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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 7, v. 2.
[Spaltenumbruch] wo er sein Haupt hinlegte, die Stadt Caper-
naum eigenthümlich besessen habe, weil von
ihm Matth. 9, 1. gesaget werde, er sey eis ten
idian polin, in seine eigene Stadt gekom-
men. Allein diß ist ein sehr schlechter Einwurf,
ob gleich ein gewisser Verfechter der Polygamie
darinn meinet was sonderbares gefunden zu ha-
ben. Denn zwischen diesen beyden Sätzen:
CHristus hat mit der Stadt Capernaum nichts
mehr zu thun gehabt, als mit andern Städten
in Judäa und Galiläa; Und diesem: Christus
hat Capernaum eigenthümlich besessen,
findet sich dieser dritte, von den beyden un-
terschiedener Satz: CHristus hat vor andern
Städten in Galiläa sich die Stadt Capernaum
zu einem besondern Ort seiner Wunder und der
damit verknüften Reden zugeeignet. Und also
behält die Redens-Art idia polis, eigene
Stadt,
ihren richtigen Verstand und guten
Nachdruck, wenn sie schon von keinem leibli-
chen oder alleinigen Eigenthum verstanden
wird.
14. Noch mit mehrern Schein möchte ei-
ner dem ersten Ansehen nach gegen gedachte pro-
position
einwenden und sagen: Man könne
von einem dennoch wol sagen, daß er ein eige-
nes Haus
habe, wenn er gleich mehrere eige-
ne Häuser besitze: und also sey auch die Rede
zu verstehen, wenn es von dem Manne heisse:
er solle sein eigen Weib haben, daß er nemlich
deswegen doch noch mehrere eigene Weiber ha-
ben könne. Mit dem Weibe sey es hingegen
ein anders, als die mit einem Manne vergnügt
seyn könte und müste. Allein, daß es kein an-
ders sey, sondern sie deshalb gleiches Recht ha-
ben, das ist zuvor erwiesen. Und wie? wenn
ein Landes-Herr bey Anlegung einer Stadt von
der Einwohner ihrem Eigenthum an Häusern
diese dreyfache Verordnung gemacht hätte, 1)
daß ein ieder Bürger nur ein eintziges Haus
haben, und dasselbe 2) selbst bewohnen, und
sich folglich 3) diesem einigen Hause nicht
entziehen
solle: und man dann sagte: Ein
ieder habe sein eigen Haus:
so würde gewiß
niemand auch nur gedencken können, als könte
dabey die possession mehrer eigenen Häuser wol
bestehen. Also stehet es aber um die Stadt
GOttes, um das menschliche Geschlecht, dar-
innen GOtt vom Ehestande solche Verordnung
gemacht hat. Und dannenhero ist es gar nicht
ungeschickt, sondern recht, aus Pauli Worten
also zu argumentiren.
15. Zur Erläuterung dieses Orts, wie auch
der nachfolgenden Stellen, dienet nicht wenig
der Ort Ephes. 5, 22. welcher alhier schon zum
voraus ein wenig zu betrachten ist, damit man
den Nachdruck und den Grund dieses Textes in
diesem ersten Briefe an die Corinthier so viel ge-
nauer einsehe, und davon so viel mehr überzeu-
get werde. Wir finden denn nun Eph. 5, 22.
seqq. den Beweis wider die Vielweiberey in
eben denselben Worten (idios aner ten eautou~
gunaika ekheto, der eigene Mann soll sein
eigen Weib haben,
u. s. w.) die der Apostel
davon 1 Cor. 7, 2. gebraucht hatte; und zwar
fünfmal, nemlich v. 22. 24. 28. 29. 33. Und
[Spaltenumbruch] da der Apostel den ersten Brief an die Corin-
thier schon 10 Jahr vorher geschrieben hatte; so
siehet man, daß er wohl mit Fleiß zum theil
eben die Worte wieder gebrauchet habe. Und
wenn er über das v. 25. saget: Jhr Männer
liebet eure Weiber, gleich wie Christus
geliebet hat die Gemeine etc.
so siehet man so
wol aus der Protasi, als Apodosi, daß die ehe-
liche Liebe nebst dem ehelichen Bande unter den
Ehegatten beständig seyn soll. Und daß in der
Apodosi die Liebe der Ehe-Männer nach der be-
ständigen und reinen Liebe CHristi, welche kei-
ne Neben-Bulschaft zuläßt, sich richten solle,
schärfet der Apostel durch die Wiederholung v.
28. noch mehr ein, wenn er spricht: Also sol-
len auch die Männer
tas eauton gunaikas,
ihre eigene Weiber lieben, als ihre eigene
Leiber:
gleichwie er v. 23. von CHristo gesa-
get hatte, daß er der Gemeine, als seines Lei-
bes, Haupt und Heiland sey. Und setzet er
noch ferner hinzu; Wer sein Weib liebet, der
liebet sich selbst,
nemlich in Ansehung dessen,
daß das Weib, wie des Mannes eigener Leib,
anzusehen sey. Liebet man nun aber dieser so
gar genauen Vereinigung wegen sich selbst in
seinem Weibe, ja soll man das Weib, als sei-
nen eigenen Leib, lieben: wie soll denn mit die-
ser so grossen Schuldigkeit das Recht, die Wei-
ber durch eine Ehescheidung zu verstossen, im-
mer mehr bestehen? Denn welcher Mann ist
befugt, sich von seinem eigenen Leibe vorsetzlicher
Weise zu scheiden, oder auch nur ein Glied da-
von hinweg zu thun? Darum auch Paulus die-
ses im 29. v. hinzu setzet, und spricht: Nie-
mand hat iemals sein eigen Fleisch gehas-
set, sondern er ernähret es, und pfleget
sein, wie auch der HERR die Gemeine.

Welches ja unmüglich mit der Ehescheidung be-
stehen kan. Ja was noch mehr ist, so gehet der
Apostel ausdrücklich dabey auf die erste Verord-
nung in der Ehe zurücke, und urgiret mit der
Application auf CHristum und die Gemeine,
oder auf eine iegliche gläubige Seele, (in wel-
cher Application die Ehe erst recht geheiliget,
und GOTT wohlgefällig gemacht wird,) das
erste und rechte fundamental Gesetze in Ehe-Sa-
chen, wenn er v. 31. den Spruch Genes. 3, 24.
ausdrücklich anführet.
16. Nicht weniger gehöret hieher der gleich-
falls schon zum voraus ein wenig zu erwegen-
de Ort 1 Tim. 2, 2. 12. da Paulus befiehlet, daß
nicht allein die Lehrer, oder Aeltesten, sondern
auch die Diaconi, oder die, welche sonderlich
zur Verpflegung der Armen und Krancken den
Lehrern oder Bischöfen an die Hand gingen, seyn
solten ein ieder mias gunaikos aner, nur eines
einigen Weibes Mann.
Ob nun gleich ei-
nige Alte diese Worte von einer solchen mono-
gami
e ausgeleget haben, daß ein Lehrer auch
nicht nach einander mehrere Weiber haben sol-
le; so ist doch solches ein offenbarer Mißverstand,
der gegen viele andere Oerter vom Ehestande
streitet, und daher billig insgemein verworfen,
und hingegen wohl erkannt worden, daß mit
diesen Worten allein die Polygamia simultanea
verboten sey. Und noch viel wenigern Grund
hat
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 7, v. 2.
[Spaltenumbruch] wo er ſein Haupt hinlegte, die Stadt Caper-
naum eigenthuͤmlich beſeſſen habe, weil von
ihm Matth. 9, 1. geſaget werde, er ſey ἐις τὴν
ἰδίαν πόλιν, in ſeine eigene Stadt gekom-
men. Allein diß iſt ein ſehr ſchlechter Einwurf,
ob gleich ein gewiſſer Verfechter der Polygamie
darinn meinet was ſonderbares gefunden zu ha-
ben. Denn zwiſchen dieſen beyden Saͤtzen:
CHriſtus hat mit der Stadt Capernaum nichts
mehr zu thun gehabt, als mit andern Staͤdten
in Judaͤa und Galilaͤa; Und dieſem: Chriſtus
hat Capernaum eigenthuͤmlich beſeſſen,
findet ſich dieſer dritte, von den beyden un-
terſchiedener Satz: CHriſtus hat vor andern
Staͤdten in Galilaͤa ſich die Stadt Capernaum
zu einem beſondern Ort ſeiner Wunder und der
damit verknuͤften Reden zugeeignet. Und alſo
behaͤlt die Redens-Art ἰδία πόλις, eigene
Stadt,
ihren richtigen Verſtand und guten
Nachdruck, wenn ſie ſchon von keinem leibli-
chen oder alleinigen Eigenthum verſtanden
wird.
14. Noch mit mehrern Schein moͤchte ei-
ner dem erſten Anſehen nach gegen gedachte pro-
poſition
einwenden und ſagen: Man koͤnne
von einem dennoch wol ſagen, daß er ein eige-
nes Haus
habe, wenn er gleich mehrere eige-
ne Haͤuſer beſitze: und alſo ſey auch die Rede
zu verſtehen, wenn es von dem Manne heiſſe:
er ſolle ſein eigen Weib haben, daß er nemlich
deswegen doch noch mehrere eigene Weiber ha-
ben koͤnne. Mit dem Weibe ſey es hingegen
ein anders, als die mit einem Manne vergnuͤgt
ſeyn koͤnte und muͤſte. Allein, daß es kein an-
ders ſey, ſondern ſie deshalb gleiches Recht ha-
ben, das iſt zuvor erwieſen. Und wie? wenn
ein Landes-Herr bey Anlegung einer Stadt von
der Einwohner ihrem Eigenthum an Haͤuſern
dieſe dreyfache Verordnung gemacht haͤtte, 1)
daß ein ieder Buͤrger nur ein eintziges Haus
haben, und daſſelbe 2) ſelbſt bewohnen, und
ſich folglich 3) dieſem einigen Hauſe nicht
entziehen
ſolle: und man dann ſagte: Ein
ieder habe ſein eigen Haus:
ſo wuͤrde gewiß
niemand auch nur gedencken koͤnnen, als koͤnte
dabey die poſſeſſion mehrer eigenen Haͤuſer wol
beſtehen. Alſo ſtehet es aber um die Stadt
GOttes, um das menſchliche Geſchlecht, dar-
innen GOtt vom Eheſtande ſolche Verordnung
gemacht hat. Und dannenhero iſt es gar nicht
ungeſchickt, ſondern recht, aus Pauli Worten
alſo zu argumentiren.
15. Zur Erlaͤuterung dieſes Orts, wie auch
der nachfolgenden Stellen, dienet nicht wenig
der Ort Epheſ. 5, 22. welcher alhier ſchon zum
voraus ein wenig zu betrachten iſt, damit man
den Nachdruck und den Grund dieſes Textes in
dieſem erſten Briefe an die Corinthier ſo viel ge-
nauer einſehe, und davon ſo viel mehr uͤberzeu-
get werde. Wir finden denn nun Eph. 5, 22.
ſeqq. den Beweis wider die Vielweiberey in
eben denſelben Worten (ἴδιος ἀνὴρ τὴν ἑαυτου῀
γυνάικα ἐχέτω, der eigene Mann ſoll ſein
eigen Weib haben,
u. ſ. w.) die der Apoſtel
davon 1 Cor. 7, 2. gebraucht hatte; und zwar
fuͤnfmal, nemlich v. 22. 24. 28. 29. 33. Und
[Spaltenumbruch] da der Apoſtel den erſten Brief an die Corin-
thier ſchon 10 Jahr vorher geſchrieben hatte; ſo
ſiehet man, daß er wohl mit Fleiß zum theil
eben die Worte wieder gebrauchet habe. Und
wenn er uͤber das v. 25. ſaget: Jhr Maͤnner
liebet eure Weiber, gleich wie Chriſtus
geliebet hat die Gemeine ꝛc.
ſo ſiehet man ſo
wol aus der Protaſi, als Apodoſi, daß die ehe-
liche Liebe nebſt dem ehelichen Bande unter den
Ehegatten beſtaͤndig ſeyn ſoll. Und daß in der
Apodoſi die Liebe der Ehe-Maͤnner nach der be-
ſtaͤndigen und reinen Liebe CHriſti, welche kei-
ne Neben-Bulſchaft zulaͤßt, ſich richten ſolle,
ſchaͤrfet der Apoſtel durch die Wiederholung v.
28. noch mehr ein, wenn er ſpricht: Alſo ſol-
len auch die Maͤnner
τὰς ἑαυτῶν γυναῖκας,
ihre eigene Weiber lieben, als ihre eigene
Leiber:
gleichwie er v. 23. von CHriſto geſa-
get hatte, daß er der Gemeine, als ſeines Lei-
bes, Haupt und Heiland ſey. Und ſetzet er
noch ferner hinzu; Wer ſein Weib liebet, der
liebet ſich ſelbſt,
nemlich in Anſehung deſſen,
daß das Weib, wie des Mannes eigener Leib,
anzuſehen ſey. Liebet man nun aber dieſer ſo
gar genauen Vereinigung wegen ſich ſelbſt in
ſeinem Weibe, ja ſoll man das Weib, als ſei-
nen eigenen Leib, lieben: wie ſoll denn mit die-
ſer ſo groſſen Schuldigkeit das Recht, die Wei-
ber durch eine Eheſcheidung zu verſtoſſen, im-
mer mehr beſtehen? Denn welcher Mann iſt
befugt, ſich von ſeinem eigenen Leibe vorſetzlicher
Weiſe zu ſcheiden, oder auch nur ein Glied da-
von hinweg zu thun? Darum auch Paulus die-
ſes im 29. v. hinzu ſetzet, und ſpricht: Nie-
mand hat iemals ſein eigen Fleiſch gehaſ-
ſet, ſondern er ernaͤhret es, und pfleget
ſein, wie auch der HERR die Gemeine.

Welches ja unmuͤglich mit der Eheſcheidung be-
ſtehen kan. Ja was noch mehr iſt, ſo gehet der
Apoſtel ausdruͤcklich dabey auf die erſte Verord-
nung in der Ehe zuruͤcke, und urgiret mit der
Application auf CHriſtum und die Gemeine,
oder auf eine iegliche glaͤubige Seele, (in wel-
cher Application die Ehe erſt recht geheiliget,
und GOTT wohlgefaͤllig gemacht wird,) das
erſte und rechte fundamental Geſetze in Ehe-Sa-
chen, wenn er v. 31. den Spruch Geneſ. 3, 24.
ausdruͤcklich anfuͤhret.
16. Nicht weniger gehoͤret hieher der gleich-
falls ſchon zum voraus ein wenig zu erwegen-
de Ort 1 Tim. 2, 2. 12. da Paulus befiehlet, daß
nicht allein die Lehrer, oder Aelteſten, ſondern
auch die Diaconi, oder die, welche ſonderlich
zur Verpflegung der Armen und Krancken den
Lehrern oder Biſchoͤfen an die Hand gingen, ſeyn
ſolten ein ieder μιᾶς γυναικὸς ἀνὴρ, nur eines
einigen Weibes Mann.
Ob nun gleich ei-
nige Alte dieſe Worte von einer ſolchen mono-
gami
e ausgeleget haben, daß ein Lehrer auch
nicht nach einander mehrere Weiber haben ſol-
le; ſo iſt doch ſolches ein offenbarer Mißverſtand,
der gegen viele andere Oerter vom Eheſtande
ſtreitet, und daher billig insgemein verworfen,
und hingegen wohl erkannt worden, daß mit
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verboten ſey. Und noch viel wenigern Grund
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[230/0258] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 7, v. 2. wo er ſein Haupt hinlegte, die Stadt Caper- naum eigenthuͤmlich beſeſſen habe, weil von ihm Matth. 9, 1. geſaget werde, er ſey ἐις τὴν ἰδίαν πόλιν, in ſeine eigene Stadt gekom- men. Allein diß iſt ein ſehr ſchlechter Einwurf, ob gleich ein gewiſſer Verfechter der Polygamie darinn meinet was ſonderbares gefunden zu ha- ben. Denn zwiſchen dieſen beyden Saͤtzen: CHriſtus hat mit der Stadt Capernaum nichts mehr zu thun gehabt, als mit andern Staͤdten in Judaͤa und Galilaͤa; Und dieſem: Chriſtus hat Capernaum eigenthuͤmlich beſeſſen, findet ſich dieſer dritte, von den beyden un- terſchiedener Satz: CHriſtus hat vor andern Staͤdten in Galilaͤa ſich die Stadt Capernaum zu einem beſondern Ort ſeiner Wunder und der damit verknuͤften Reden zugeeignet. Und alſo behaͤlt die Redens-Art ἰδία πόλις, eigene Stadt, ihren richtigen Verſtand und guten Nachdruck, wenn ſie ſchon von keinem leibli- chen oder alleinigen Eigenthum verſtanden wird. 14. Noch mit mehrern Schein moͤchte ei- ner dem erſten Anſehen nach gegen gedachte pro- poſition einwenden und ſagen: Man koͤnne von einem dennoch wol ſagen, daß er ein eige- nes Haus habe, wenn er gleich mehrere eige- ne Haͤuſer beſitze: und alſo ſey auch die Rede zu verſtehen, wenn es von dem Manne heiſſe: er ſolle ſein eigen Weib haben, daß er nemlich deswegen doch noch mehrere eigene Weiber ha- ben koͤnne. Mit dem Weibe ſey es hingegen ein anders, als die mit einem Manne vergnuͤgt ſeyn koͤnte und muͤſte. Allein, daß es kein an- ders ſey, ſondern ſie deshalb gleiches Recht ha- ben, das iſt zuvor erwieſen. Und wie? wenn ein Landes-Herr bey Anlegung einer Stadt von der Einwohner ihrem Eigenthum an Haͤuſern dieſe dreyfache Verordnung gemacht haͤtte, 1) daß ein ieder Buͤrger nur ein eintziges Haus haben, und daſſelbe 2) ſelbſt bewohnen, und ſich folglich 3) dieſem einigen Hauſe nicht entziehen ſolle: und man dann ſagte: Ein ieder habe ſein eigen Haus: ſo wuͤrde gewiß niemand auch nur gedencken koͤnnen, als koͤnte dabey die poſſeſſion mehrer eigenen Haͤuſer wol beſtehen. Alſo ſtehet es aber um die Stadt GOttes, um das menſchliche Geſchlecht, dar- innen GOtt vom Eheſtande ſolche Verordnung gemacht hat. Und dannenhero iſt es gar nicht ungeſchickt, ſondern recht, aus Pauli Worten alſo zu argumentiren. 15. Zur Erlaͤuterung dieſes Orts, wie auch der nachfolgenden Stellen, dienet nicht wenig der Ort Epheſ. 5, 22. welcher alhier ſchon zum voraus ein wenig zu betrachten iſt, damit man den Nachdruck und den Grund dieſes Textes in dieſem erſten Briefe an die Corinthier ſo viel ge- nauer einſehe, und davon ſo viel mehr uͤberzeu- get werde. Wir finden denn nun Eph. 5, 22. ſeqq. den Beweis wider die Vielweiberey in eben denſelben Worten (ἴδιος ἀνὴρ τὴν ἑαυτου῀ γυνάικα ἐχέτω, der eigene Mann ſoll ſein eigen Weib haben, u. ſ. w.) die der Apoſtel davon 1 Cor. 7, 2. gebraucht hatte; und zwar fuͤnfmal, nemlich v. 22. 24. 28. 29. 33. Und da der Apoſtel den erſten Brief an die Corin- thier ſchon 10 Jahr vorher geſchrieben hatte; ſo ſiehet man, daß er wohl mit Fleiß zum theil eben die Worte wieder gebrauchet habe. Und wenn er uͤber das v. 25. ſaget: Jhr Maͤnner liebet eure Weiber, gleich wie Chriſtus geliebet hat die Gemeine ꝛc. ſo ſiehet man ſo wol aus der Protaſi, als Apodoſi, daß die ehe- liche Liebe nebſt dem ehelichen Bande unter den Ehegatten beſtaͤndig ſeyn ſoll. Und daß in der Apodoſi die Liebe der Ehe-Maͤnner nach der be- ſtaͤndigen und reinen Liebe CHriſti, welche kei- ne Neben-Bulſchaft zulaͤßt, ſich richten ſolle, ſchaͤrfet der Apoſtel durch die Wiederholung v. 28. noch mehr ein, wenn er ſpricht: Alſo ſol- len auch die Maͤnner τὰς ἑαυτῶν γυναῖκας, ihre eigene Weiber lieben, als ihre eigene Leiber: gleichwie er v. 23. von CHriſto geſa- get hatte, daß er der Gemeine, als ſeines Lei- bes, Haupt und Heiland ſey. Und ſetzet er noch ferner hinzu; Wer ſein Weib liebet, der liebet ſich ſelbſt, nemlich in Anſehung deſſen, daß das Weib, wie des Mannes eigener Leib, anzuſehen ſey. Liebet man nun aber dieſer ſo gar genauen Vereinigung wegen ſich ſelbſt in ſeinem Weibe, ja ſoll man das Weib, als ſei- nen eigenen Leib, lieben: wie ſoll denn mit die- ſer ſo groſſen Schuldigkeit das Recht, die Wei- ber durch eine Eheſcheidung zu verſtoſſen, im- mer mehr beſtehen? Denn welcher Mann iſt befugt, ſich von ſeinem eigenen Leibe vorſetzlicher Weiſe zu ſcheiden, oder auch nur ein Glied da- von hinweg zu thun? Darum auch Paulus die- ſes im 29. v. hinzu ſetzet, und ſpricht: Nie- mand hat iemals ſein eigen Fleiſch gehaſ- ſet, ſondern er ernaͤhret es, und pfleget ſein, wie auch der HERR die Gemeine. Welches ja unmuͤglich mit der Eheſcheidung be- ſtehen kan. Ja was noch mehr iſt, ſo gehet der Apoſtel ausdruͤcklich dabey auf die erſte Verord- nung in der Ehe zuruͤcke, und urgiret mit der Application auf CHriſtum und die Gemeine, oder auf eine iegliche glaͤubige Seele, (in wel- cher Application die Ehe erſt recht geheiliget, und GOTT wohlgefaͤllig gemacht wird,) das erſte und rechte fundamental Geſetze in Ehe-Sa- chen, wenn er v. 31. den Spruch Geneſ. 3, 24. ausdruͤcklich anfuͤhret. 16. Nicht weniger gehoͤret hieher der gleich- falls ſchon zum voraus ein wenig zu erwegen- de Ort 1 Tim. 2, 2. 12. da Paulus befiehlet, daß nicht allein die Lehrer, oder Aelteſten, ſondern auch die Diaconi, oder die, welche ſonderlich zur Verpflegung der Armen und Krancken den Lehrern oder Biſchoͤfen an die Hand gingen, ſeyn ſolten ein ieder μιᾶς γυναικὸς ἀνὴρ, nur eines einigen Weibes Mann. Ob nun gleich ei- nige Alte dieſe Worte von einer ſolchen mono- gamie ausgeleget haben, daß ein Lehrer auch nicht nach einander mehrere Weiber haben ſol- le; ſo iſt doch ſolches ein offenbarer Mißverſtand, der gegen viele andere Oerter vom Eheſtande ſtreitet, und daher billig insgemein verworfen, und hingegen wohl erkannt worden, daß mit dieſen Worten allein die Polygamia ſimultanea verboten ſey. Und noch viel wenigern Grund hat

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/258>, abgerufen am 24.11.2024.