Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.II. Hauptstück. (§. 74.). Was wir aber von ersterwähnten dreyenBegriffen und ihren Modificationen und Verhältnissen in die Sprache des Scheins mit einmengen, ist immer mehr oder minder von der wahren Sprache hergenom- men. So z. E. haben wir durch das Gefühl einen Begriff von der Härtigkeit eines Körpers. Ver- gleichen wir damit die Begriffe der Ausdehnung, Solidität, Theile, Zusammensetzung, und der zusammenhängenden oder drückenden Kräfte, so bringen wir endlich den Schluß heraus, daß der Kör- per dadurch hart sey, weil er durch äußerliche Gewalt in Stücke getrennt werden muß, und weil ohne eine sol- che Gewalt seine Theile beysammen bleiben. Dadurch bestimmen wir zwar nur die Bedingungen, unter wel- chen ein Körper durch das Gefühl den Begriff der Härtigkeit in uns erweckt. Dieser Begriff wird aber dadurch mit der Vorstellung der Sache selbst in Ver- bindung gebracht. Es ist überhaupt mit den Begrif- fen, so uns die Empfindungen veranlassen, immer eine wirkliche Eigenschaft und Modification der Körper selbst verbunden, die uns anzeigt, was die Sache an sich ist, so bald wir sie durch die Structur und den Mechanis- mus der Körperwelt erklären können. §. 82. Nach den bisher angebrachten Betrachtun- durch
II. Hauptſtuͤck. (§. 74.). Was wir aber von erſterwaͤhnten dreyenBegriffen und ihren Modificationen und Verhaͤltniſſen in die Sprache des Scheins mit einmengen, iſt immer mehr oder minder von der wahren Sprache hergenom- men. So z. E. haben wir durch das Gefuͤhl einen Begriff von der Haͤrtigkeit eines Koͤrpers. Ver- gleichen wir damit die Begriffe der Ausdehnung, Soliditaͤt, Theile, Zuſammenſetzung, und der zuſammenhaͤngenden oder druͤckenden Kraͤfte, ſo bringen wir endlich den Schluß heraus, daß der Koͤr- per dadurch hart ſey, weil er durch aͤußerliche Gewalt in Stuͤcke getrennt werden muß, und weil ohne eine ſol- che Gewalt ſeine Theile beyſammen bleiben. Dadurch beſtimmen wir zwar nur die Bedingungen, unter wel- chen ein Koͤrper durch das Gefuͤhl den Begriff der Haͤrtigkeit in uns erweckt. Dieſer Begriff wird aber dadurch mit der Vorſtellung der Sache ſelbſt in Ver- bindung gebracht. Es iſt uͤberhaupt mit den Begrif- fen, ſo uns die Empfindungen veranlaſſen, immer eine wirkliche Eigenſchaft und Modification der Koͤrper ſelbſt verbunden, die uns anzeigt, was die Sache an ſich iſt, ſo bald wir ſie durch die Structur und den Mechanis- mus der Koͤrperwelt erklaͤren koͤnnen. §. 82. Nach den bisher angebrachten Betrachtun- durch
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II. Hauptſtuͤck.
(§. 74.). Was wir aber von erſterwaͤhnten dreyen
Begriffen und ihren Modificationen und Verhaͤltniſſen
in die Sprache des Scheins mit einmengen, iſt immer
mehr oder minder von der wahren Sprache hergenom-
men. So z. E. haben wir durch das Gefuͤhl einen
Begriff von der Haͤrtigkeit eines Koͤrpers. Ver-
gleichen wir damit die Begriffe der Ausdehnung,
Soliditaͤt, Theile, Zuſammenſetzung, und der
zuſammenhaͤngenden oder druͤckenden Kraͤfte,
ſo bringen wir endlich den Schluß heraus, daß der Koͤr-
per dadurch hart ſey, weil er durch aͤußerliche Gewalt
in Stuͤcke getrennt werden muß, und weil ohne eine ſol-
che Gewalt ſeine Theile beyſammen bleiben. Dadurch
beſtimmen wir zwar nur die Bedingungen, unter wel-
chen ein Koͤrper durch das Gefuͤhl den Begriff der
Haͤrtigkeit in uns erweckt. Dieſer Begriff wird aber
dadurch mit der Vorſtellung der Sache ſelbſt in Ver-
bindung gebracht. Es iſt uͤberhaupt mit den Begrif-
fen, ſo uns die Empfindungen veranlaſſen, immer eine
wirkliche Eigenſchaft und Modification der Koͤrper ſelbſt
verbunden, die uns anzeigt, was die Sache an ſich iſt,
ſo bald wir ſie durch die Structur und den Mechanis-
mus der Koͤrperwelt erklaͤren koͤnnen.
§. 82. Nach den bisher angebrachten Betrachtun-
gen wenden wir uns nun zu der Eroͤrterung der Frage,
wo Schein und Wahres in Anſehung der Em-
pfindungen zuſammentreffe? Es verſteht ſich fuͤr
ſich, daß hier nicht von dem organiſchen, ſondern rea-
len phyſiſchen Schein die Rede iſt. Dieſe Frage ha-
ben wir durch die bereits angeſtellten bisherigen Unter-
ſuchungen ſo weit eroͤrtert, daß wir die Begriffe der
Farben, des Schalles, ꝛc. (§. 63.) ſchlechthin in das
Gedankenreich verwieſen, und dabey angemerkt haben,
daß ſie, in ſo fern ſie phyſiſcher Schein ſind, oder uns
die Koͤrper unter ſinnlichen Bildern vorſtellen, jedesmal
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