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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Einleitung in das siebende Capitel

§. I.

[Spaltenumbruch]

WJr nehmen hier zuerst vor uns den
Haupt-Ort aus Matth. 19. und
erwegen dabey erstlich den gantz
eigentlichen und klaren Wort-
Verstand,
und denn die dar-
aus fliessende Schlüsse wider die Polygamie
und Ehe-Scheidungen.

§. II. Bey dem Wort-Verstande ha-
ben wir 6 Stücke zu bemercken:

1) Der Pharisäer Frage von der Eheschei-
dung. v. 3.
2) Unseres Heilandes Antwort, damit er sie
auf die erste Einsetzung des Ehe-Standes
weiset, und die Frage daraus entscheidet
v. 4. 5. 6.
3) Der Pharisäer Einwurf vom Mosaischen
Scheide-Brief v. 7.
4) Christi Beantwortung, wie derselbe an-
zusehen sey, und nun ein Ende habe v. 8. 9.
5) Der Jünger Christi Schluß, welchen sie
aus Christi Worten zogen. v. 10.
6) CHristi Beantwortung v. 11. 12.

Von einem jeden dieser Stücke muß insonder-
heit gehandelt werden, damit der richtige Ver-
stand dieses gantzen Ortes so vielmehr ausser allem
Zweifel gesetzet werde.

§. III. Der Pharisäer Frage v. 3. ist
deutlich genug. Es war aus Mißbrauche des
Orts Deut. 24, 1. 2. die böse Gewohnheit unter
den Juden eingerissen, daß die Männer sich von
ihren Eheweibern scheideten, um allerhand auch
gar nicht erheblichen Ursachen willen. Und gleich-
wie dieses die Pharisäer vertheidigten, fürnem-
lich aus der Schule des Hillels; so widerspra-
chen ihnen andere, sonderlich die von der Schu-
le des Schammai. Da nun also ein Streit die-
serwegen unter den Pharisäern war, so traten
sie zu Christo, und, um zu versuchen und zu er-
fahren, welcher Parthey er ab- oder beylegen
würde, so legten sie ihm diese Frage vor: Jst
es auch recht, daß sich ein Mann scheide
von seinem Weibe
kata pasan aitian, um
irgend einer Ursache, oder um allerhand
Ursachen willen?

§. IV. Bey der Antwort Christi kom-
men drey Stücke vor, die wohl zu mercken sind.
Das erste dieses: daß unser Heyland zur Ent-
scheidung der Frage so fort auf die erste Einse-
tzung
des Ehe-Standes zurück gehet. Und
da hebet er die Antwort mit dieser emphatischen
Gegen-Frage an, welche die Kraft eines Ver-
weises ihrer, der Pharisäer, Unwissenheit und ih-
res Jrrthums, in sich hält, wenn er spricht:
Habt ihr nicht gelesen etc. ihr die ihr euch rüh-
met, in Erkäntniß und Auslegung der H. Schrift
Meister zu seyn (conf. Joh. 3, 10.) sollet ja billig
wissen, was vom Ehe-Stande geschrieben ste-
het, und euch darnach richten etc. Jn der Sa-
che selbst aber hält die Antwort Christi einen
Gegensatz in sich gegen der Jüden ihre böse Ge-
wohnheit, welche war, sich leichtsinniger Weise
von seinem ersten und allein rechtmäßigen Wei-
[Spaltenumbruch] be zu scheiden, und darauf, obgleich das eheli-
che Band an sich selbst noch seine Verbindlich-
keit vor GOtt und im Gewissen hatte, ein ander
Weib zu nehmen, und solcher gestalt, nebst der
Sünde einer so unbefugten Ehe-Scheidung,
auch die Sünde der digamie, oder polygamie zu
begehen. Dieser bösen Gewohnhet setzet der
HErr das factum GOttes von der Schöpfung
entgegen, und vrgiret, daß GOtt im Anfange
nur einen Mann und ein Weib gemacht,
oder dem einen Mann nur ein eintziges Weib
zugeführet habe. Denn daß alhier der singula-
ris,
arsen kai thelu, einen Mann und ein Weib,
numerus vnitatis sey, der nur auf ein eintziges
Paar gehe, und alle pluralitaet oder Vielheit
excludire, zeiget die Sache selbst an, zumal in
Betrachtung des pronominis autoes: sintemal
die beyden individua erst die mit dem pronomine
gemeinte pluralitaet ausmachen. Und eben dieses
bekräftiget der nachfolgende gantze Context, wie
wir jetzo vernehmen werden, sonderlich in den
Worten oi duo, dieselben beyde. Daß aber
unser Heyland mit den kurtzen Worten v. 4. die
Pharisäer zugleich auf alles das, was aus dem
ersten und andern Cap. des ersten Buchs Mosis
hieher gehöret, und vorher erläutert ist, geführet
habe, daran kan niemand zweifeln.

§. V. Das andere Stück der Antwort
Christi bestehet in der Anführung des göttli-
chen Ausspruchs,
daß GOtt aus dem facto,
da er nur einen Mann, und nur eine Frau er-
schaffen, und zwar diese aus seiner Ribbe erbauet
und dem Manne zugeführet, der Mann sie auch
für eine von seiner eigenen Substanz genommene
eheliche Gehülfin erkant und angenommen, und
ihr, nachdem er allen unvernünftigen Thieren
ihren eigentlichen und gantz natürlichen Namen
gegeben, den ihrer Natur gantz gemässen Na-
men der Männin beygeleget; daß GOtt, sage
ich, aus diesem facto dieses dictum, als eine all-
gemeine Ehe-Regel (wie oben erwiesen) gezo-
gen und gesaget habe: darum wird ein
Mann Vater und Mutter verlassen und
an seinem Weibe hangen, und werden die
zwey ein Fleisch seyn.
Da denn wohl zu mer-
cken ist, daß, da im Mose nur schlechthin stehet:
sie werden, oder vielmehr sollen (nemlich der
eine Mann und das eine Weib) ein Fleisch
seyn,
unser Heyland, um den Sinn der Mo-
saischen Worte desto eigentlicher auszudrucken,
das Wörtlein duo dazu setzet, und zwar mit dem
articulo emphatico und diacritico oi duo, die-
selbe beyde,
oder zweene: welches eben so viel
ist, als nur zweene, die ihren Vater und Mut-
ter verlassen, und im ehelichen Bande an einan-
der hangen, sollen ein Fleisch seyn.

§. VI. Das dritte Stück der Antwort
CHristi bestehet in einem gedoppelten Schlusse,
welchen er aus dem facto und dicto GOttes sei-
nem Zweck nach zur information der Juden ma-
chet. Der erste heisset: oste ouk eti eisi duo,
allasarx mia: so sind sie nun nicht mehr
zwey, sondern ein Fleisch.
Da es denn gar

klar
Einleitung in das ſiebende Capitel

§. I.

[Spaltenumbruch]

WJr nehmen hier zuerſt vor uns den
Haupt-Ort aus Matth. 19. und
erwegen dabey erſtlich den gantz
eigentlichen und klaren Wort-
Verſtand,
und denn die dar-
aus flieſſende Schluͤſſe wider die Polygamie
und Ehe-Scheidungen.

§. II. Bey dem Wort-Verſtande ha-
ben wir 6 Stuͤcke zu bemercken:

1) Der Phariſaͤer Frage von der Eheſchei-
dung. v. 3.
2) Unſeres Heilandes Antwort, damit er ſie
auf die erſte Einſetzung des Ehe-Standes
weiſet, und die Frage daraus entſcheidet
v. 4. 5. 6.
3) Der Phariſaͤer Einwurf vom Moſaiſchen
Scheide-Brief v. 7.
4) Chriſti Beantwortung, wie derſelbe an-
zuſehen ſey, und nun ein Ende habe v. 8. 9.
5) Der Juͤnger Chriſti Schluß, welchen ſie
aus Chriſti Worten zogen. v. 10.
6) CHriſti Beantwortung v. 11. 12.

Von einem jeden dieſer Stuͤcke muß inſonder-
heit gehandelt werden, damit der richtige Ver-
ſtand dieſes gantzen Ortes ſo vielmehr auſſer allem
Zweifel geſetzet werde.

§. III. Der Phariſaͤer Frage v. 3. iſt
deutlich genug. Es war aus Mißbrauche des
Orts Deut. 24, 1. 2. die boͤſe Gewohnheit unter
den Juden eingeriſſen, daß die Maͤnner ſich von
ihren Eheweibern ſcheideten, um allerhand auch
gar nicht erheblichen Urſachen willen. Und gleich-
wie dieſes die Phariſaͤer vertheidigten, fuͤrnem-
lich aus der Schule des Hillels; ſo widerſpra-
chen ihnen andere, ſonderlich die von der Schu-
le des Schammai. Da nun alſo ein Streit die-
ſerwegen unter den Phariſaͤern war, ſo traten
ſie zu Chriſto, und, um zu verſuchen und zu er-
fahren, welcher Parthey er ab- oder beylegen
wuͤrde, ſo legten ſie ihm dieſe Frage vor: Jſt
es auch recht, daß ſich ein Mann ſcheide
von ſeinem Weibe
κατὰ πᾶσαν ἀιτίαν, um
irgend einer Urſache, oder um allerhand
Urſachen willen?

§. IV. Bey der Antwort Chriſti kom-
men drey Stuͤcke vor, die wohl zu mercken ſind.
Das erſte dieſes: daß unſer Heyland zur Ent-
ſcheidung der Frage ſo fort auf die erſte Einſe-
tzung
des Ehe-Standes zuruͤck gehet. Und
da hebet er die Antwort mit dieſer emphatiſchen
Gegen-Frage an, welche die Kraft eines Ver-
weiſes ihrer, der Phariſaͤer, Unwiſſenheit und ih-
res Jrrthums, in ſich haͤlt, wenn er ſpricht:
Habt ihr nicht geleſen ꝛc. ihr die ihr euch ruͤh-
met, in Erkaͤntniß und Auslegung der H. Schrift
Meiſter zu ſeyn (conf. Joh. 3, 10.) ſollet ja billig
wiſſen, was vom Ehe-Stande geſchrieben ſte-
het, und euch darnach richten ꝛc. Jn der Sa-
che ſelbſt aber haͤlt die Antwort Chriſti einen
Gegenſatz in ſich gegen der Juͤden ihre boͤſe Ge-
wohnheit, welche war, ſich leichtſinniger Weiſe
von ſeinem erſten und allein rechtmaͤßigen Wei-
[Spaltenumbruch] be zu ſcheiden, und darauf, obgleich das eheli-
che Band an ſich ſelbſt noch ſeine Verbindlich-
keit vor GOtt und im Gewiſſen hatte, ein ander
Weib zu nehmen, und ſolcher geſtalt, nebſt der
Suͤnde einer ſo unbefugten Ehe-Scheidung,
auch die Suͤnde der digamie, oder polygamie zu
begehen. Dieſer boͤſen Gewohnhet ſetzet der
HErr das factum GOttes von der Schoͤpfung
entgegen, und vrgiret, daß GOtt im Anfange
nur einen Mann und ein Weib gemacht,
oder dem einen Mann nur ein eintziges Weib
zugefuͤhret habe. Denn daß alhier der ſingula-
ris,
ἄρσεν καὶ ϑῆλυ, einen Mann und ein Weib,
numerus vnitatis ſey, der nur auf ein eintziges
Paar gehe, und alle pluralitæt oder Vielheit
excludire, zeiget die Sache ſelbſt an, zumal in
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die beyden individua erſt die mit dem pronomine
gemeinte pluralitæt ausmachen. Und eben dieſes
bekraͤftiget der nachfolgende gantze Context, wie
wir jetzo vernehmen werden, ſonderlich in den
Worten ὁι δυο, dieſelben beyde. Daß aber
unſer Heyland mit den kurtzen Worten v. 4. die
Phariſaͤer zugleich auf alles das, was aus dem
erſten und andern Cap. des erſten Buchs Moſis
hieher gehoͤret, und vorher erlaͤutert iſt, gefuͤhret
habe, daran kan niemand zweifeln.

§. V. Das andere Stuͤck der Antwort
Chriſti beſtehet in der Anfuͤhrung des goͤttli-
chen Ausſpruchs,
daß GOtt aus dem facto,
da er nur einen Mann, und nur eine Frau er-
ſchaffen, und zwar dieſe aus ſeiner Ribbe erbauet
und dem Manne zugefuͤhret, der Mann ſie auch
fuͤr eine von ſeiner eigenen Subſtanz genommene
eheliche Gehuͤlfin erkant und angenommen, und
ihr, nachdem er allen unvernuͤnftigen Thieren
ihren eigentlichen und gantz natuͤrlichen Namen
gegeben, den ihrer Natur gantz gemaͤſſen Na-
men der Maͤnnin beygeleget; daß GOtt, ſage
ich, aus dieſem facto dieſes dictum, als eine all-
gemeine Ehe-Regel (wie oben erwieſen) gezo-
gen und geſaget habe: darum wird ein
Mann Vater und Mutter verlaſſen und
an ſeinem Weibe hangen, und werden die
zwey ein Fleiſch ſeyn.
Da denn wohl zu mer-
cken iſt, daß, da im Moſe nur ſchlechthin ſtehet:
ſie werden, oder vielmehr ſollen (nemlich der
eine Mann und das eine Weib) ein Fleiſch
ſeyn,
unſer Heyland, um den Sinn der Mo-
ſaiſchen Worte deſto eigentlicher auszudrucken,
das Woͤrtlein δύο dazu ſetzet, und zwar mit dem
articulo emphatico und diacritico όι δύο, die-
ſelbe beyde,
oder zweene: welches eben ſo viel
iſt, als nur zweene, die ihren Vater und Mut-
ter verlaſſen, und im ehelichen Bande an einan-
der hangen, ſollen ein Fleiſch ſeyn.

§. VI. Das dritte Stuͤck der Antwort
CHriſti beſtehet in einem gedoppelten Schluſſe,
welchen er aus dem facto und dicto GOttes ſei-
nem Zweck nach zur information der Juden ma-
chet. Der erſte heiſſet: ὥστε οὐκ ἔτι εὶσὶ δύο,
αλλὰσάρξ μία: ſo ſind ſie nun nicht mehr
zwey, ſondern ein Fleiſch.
Da es denn gar

klar
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[222/0250] Einleitung in das ſiebende Capitel §. I. WJr nehmen hier zuerſt vor uns den Haupt-Ort aus Matth. 19. und erwegen dabey erſtlich den gantz eigentlichen und klaren Wort- Verſtand, und denn die dar- aus flieſſende Schluͤſſe wider die Polygamie und Ehe-Scheidungen. §. II. Bey dem Wort-Verſtande ha- ben wir 6 Stuͤcke zu bemercken: 1) Der Phariſaͤer Frage von der Eheſchei- dung. v. 3. 2) Unſeres Heilandes Antwort, damit er ſie auf die erſte Einſetzung des Ehe-Standes weiſet, und die Frage daraus entſcheidet v. 4. 5. 6. 3) Der Phariſaͤer Einwurf vom Moſaiſchen Scheide-Brief v. 7. 4) Chriſti Beantwortung, wie derſelbe an- zuſehen ſey, und nun ein Ende habe v. 8. 9. 5) Der Juͤnger Chriſti Schluß, welchen ſie aus Chriſti Worten zogen. v. 10. 6) CHriſti Beantwortung v. 11. 12. Von einem jeden dieſer Stuͤcke muß inſonder- heit gehandelt werden, damit der richtige Ver- ſtand dieſes gantzen Ortes ſo vielmehr auſſer allem Zweifel geſetzet werde. §. III. Der Phariſaͤer Frage v. 3. iſt deutlich genug. Es war aus Mißbrauche des Orts Deut. 24, 1. 2. die boͤſe Gewohnheit unter den Juden eingeriſſen, daß die Maͤnner ſich von ihren Eheweibern ſcheideten, um allerhand auch gar nicht erheblichen Urſachen willen. Und gleich- wie dieſes die Phariſaͤer vertheidigten, fuͤrnem- lich aus der Schule des Hillels; ſo widerſpra- chen ihnen andere, ſonderlich die von der Schu- le des Schammai. Da nun alſo ein Streit die- ſerwegen unter den Phariſaͤern war, ſo traten ſie zu Chriſto, und, um zu verſuchen und zu er- fahren, welcher Parthey er ab- oder beylegen wuͤrde, ſo legten ſie ihm dieſe Frage vor: Jſt es auch recht, daß ſich ein Mann ſcheide von ſeinem Weibe κατὰ πᾶσαν ἀιτίαν, um irgend einer Urſache, oder um allerhand Urſachen willen? §. IV. Bey der Antwort Chriſti kom- men drey Stuͤcke vor, die wohl zu mercken ſind. Das erſte dieſes: daß unſer Heyland zur Ent- ſcheidung der Frage ſo fort auf die erſte Einſe- tzung des Ehe-Standes zuruͤck gehet. Und da hebet er die Antwort mit dieſer emphatiſchen Gegen-Frage an, welche die Kraft eines Ver- weiſes ihrer, der Phariſaͤer, Unwiſſenheit und ih- res Jrrthums, in ſich haͤlt, wenn er ſpricht: Habt ihr nicht geleſen ꝛc. ihr die ihr euch ruͤh- met, in Erkaͤntniß und Auslegung der H. Schrift Meiſter zu ſeyn (conf. Joh. 3, 10.) ſollet ja billig wiſſen, was vom Ehe-Stande geſchrieben ſte- het, und euch darnach richten ꝛc. Jn der Sa- che ſelbſt aber haͤlt die Antwort Chriſti einen Gegenſatz in ſich gegen der Juͤden ihre boͤſe Ge- wohnheit, welche war, ſich leichtſinniger Weiſe von ſeinem erſten und allein rechtmaͤßigen Wei- be zu ſcheiden, und darauf, obgleich das eheli- che Band an ſich ſelbſt noch ſeine Verbindlich- keit vor GOtt und im Gewiſſen hatte, ein ander Weib zu nehmen, und ſolcher geſtalt, nebſt der Suͤnde einer ſo unbefugten Ehe-Scheidung, auch die Suͤnde der digamie, oder polygamie zu begehen. Dieſer boͤſen Gewohnhet ſetzet der HErr das factum GOttes von der Schoͤpfung entgegen, und vrgiret, daß GOtt im Anfange nur einen Mann und ein Weib gemacht, oder dem einen Mann nur ein eintziges Weib zugefuͤhret habe. Denn daß alhier der ſingula- ris, ἄρσεν καὶ ϑῆλυ, einen Mann und ein Weib, numerus vnitatis ſey, der nur auf ein eintziges Paar gehe, und alle pluralitæt oder Vielheit excludire, zeiget die Sache ſelbſt an, zumal in Betrachtung des pronominis ἀυτοὲς: ſintemal die beyden individua erſt die mit dem pronomine gemeinte pluralitæt ausmachen. Und eben dieſes bekraͤftiget der nachfolgende gantze Context, wie wir jetzo vernehmen werden, ſonderlich in den Worten ὁι δυο, dieſelben beyde. Daß aber unſer Heyland mit den kurtzen Worten v. 4. die Phariſaͤer zugleich auf alles das, was aus dem erſten und andern Cap. des erſten Buchs Moſis hieher gehoͤret, und vorher erlaͤutert iſt, gefuͤhret habe, daran kan niemand zweifeln. §. V. Das andere Stuͤck der Antwort Chriſti beſtehet in der Anfuͤhrung des goͤttli- chen Ausſpruchs, daß GOtt aus dem facto, da er nur einen Mann, und nur eine Frau er- ſchaffen, und zwar dieſe aus ſeiner Ribbe erbauet und dem Manne zugefuͤhret, der Mann ſie auch fuͤr eine von ſeiner eigenen Subſtanz genommene eheliche Gehuͤlfin erkant und angenommen, und ihr, nachdem er allen unvernuͤnftigen Thieren ihren eigentlichen und gantz natuͤrlichen Namen gegeben, den ihrer Natur gantz gemaͤſſen Na- men der Maͤnnin beygeleget; daß GOtt, ſage ich, aus dieſem facto dieſes dictum, als eine all- gemeine Ehe-Regel (wie oben erwieſen) gezo- gen und geſaget habe: darum wird ein Mann Vater und Mutter verlaſſen und an ſeinem Weibe hangen, und werden die zwey ein Fleiſch ſeyn. Da denn wohl zu mer- cken iſt, daß, da im Moſe nur ſchlechthin ſtehet: ſie werden, oder vielmehr ſollen (nemlich der eine Mann und das eine Weib) ein Fleiſch ſeyn, unſer Heyland, um den Sinn der Mo- ſaiſchen Worte deſto eigentlicher auszudrucken, das Woͤrtlein δύο dazu ſetzet, und zwar mit dem articulo emphatico und diacritico όι δύο, die- ſelbe beyde, oder zweene: welches eben ſo viel iſt, als nur zweene, die ihren Vater und Mut- ter verlaſſen, und im ehelichen Bande an einan- der hangen, ſollen ein Fleiſch ſeyn. §. VI. Das dritte Stuͤck der Antwort CHriſti beſtehet in einem gedoppelten Schluſſe, welchen er aus dem facto und dicto GOttes ſei- nem Zweck nach zur information der Juden ma- chet. Der erſte heiſſet: ὥστε οὐκ ἔτι εὶσὶ δύο, αλλὰσάρξ μία: ſo ſind ſie nun nicht mehr zwey, ſondern ein Fleiſch. Da es denn gar klar

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/250>, abgerufen am 24.11.2024.