ben im Reiche der Wahrheiten als Prädicate vorkom- men, ehe sie als Subjecte vorkommen (§. 241. seq. Ale- thiol.); so ergiebt sich leicht, daß das erstangeführte Re- quisitum der Charakteristik durchaus nothwendig sey. Denn wenn man im strengsten Verstande a priori geht, so verfällt man auf die Definition der zusammen- gesetzten Begriffe, ehe man auf ihre Namen verfällt. (§. cit.) Sollten nun die Zeichen statt der Sachen selbst seyn, so ist klar, daß diese Ordnung ebenfalls dabey vor- kommen müßte. Dieses Requisitum ist demnach der Leitfaden, wenn man eine solche Charakteristik erfin- den will.
§. 41. Die Verbindungskunst der Zeichen be- zieht sich auf die allgemeinen Verhältnisse der Begriffe, Sätze, und überhaupt jeder Wahrheiten. Sie be- stimmt, welche zusammengesetzte Möglichkei- ten aus allen möglichen Verbindungen der an sich unbedingten Postulaten der Alethiologie entstehen, wie weit sie reichen, welche Ver- hältnisse sie haben, und wie sie sich in einander verwandeln lassen etc. Was dieses sagen will, wer- den wir am füglichsten durch Beyspiele, die wir in der Dianoiologie und Alethiologie bereits angeführet haben, erläutern können. Denn daraus wird erhellen, daß es wirklich solche Verhältnisse, Verwandelun- gen und bedingte Möglichkeiten gebe. Man rechne demnach überhaupt hieher, was wir (§. 431--454. Dianoiol.) von der Reduction jeder Aufgabe auf eine pur logische, ausführlich gesaget haben: Jnsbesondere aber die allgemeine Möglichkeit, jeden aus einfachen Schlüssen bestehenden Beweis in eine ganz einfache Schlußkette von lauter Grundsätzen zu verwandeln, (§. 309. Dianoiol.) die Jdentität der Vordersätze zu einem identischen Schlußsatze (§. 356. l. cit.), die Un- möglichkeit, aus einem Satze sein Gegentheil herzulei-
ten
I. Hauptſtuͤck. Von der ſymboliſchen
ben im Reiche der Wahrheiten als Praͤdicate vorkom- men, ehe ſie als Subjecte vorkommen (§. 241. ſeq. Ale- thiol.); ſo ergiebt ſich leicht, daß das erſtangefuͤhrte Re- quiſitum der Charakteriſtik durchaus nothwendig ſey. Denn wenn man im ſtrengſten Verſtande a priori geht, ſo verfaͤllt man auf die Definition der zuſammen- geſetzten Begriffe, ehe man auf ihre Namen verfaͤllt. (§. cit.) Sollten nun die Zeichen ſtatt der Sachen ſelbſt ſeyn, ſo iſt klar, daß dieſe Ordnung ebenfalls dabey vor- kommen muͤßte. Dieſes Requiſitum iſt demnach der Leitfaden, wenn man eine ſolche Charakteriſtik erfin- den will.
§. 41. Die Verbindungskunſt der Zeichen be- zieht ſich auf die allgemeinen Verhaͤltniſſe der Begriffe, Saͤtze, und uͤberhaupt jeder Wahrheiten. Sie be- ſtimmt, welche zuſammengeſetzte Moͤglichkei- ten aus allen moͤglichen Verbindungen der an ſich unbedingten Poſtulaten der Alethiologie entſtehen, wie weit ſie reichen, welche Ver- haͤltniſſe ſie haben, und wie ſie ſich in einander verwandeln laſſen ꝛc. Was dieſes ſagen will, wer- den wir am fuͤglichſten durch Beyſpiele, die wir in der Dianoiologie und Alethiologie bereits angefuͤhret haben, erlaͤutern koͤnnen. Denn daraus wird erhellen, daß es wirklich ſolche Verhaͤltniſſe, Verwandelun- gen und bedingte Moͤglichkeiten gebe. Man rechne demnach uͤberhaupt hieher, was wir (§. 431—454. Dianoiol.) von der Reduction jeder Aufgabe auf eine pur logiſche, ausfuͤhrlich geſaget haben: Jnsbeſondere aber die allgemeine Moͤglichkeit, jeden aus einfachen Schluͤſſen beſtehenden Beweis in eine ganz einfache Schlußkette von lauter Grundſaͤtzen zu verwandeln, (§. 309. Dianoiol.) die Jdentitaͤt der Vorderſaͤtze zu einem identiſchen Schlußſatze (§. 356. l. cit.), die Un- moͤglichkeit, aus einem Satze ſein Gegentheil herzulei-
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I. Hauptſtuͤck. Von der ſymboliſchen
ben im Reiche der Wahrheiten als Praͤdicate vorkom-
men, ehe ſie als Subjecte vorkommen (§. 241. ſeq. Ale-
thiol.); ſo ergiebt ſich leicht, daß das erſtangefuͤhrte Re-
quiſitum der Charakteriſtik durchaus nothwendig ſey.
Denn wenn man im ſtrengſten Verſtande a priori
geht, ſo verfaͤllt man auf die Definition der zuſammen-
geſetzten Begriffe, ehe man auf ihre Namen verfaͤllt.
(§. cit.) Sollten nun die Zeichen ſtatt der Sachen ſelbſt
ſeyn, ſo iſt klar, daß dieſe Ordnung ebenfalls dabey vor-
kommen muͤßte. Dieſes Requiſitum iſt demnach der
Leitfaden, wenn man eine ſolche Charakteriſtik erfin-
den will.
§. 41. Die Verbindungskunſt der Zeichen be-
zieht ſich auf die allgemeinen Verhaͤltniſſe der Begriffe,
Saͤtze, und uͤberhaupt jeder Wahrheiten. Sie be-
ſtimmt, welche zuſammengeſetzte Moͤglichkei-
ten aus allen moͤglichen Verbindungen der an
ſich unbedingten Poſtulaten der Alethiologie
entſtehen, wie weit ſie reichen, welche Ver-
haͤltniſſe ſie haben, und wie ſie ſich in einander
verwandeln laſſen ꝛc. Was dieſes ſagen will, wer-
den wir am fuͤglichſten durch Beyſpiele, die wir in der
Dianoiologie und Alethiologie bereits angefuͤhret haben,
erlaͤutern koͤnnen. Denn daraus wird erhellen, daß
es wirklich ſolche Verhaͤltniſſe, Verwandelun-
gen und bedingte Moͤglichkeiten gebe. Man
rechne demnach uͤberhaupt hieher, was wir (§. 431—454.
Dianoiol.) von der Reduction jeder Aufgabe auf eine
pur logiſche, ausfuͤhrlich geſaget haben: Jnsbeſondere
aber die allgemeine Moͤglichkeit, jeden aus einfachen
Schluͤſſen beſtehenden Beweis in eine ganz einfache
Schlußkette von lauter Grundſaͤtzen zu verwandeln,
(§. 309. Dianoiol.) die Jdentitaͤt der Vorderſaͤtze zu
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/32>, abgerufen am 16.02.2025.
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