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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 14, v. 12-15.
[Spaltenumbruch] vah, der eben der Sohn GOTTes ist, zuge-
schrieben wird.

2. Gehen wir in das von Paulo angeführ-
te 45te Capitel Jesaiä hinein, so finden wir dar-
innen, ausser dem allegirten Ort, noch sonsten
die allernachdrücklichsten Zeugnisse von der
Gottheit des Meßiä, als davon das gantze Ca-
pitel handelt, der auch darinnen selbst durch den
Propheten redet. Zur Ehre unsers Heilandes
nur etwas davon anzuführen, so heißt es:

v. 5. Jch bin der HErr, und sonst keiner
mehr, kein GOtt ist ohn ich.
v. 6. 7. Jch bin der HErr (Jehovah) und
keiner mehr: der ich das Licht ma-
che etc.
v. 11. So spricht der HErr, der Heilige
in Jsrael und sein Meister etc.
v. 12. Jch habe die Erde gemacht, und den
Menschen darauf geschaffen. Jch bins,
dessen Hände den Himmel ausgebreitet
haben, und habe allem seinem Heer ge-
boten etc.
v. 15. Fürwahr du bist ein verborgener GOtt,
du GOtt Jsrael, der Heiland.
v. 17. Jsrael wird erlöset durch den HErrn,
durch eine ewige Erlösung etc.
Siehe
auch v. 18. 19. 21.
v. 22. Wendet euch zu mir, so werdet ihr
selig, aller Welt Ende. Denn ich bin
GOtt, und keiner mehr
v. 23. 24. Kömmt nun der von Paulo zum theil
angeführte Ort, da es heißt: Jch schwere
bey mir selbst, und ein Wort der Ge-
rechtigkeit gehet aus meinem Munde,
da soll es bey bleiben; nemlich: Mir
sollen sich alle Knie beugen, und alle
Zungen schweren, und sagen: Jm
HERRN habe ich Gerechtigkeit und
Stärcke etc.
Und
v. 25. Denn im HErrn werden gerecht al-
ler Saamen Jsrael, und sich sein rüh-
men

Jm übrigen ist fleißigen Bibel-Lesern bekant,
daß der bisher erläuterte Ort Jesaiä von Chri-
sto auch in dem Briefe an die Philipper c. 2, v.
9. seqq. mit grossem Rachdrucke angeführet
stehet.

V. 13.

Darum (da wir alle einen so allgemeinen
und grossen Richter über uns haben,) so lasset
uns nicht mehr einer den andern richten,
sondern das richtet viel mehr
(an statt des
ungütigen richtens seyd vielmehr darauf bedacht)
daß niemand seinem Bruder einen Anstoß,
oder Aergerniß
(welches Wort das vorige er-
läutert und etwa von einem schweren Anstoß ge-
setzet seyn mag,) darstelle. (Siehe auch Matth.
7, 1. c. 18, 7. seqq. 1 Cor. 4, 5. 10, 32. 1 Cor. 8.
9. seqq. 2 Cor. 6, 3. 1 Joh. 2, 10.)

V. 14.

Jch weiß und bins gewiß in dem
HErrn JEsu,
(der mich solches durch seinen
Heiligen Geist gelehret hat,) daß nichts ge-
mein
(nach der Redens-Art des Levitischen
[Spaltenumbruch] Gottes-Dienstes, das ist, unrein) ist an ihm
selbst, ohne der es rechnet für gemein,
(es
für unrein und auch noch zur Zeit des Neuen
Testaments für verboten hält,) demselben ist
es gemein,
(und also sündlich nach seiner Er-
käntniß und seinem Gewissen. Man conferire
hiebey Matth. 15, 11. Act. 10, 14. 15. 1 Cor. 8, 4.
7. 10. 1 Tim. 4, 4. Tit. 1, 15.)

V. 15.

So aber dein (schwacher Bruder, der
diß und das, welches du issest, noch für un-
rein und verboten hält,) über (solcher) dei-
ner Speise betrübet wird, so wandelst du
schon nicht nach der Liebe,
(ob du auch
gleich die Wahrheit nach der Christlichen Frey-
heit vor dir hast.) Lieber verderbe den nicht
mit deiner Speise,
(daß er darüber aus dem
empfangenen Aergerniß entweder wider sein
Gewissen handelt, und hernach immer weiter
verfällt, also, daß GOttes Werck in ihm wie-
der zerstöret wird; oder gar wieder von dem
Christenthum zum Heidenthum tritt, Christum
verleugnet, und ewig verlohren wird,) um
welches willen Christus gestorben ist.

(Siehe hiebey auch 1 Cor. 7, 11. Es wird über
deinem Erkäntniß,
oder Mißbrauch dersel-
ben, in unzeitigem Gebrauch der Freyheit, der
schwache Bruder umkommen, um welches
willen doch Christus gestorben ist:
und v.
12. so sündiget ihr an Christo.

Anmerckung.

Weil die, für welche CHristus gestorben
ist, welche er mit seinem Versöhnungs-Tode
erlöset hat, können ewig verlohren gehen; so
siehet man wohl daraus, welches auch aus so
vielen andern Oertern klar genug ist, daß Chri-
stus nicht allein die Auserwehlten, sondern
auch alle Menschen, ohne alle Ausnahme, er-
löset hat. Und also ist es alhier eine gantz fal-
sche Glosse, wenn man dagegen vorgiebt, es
heisse dieses so viel, als man solle diejenigen, so
sich zum Christenthum bekennen, nach dem Ur-
theil der Liebe für solche halten, die von Christo
durch seinen Tod erlöset sind, ob es auch gleich
der Erfolg eines Abfalls erweise, daß sie nicht
erwehlet und also auch nicht erlöset seynd. Denn
was ist dieses anders, als an statt der richtigen
Auslegung etwas in die heilige Schrift gleich-
sam einlegen, oder eintragen, das ist, mit
dem irrigen Vorurtheil, daß CHristus nur die
allerwenigsten Menschen, nemlich die Auser-
wehlten, erlöset habe, zur heiligen Schrift ge-
hen, und sie darnach erklären? Paulus redet
wohl von einem Urtheil der Liebe, aber darin-
nen, daß Schwächere und Stärckere in Din-
gen, welche die Christliche Freyheit betreffen,
gegen einander solches Urtheil beweisen sollen;
aber er selbst, wenn er von dem Versöhnungs-
Tode Christi redet, daß er auch für die, welche
verlohren gehen können, geschehen sey, spricht
kein Urtheil der Liebe, sondern der Wahr-
heit.
Und was solte, oder könte, denn alhier
das Urtheil der Liebe fruchten? denn es könte ja
solches Urtheil vielmehr eine gantz widrige Wir-

ckung

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 14, v. 12-15.
[Spaltenumbruch] vah, der eben der Sohn GOTTes iſt, zuge-
ſchrieben wird.

2. Gehen wir in das von Paulo angefuͤhr-
te 45te Capitel Jeſaiaͤ hinein, ſo finden wir dar-
innen, auſſer dem allegirten Ort, noch ſonſten
die allernachdruͤcklichſten Zeugniſſe von der
Gottheit des Meßiaͤ, als davon das gantze Ca-
pitel handelt, der auch darinnen ſelbſt durch den
Propheten redet. Zur Ehre unſers Heilandes
nur etwas davon anzufuͤhren, ſo heißt es:

v. 5. Jch bin der HErr, und ſonſt keiner
mehr, kein GOtt iſt ohn ich.
v. 6. 7. Jch bin der HErr (Jehovah) und
keiner mehr: der ich das Licht ma-
che ꝛc.
v. 11. So ſpricht der HErr, der Heilige
in Jſrael und ſein Meiſter ꝛc.
v. 12. Jch habe die Erde gemacht, und den
Menſchen darauf geſchaffen. Jch bins,
deſſen Haͤnde den Himmel ausgebreitet
haben, und habe allem ſeinem Heer ge-
boten ꝛc.
v. 15. Fuͤrwahr du biſt ein verborgener GOtt,
du GOtt Jſrael, der Heiland.
v. 17. Jſrael wird erloͤſet durch den HErrn,
durch eine ewige Erloͤſung ꝛc.
Siehe
auch v. 18. 19. 21.
v. 22. Wendet euch zu mir, ſo werdet ihr
ſelig, aller Welt Ende. Denn ich bin
GOtt, und keiner mehr
v. 23. 24. Koͤmmt nun der von Paulo zum theil
angefuͤhrte Ort, da es heißt: Jch ſchwere
bey mir ſelbſt, und ein Wort der Ge-
rechtigkeit gehet aus meinem Munde,
da ſoll es bey bleiben; nemlich: Mir
ſollen ſich alle Knie beugen, und alle
Zungen ſchweren, und ſagen: Jm
HERRN habe ich Gerechtigkeit und
Staͤrcke ꝛc.
Und
v. 25. Denn im HErrn werden gerecht al-
ler Saamen Jſrael, und ſich ſein ruͤh-
men

Jm uͤbrigen iſt fleißigen Bibel-Leſern bekant,
daß der bisher erlaͤuterte Ort Jeſaiaͤ von Chri-
ſto auch in dem Briefe an die Philipper c. 2, v.
9. ſeqq. mit groſſem Rachdrucke angefuͤhret
ſtehet.

V. 13.

Darum (da wir alle einen ſo allgemeinen
und groſſen Richter uͤber uns haben,) ſo laſſet
uns nicht mehr einer den andern richten,
ſondern das richtet viel mehr
(an ſtatt des
unguͤtigen richtens ſeyd vielmehr darauf bedacht)
daß niemand ſeinem Bruder einen Anſtoß,
oder Aergerniß
(welches Wort das vorige er-
laͤutert und etwa von einem ſchweren Anſtoß ge-
ſetzet ſeyn mag,) darſtelle. (Siehe auch Matth.
7, 1. c. 18, 7. ſeqq. 1 Cor. 4, 5. 10, 32. 1 Cor. 8.
9. ſeqq. 2 Cor. 6, 3. 1 Joh. 2, 10.)

V. 14.

Jch weiß und bins gewiß in dem
HErrn JEſu,
(der mich ſolches durch ſeinen
Heiligen Geiſt gelehret hat,) daß nichts ge-
mein
(nach der Redens-Art des Levitiſchen
[Spaltenumbruch] Gottes-Dienſtes, das iſt, unrein) iſt an ihm
ſelbſt, ohne der es rechnet fuͤr gemein,
(es
fuͤr unrein und auch noch zur Zeit des Neuen
Teſtaments fuͤr verboten haͤlt,) demſelben iſt
es gemein,
(und alſo ſuͤndlich nach ſeiner Er-
kaͤntniß und ſeinem Gewiſſen. Man conferire
hiebey Matth. 15, 11. Act. 10, 14. 15. 1 Cor. 8, 4.
7. 10. 1 Tim. 4, 4. Tit. 1, 15.)

V. 15.

So aber dein (ſchwacher Bruder, der
diß und das, welches du iſſeſt, noch fuͤr un-
rein und verboten haͤlt,) uͤber (ſolcher) dei-
ner Speiſe betruͤbet wird, ſo wandelſt du
ſchon nicht nach der Liebe,
(ob du auch
gleich die Wahrheit nach der Chriſtlichen Frey-
heit vor dir haſt.) Lieber verderbe den nicht
mit deiner Speiſe,
(daß er daruͤber aus dem
empfangenen Aergerniß entweder wider ſein
Gewiſſen handelt, und hernach immer weiter
verfaͤllt, alſo, daß GOttes Werck in ihm wie-
der zerſtoͤret wird; oder gar wieder von dem
Chriſtenthum zum Heidenthum tritt, Chriſtum
verleugnet, und ewig verlohren wird,) um
welches willen Chriſtus geſtorben iſt.

(Siehe hiebey auch 1 Cor. 7, 11. Es wird uͤber
deinem Erkaͤntniß,
oder Mißbrauch derſel-
ben, in unzeitigem Gebrauch der Freyheit, der
ſchwache Bruder umkommen, um welches
willen doch Chriſtus geſtorben iſt:
und v.
12. ſo ſuͤndiget ihr an Chriſto.

Anmerckung.

Weil die, fuͤr welche CHriſtus geſtorben
iſt, welche er mit ſeinem Verſoͤhnungs-Tode
erloͤſet hat, koͤnnen ewig verlohren gehen; ſo
ſiehet man wohl daraus, welches auch aus ſo
vielen andern Oertern klar genug iſt, daß Chri-
ſtus nicht allein die Auserwehlten, ſondern
auch alle Menſchen, ohne alle Ausnahme, er-
loͤſet hat. Und alſo iſt es alhier eine gantz fal-
ſche Gloſſe, wenn man dagegen vorgiebt, es
heiſſe dieſes ſo viel, als man ſolle diejenigen, ſo
ſich zum Chriſtenthum bekennen, nach dem Ur-
theil der Liebe fuͤr ſolche halten, die von Chriſto
durch ſeinen Tod erloͤſet ſind, ob es auch gleich
der Erfolg eines Abfalls erweiſe, daß ſie nicht
erwehlet und alſo auch nicht erloͤſet ſeynd. Denn
was iſt dieſes anders, als an ſtatt der richtigen
Auslegung etwas in die heilige Schrift gleich-
ſam einlegen, oder eintragen, das iſt, mit
dem irrigen Vorurtheil, daß CHriſtus nur die
allerwenigſten Menſchen, nemlich die Auser-
wehlten, erloͤſet habe, zur heiligen Schrift ge-
hen, und ſie darnach erklaͤren? Paulus redet
wohl von einem Urtheil der Liebe, aber darin-
nen, daß Schwaͤchere und Staͤrckere in Din-
gen, welche die Chriſtliche Freyheit betreffen,
gegen einander ſolches Urtheil beweiſen ſollen;
aber er ſelbſt, wenn er von dem Verſoͤhnungs-
Tode Chriſti redet, daß er auch fuͤr die, welche
verlohren gehen koͤnnen, geſchehen ſey, ſpricht
kein Urtheil der Liebe, ſondern der Wahr-
heit.
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das Urtheil der Liebe fruchten? denn es koͤnte ja
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[162/0190] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 14, v. 12-15. vah, der eben der Sohn GOTTes iſt, zuge- ſchrieben wird. 2. Gehen wir in das von Paulo angefuͤhr- te 45te Capitel Jeſaiaͤ hinein, ſo finden wir dar- innen, auſſer dem allegirten Ort, noch ſonſten die allernachdruͤcklichſten Zeugniſſe von der Gottheit des Meßiaͤ, als davon das gantze Ca- pitel handelt, der auch darinnen ſelbſt durch den Propheten redet. Zur Ehre unſers Heilandes nur etwas davon anzufuͤhren, ſo heißt es: v. 5. Jch bin der HErr, und ſonſt keiner mehr, kein GOtt iſt ohn ich. v. 6. 7. Jch bin der HErr (Jehovah) und keiner mehr: der ich das Licht ma- che ꝛc. v. 11. So ſpricht der HErr, der Heilige in Jſrael und ſein Meiſter ꝛc. v. 12. Jch habe die Erde gemacht, und den Menſchen darauf geſchaffen. Jch bins, deſſen Haͤnde den Himmel ausgebreitet haben, und habe allem ſeinem Heer ge- boten ꝛc. v. 15. Fuͤrwahr du biſt ein verborgener GOtt, du GOtt Jſrael, der Heiland. v. 17. Jſrael wird erloͤſet durch den HErrn, durch eine ewige Erloͤſung ꝛc. Siehe auch v. 18. 19. 21. v. 22. Wendet euch zu mir, ſo werdet ihr ſelig, aller Welt Ende. Denn ich bin GOtt, und keiner mehr v. 23. 24. Koͤmmt nun der von Paulo zum theil angefuͤhrte Ort, da es heißt: Jch ſchwere bey mir ſelbſt, und ein Wort der Ge- rechtigkeit gehet aus meinem Munde, da ſoll es bey bleiben; nemlich: Mir ſollen ſich alle Knie beugen, und alle Zungen ſchweren, und ſagen: Jm HERRN habe ich Gerechtigkeit und Staͤrcke ꝛc. Und v. 25. Denn im HErrn werden gerecht al- ler Saamen Jſrael, und ſich ſein ruͤh- men Jm uͤbrigen iſt fleißigen Bibel-Leſern bekant, daß der bisher erlaͤuterte Ort Jeſaiaͤ von Chri- ſto auch in dem Briefe an die Philipper c. 2, v. 9. ſeqq. mit groſſem Rachdrucke angefuͤhret ſtehet. V. 13. Darum (da wir alle einen ſo allgemeinen und groſſen Richter uͤber uns haben,) ſo laſſet uns nicht mehr einer den andern richten, ſondern das richtet viel mehr (an ſtatt des unguͤtigen richtens ſeyd vielmehr darauf bedacht) daß niemand ſeinem Bruder einen Anſtoß, oder Aergerniß (welches Wort das vorige er- laͤutert und etwa von einem ſchweren Anſtoß ge- ſetzet ſeyn mag,) darſtelle. (Siehe auch Matth. 7, 1. c. 18, 7. ſeqq. 1 Cor. 4, 5. 10, 32. 1 Cor. 8. 9. ſeqq. 2 Cor. 6, 3. 1 Joh. 2, 10.) V. 14. Jch weiß und bins gewiß in dem HErrn JEſu, (der mich ſolches durch ſeinen Heiligen Geiſt gelehret hat,) daß nichts ge- mein (nach der Redens-Art des Levitiſchen Gottes-Dienſtes, das iſt, unrein) iſt an ihm ſelbſt, ohne der es rechnet fuͤr gemein, (es fuͤr unrein und auch noch zur Zeit des Neuen Teſtaments fuͤr verboten haͤlt,) demſelben iſt es gemein, (und alſo ſuͤndlich nach ſeiner Er- kaͤntniß und ſeinem Gewiſſen. Man conferire hiebey Matth. 15, 11. Act. 10, 14. 15. 1 Cor. 8, 4. 7. 10. 1 Tim. 4, 4. Tit. 1, 15.) V. 15. So aber dein (ſchwacher Bruder, der diß und das, welches du iſſeſt, noch fuͤr un- rein und verboten haͤlt,) uͤber (ſolcher) dei- ner Speiſe betruͤbet wird, ſo wandelſt du ſchon nicht nach der Liebe, (ob du auch gleich die Wahrheit nach der Chriſtlichen Frey- heit vor dir haſt.) Lieber verderbe den nicht mit deiner Speiſe, (daß er daruͤber aus dem empfangenen Aergerniß entweder wider ſein Gewiſſen handelt, und hernach immer weiter verfaͤllt, alſo, daß GOttes Werck in ihm wie- der zerſtoͤret wird; oder gar wieder von dem Chriſtenthum zum Heidenthum tritt, Chriſtum verleugnet, und ewig verlohren wird,) um welches willen Chriſtus geſtorben iſt. (Siehe hiebey auch 1 Cor. 7, 11. Es wird uͤber deinem Erkaͤntniß, oder Mißbrauch derſel- ben, in unzeitigem Gebrauch der Freyheit, der ſchwache Bruder umkommen, um welches willen doch Chriſtus geſtorben iſt: und v. 12. ſo ſuͤndiget ihr an Chriſto. Anmerckung. Weil die, fuͤr welche CHriſtus geſtorben iſt, welche er mit ſeinem Verſoͤhnungs-Tode erloͤſet hat, koͤnnen ewig verlohren gehen; ſo ſiehet man wohl daraus, welches auch aus ſo vielen andern Oertern klar genug iſt, daß Chri- ſtus nicht allein die Auserwehlten, ſondern auch alle Menſchen, ohne alle Ausnahme, er- loͤſet hat. Und alſo iſt es alhier eine gantz fal- ſche Gloſſe, wenn man dagegen vorgiebt, es heiſſe dieſes ſo viel, als man ſolle diejenigen, ſo ſich zum Chriſtenthum bekennen, nach dem Ur- theil der Liebe fuͤr ſolche halten, die von Chriſto durch ſeinen Tod erloͤſet ſind, ob es auch gleich der Erfolg eines Abfalls erweiſe, daß ſie nicht erwehlet und alſo auch nicht erloͤſet ſeynd. Denn was iſt dieſes anders, als an ſtatt der richtigen Auslegung etwas in die heilige Schrift gleich- ſam einlegen, oder eintragen, das iſt, mit dem irrigen Vorurtheil, daß CHriſtus nur die allerwenigſten Menſchen, nemlich die Auser- wehlten, erloͤſet habe, zur heiligen Schrift ge- hen, und ſie darnach erklaͤren? Paulus redet wohl von einem Urtheil der Liebe, aber darin- nen, daß Schwaͤchere und Staͤrckere in Din- gen, welche die Chriſtliche Freyheit betreffen, gegen einander ſolches Urtheil beweiſen ſollen; aber er ſelbſt, wenn er von dem Verſoͤhnungs- Tode Chriſti redet, daß er auch fuͤr die, welche verlohren gehen koͤnnen, geſchehen ſey, ſpricht kein Urtheil der Liebe, ſondern der Wahr- heit. Und was ſolte, oder koͤnte, denn alhier das Urtheil der Liebe fruchten? denn es koͤnte ja ſolches Urtheil vielmehr eine gantz widrige Wir- ckung

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/190>, abgerufen am 24.11.2024.