Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 7, v. 21-23. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
V. 21. Bist du ein Knecht berufen (ist die Be- Anmerckung. Die Leibeigenschaft streitet wider das Recht V. 22. Denn wer ein Knecht berufen ist in V. 23. Jhr seyd theuer erkaufet (zur wahren Anmerckungen. 1. Diese Erkaufung ist die Erlösung. Und ist die Redens-Art hergenommen von der Gefangenschaft, aus welcher man einen ranzio- niret, oder loßkaufet durch Erlegung eines Löse- Geldes. Daher das Wort erlösen, Erlösung kömmt. Davon oben Röm. 3, 24. bereits mit mehrern gehandelt ist. Die Gefangenschaft oder Knechtschaft ist der zuvor gedachten Freyheit entgegen gesetzet, und bestehet sonderlich in der zur ewigen Verdammniß, vermöge der über der Sünde liegenden Straf-Gerechtigkeit GOttes, abführenden Gewalt des Satans, davon uns CHristus eine völlige Befreyung verschaffet hat. Siehe hievon c. 6, 20. auch Gal. 3, 13. 1 Pet. 1, 18. 19. 2 Pet. 2, 1. Hebr. 9, 12. 14. Offenb. 5, 9. 2. Der theure Werth, womit wir erkau- fet sind, ist das unschätzbare Blut JESU CHristi, oder sein Leiden und Sterben mit al- lem seinem für das menschliche Geschlecht gelei- steten vollkommnesten Gehorsam, ja der Sohn GOttes selbst, als der sich selbst für uns dahin gegeben hat. Gal. 2, 20. 3. Diese Evangelische Haupt-Lehre muß in allen Briefen Pauli wohl gemercket werden, als der rechte Mittel-Punct; und zwar also, daß, da sie den Grund des Heils in sich hat, sie in der Heils-Ordnung bey uns zur rechten Application kommen möge. 4. Knechte der Menschen konten die Corinthier auf mancherley Art werden: und im Leiblichen zwar, wenn diejenige, welche frey wa- ren, sich hätten wollen zu Sclaven verkaufen: im geistlichen aber, wenn sie sich an die Auctorität der Menschen, davon sie sich, wie wir oben c. 1. gese- hen haben, nennen liessen, hätten wollen binden, auch ihr Gewissen von Menschen beherrschen lassen, und ihnen zu Dienste das thun, was doch dem Willen GOttes entgegen stehet. Sie- he Apost. Gesch. 5, 29. Gal. 2, 4. 5, 1. Col. 2, 20. 5. Da der Gewissens-Zwang schnur stracks wider die Erlösung CHristi und die da- durch uns erworbene Freyheit streitet, so hat man zu erkennen, wie unchristlich und schwer das Joch des Pabstthums sey; als darin die von CHristo erlösete und freygemachte Seelen Menschen- Knechte, oder Knechte der so genannten Clerisey in geistlichen Dingen seyn sollen und müssen. Und
Cap. 7, v. 21-23. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
V. 21. Biſt du ein Knecht berufen (iſt die Be- Anmerckung. Die Leibeigenſchaft ſtreitet wider das Recht V. 22. Denn wer ein Knecht berufen iſt in V. 23. Jhr ſeyd theuer erkaufet (zur wahren Anmerckungen. 1. Dieſe Erkaufung iſt die Erloͤſung. Und iſt die Redens-Art hergenommen von der Gefangenſchaft, aus welcher man einen ranzio- niret, oder loßkaufet durch Erlegung eines Loͤſe- Geldes. Daher das Wort erloͤſen, Erloͤſung koͤmmt. Davon oben Roͤm. 3, 24. bereits mit mehrern gehandelt iſt. Die Gefangenſchaft oder Knechtſchaft iſt der zuvor gedachten Freyheit entgegen geſetzet, und beſtehet ſonderlich in der zur ewigen Verdammniß, vermoͤge der uͤber der Suͤnde liegenden Straf-Gerechtigkeit GOttes, abfuͤhrenden Gewalt des Satans, davon uns CHriſtus eine voͤllige Befreyung verſchaffet hat. Siehe hievon c. 6, 20. auch Gal. 3, 13. 1 Pet. 1, 18. 19. 2 Pet. 2, 1. Hebr. 9, 12. 14. Offenb. 5, 9. 2. Der theure Werth, womit wir erkau- fet ſind, iſt das unſchaͤtzbare Blut JESU CHriſti, oder ſein Leiden und Sterben mit al- lem ſeinem fuͤr das menſchliche Geſchlecht gelei- ſteten vollkommneſten Gehorſam, ja der Sohn GOttes ſelbſt, als der ſich ſelbſt fuͤr uns dahin gegeben hat. Gal. 2, 20. 3. Dieſe Evangeliſche Haupt-Lehre muß in allen Briefen Pauli wohl gemercket werden, als der rechte Mittel-Punct; und zwar alſo, daß, da ſie den Grund des Heils in ſich hat, ſie in der Heils-Ordnung bey uns zur rechten Application kommen moͤge. 4. Knechte der Menſchen konten die Corinthier auf mancherley Art werden: und im Leiblichen zwar, wenn diejenige, welche frey wa- ren, ſich haͤtten wollen zu Sclaven verkaufen: im geiſtlichen aber, wenn ſie ſich an die Auctoritaͤt der Menſchen, davon ſie ſich, wie wir oben c. 1. geſe- hen haben, nennen lieſſen, haͤtten wollen binden, auch ihr Gewiſſen von Menſchen beherrſchen laſſen, und ihnen zu Dienſte das thun, was doch dem Willen GOttes entgegen ſtehet. Sie- he Apoſt. Geſch. 5, 29. Gal. 2, 4. 5, 1. Col. 2, 20. 5. Da der Gewiſſens-Zwang ſchnur ſtracks wider die Erloͤſung CHriſti und die da- durch uns erworbene Freyheit ſtreitet, ſo hat man zu erkennen, wie unchriſtlich und ſchwer das Joch des Pabſtthums ſey; als darin die von CHriſto erloͤſete und freygemachte Seelen Menſchen- Knechte, oder Knechte der ſo genannten Cleriſey in geiſtlichen Dingen ſeyn ſollen und muͤſſen. Und
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Cap. 7, v. 21-23. an die Corinthier.
V. 21.
Biſt du ein Knecht berufen (iſt die Be-
rufungs-Gnade an dich gekommen, und von dir
angenommen worden in dem Stande einer ſol-
chen Knechtſchaft, da du ein Leibeigner biſt: wie
es unter den Heiden war, und noch leider an vie-
len Orten unter den Chriſten iſt,) ſo ſorge dir
nicht, (daß dir deßwegen an deiner geiſtlichen
Wuͤrde, und an den Heils-Guͤtern in CHriſto,
ſonderlich an dem Haupt-Gute der geiſtlichen
Freyheit etwas werde abgehen:) doch kanſt du
(auf eine gute Art) frey werden (von der leib-
lichen Sclaverey, dazu ſich manche wohlbefugte
Mittel zu finden pflegen, ſonderlich durch Lei-
ſtung beſonderer treuer Dienſte,) ſo gebrauche
des viel lieber, (weil es doch an dem iſt, daß die
leibeigne Knechtſchaft viele Beſchwerlichkeiten,
auch Verhinderungen des Guten mit ſich fuͤh-
ret.)
Anmerckung.
Die Leibeigenſchaft ſtreitet wider das Recht
der Natur, als nach welchem alle Menſchen ohne
Unterſcheid der Nationen und Staͤnde zur natuͤr-
lichen Freyheit gebohren werden: und ſie ruͤhret
urſpruͤnglich her von einer Nimrodianiſchen Uber-
waͤltigung freyer Leute, oder von einer unbefug-
ten Uſurpation, welche denn durch die Gewohn-
heit endlich die Form des Rechts an ſich genom-
men hat. Ob es nun gleich nicht bey einem ie-
den Herrn, der ſolche Leibeigne unter ſich hat, ſte-
het, ſie in ihre Freyheit zu ſetzen; ſo ſoll man ſie
doch mit ſo viel mehrer Gelindigkeit beherrſchen,
ſo viel weniger ſie einem nach dem Rechte der
Natur unterworfen ſind, und ſo viel gleicher die
Gemeinſchaft aller geiſtlichen Dignitaͤt und Guͤ-
ter iſt, welche ſolche Knechte in CHriſto mit ih-
ren Herren haben.
V. 22.
Denn wer ein Knecht berufen iſt in
dem HERRN (wer ein ſolcher Knecht iſt,
der die vom HERRN geſchehene Berufung
dergeſtalt angenommen hat, daß er dadurch zur
ſeligen Gemeinſchaft mit dem HERRN ge-
langet iſt, und alſo in ihm erfunden wird, als
ein lebendiges Glied an ſeinem geiſtlichen Leibe)
der iſt ein Gefreyeter des HERRN (der
hat von ihm durch ſeine Erloͤſung die wahre geiſt-
liche Freyheit von dem Zwange und Fluche des
Geſetzes, von der Straf-Gerechtigkeit GOttes,
von dem geiſtlichen und ewigen Tode, und alſo
auch von der Schuld und Herrſchaft der Suͤnde
und von der Gewalt des Satans erlanget. Und
alſo iſt er unter denen, welche der Sohn GOttes
recht frey gemachet, Joh. 8, 34. 35. 36. Rom. 6,
17. 18. 22.) deſſelben gleichen wer ein Freyer
(in dem der Leibeigenſchaft entgegen geſetzten
Staͤnde der natuͤrlichen und buͤrgerlichen Frey-
heit, zum Chriſtenthum, mit dem Erfolg ſeines
Glaubens an CHriſtum) berufen iſt, der iſt
ein Knecht CHriſti (nicht zwar alſo, daß Chri-
ſtus ihn auf eine ſolche ſclaviſche Art im geiſtli-
chen beherrſche, ſondern daß er CHriſto in der
Freyheit des Geiſtes mit aller Treue diene und
anhange; und zwar alleine; da kein Dienſt ei-
nes widerwaͤrtigen Herrn Matth. 6, 24. mit
dem Dienſte CHriſti beſtehen kan. Der Apoſtel
nennet dieſes c. 9, 21. ſeyn im Geſetze CHriſti,
ſeyn ἔννομον Χριστῷ. Siehe auch Eph. 6, 6. und
1 Pet. 2, 16. da es heißt: Als die Freyen, und
nicht als haͤttet ihr die Freyheit zum Deckel
der Bosheit, ſondern als die Knechte GOt-
tes. Dergleichen auch Gal. 5, 13. eingeſchaͤrfet
wird.)
V. 23.
Jhr ſeyd theuer erkaufet (zur wahren
Freyheit, darum) werdet nicht der Menſchen
Knechte.
Anmerckungen.
1. Dieſe Erkaufung iſt die Erloͤſung.
Und iſt die Redens-Art hergenommen von der
Gefangenſchaft, aus welcher man einen ranzio-
niret, oder loßkaufet durch Erlegung eines Loͤſe-
Geldes. Daher das Wort erloͤſen, Erloͤſung
koͤmmt. Davon oben Roͤm. 3, 24. bereits mit
mehrern gehandelt iſt. Die Gefangenſchaft
oder Knechtſchaft iſt der zuvor gedachten Freyheit
entgegen geſetzet, und beſtehet ſonderlich in der
zur ewigen Verdammniß, vermoͤge der uͤber der
Suͤnde liegenden Straf-Gerechtigkeit GOttes,
abfuͤhrenden Gewalt des Satans, davon uns
CHriſtus eine voͤllige Befreyung verſchaffet hat.
Siehe hievon c. 6, 20. auch Gal. 3, 13. 1 Pet.
1, 18. 19. 2 Pet. 2, 1. Hebr. 9, 12. 14. Offenb.
5, 9.
2. Der theure Werth, womit wir erkau-
fet ſind, iſt das unſchaͤtzbare Blut JESU
CHriſti, oder ſein Leiden und Sterben mit al-
lem ſeinem fuͤr das menſchliche Geſchlecht gelei-
ſteten vollkommneſten Gehorſam, ja der Sohn
GOttes ſelbſt, als der ſich ſelbſt fuͤr uns dahin
gegeben hat. Gal. 2, 20.
3. Dieſe Evangeliſche Haupt-Lehre muß in
allen Briefen Pauli wohl gemercket werden, als
der rechte Mittel-Punct; und zwar alſo, daß, da
ſie den Grund des Heils in ſich hat, ſie in der
Heils-Ordnung bey uns zur rechten Application
kommen moͤge.
4. Knechte der Menſchen konten die
Corinthier auf mancherley Art werden: und im
Leiblichen zwar, wenn diejenige, welche frey wa-
ren, ſich haͤtten wollen zu Sclaven verkaufen: im
geiſtlichen aber, wenn ſie ſich an die Auctoritaͤt der
Menſchen, davon ſie ſich, wie wir oben c. 1. geſe-
hen haben, nennen lieſſen, haͤtten wollen binden,
auch ihr Gewiſſen von Menſchen beherrſchen
laſſen, und ihnen zu Dienſte das thun, was
doch dem Willen GOttes entgegen ſtehet. Sie-
he Apoſt. Geſch. 5, 29. Gal. 2, 4. 5, 1. Col.
2, 20.
5. Da der Gewiſſens-Zwang ſchnur
ſtracks wider die Erloͤſung CHriſti und die da-
durch uns erworbene Freyheit ſtreitet, ſo hat man
zu erkennen, wie unchriſtlich und ſchwer das Joch
des Pabſtthums ſey; als darin die von CHriſto
erloͤſete und freygemachte Seelen Menſchen-
Knechte, oder Knechte der ſo genannten Cleriſey
in geiſtlichen Dingen ſeyn ſollen und muͤſſen.
Und
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