Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.II. Hauptstück. dungen die schwächern verdunkeln, daß man sich ihrernicht bewußt ist. Auch die Affecten können unempfind- lich machen, wie etwan in der Hitze des Treffens em- pfangene Wunden nicht geachtet werden. Alle diese Ursachen, die den Grad der Empfindlichkeit des Gefühls ändern, werden durch die Vergleichung mit ähnlichen vorhingehabten Empfindungen, und dadurch, daß sie sich auf mehrere Objecte ausbreiten (§. 36.) entdeckt und beurtheilt. §. 43. Jn den meisten Fällen, wo wir Anstand ha- §. 44. Die bisherigen Betrachtungen leiten uns Sinnen
II. Hauptſtuͤck. dungen die ſchwaͤchern verdunkeln, daß man ſich ihrernicht bewußt iſt. Auch die Affecten koͤnnen unempfind- lich machen, wie etwan in der Hitze des Treffens em- pfangene Wunden nicht geachtet werden. Alle dieſe Urſachen, die den Grad der Empfindlichkeit des Gefuͤhls aͤndern, werden durch die Vergleichung mit aͤhnlichen vorhingehabten Empfindungen, und dadurch, daß ſie ſich auf mehrere Objecte ausbreiten (§. 36.) entdeckt und beurtheilt. §. 43. Jn den meiſten Faͤllen, wo wir Anſtand ha- §. 44. Die bisherigen Betrachtungen leiten uns Sinnen
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0248" n="242"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/> dungen die ſchwaͤchern verdunkeln, daß man ſich ihrer<lb/> nicht bewußt iſt. Auch die Affecten koͤnnen unempfind-<lb/> lich machen, wie etwan in der Hitze des Treffens em-<lb/> pfangene Wunden nicht geachtet werden. Alle dieſe<lb/> Urſachen, die den Grad der Empfindlichkeit des Gefuͤhls<lb/> aͤndern, werden durch die Vergleichung mit aͤhnlichen<lb/> vorhingehabten Empfindungen, und dadurch, daß ſie<lb/> ſich auf mehrere Objecte ausbreiten (§. 36.) entdeckt und<lb/> beurtheilt.</p><lb/> <p>§. 43. Jn den meiſten Faͤllen, wo wir Anſtand ha-<lb/> ben, ob wir wirkliche Dinge empfinden, oder ob wir die<lb/> empfinden, die uns der Eindruck in die Sinnen da zu<lb/> ſeyn glauben macht, iſt es rathſam und thunlich, an-<lb/> dere Sinnen zu Huͤlfe zu nehmen, und aus den Um-<lb/> ſtaͤnden und dem Zuſammenhang der Dinge in der<lb/> Welt hergenommene und dahin dienende Schluͤſſe zu<lb/> gebrauchen. Man glaubt z. E. eine Perſon dem An-<lb/> ſehen nach zu kennen, und verſichert ſich durch die Re-<lb/> den, ob ſie es iſt oder nicht? Man glaubt in einem<lb/> Glaſe Waſſer zu ſehen, der Geruch verraͤth, daß es ge-<lb/> brannt iſt. Man glaubt einen Freund zu ſehen, man<lb/> weiß aber gewiſſer, daß er abweſend iſt, ꝛc.</p><lb/> <p>§. 44. Die bisherigen Betrachtungen leiten uns<lb/> unvermerkt zu der Betrachtung des phyſiſchen Scheins,<lb/> wo naͤmlich der Eindruck in die Sinnen in der That<lb/> durch aͤußerliche Gegenſtaͤnde verurſacht wird. Dieſer<lb/> Schein hat unzaͤhlige Stuffen, wodurch er endlich an<lb/> den organiſchen graͤnzt. Der Anfang dieſer Stuffen<lb/> iſt, wo die Sache durchaus ſo iſt, wie ſie empfunden<lb/> wird, und wobey folglich Wahrheit und Schein zuſam-<lb/> mentrifft. So z. E. ſcheint uns eine Kugel in jeden<lb/> Umſtaͤnden rund, wenn ſie durchaus beleuchtet oder ſelbſt<lb/> licht iſt. Von dieſer Stuffe an gerechnet ſind die uͤbri-<lb/> gen, wobey die Sache von dem Schein verſchieden iſt,<lb/> und wo ſich in die Empfindung andere bloß von den<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Sinnen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [242/0248]
II. Hauptſtuͤck.
dungen die ſchwaͤchern verdunkeln, daß man ſich ihrer
nicht bewußt iſt. Auch die Affecten koͤnnen unempfind-
lich machen, wie etwan in der Hitze des Treffens em-
pfangene Wunden nicht geachtet werden. Alle dieſe
Urſachen, die den Grad der Empfindlichkeit des Gefuͤhls
aͤndern, werden durch die Vergleichung mit aͤhnlichen
vorhingehabten Empfindungen, und dadurch, daß ſie
ſich auf mehrere Objecte ausbreiten (§. 36.) entdeckt und
beurtheilt.
§. 43. Jn den meiſten Faͤllen, wo wir Anſtand ha-
ben, ob wir wirkliche Dinge empfinden, oder ob wir die
empfinden, die uns der Eindruck in die Sinnen da zu
ſeyn glauben macht, iſt es rathſam und thunlich, an-
dere Sinnen zu Huͤlfe zu nehmen, und aus den Um-
ſtaͤnden und dem Zuſammenhang der Dinge in der
Welt hergenommene und dahin dienende Schluͤſſe zu
gebrauchen. Man glaubt z. E. eine Perſon dem An-
ſehen nach zu kennen, und verſichert ſich durch die Re-
den, ob ſie es iſt oder nicht? Man glaubt in einem
Glaſe Waſſer zu ſehen, der Geruch verraͤth, daß es ge-
brannt iſt. Man glaubt einen Freund zu ſehen, man
weiß aber gewiſſer, daß er abweſend iſt, ꝛc.
§. 44. Die bisherigen Betrachtungen leiten uns
unvermerkt zu der Betrachtung des phyſiſchen Scheins,
wo naͤmlich der Eindruck in die Sinnen in der That
durch aͤußerliche Gegenſtaͤnde verurſacht wird. Dieſer
Schein hat unzaͤhlige Stuffen, wodurch er endlich an
den organiſchen graͤnzt. Der Anfang dieſer Stuffen
iſt, wo die Sache durchaus ſo iſt, wie ſie empfunden
wird, und wobey folglich Wahrheit und Schein zuſam-
mentrifft. So z. E. ſcheint uns eine Kugel in jeden
Umſtaͤnden rund, wenn ſie durchaus beleuchtet oder ſelbſt
licht iſt. Von dieſer Stuffe an gerechnet ſind die uͤbri-
gen, wobey die Sache von dem Schein verſchieden iſt,
und wo ſich in die Empfindung andere bloß von den
Sinnen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |