr">Verluſt des Ebenbildes GOttes,</hi><lb/> welchen der Menſch aus der erſten natuͤrlichen<lb/> Schoͤpfung gehabt, aber verlohren, und wieder<lb/> erlangen muß: und denn, daß er dazu aus <hi rendition="#fr">eignen<lb/> Kraͤften</hi> ſo wenig beytrage, als er zu ſeiner<lb/> Schoͤpfung und leiblichen Geburt gethan hat.</item><lb/> <item>4. Von dieſer neuen Creatur ſiehe auch<lb/> Pſalm 51, 12. da David betet: <hi rendition="#fr">Schaffe in mir<lb/> GOtt ein reines Hertz, und gib mir einen<lb/> neuen gewiſſen Geiſt.</hi> Und was dieſer erbit-<lb/> tet, daruͤber preiſet Paulus GOtt, wenn er<lb/> ſpricht Eph. 2, 10. <hi rendition="#fr">Wir ſind ſein Werck, ge-<lb/> ſchaffen in Chriſto JEſu zu guten Wer-<lb/> cken, zu welchen uns GOtt zuvor berei-<lb/> tet hat, daß wir darinnen wandeln ſollen.</hi><lb/> Was er 2 Cor. 5, 17. nennet: <hi rendition="#fr">alſo in Chriſto<lb/> ſeyn, daß man eine neue Creatur ſey,</hi> das<lb/> heißt alhier <hi rendition="#fr">in Chriſto JEſu zu guten Wer-<lb/> cken erſchaffen ſeyn,</hi> κτίσις, κτισϑέντες. Und<lb/> Gal. 6, 16. ſpricht er: <hi rendition="#fr">Jn Chriſto JEſu gilt<lb/> nichts, weder Beſchneidung, noch Vor-<lb/> haut, ſondern eine neue Creatur.</hi> Wel-<lb/> ches c. 5, 6. mit dieſen Worten ausgedrucket<lb/> wird: <hi rendition="#fr">Jn Chriſto gilt weder Beſchnei-<lb/> dung, noch Vorhaut, ſondern der Glau-<lb/> be, der durch die Liebe thaͤtig iſt.</hi> Denn<lb/> darinnen erweiſet ſich das neue Geſchoͤpf in der<lb/> Seele.</item> </list><lb/> <cb/> <list> <item>5. Die <hi rendition="#fr">neue</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Oeconomi</hi></hi><hi rendition="#fr">e</hi> des Evangelii erfo-<lb/> dert auch <hi rendition="#fr">neue Creaturen;</hi> wie der Moſt neue<lb/> Schlaͤuche Matth. 9, 17. darum iſt es ein<lb/> ſchaͤndlicher Mißbrauch des Evangelii, wenn es<lb/> aufs Fleiſch, und die Chriſtliche Freyheit in<lb/> Frechheit auf Muthwillen gezogen wird. Denn<lb/> es gehet ſchon im Reiche der Gnaden an, was<lb/> der HErr vom Reiche der Herrlichkeit ſaget <hi rendition="#aq">Apoc.</hi><lb/> 21, 5. <hi rendition="#fr">Siehe, ich mache alles neue.</hi></item><lb/> <item>6. Es muß ſich aber einer als eine neue<lb/> Creatur damit <hi rendition="#aq">legitimir</hi>en, daß er nach der<lb/> Wahrheit ſagen kan, es iſt alles dergeſtalt neu<lb/> worden, <hi rendition="#fr">daß das Alte vergangen iſt:</hi> alte<lb/> Jrrthuͤmer und Vorurtheile und alte ſuͤndliche<lb/> Gewohnheiten in eiteler Gleichſtellung der Welt<lb/> muͤſſen abgeleget ſeyn: und der <hi rendition="#fr">alte Menſch,</hi><lb/> nachdem er einmal ausgezogen, muß in dem, was<lb/> noch von ihm uͤbrig iſt, immer mehr gecreutziget,<lb/> und alſo der Wachsthum des neuen, als der<lb/> neuen Creatur, befordert werden. Rom. 6, 4-6.<lb/> Eph. 4, 23. 24. Col. 3, 8. <hi rendition="#aq">ſqq.</hi></item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 18.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Aber das alles</hi> (ſo da neu worden iſt, und<lb/> daß Chriſtus fuͤr uns geſtorben und auferſtanden,<lb/> daß wir auch niemand mehr nach dem Fleiſch<lb/> kennen) <hi rendition="#fr">iſt von GOtt, der</hi> (einen ſolchen<lb/> Grund dazu geleget, daß er) <hi rendition="#fr">uns mit ihm<lb/> ſelbſt verſohnet hat durch JEſum Chriſt,<lb/> und das Amt gegeben, das die Verſoͤhnung<lb/> prediget.</hi></p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Die Verſoͤhnung ſetzet alhier zweyerley<lb/> zum Grunde: <hi rendition="#fr">Auf Seiten des menſchlichen<lb/> Geſchlechts</hi> den Suͤnden-Fall und den gantzen<lb/> Stand der Suͤnde, der dergeſtalt dem heiligen<lb/> Willen GOttes entgegen ſtehet, daß darinnen<lb/> gar das hoͤchſte Laſter der Rebellion wider GOtt<lb/> lieget; ſintemal der Menſch durch die Suͤnde<lb/> ſeinen eignen verkehrten Willen dem heiligen<lb/> Willen GOttes <hi rendition="#aq">opponir</hi>et, ja ſich damit wie<lb/> wider, alſo auch uͤber GOtt erhebet. Auf <hi rendition="#fr">Sei-<lb/> ten GOttes,</hi> deſſelben unwandelbare Heilig-<lb/> keit und Straf-Gerechtigkeit, nach welcher der<lb/> Suͤnder bey ſolcher ſeiner Beſchaffenheit von<lb/> Rechtswegen aus ſeiner ſeligen Gemeinſchaft<lb/> verſtoſſen ſeyn muß.</item><lb/> <item>2. Die <hi rendition="#fr">Verſoͤhnung</hi> iſt nun diejenige<lb/> Handlung, dadurch der Gerechtigkeit GOttes<lb/> ein Genuͤge geſchehen, alſo, daß GOtt ſeinen<lb/> gerechten richterlichen Zorn oder Ernſt mit der<lb/> Strafe gegen die Menſchen fahren laͤßt, und ſich<lb/> gegen ſie gnaͤdig erweiſet, und alſo in Anſehung<lb/> der Beleidiger anders Sinnes iſt: welches das<lb/> Wort καταλλάσσειν anzeiget.</item><lb/> <item>3. Jn dieſer Verſoͤhnung treten die <hi rendition="#fr">Ge-<lb/> rechtigkeit</hi> und die <hi rendition="#fr">Barmhertzigkeit</hi> zuſam-<lb/> men, und machen das allerweiſeſte und beſte<lb/><hi rendition="#aq">Temperamentum</hi> aus. Die <hi rendition="#fr">Gerechtigkeit</hi><lb/> damit, daß ſie ein Loͤſe-Geld fodert: die <hi rendition="#fr">Barm-<lb/> hertzigkeit</hi> damit, daß ſie das Mittel zum Loͤſe-<lb/> Geld ſelbſt ausfindet, es auch annimmt und de-<lb/> nen, fuͤr welche es dargeleget, zurechnet: da be-<lb/> kant iſt, daß, wenn nach dem ſtrengen Rechte<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [396/0424]
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 17. 18.
ſich ſelbſt gleichſam mit zu Grabe getragen und
abgethan) ſiehe, es iſt (vermoͤge der Auferſte-
hung Chriſti, der Evangeliſchen Oeconomie
nach) alles neu worden.
Anmerckungen.
1. Jn Chriſto ſeyn iſt, eine ſolche glaubi-
ge Gemeinſchaft mit ihm haben, daß man ſeines
Todes zur Gerechtigkeit und Vergebung der
Suͤnden theilhaftig worden, Chriſtum angezo-
gen habe, und ſich mit glaͤubiger Application
fuͤr einen ſolchen halte, fuͤr den Chriſtus ge-
ſtorben, und der alſo vor dem Gerichte GOttes
angeſehen werde, als ſey er ſelbſt geſtorben.
2. Eine neue Creatur ſeyn iſt, bey der Ge-
meinſchaft mit dem Tode Chriſti auch der Auf-
erſtehung Chriſti alſo theilhaftig worden ſeyn,
daß man zum geiſtlichen Leben gebracht ſey, und
aus der Kraft deſſelben auch Chriſto lebe.
Wodurch denn erlaͤutert wird, was vorher ge-
ſaget worden, wie wir Chriſto, der fuͤr uns ge-
ſtorben und auferſtanden, leben ſollen, und ſte-
het zugleich als ein Gegenſatz von dem, was v.
16. von dem Kennen Chriſti nach dem Flei-
ſche geſaget iſt. Es ſtehet aber ſo wol dieſer als
der vorhergehende Vers mit wiederhohlter par-
ticul ὥϛε, als ein Schluß, der aus dem 15. Vers
von dem Tode und von der Auferſtehung Chriſti
gezogen wird.
3. Jn den Worten: neue Creatur, oder
neues Geſchoͤpf, wird die allem falſchen Schein
entgegen geſetzte rechte Realitaͤt und Soliditat
derjenigen Veraͤnderung des Menſchen, welche
in der Wiedergeburt oder Bekehrung mit ihm
vorgehet, angezeiget, und dieſe als eine neue
Schoͤpfung vorgeſtellet. Es wird aber damit
ſonderlich noch auf zweyerley geſehen: erſtlich
auf den Verluſt des Ebenbildes GOttes,
welchen der Menſch aus der erſten natuͤrlichen
Schoͤpfung gehabt, aber verlohren, und wieder
erlangen muß: und denn, daß er dazu aus eignen
Kraͤften ſo wenig beytrage, als er zu ſeiner
Schoͤpfung und leiblichen Geburt gethan hat.
4. Von dieſer neuen Creatur ſiehe auch
Pſalm 51, 12. da David betet: Schaffe in mir
GOtt ein reines Hertz, und gib mir einen
neuen gewiſſen Geiſt. Und was dieſer erbit-
tet, daruͤber preiſet Paulus GOtt, wenn er
ſpricht Eph. 2, 10. Wir ſind ſein Werck, ge-
ſchaffen in Chriſto JEſu zu guten Wer-
cken, zu welchen uns GOtt zuvor berei-
tet hat, daß wir darinnen wandeln ſollen.
Was er 2 Cor. 5, 17. nennet: alſo in Chriſto
ſeyn, daß man eine neue Creatur ſey, das
heißt alhier in Chriſto JEſu zu guten Wer-
cken erſchaffen ſeyn, κτίσις, κτισϑέντες. Und
Gal. 6, 16. ſpricht er: Jn Chriſto JEſu gilt
nichts, weder Beſchneidung, noch Vor-
haut, ſondern eine neue Creatur. Wel-
ches c. 5, 6. mit dieſen Worten ausgedrucket
wird: Jn Chriſto gilt weder Beſchnei-
dung, noch Vorhaut, ſondern der Glau-
be, der durch die Liebe thaͤtig iſt. Denn
darinnen erweiſet ſich das neue Geſchoͤpf in der
Seele.
5. Die neue Oeconomie des Evangelii erfo-
dert auch neue Creaturen; wie der Moſt neue
Schlaͤuche Matth. 9, 17. darum iſt es ein
ſchaͤndlicher Mißbrauch des Evangelii, wenn es
aufs Fleiſch, und die Chriſtliche Freyheit in
Frechheit auf Muthwillen gezogen wird. Denn
es gehet ſchon im Reiche der Gnaden an, was
der HErr vom Reiche der Herrlichkeit ſaget Apoc.
21, 5. Siehe, ich mache alles neue.
6. Es muß ſich aber einer als eine neue
Creatur damit legitimiren, daß er nach der
Wahrheit ſagen kan, es iſt alles dergeſtalt neu
worden, daß das Alte vergangen iſt: alte
Jrrthuͤmer und Vorurtheile und alte ſuͤndliche
Gewohnheiten in eiteler Gleichſtellung der Welt
muͤſſen abgeleget ſeyn: und der alte Menſch,
nachdem er einmal ausgezogen, muß in dem, was
noch von ihm uͤbrig iſt, immer mehr gecreutziget,
und alſo der Wachsthum des neuen, als der
neuen Creatur, befordert werden. Rom. 6, 4-6.
Eph. 4, 23. 24. Col. 3, 8. ſqq.
V. 18.
Aber das alles (ſo da neu worden iſt, und
daß Chriſtus fuͤr uns geſtorben und auferſtanden,
daß wir auch niemand mehr nach dem Fleiſch
kennen) iſt von GOtt, der (einen ſolchen
Grund dazu geleget, daß er) uns mit ihm
ſelbſt verſohnet hat durch JEſum Chriſt,
und das Amt gegeben, das die Verſoͤhnung
prediget.
Anmerckungen.
1. Die Verſoͤhnung ſetzet alhier zweyerley
zum Grunde: Auf Seiten des menſchlichen
Geſchlechts den Suͤnden-Fall und den gantzen
Stand der Suͤnde, der dergeſtalt dem heiligen
Willen GOttes entgegen ſtehet, daß darinnen
gar das hoͤchſte Laſter der Rebellion wider GOtt
lieget; ſintemal der Menſch durch die Suͤnde
ſeinen eignen verkehrten Willen dem heiligen
Willen GOttes opponiret, ja ſich damit wie
wider, alſo auch uͤber GOtt erhebet. Auf Sei-
ten GOttes, deſſelben unwandelbare Heilig-
keit und Straf-Gerechtigkeit, nach welcher der
Suͤnder bey ſolcher ſeiner Beſchaffenheit von
Rechtswegen aus ſeiner ſeligen Gemeinſchaft
verſtoſſen ſeyn muß.
2. Die Verſoͤhnung iſt nun diejenige
Handlung, dadurch der Gerechtigkeit GOttes
ein Genuͤge geſchehen, alſo, daß GOtt ſeinen
gerechten richterlichen Zorn oder Ernſt mit der
Strafe gegen die Menſchen fahren laͤßt, und ſich
gegen ſie gnaͤdig erweiſet, und alſo in Anſehung
der Beleidiger anders Sinnes iſt: welches das
Wort καταλλάσσειν anzeiget.
3. Jn dieſer Verſoͤhnung treten die Ge-
rechtigkeit und die Barmhertzigkeit zuſam-
men, und machen das allerweiſeſte und beſte
Temperamentum aus. Die Gerechtigkeit
damit, daß ſie ein Loͤſe-Geld fodert: die Barm-
hertzigkeit damit, daß ſie das Mittel zum Loͤſe-
Geld ſelbſt ausfindet, es auch annimmt und de-
nen, fuͤr welche es dargeleget, zurechnet: da be-
kant iſt, daß, wenn nach dem ſtrengen Rechte
ver-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |