Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 7, v. 3-6. [Spaltenumbruch]
wie es in der Anführung CHristi Matth. 19, 5.ausdrücklich heißt, werden und sollen ein Fleisch seyn. 4. Hieraus folget nun gantz klärlich, daß die Polygamie, oder Vielweiberey, nach dem Gesetze GOttes und dem Gesetze der Na- tur verboten sey. Denn wenn ein Mann noch bey Lebzeiten seines Ehe-Weibes, mit welcher er einmal ein Fleisch geworden ist, sich zu einer andern hält, handelt er wider das Gesetz GOt- tes und der Natur, welches ihn an sein einiges Ehe-Weib, auf die Zeit ihres Lebens, gebunden hat; und wird also ein Ehebrecher. 5. Nicht weniger sind auch die Eheschei- dungen durch dieses Gesetz verboten. Denn ist ein Mann durch das Ehe-Gesetz solcher gestalt an sein Ehe-Weib auf die Zeit ihres Lebens ver- bunden, so soll er sich, da sie den Ehe-Bund hält, weder von ihr scheiden, noch sie sonst ver- lassen. Matth. 5, 32. 19, 9. Und wenn er es gleich in der That thut, so bleibet doch von Rechtswegen das eheliche Band vor GOTT im Gewissen unter ihnen; und daher bricht der Mann die Ehe, wenn er eine andere nimt, und auch die Abgeschiedene bricht die Ehe, wofern sie, ausser dem Fall des von dem Manne gebro- chenen Ehe-Bundes, sich an einen andern ver- eheliget. 6. Daß aber das erste Ehe-Gebot zugleich ein Gesetz der Natur sey, ist daraus offen- bar, weil es von GOTT, als dem Urheber der menschlichen Natur, der Natur gemäß einge- richtet und vorgeschrieben ist, ein Mensch auch aus dem Lichte der Natur von dessen Gültigkeit, durch die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit kan überzeuget werden: Wie es denn auch GOtt daher im Moral-Gesetze, welches nichts anders, als ein aufgeklärtes Natur-Gesetze ist, inson- derheit in dem sechsten Gebote, wiederholet und eingeschärfet hat. Doch hievon also zu han- deln, wie es die gegenwärtige arge Welt erfo- dert, dazu wird uns hernach Paulus bey dem sie- benden Capitel des ersten Briefes an die Corin- thier mehrere Gelegenheit geben. V. 4. Also auch, meine Brüder, ihr seyd V. 5. Denn (um euch den grossen Unterscheid V. 6. Nun aber (in dieser neuen Ehe bey Chri- Ubel-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 7, v. 3-6. [Spaltenumbruch]
wie es in der Anfuͤhrung CHriſti Matth. 19, 5.ausdruͤcklich heißt, werden und ſollen ein Fleiſch ſeyn. 4. Hieraus folget nun gantz klaͤrlich, daß die Polygamie, oder Vielweiberey, nach dem Geſetze GOttes und dem Geſetze der Na- tur verboten ſey. Denn wenn ein Mann noch bey Lebzeiten ſeines Ehe-Weibes, mit welcher er einmal ein Fleiſch geworden iſt, ſich zu einer andern haͤlt, handelt er wider das Geſetz GOt- tes und der Natur, welches ihn an ſein einiges Ehe-Weib, auf die Zeit ihres Lebens, gebunden hat; und wird alſo ein Ehebrecher. 5. Nicht weniger ſind auch die Eheſchei- dungen durch dieſes Geſetz verboten. Denn iſt ein Mann durch das Ehe-Geſetz ſolcher geſtalt an ſein Ehe-Weib auf die Zeit ihres Lebens ver- bunden, ſo ſoll er ſich, da ſie den Ehe-Bund haͤlt, weder von ihr ſcheiden, noch ſie ſonſt ver- laſſen. Matth. 5, 32. 19, 9. Und wenn er es gleich in der That thut, ſo bleibet doch von Rechtswegen das eheliche Band vor GOTT im Gewiſſen unter ihnen; und daher bricht der Mann die Ehe, wenn er eine andere nimt, und auch die Abgeſchiedene bricht die Ehe, wofern ſie, auſſer dem Fall des von dem Manne gebro- chenen Ehe-Bundes, ſich an einen andern ver- eheliget. 6. Daß aber das erſte Ehe-Gebot zugleich ein Geſetz der Natur ſey, iſt daraus offen- bar, weil es von GOTT, als dem Urheber der menſchlichen Natur, der Natur gemaͤß einge- richtet und vorgeſchrieben iſt, ein Menſch auch aus dem Lichte der Natur von deſſen Guͤltigkeit, durch die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit kan uͤberzeuget werden: Wie es denn auch GOtt daher im Moral-Geſetze, welches nichts anders, als ein aufgeklaͤrtes Natur-Geſetze iſt, inſon- derheit in dem ſechſten Gebote, wiederholet und eingeſchaͤrfet hat. Doch hievon alſo zu han- deln, wie es die gegenwaͤrtige arge Welt erfo- dert, dazu wird uns hernach Paulus bey dem ſie- benden Capitel des erſten Briefes an die Corin- thier mehrere Gelegenheit geben. V. 4. Alſo auch, meine Bruͤder, ihr ſeyd V. 5. Denn (um euch den groſſen Unterſcheid V. 6. Nun aber (in dieſer neuen Ehe bey Chri- Ubel-
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 7, v. 3-6.
wie es in der Anfuͤhrung CHriſti Matth. 19, 5.
ausdruͤcklich heißt, werden und ſollen ein
Fleiſch ſeyn.
4. Hieraus folget nun gantz klaͤrlich, daß
die Polygamie, oder Vielweiberey, nach
dem Geſetze GOttes und dem Geſetze der Na-
tur verboten ſey. Denn wenn ein Mann noch
bey Lebzeiten ſeines Ehe-Weibes, mit welcher
er einmal ein Fleiſch geworden iſt, ſich zu einer
andern haͤlt, handelt er wider das Geſetz GOt-
tes und der Natur, welches ihn an ſein einiges
Ehe-Weib, auf die Zeit ihres Lebens, gebunden
hat; und wird alſo ein Ehebrecher.
5. Nicht weniger ſind auch die Eheſchei-
dungen durch dieſes Geſetz verboten. Denn
iſt ein Mann durch das Ehe-Geſetz ſolcher geſtalt
an ſein Ehe-Weib auf die Zeit ihres Lebens ver-
bunden, ſo ſoll er ſich, da ſie den Ehe-Bund
haͤlt, weder von ihr ſcheiden, noch ſie ſonſt ver-
laſſen. Matth. 5, 32. 19, 9. Und wenn er es
gleich in der That thut, ſo bleibet doch von
Rechtswegen das eheliche Band vor GOTT im
Gewiſſen unter ihnen; und daher bricht der
Mann die Ehe, wenn er eine andere nimt, und
auch die Abgeſchiedene bricht die Ehe, wofern
ſie, auſſer dem Fall des von dem Manne gebro-
chenen Ehe-Bundes, ſich an einen andern ver-
eheliget.
6. Daß aber das erſte Ehe-Gebot zugleich
ein Geſetz der Natur ſey, iſt daraus offen-
bar, weil es von GOTT, als dem Urheber der
menſchlichen Natur, der Natur gemaͤß einge-
richtet und vorgeſchrieben iſt, ein Menſch auch
aus dem Lichte der Natur von deſſen Guͤltigkeit,
durch die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit kan
uͤberzeuget werden: Wie es denn auch GOtt
daher im Moral-Geſetze, welches nichts anders,
als ein aufgeklaͤrtes Natur-Geſetze iſt, inſon-
derheit in dem ſechſten Gebote, wiederholet und
eingeſchaͤrfet hat. Doch hievon alſo zu han-
deln, wie es die gegenwaͤrtige arge Welt erfo-
dert, dazu wird uns hernach Paulus bey dem ſie-
benden Capitel des erſten Briefes an die Corin-
thier mehrere Gelegenheit geben.
V. 4.
Alſo auch, meine Bruͤder, ihr ſeyd
getoͤdtet dem Geſetze durch den Leib Chri-
ſti, (CHriſtus iſt geſtorben, und zwar derge-
ſtalt, daß wie durch ſeinen uͤbrigen Gehorſam,
alſo ſonderlich auch durch ſeinen Verſoͤhnungs-
Tod das Geſetz erfuͤllet, und wie ſeinen Forde-
rungen ein vollkommnes Genuͤgen geleiſtet, al-
ſo auch deſſelben Fluch, da er ihn ſelbſt uͤber ſich
genommen, hinweg gethan hat. Nun aber
ſeyd ihr in CHriſti Tod getaufet, dergeſtalt,
daß CHriſti Tod durch die Zurechnung euer ei-
gen worden iſt, und es im goͤttlichen Gerichte
angeſehen wird, als haͤttet ihr ſelbſt das Geſetz
erfuͤllet, haͤttet ſelbſt deſſelben Fluch uͤber euch
genommen, und waͤret ſelbſt zu eurer Genug-
thuung fuͤr eure eigne Suͤnde geſtorben. Und
daher ſeyd ihr dem Geſetz getoͤdtet durch den in
den Tod dahin gegebnen Leib CHriſti, das iſt,
ihr ſeyd ſo wenig an das Geſetz gebunden, nem-
lich daraus die Gerechtigkeit und Seligkeit auſ-
ſer CHriſto zu ſuchen, ſo wenig ein Ehe-Weib
an ihren Mann verbunden iſt und bleibet, wenn
der Mann ſchon todt iſt. Und alſo giebt der
Verſoͤhnungs-Tod CHriſti euch die Befreyung
von der Nothwendigkeit, durch die eigne Erfuͤl-
lung des Geſetzes eure Seligkeit zu erlangen,
und, in Entſtehung deſſen, den Fluch zur Ver-
dammniß uͤber euch zu nehmen; gleichwie der
Tod eines Ehe-Manns ſeine hinterlaſſene Witt-
we vom Geſetze des ehelichen Bandes frey ma-
chet, und ihr die Freyheit ertheilet, ohne Ehe-
bruch in Ehren mit einem andern Manne in den
Ehe-Stand zu treten:) daß ihr (die ich mit
einem Ehe-Weibe vergleiche,) bey einem an-
dern (geiſtlichen Ehe-Manne) ſeyd, nem-
lich bey dem, der von den Todten (dar-
unter er, um euch vom geſetzlichen Bande frey
zu machen, ſich freywillig gegeben hatte) auf-
erwecket iſt, (das iſt, ihr ſeyd von Moſe zu
Chriſto kommen,) auf daß wir (in dieſer neuen
Ehe) GOTT Frucht bringen, (Vermoͤge
der in uns wirckenden Kraft Chriſti, da wir un-
ter dem vorigen Ehe-Manne, Moſe, oder dem
Geſetze, zwar immer unſerer groſſen Schuldig-
keit durch ſcharfe Forderung erinnert wurden,
aber ohne Kraft waren, dieſelbe zu leiſten, und
alſo unfruchtbar blieben: da wir hingegen ietzo
mit Fruͤchten der Gerechtigkeit, die durch JE-
ſum CHriſtum in uns geſchehen, erfuͤllet wer-
den. Phil. 1, 11. Siehe auch Rom. 6, 22. 8, 2.
Gal. 2, 19. 20. 5, 18. 22. 1 Cor. 3, 22.)
V. 5.
Denn (um euch den groſſen Unterſcheid
dieſer neuen geiſtlichen Ehe von der alten zu zei-
gen) da wir im Fleiſche (im Stande der
verderbten und herrſchenden Natur, auſſer Chri-
ſto) waren, da waren die (in dem Fleiſche,
oder in der Corruption und Erb-Suͤnde ſich re-
gende) ſuͤndlichen Luͤſte, welche durchs
Geſetz (ſo gar nicht gedaͤmpfet und hinwegge-
nommen wurden, daß ſie dadurch vielmehr)
ſich erregten, (ſintemal ie mehr ſie uns
durch das Geſetz zur Suͤnde gemachet wurden,
Rom. 3, 20. 4, 15. 7, 8. ie mehr fuͤhleten wir ſie,
mit dem Erfolg,) dem Tode Frucht zu brin-
gen, (nemlich in ſolchen Ausbruͤchen, uͤber
welche das Geſetz, welches ſchon die innern Luͤ-
ſte als ſuͤndlich verdammet, ſo viel mehr das Ur-
theil zum ewigen Tode ſpricht. Rom. 6, 21.)
V. 6.
Nun aber (in dieſer neuen Ehe bey Chri-
ſto unter dem Evangelio) ſind wir vom Ge-
ſetze (in Anſehung der Nothwendigkeit, durch
deſſelben vollkommne Erfuͤllung, die uns doch
unmoͤglich war, unſere Gerechtigkeit vor GOtt
und unſere Seligkeit zu ſuchen, und, da wir
jene nicht leiſten koͤnnen, und daher der Fluch
zur Verdammniß uͤber uns lieget, auch von die-
ſem Fluche des Geſetzes) los, und ihm ab-
geſtorben, (durch den Verſoͤhnungs-Tod
CHriſti): das uns (zuvor unter ſolcher ſeiner
Forderung und unter ſeinem Fluche) gefan-
gen hielte, (daß wir uns nicht weniger fuͤrch-
ten muſten, als einer, der ſeiner Schuld und
Ubel-
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