Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.Von dem sinnlichen Schein. durch wirkliche Eigenschaften und Modificationen derKörper, und vermittelst eines dabey vorgehenden Me- chanismus veranlaßt oder in uns erweckt werden. Alle diese von den Sinnen herrührende Begriffe haben das besonders, daß der Mechanismns, wodurch sie erweckt werden, selbst von uns nicht empfunden wird. Wir müssen ihn durch Schlüsse, anatomische Observationen und Versuche herausbringen, und auch dieses ist uns bisher noch nicht durchaus gelungen. Es ist daher al- lerdings betrachtenswürdig, daß diejenigen Theile der Structur und des Mechanismus in der Körperwelt, die wir wegen der Feinheit nicht einzeln empfinden, und sie uns folglich nicht unter den Begriffen der Ausdeh- nung, Solidität und Beweglichkeit durch unmit- telbare Empfindungen vorstellen können, uns unter Bil- dern empfindlich sind, die den Körpern selbst nicht an- ders als ein Schein können beygelegt werden. Hinge- gen wo die Ausdehnung, Solidität und Beweg- lichkeit, wie bey großen und festen Körpern, in die Sinnen fällt, da stellen wir uns diese Eigenschaften nicht unter fremden Bildern, sondern an sich vor, und empfinden sie auch als solche. Die Vergößerungsglä- ser helfen uns diese Betrachtung durch die Erfahrung bestätigen, weil sie diese drey Begriffe auch da noch em- pfindbar machen, wo das bloße Auge höchstens nur Far- ben sieht. Die Beobachtung der rothen Kügelchen, die dem Blut die Farbe geben, und ihrer Bewegung, die desselben Umlauf augenscheinlich machen, mag hier zum Beyspiele dienen. §. 83. Ungeacht wir demnach das Wahre in den sind.
Von dem ſinnlichen Schein. durch wirkliche Eigenſchaften und Modificationen derKoͤrper, und vermittelſt eines dabey vorgehenden Me- chanismus veranlaßt oder in uns erweckt werden. Alle dieſe von den Sinnen herruͤhrende Begriffe haben das beſonders, daß der Mechanismns, wodurch ſie erweckt werden, ſelbſt von uns nicht empfunden wird. Wir muͤſſen ihn durch Schluͤſſe, anatomiſche Obſervationen und Verſuche herausbringen, und auch dieſes iſt uns bisher noch nicht durchaus gelungen. Es iſt daher al- lerdings betrachtenswuͤrdig, daß diejenigen Theile der Structur und des Mechanismus in der Koͤrperwelt, die wir wegen der Feinheit nicht einzeln empfinden, und ſie uns folglich nicht unter den Begriffen der Ausdeh- nung, Soliditaͤt und Beweglichkeit durch unmit- telbare Empfindungen vorſtellen koͤnnen, uns unter Bil- dern empfindlich ſind, die den Koͤrpern ſelbſt nicht an- ders als ein Schein koͤnnen beygelegt werden. Hinge- gen wo die Ausdehnung, Soliditaͤt und Beweg- lichkeit, wie bey großen und feſten Koͤrpern, in die Sinnen faͤllt, da ſtellen wir uns dieſe Eigenſchaften nicht unter fremden Bildern, ſondern an ſich vor, und empfinden ſie auch als ſolche. Die Vergoͤßerungsglaͤ- ſer helfen uns dieſe Betrachtung durch die Erfahrung beſtaͤtigen, weil ſie dieſe drey Begriffe auch da noch em- pfindbar machen, wo das bloße Auge hoͤchſtens nur Far- ben ſieht. Die Beobachtung der rothen Kuͤgelchen, die dem Blut die Farbe geben, und ihrer Bewegung, die deſſelben Umlauf augenſcheinlich machen, mag hier zum Beyſpiele dienen. §. 83. Ungeacht wir demnach das Wahre in den ſind.
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Von dem ſinnlichen Schein.
durch wirkliche Eigenſchaften und Modificationen der
Koͤrper, und vermittelſt eines dabey vorgehenden Me-
chanismus veranlaßt oder in uns erweckt werden. Alle
dieſe von den Sinnen herruͤhrende Begriffe haben das
beſonders, daß der Mechanismns, wodurch ſie erweckt
werden, ſelbſt von uns nicht empfunden wird. Wir
muͤſſen ihn durch Schluͤſſe, anatomiſche Obſervationen
und Verſuche herausbringen, und auch dieſes iſt uns
bisher noch nicht durchaus gelungen. Es iſt daher al-
lerdings betrachtenswuͤrdig, daß diejenigen Theile der
Structur und des Mechanismus in der Koͤrperwelt,
die wir wegen der Feinheit nicht einzeln empfinden, und
ſie uns folglich nicht unter den Begriffen der Ausdeh-
nung, Soliditaͤt und Beweglichkeit durch unmit-
telbare Empfindungen vorſtellen koͤnnen, uns unter Bil-
dern empfindlich ſind, die den Koͤrpern ſelbſt nicht an-
ders als ein Schein koͤnnen beygelegt werden. Hinge-
gen wo die Ausdehnung, Soliditaͤt und Beweg-
lichkeit, wie bey großen und feſten Koͤrpern, in die
Sinnen faͤllt, da ſtellen wir uns dieſe Eigenſchaften
nicht unter fremden Bildern, ſondern an ſich vor, und
empfinden ſie auch als ſolche. Die Vergoͤßerungsglaͤ-
ſer helfen uns dieſe Betrachtung durch die Erfahrung
beſtaͤtigen, weil ſie dieſe drey Begriffe auch da noch em-
pfindbar machen, wo das bloße Auge hoͤchſtens nur Far-
ben ſieht. Die Beobachtung der rothen Kuͤgelchen,
die dem Blut die Farbe geben, und ihrer Bewegung,
die deſſelben Umlauf augenſcheinlich machen, mag hier
zum Beyſpiele dienen.
§. 83. Ungeacht wir demnach das Wahre in den
Empfindungen nur bey den Begriffen der Ausdehnung,
Soliditaͤt und Beweglichkeit zu ſuchen haben, weil die
uͤbrigen ſinnlichen Begriffe (§. 63.) uns nur Schein
zeigen, ſo kann man doch nicht ſagen, daß dieſe drey
Begriffe und ihre Modificationen ganz ohne Schein
ſind.
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