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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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II. Hauptstück.
Empfindung derselben solche Bilder in uns erregt, so
können wir diese Bilder gewissermaßen als Zeichen
solcher Eigenschaften und Modificationen ansehen, die
durch Gesetze der Natur mit denselben verbunden sind.
Sie sind Zeichen, so fern wir überhaupt jede Wirkung
als ein Zeichen ihrer vorhandenen Ursache ansehen kön-
nen. Und wir können sie für nicht mehr als Zeichen
ansehen, so bald wir ein für allemal wissen, daß sie nicht
den Körpern selbst zukommen, sondern durch die Stru-
ctur und den Mechanismus derselben, vermittelst der
Empfindung in uns erregt werden. Es ist uns auch
diese Benennung nur deswegen ungewöhnter, weil uns
diese Structur und Mechanismus nicht in die Sinnen
fällt, und auch dermalen noch nicht durch Schlüsse ge-
nug entdeckt ist. So z. E. wissen wir nunmehr in An-
sehung der Farben so viel, daß ein Körper absolute
weiß ist, wenn er die Lichtstralen in eben der Verhält-
niß zurücke wirft, in welcher sie auffallen, und je genau-
er letzteres ist, desto mehr nähert sich die Farbe des Kör-
pers dieser absoluten Weiße. Wir können demnach
vermög dieses Satzes die weiße Farbe an jedem Kör-
per, der sie hat, als ein Zeichen ansehen, daß die Stru-
ctur seiner Theile zu einer solchen proportionirten Zu-
rückwerfung des Lichtes müsse eingerichtet seyn. Und
sollte uns diese Structur künftig noch genauer und für
jede Grade bekannt werden, so würde sich die Bedeu-
tung des Zeichens eben so weit erstrecken. So sind
wir schon gewöhnt, jede Helligkeit als ein Zeichen der
Gegenwart eines Lichtes anzusehen, wenn wir auch das
Licht selbst nicht sehen.

§. 90. Wenn wir demnach die Sprache des Scheins
gebrauchen, und z. E. sagen, ein Körper sey weiß, roth,
blau etc. so legen wir der bezeichneten Sache den Na-
men und Begriff des Zeichens, oder der wirkenden Ur-
sache den Namen des dadurch veranlaßten Begriffes

bey.

II. Hauptſtuͤck.
Empfindung derſelben ſolche Bilder in uns erregt, ſo
koͤnnen wir dieſe Bilder gewiſſermaßen als Zeichen
ſolcher Eigenſchaften und Modificationen anſehen, die
durch Geſetze der Natur mit denſelben verbunden ſind.
Sie ſind Zeichen, ſo fern wir uͤberhaupt jede Wirkung
als ein Zeichen ihrer vorhandenen Urſache anſehen koͤn-
nen. Und wir koͤnnen ſie fuͤr nicht mehr als Zeichen
anſehen, ſo bald wir ein fuͤr allemal wiſſen, daß ſie nicht
den Koͤrpern ſelbſt zukommen, ſondern durch die Stru-
ctur und den Mechanismus derſelben, vermittelſt der
Empfindung in uns erregt werden. Es iſt uns auch
dieſe Benennung nur deswegen ungewoͤhnter, weil uns
dieſe Structur und Mechanismus nicht in die Sinnen
faͤllt, und auch dermalen noch nicht durch Schluͤſſe ge-
nug entdeckt iſt. So z. E. wiſſen wir nunmehr in An-
ſehung der Farben ſo viel, daß ein Koͤrper abſolute
weiß iſt, wenn er die Lichtſtralen in eben der Verhaͤlt-
niß zuruͤcke wirft, in welcher ſie auffallen, und je genau-
er letzteres iſt, deſto mehr naͤhert ſich die Farbe des Koͤr-
pers dieſer abſoluten Weiße. Wir koͤnnen demnach
vermoͤg dieſes Satzes die weiße Farbe an jedem Koͤr-
per, der ſie hat, als ein Zeichen anſehen, daß die Stru-
ctur ſeiner Theile zu einer ſolchen proportionirten Zu-
ruͤckwerfung des Lichtes muͤſſe eingerichtet ſeyn. Und
ſollte uns dieſe Structur kuͤnftig noch genauer und fuͤr
jede Grade bekannt werden, ſo wuͤrde ſich die Bedeu-
tung des Zeichens eben ſo weit erſtrecken. So ſind
wir ſchon gewoͤhnt, jede Helligkeit als ein Zeichen der
Gegenwart eines Lichtes anzuſehen, wenn wir auch das
Licht ſelbſt nicht ſehen.

§. 90. Wenn wir demnach die Sprache des Scheins
gebrauchen, und z. E. ſagen, ein Koͤrper ſey weiß, roth,
blau ꝛc. ſo legen wir der bezeichneten Sache den Na-
men und Begriff des Zeichens, oder der wirkenden Ur-
ſache den Namen des dadurch veranlaßten Begriffes

bey.
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[272/0278] II. Hauptſtuͤck. Empfindung derſelben ſolche Bilder in uns erregt, ſo koͤnnen wir dieſe Bilder gewiſſermaßen als Zeichen ſolcher Eigenſchaften und Modificationen anſehen, die durch Geſetze der Natur mit denſelben verbunden ſind. Sie ſind Zeichen, ſo fern wir uͤberhaupt jede Wirkung als ein Zeichen ihrer vorhandenen Urſache anſehen koͤn- nen. Und wir koͤnnen ſie fuͤr nicht mehr als Zeichen anſehen, ſo bald wir ein fuͤr allemal wiſſen, daß ſie nicht den Koͤrpern ſelbſt zukommen, ſondern durch die Stru- ctur und den Mechanismus derſelben, vermittelſt der Empfindung in uns erregt werden. Es iſt uns auch dieſe Benennung nur deswegen ungewoͤhnter, weil uns dieſe Structur und Mechanismus nicht in die Sinnen faͤllt, und auch dermalen noch nicht durch Schluͤſſe ge- nug entdeckt iſt. So z. E. wiſſen wir nunmehr in An- ſehung der Farben ſo viel, daß ein Koͤrper abſolute weiß iſt, wenn er die Lichtſtralen in eben der Verhaͤlt- niß zuruͤcke wirft, in welcher ſie auffallen, und je genau- er letzteres iſt, deſto mehr naͤhert ſich die Farbe des Koͤr- pers dieſer abſoluten Weiße. Wir koͤnnen demnach vermoͤg dieſes Satzes die weiße Farbe an jedem Koͤr- per, der ſie hat, als ein Zeichen anſehen, daß die Stru- ctur ſeiner Theile zu einer ſolchen proportionirten Zu- ruͤckwerfung des Lichtes muͤſſe eingerichtet ſeyn. Und ſollte uns dieſe Structur kuͤnftig noch genauer und fuͤr jede Grade bekannt werden, ſo wuͤrde ſich die Bedeu- tung des Zeichens eben ſo weit erſtrecken. So ſind wir ſchon gewoͤhnt, jede Helligkeit als ein Zeichen der Gegenwart eines Lichtes anzuſehen, wenn wir auch das Licht ſelbſt nicht ſehen. §. 90. Wenn wir demnach die Sprache des Scheins gebrauchen, und z. E. ſagen, ein Koͤrper ſey weiß, roth, blau ꝛc. ſo legen wir der bezeichneten Sache den Na- men und Begriff des Zeichens, oder der wirkenden Ur- ſache den Namen des dadurch veranlaßten Begriffes bey.

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/278>, abgerufen am 23.11.2024.