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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem Wahrscheinlichen.
alle C sind B

durchaus bestimmt und gewiß. Findet man aber, daß
auch nur eines dieser Merkmale in C nicht ist; so ist
der Schlußsatz

kein C ist B

wiederum bestimmt und gewiß. Da gewöhnlich C
mehr Merkmale als A hat, so ist es im letzten Fall
auch leichter und möglicher, von C als von A zu bewei-
sen, daß ein Merkmal des B ihm nicht zukomme.

§. 218. Noch leichter und häufiger aber werden
Sätze von der Art

(3/4 a + 1/4 e) A sind B
(3/4 a + 1/4 u) A sind B
3/4 A sind B

in wahrscheinliche von der Art

alle A (3/4 a + 1/4 e) sind B
alle A (3/4 a + 1/4 u) sind B
alle A 3/4 sind B

verwandelt. Man schließt z. E.

1. Die meisten A sind B, demnach ist A wahrschein-
lich B.
2. Einige A sind nicht B, demnach kann man von
diesem oder jenem A nur wahrscheinlich sagen,
daß es B sey.

Aber auf beyde Arten entfernt man sich von der Ge-
wißheit und von den Mitteln, sie ganz zu erhalten.
Denn bleibt man bey den ersten Sätzen, so kommen
öfters Schlüsse von der Art vor

alle B sind C
(3/4 a + 1/4 u) A sind B
folglich (3/4 a + 1/4 u) A sind C.

Nun kann es öfters leichter seyn, daß man in den übri-
gen 1/4 A, das Prädicat C, als aber das Prädicat B
finde. Und ist dieses, so ist der Schluß: alle A sind C,
richtig.

§. 219.
Von dem Wahrſcheinlichen.
alle C ſind B

durchaus beſtimmt und gewiß. Findet man aber, daß
auch nur eines dieſer Merkmale in C nicht iſt; ſo iſt
der Schlußſatz

kein C iſt B

wiederum beſtimmt und gewiß. Da gewoͤhnlich C
mehr Merkmale als A hat, ſo iſt es im letzten Fall
auch leichter und moͤglicher, von C als von A zu bewei-
ſen, daß ein Merkmal des B ihm nicht zukomme.

§. 218. Noch leichter und haͤufiger aber werden
Saͤtze von der Art

a + ¼ e) A ſind B
a + ¼ u) A ſind B
¾ A ſind B

in wahrſcheinliche von der Art

alle Aa + ¼ e) ſind B
alle Aa + ¼ u) ſind B
alle A ¾ ſind B

verwandelt. Man ſchließt z. E.

1. Die meiſten A ſind B, demnach iſt A wahrſchein-
lich B.
2. Einige A ſind nicht B, demnach kann man von
dieſem oder jenem A nur wahrſcheinlich ſagen,
daß es B ſey.

Aber auf beyde Arten entfernt man ſich von der Ge-
wißheit und von den Mitteln, ſie ganz zu erhalten.
Denn bleibt man bey den erſten Saͤtzen, ſo kommen
oͤfters Schluͤſſe von der Art vor

alle B ſind C
a + ¼ u) A ſind B
folglich (¾ a + ¼ u) A ſind C.

Nun kann es oͤfters leichter ſeyn, daß man in den uͤbri-
gen ¼ A, das Praͤdicat C, als aber das Praͤdicat B
finde. Und iſt dieſes, ſo iſt der Schluß: alle A ſind C,
richtig.

§. 219.
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[381/0387] Von dem Wahrſcheinlichen. alle C ſind B durchaus beſtimmt und gewiß. Findet man aber, daß auch nur eines dieſer Merkmale in C nicht iſt; ſo iſt der Schlußſatz kein C iſt B wiederum beſtimmt und gewiß. Da gewoͤhnlich C mehr Merkmale als A hat, ſo iſt es im letzten Fall auch leichter und moͤglicher, von C als von A zu bewei- ſen, daß ein Merkmal des B ihm nicht zukomme. §. 218. Noch leichter und haͤufiger aber werden Saͤtze von der Art (¾ a + ¼ e) A ſind B (¾ a + ¼ u) A ſind B ¾ A ſind B in wahrſcheinliche von der Art alle A (¾ a + ¼ e) ſind B alle A (¾ a + ¼ u) ſind B alle A ¾ ſind B verwandelt. Man ſchließt z. E. 1. Die meiſten A ſind B, demnach iſt A wahrſchein- lich B. 2. Einige A ſind nicht B, demnach kann man von dieſem oder jenem A nur wahrſcheinlich ſagen, daß es B ſey. Aber auf beyde Arten entfernt man ſich von der Ge- wißheit und von den Mitteln, ſie ganz zu erhalten. Denn bleibt man bey den erſten Saͤtzen, ſo kommen oͤfters Schluͤſſe von der Art vor alle B ſind C (¾ a + ¼ u) A ſind B folglich (¾ a + ¼ u) A ſind C. Nun kann es oͤfters leichter ſeyn, daß man in den uͤbri- gen ¼ A, das Praͤdicat C, als aber das Praͤdicat B finde. Und iſt dieſes, ſo iſt der Schluß: alle A ſind C, richtig. §. 219.

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/387>, abgerufen am 26.06.2024.