§. VII. Das göttliche Ansehen der A- postolischen Briefe dependirte von der Auctori- tät der Apostel, und hatte, ausser der Grund- Veste der Mosaischen und Prophetischen Schrif- ten, worauf sie gerichtet waren, die göttliche den Aposteln am ersten Pfingst-Feste des Neuen Testaments, und Paulo hernach besonders er- theilte Salbung des heiligen Geistes, nebst der Gabe und Macht, die Lehre mit Wun- der-Wercken zu bekräftigen, zum Grunde. Darum, gleichwie der Apostel mündlicher Vor- trag dadurch als wahrhaftig und göttlich chara- cterisiret ward; so wurden auch nicht weniger ihre Briefe als göttliche, oder von GOtt einge- gebene, angesehen, und mit aller Ehrerbietung angenommen, andern communiciret, abge- schrieben und also allgemein gemacht, und, ohne deshalb einen allgemeinen Schluß machen zu dürfen, für eine allgemeine Regel des Glaubens und des Lebens erkannt. Denn gleichwie es un- müglich war, das von denen gegen das Ende des ersten seculi bereits in aller Welt gepflantze- ten, und so sehr weit und breit zerstreuet lebenden christlichen Gemeinen, worüber ein einmüthi- ger Schluß gemachet werden konnte: also war es in diesem Stücke, wenn jenes auch möglich ge- wesen wäre, gar nicht nöthig, sondern genug, daß ein iegliches Stücke der göttlichen Schrif- ten sich also an die Gewissen aller Glaubigen le- gitimirete, daß es mit allgemeiner submission und Ehrerbietung danckbarlichst aufgenommen wur- de. Welches gewiß viel ein mehrers ist, als wenn die auctorität solcher Schriften erstlich von einem allgemeinen menschlichen Ausspruche hätte dependiren sollen. Wie genau alle erste Christen und ihre Lehrer darinnen mit einander übereinstimmen, daß sie mehr gedachte Schrif- ten für eine theure und göttliche Beylage angese- hen, und sie für die unfehlbare Richtschnur ihres Glaubens und Lebens gehalten, das ist in ih- ren hinterlassenen Schriften mit Vergnügen und Erbauung zu lesen.
§. VIII. Wo die Original-Schriften des Apostels und der übrigen heiligen Scribenten geblieben sind, das lässet sich nicht sagen; so we- nig als wir solche von einem eintzigen aller übri- gen alten Auctorum derselbigen Zeiten aufweisen können. Und wo sie auch nur bis in die Zeiten des aberglaubischen und abgöttischen Pabst- thums übrig geblieben wären; was für Abgöt- terey würde damit nicht getrieben worden seyn? Es hat sich indessen die göttliche Providentz darin mercklich genug bewiesen, daß die Abschriften davon mit allem Fleisse genommen, (wie man denn überhaupt vor diesem bis an die Zeit der erfundenen Buchdruckerey im Abschreiben eine recht grosse accuration gebrauchet hat) in aller Integrität behalten, fortgepflantzet und auf un- sere Zeiten, zuvorderst auf die vor bey nahe drey- hundert Jahren, da die edle Kunst der Buch- druckerey erfunden worden, in unzehlbarer Menge und in grosser harmonie gebracht sind: und das, was wir noch ietzo lesen, also in den ältesten Schriften der Kirchen-Lehrer, wenn sie bald dieses, bald jenes, aus den heiligen Schrif- ten angeführet haben, zu finden ist.
[Spaltenumbruch]
§. IX. Damit man aber von Lesung der Paulinischen Briefe so viel mehrern Nutzen haben möge; so hat man, was sonderlich die Materien selbst betrifft, die Haupt-Summe des Vortrages wohl zu mercken. Das vornehm- ste davon, daß ich es mit Pauli Col. 3, 11. ge- brauchten Worten ausspreche, ist wol dieses: Alles und in allen CHristus! Denn nachdem dieser ihm auf dem Wege nach Damascus ein- mal als der wahre Sohn GOttes, der wahre Meßias und Heyland der Welt, war offenbaret worden, da war und blieb er ihm alles in al- len; und da war es ihm ein geringes, ihm sein gantzes Leben bis in den Martyr-Tod zu seinem Dienste aufzuopfern. Jch bin mit CHristo gecreutziget, schrieb er unter andern Gal. 2, 20. ich lebe aber, doch nun nicht ich, sondern CHristus lebet in mir etc. Und an die Phil. 3, 7. Was mir Gewinn war, das habe ich um CHristi willen für Schaden geachtet etc. Und c. 4, 13. Jch vermag alles, durch den, der mich mächtig machet, CHristum. u. s. w.
§. X. Da dem Apostel nun CHristus alles und in allen war, so kömmt in seinen Briefen nichts häufiger vor, als diese drey Na- men: der HErr JEsus CHristus, oder JEsus CHristus, unser HErr. Denn darauf kam es an, daß der JEsus von Naza- ret, der grosse Prophet und Wunderthäter, sey CHristus, das ist, der wahre Meßias, und also ein solcher JEsus, oder Heyland, der diesen Namen mit der That und Wahrheit führe, und daß er seiner Person nach sey o kurios, lehovah,der HErr, der grosse und ewige GOTT, und, da an der wahren menschlichen Natur nicht gezweifelt werden konte, theanthro- pos, ein wahrer GOtt-Mensch. Weil nun dem Apostel das Hertz so voll hievon war, so ging es auch durch den Mund und durch die Fe- der über: also daß er daher den Namen JEsus über zweyhundert mal, den Namen CHristus, als den Haupt-Namen, daß JEsus für den wahren Meßiam erkannt würde, über vierhun- dert mal, und den Namen HERR,lehovah bey die dreyhundert mal von ihm gebrauchet.
§. XI. Damit nun aber CHristus den Gläubigen, was er ist, auch werden möchte, das ist, groß und alles in allen, so führet der Apostel nebst der Lehre von den beyden Natu- ren seiner Person, der göttlichen und mensch- lichen, dergestalt auf sein Mittler-Amt, daß er mit grossem Nachdrucke zeiget, wie daß er mit seinem Versöhnungs-Tode, und übrigen dahin gehörigen Leiden, auch mit seinem vollkomme- nen an unserer statt geleisteten Gehorsam, uns erlöset und sich zum eigenthümlichen Vol- cke und zu seinen Mit-Erben erworben habe, und wir zur ewigen Herrlichkeit erhaben werden sollen.
§. XII. Und hiezu weiset er eine solche Ordnung an, in welcher wir solches grossen Gutes in Zeit und Ewigkeit können recht theil- haftig werden und bleiben; die Ordnung, die da ist in der Gemeinschaft mit CHristo. Denn hierauf treibet der Apostel aufs allerfleis- sigste. Daher er sich theils gar sonderbarer
Worte
Hiſtoriſche und exegetiſche Einleitung
[Spaltenumbruch]
§. VII. Das goͤttliche Anſehen der A- poſtoliſchen Briefe dependirte von der Auctori- taͤt der Apoſtel, und hatte, auſſer der Grund- Veſte der Moſaiſchen und Prophetiſchen Schrif- ten, worauf ſie gerichtet waren, die goͤttliche den Apoſteln am erſten Pfingſt-Feſte des Neuen Teſtaments, und Paulo hernach beſonders er- theilte Salbung des heiligen Geiſtes, nebſt der Gabe und Macht, die Lehre mit Wun- der-Wercken zu bekraͤftigen, zum Grunde. Darum, gleichwie der Apoſtel muͤndlicher Vor- trag dadurch als wahrhaftig und goͤttlich chara- cteriſiret ward; ſo wurden auch nicht weniger ihre Briefe als goͤttliche, oder von GOtt einge- gebene, angeſehen, und mit aller Ehrerbietung angenommen, andern communiciret, abge- ſchrieben und alſo allgemein gemacht, und, ohne deshalb einen allgemeinen Schluß machen zu duͤrfen, fuͤr eine allgemeine Regel des Glaubens und des Lebens erkannt. Denn gleichwie es un- muͤglich war, das von denen gegen das Ende des erſten ſeculi bereits in aller Welt gepflantze- ten, und ſo ſehr weit und breit zerſtreuet lebenden chriſtlichen Gemeinen, woruͤber ein einmuͤthi- ger Schluß gemachet werden konnte: alſo war es in dieſem Stuͤcke, wenn jenes auch moͤglich ge- weſen waͤre, gar nicht noͤthig, ſondern genug, daß ein iegliches Stuͤcke der goͤttlichen Schrif- ten ſich alſo an die Gewiſſen aller Glaubigen le- gitimirete, daß es mit allgemeiner ſubmisſion und Ehrerbietung danckbarlichſt aufgenommen wur- de. Welches gewiß viel ein mehrers iſt, als wenn die auctoritaͤt ſolcher Schriften erſtlich von einem allgemeinen menſchlichen Ausſpruche haͤtte dependiren ſollen. Wie genau alle erſte Chriſten und ihre Lehrer darinnen mit einander uͤbereinſtimmen, daß ſie mehr gedachte Schrif- ten fuͤr eine theure und goͤttliche Beylage angeſe- hen, und ſie fuͤr die unfehlbare Richtſchnur ihres Glaubens und Lebens gehalten, das iſt in ih- ren hinterlaſſenen Schriften mit Vergnuͤgen und Erbauung zu leſen.
§. VIII. Wo die Original-Schriften des Apoſtels und der uͤbrigen heiligen Scribenten geblieben ſind, das laͤſſet ſich nicht ſagen; ſo we- nig als wir ſolche von einem eintzigen aller uͤbri- gen alten Auctorum derſelbigen Zeiten aufweiſen koͤnnen. Und wo ſie auch nur bis in die Zeiten des aberglaubiſchen und abgoͤttiſchen Pabſt- thums uͤbrig geblieben waͤren; was fuͤr Abgoͤt- terey wuͤrde damit nicht getrieben worden ſeyn? Es hat ſich indeſſen die goͤttliche Providentz darin mercklich genug bewieſen, daß die Abſchriften davon mit allem Fleiſſe genommen, (wie man denn uͤberhaupt vor dieſem bis an die Zeit der erfundenen Buchdruckerey im Abſchreiben eine recht groſſe accuration gebrauchet hat) in aller Integritaͤt behalten, fortgepflantzet und auf un- ſere Zeiten, zuvorderſt auf die vor bey nahe drey- hundert Jahren, da die edle Kunſt der Buch- druckerey erfunden worden, in unzehlbarer Menge und in groſſer harmonie gebracht ſind: und das, was wir noch ietzo leſen, alſo in den aͤlteſten Schriften der Kirchen-Lehrer, wenn ſie bald dieſes, bald jenes, aus den heiligen Schrif- ten angefuͤhret haben, zu finden iſt.
[Spaltenumbruch]
§. IX. Damit man aber von Leſung der Pauliniſchen Briefe ſo viel mehrern Nutzen haben moͤge; ſo hat man, was ſonderlich die Materien ſelbſt betrifft, die Haupt-Summe des Vortrages wohl zu mercken. Das vornehm- ſte davon, daß ich es mit Pauli Col. 3, 11. ge- brauchten Worten ausſpreche, iſt wol dieſes: Alles und in allen CHriſtus! Denn nachdem dieſer ihm auf dem Wege nach Damaſcus ein- mal als der wahre Sohn GOttes, der wahre Meßias und Heyland der Welt, war offenbaret worden, da war und blieb er ihm alles in al- len; und da war es ihm ein geringes, ihm ſein gantzes Leben bis in den Martyr-Tod zu ſeinem Dienſte aufzuopfern. Jch bin mit CHriſto gecreutziget, ſchrieb er unter andern Gal. 2, 20. ich lebe aber, doch nun nicht ich, ſondern CHriſtus lebet in mir ꝛc. Und an die Phil. 3, 7. Was mir Gewinn war, das habe ich um CHriſti willen fuͤr Schaden geachtet ꝛc. Und c. 4, 13. Jch vermag alles, durch den, der mich maͤchtig machet, CHriſtum. u. ſ. w.
§. X. Da dem Apoſtel nun CHriſtus alles und in allen war, ſo koͤmmt in ſeinen Briefen nichts haͤufiger vor, als dieſe drey Na- men: der HErr JEſus CHriſtus, oder JEſus CHriſtus, unſer HErr. Denn darauf kam es an, daß der JEſus von Naza- ret, der groſſe Prophet und Wunderthaͤter, ſey CHriſtus, das iſt, der wahre Meßias, und alſo ein ſolcher JEſus, oder Heyland, der dieſen Namen mit der That und Wahrheit fuͤhre, und daß er ſeiner Perſon nach ſey ὁ κύριος, lehovah,der HErr, der groſſe und ewige GOTT, und, da an der wahren menſchlichen Natur nicht gezweifelt werden konte, ϑεάνϑρω- πος, ein wahrer GOtt-Menſch. Weil nun dem Apoſtel das Hertz ſo voll hievon war, ſo ging es auch durch den Mund und durch die Fe- der uͤber: alſo daß er daher den Namen JEſus uͤber zweyhundert mal, den Namen CHriſtus, als den Haupt-Namen, daß JEſus fuͤr den wahren Meßiam erkannt wuͤrde, uͤber vierhun- dert mal, und den Namen HERR,lehovah bey die dreyhundert mal von ihm gebrauchet.
§. XI. Damit nun aber CHriſtus den Glaͤubigen, was er iſt, auch werden moͤchte, das iſt, groß und alles in allen, ſo fuͤhret der Apoſtel nebſt der Lehre von den beyden Natu- ren ſeiner Perſon, der goͤttlichen und menſch- lichen, dergeſtalt auf ſein Mittler-Amt, daß er mit groſſem Nachdrucke zeiget, wie daß er mit ſeinem Verſoͤhnungs-Tode, und uͤbrigen dahin gehoͤrigen Leiden, auch mit ſeinem vollkomme- nen an unſerer ſtatt geleiſteten Gehorſam, uns erloͤſet und ſich zum eigenthuͤmlichen Vol- cke und zu ſeinen Mit-Erben erworben habe, und wir zur ewigen Herrlichkeit erhaben werden ſollen.
§. XII. Und hiezu weiſet er eine ſolche Ordnung an, in welcher wir ſolches groſſen Gutes in Zeit und Ewigkeit koͤnnen recht theil- haftig werden und bleiben; die Ordnung, die da iſt in der Gemeinſchaft mit CHriſto. Denn hierauf treibet der Apoſtel aufs allerfleiſ- ſigſte. Daher er ſich theils gar ſonderbarer
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[12/0040]
Hiſtoriſche und exegetiſche Einleitung
§. VII. Das goͤttliche Anſehen der A-
poſtoliſchen Briefe dependirte von der Auctori-
taͤt der Apoſtel, und hatte, auſſer der Grund-
Veſte der Moſaiſchen und Prophetiſchen Schrif-
ten, worauf ſie gerichtet waren, die goͤttliche
den Apoſteln am erſten Pfingſt-Feſte des Neuen
Teſtaments, und Paulo hernach beſonders er-
theilte Salbung des heiligen Geiſtes, nebſt
der Gabe und Macht, die Lehre mit Wun-
der-Wercken zu bekraͤftigen, zum Grunde.
Darum, gleichwie der Apoſtel muͤndlicher Vor-
trag dadurch als wahrhaftig und goͤttlich chara-
cteriſiret ward; ſo wurden auch nicht weniger
ihre Briefe als goͤttliche, oder von GOtt einge-
gebene, angeſehen, und mit aller Ehrerbietung
angenommen, andern communiciret, abge-
ſchrieben und alſo allgemein gemacht, und, ohne
deshalb einen allgemeinen Schluß machen zu
duͤrfen, fuͤr eine allgemeine Regel des Glaubens
und des Lebens erkannt. Denn gleichwie es un-
muͤglich war, das von denen gegen das Ende
des erſten ſeculi bereits in aller Welt gepflantze-
ten, und ſo ſehr weit und breit zerſtreuet lebenden
chriſtlichen Gemeinen, woruͤber ein einmuͤthi-
ger Schluß gemachet werden konnte: alſo war es
in dieſem Stuͤcke, wenn jenes auch moͤglich ge-
weſen waͤre, gar nicht noͤthig, ſondern genug,
daß ein iegliches Stuͤcke der goͤttlichen Schrif-
ten ſich alſo an die Gewiſſen aller Glaubigen le-
gitimirete, daß es mit allgemeiner ſubmisſion und
Ehrerbietung danckbarlichſt aufgenommen wur-
de. Welches gewiß viel ein mehrers iſt, als
wenn die auctoritaͤt ſolcher Schriften erſtlich
von einem allgemeinen menſchlichen Ausſpruche
haͤtte dependiren ſollen. Wie genau alle erſte
Chriſten und ihre Lehrer darinnen mit einander
uͤbereinſtimmen, daß ſie mehr gedachte Schrif-
ten fuͤr eine theure und goͤttliche Beylage angeſe-
hen, und ſie fuͤr die unfehlbare Richtſchnur ihres
Glaubens und Lebens gehalten, das iſt in ih-
ren hinterlaſſenen Schriften mit Vergnuͤgen
und Erbauung zu leſen.
§. VIII. Wo die Original-Schriften
des Apoſtels und der uͤbrigen heiligen Scribenten
geblieben ſind, das laͤſſet ſich nicht ſagen; ſo we-
nig als wir ſolche von einem eintzigen aller uͤbri-
gen alten Auctorum derſelbigen Zeiten aufweiſen
koͤnnen. Und wo ſie auch nur bis in die Zeiten
des aberglaubiſchen und abgoͤttiſchen Pabſt-
thums uͤbrig geblieben waͤren; was fuͤr Abgoͤt-
terey wuͤrde damit nicht getrieben worden ſeyn?
Es hat ſich indeſſen die goͤttliche Providentz darin
mercklich genug bewieſen, daß die Abſchriften
davon mit allem Fleiſſe genommen, (wie man
denn uͤberhaupt vor dieſem bis an die Zeit der
erfundenen Buchdruckerey im Abſchreiben eine
recht groſſe accuration gebrauchet hat) in aller
Integritaͤt behalten, fortgepflantzet und auf un-
ſere Zeiten, zuvorderſt auf die vor bey nahe drey-
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druckerey erfunden worden, in unzehlbarer
Menge und in groſſer harmonie gebracht ſind:
und das, was wir noch ietzo leſen, alſo in den
aͤlteſten Schriften der Kirchen-Lehrer, wenn ſie
bald dieſes, bald jenes, aus den heiligen Schrif-
ten angefuͤhret haben, zu finden iſt.
§. IX. Damit man aber von Leſung der
Pauliniſchen Briefe ſo viel mehrern Nutzen haben
moͤge; ſo hat man, was ſonderlich die Materien
ſelbſt betrifft, die Haupt-Summe des
Vortrages wohl zu mercken. Das vornehm-
ſte davon, daß ich es mit Pauli Col. 3, 11. ge-
brauchten Worten ausſpreche, iſt wol dieſes:
Alles und in allen CHriſtus! Denn nachdem
dieſer ihm auf dem Wege nach Damaſcus ein-
mal als der wahre Sohn GOttes, der wahre
Meßias und Heyland der Welt, war offenbaret
worden, da war und blieb er ihm alles in al-
len; und da war es ihm ein geringes, ihm ſein
gantzes Leben bis in den Martyr-Tod zu ſeinem
Dienſte aufzuopfern. Jch bin mit CHriſto
gecreutziget, ſchrieb er unter andern Gal. 2, 20.
ich lebe aber, doch nun nicht ich, ſondern
CHriſtus lebet in mir ꝛc. Und an die Phil. 3,
7. Was mir Gewinn war, das habe ich
um CHriſti willen fuͤr Schaden geachtet ꝛc.
Und c. 4, 13. Jch vermag alles, durch den,
der mich maͤchtig machet, CHriſtum. u. ſ. w.
§. X. Da dem Apoſtel nun CHriſtus
alles und in allen war, ſo koͤmmt in ſeinen
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darauf kam es an, daß der JEſus von Naza-
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πος, ein wahrer GOtt-Menſch. Weil nun
dem Apoſtel das Hertz ſo voll hievon war, ſo
ging es auch durch den Mund und durch die Fe-
der uͤber: alſo daß er daher den Namen JEſus
uͤber zweyhundert mal, den Namen CHriſtus,
als den Haupt-Namen, daß JEſus fuͤr den
wahren Meßiam erkannt wuͤrde, uͤber vierhun-
dert mal, und den Namen HERR, lehovah
bey die dreyhundert mal von ihm gebrauchet.
§. XI. Damit nun aber CHriſtus den
Glaͤubigen, was er iſt, auch werden moͤchte,
das iſt, groß und alles in allen, ſo fuͤhret der
Apoſtel nebſt der Lehre von den beyden Natu-
ren ſeiner Perſon, der goͤttlichen und menſch-
lichen, dergeſtalt auf ſein Mittler-Amt, daß er
mit groſſem Nachdrucke zeiget, wie daß er mit
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haftig werden und bleiben; die Ordnung, die
da iſt in der Gemeinſchaft mit CHriſto.
Denn hierauf treibet der Apoſtel aufs allerfleiſ-
ſigſte. Daher er ſich theils gar ſonderbarer
Worte
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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/40>, abgerufen am 24.11.2024.
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Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.