Erfindungskunst, Krümmungskreis, etc. wo das s schlechterdings eingeschaltet ist, und statt dessen ein Grieche oder Lateiner einen Vocal würde gebraucht haben.
§. 85. Wir wollen aber die Zusammensetzung der Buchstaben oder einfachen Selbstlauter und Mitlauter, in so fern einzelne Sylben daraus entstehen können, in ihrer allgemeinsten Möglichkeit und an sich betrachten, und den Reichthum der Sprache an Sylben bestim- men. Zu diesem Ende nehmen wir nur die oben (§. 74.) von einander unterschiedene 17 einfache Selbst- laute, weil sich nicht wohl ausmachen läßt, wie viele Zwischenlaute, die etwan nur ein feineres Gehör unter- scheidet, möglich bleiben. Wir halten uns auch nicht damit auf, daß einige dieser Selbstlaute in dieser oder jener Sprache als ein Doppellaut genommen werden. Denn dieses geschieht nur, weil man nicht eigene Buch- staben oder Zeichen dafür hat. Aus gleichem Grunde verstehen wir durch Doppellaute nur diejenigen Laute, wo zween Vocalen einer nach dem andern, und jeder vernehmlich, in einer Sylbe ausgesprochen werden, der- gleichen in den Wörtern auch, die, ein, und im Jta- lienischen buon' &c. vorkommen. Die verschiedenen Combinationen sind nun folgende.
§. 86. Erstlich, da jeder einfache Selbstlaut für sich ausgesprochen werden kann, so haben wir dadurch 17 Sylben, welche unter allen die einfachsten, und vielmehr nur Anfänge zu Sylben als wirkliche Sylben sind. Jn- dessen kann jeder Selbstlaut für sich schon einen Begriff vorstellen, wie z. E. im Lateinischen das a und e Prä- positionen sind.
§. 87. Die Anzahl der Doppellaute ist schon merk- lich größer. Denn jeder der 17 Selbstlaute kann mit jedem andern zusammengenommen zum Doppellaute werden, und jeder dem andern vor und nachgehen. Auf
diese
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Von der Sprache an ſich betrachtet.
Erfindungskunſt, Kruͤmmungskreis, ꝛc. wo das s ſchlechterdings eingeſchaltet iſt, und ſtatt deſſen ein Grieche oder Lateiner einen Vocal wuͤrde gebraucht haben.
§. 85. Wir wollen aber die Zuſammenſetzung der Buchſtaben oder einfachen Selbſtlauter und Mitlauter, in ſo fern einzelne Sylben daraus entſtehen koͤnnen, in ihrer allgemeinſten Moͤglichkeit und an ſich betrachten, und den Reichthum der Sprache an Sylben beſtim- men. Zu dieſem Ende nehmen wir nur die oben (§. 74.) von einander unterſchiedene 17 einfache Selbſt- laute, weil ſich nicht wohl ausmachen laͤßt, wie viele Zwiſchenlaute, die etwan nur ein feineres Gehoͤr unter- ſcheidet, moͤglich bleiben. Wir halten uns auch nicht damit auf, daß einige dieſer Selbſtlaute in dieſer oder jener Sprache als ein Doppellaut genommen werden. Denn dieſes geſchieht nur, weil man nicht eigene Buch- ſtaben oder Zeichen dafuͤr hat. Aus gleichem Grunde verſtehen wir durch Doppellaute nur diejenigen Laute, wo zween Vocalen einer nach dem andern, und jeder vernehmlich, in einer Sylbe ausgeſprochen werden, der- gleichen in den Woͤrtern auch, die, ein, und im Jta- lieniſchen buon’ &c. vorkommen. Die verſchiedenen Combinationen ſind nun folgende.
§. 86. Erſtlich, da jeder einfache Selbſtlaut fuͤr ſich ausgeſprochen werden kann, ſo haben wir dadurch 17 Sylben, welche unter allen die einfachſten, und vielmehr nur Anfaͤnge zu Sylben als wirkliche Sylben ſind. Jn- deſſen kann jeder Selbſtlaut fuͤr ſich ſchon einen Begriff vorſtellen, wie z. E. im Lateiniſchen das a und e Praͤ- poſitionen ſind.
§. 87. Die Anzahl der Doppellaute iſt ſchon merk- lich groͤßer. Denn jeder der 17 Selbſtlaute kann mit jedem andern zuſammengenommen zum Doppellaute werden, und jeder dem andern vor und nachgehen. Auf
dieſe
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Von der Sprache an ſich betrachtet.
Erfindungskunſt, Kruͤmmungskreis, ꝛc. wo das
s ſchlechterdings eingeſchaltet iſt, und ſtatt deſſen ein
Grieche oder Lateiner einen Vocal wuͤrde gebraucht
haben.
§. 85. Wir wollen aber die Zuſammenſetzung der
Buchſtaben oder einfachen Selbſtlauter und Mitlauter,
in ſo fern einzelne Sylben daraus entſtehen koͤnnen, in
ihrer allgemeinſten Moͤglichkeit und an ſich betrachten,
und den Reichthum der Sprache an Sylben beſtim-
men. Zu dieſem Ende nehmen wir nur die oben
(§. 74.) von einander unterſchiedene 17 einfache Selbſt-
laute, weil ſich nicht wohl ausmachen laͤßt, wie viele
Zwiſchenlaute, die etwan nur ein feineres Gehoͤr unter-
ſcheidet, moͤglich bleiben. Wir halten uns auch nicht
damit auf, daß einige dieſer Selbſtlaute in dieſer oder
jener Sprache als ein Doppellaut genommen werden.
Denn dieſes geſchieht nur, weil man nicht eigene Buch-
ſtaben oder Zeichen dafuͤr hat. Aus gleichem Grunde
verſtehen wir durch Doppellaute nur diejenigen Laute,
wo zween Vocalen einer nach dem andern, und jeder
vernehmlich, in einer Sylbe ausgeſprochen werden, der-
gleichen in den Woͤrtern auch, die, ein, und im Jta-
lieniſchen buon’ &c. vorkommen. Die verſchiedenen
Combinationen ſind nun folgende.
§. 86. Erſtlich, da jeder einfache Selbſtlaut fuͤr ſich
ausgeſprochen werden kann, ſo haben wir dadurch 17
Sylben, welche unter allen die einfachſten, und vielmehr
nur Anfaͤnge zu Sylben als wirkliche Sylben ſind. Jn-
deſſen kann jeder Selbſtlaut fuͤr ſich ſchon einen Begriff
vorſtellen, wie z. E. im Lateiniſchen das a und e Praͤ-
poſitionen ſind.
§. 87. Die Anzahl der Doppellaute iſt ſchon merk-
lich groͤßer. Denn jeder der 17 Selbſtlaute kann mit
jedem andern zuſammengenommen zum Doppellaute
werden, und jeder dem andern vor und nachgehen. Auf
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/59>, abgerufen am 23.11.2024.
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