Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.IX. Hauptstück. den lateinischen Wortkram der Scholastik gebundensind. Die französische Sprache scheint ihre höchste Periode, in Absicht auf das Bestimmte und Nachdrück- liche, erreicht zu haben, daferne sie nicht durch gründli- che Philosophen darinn einen neuen Schwung bekömmt. Da sie nicht so reich an Wörtern ist, so werden ihre Wörter desto vieldeutiger, und zugleich auch schwerer zu definiren. §. 319. Das bisher Angemerkte betrifft den Ge- §. 320. Die Grundregeln, die wir uns hiebey vor- den
IX. Hauptſtuͤck. den lateiniſchen Wortkram der Scholaſtik gebundenſind. Die franzoͤſiſche Sprache ſcheint ihre hoͤchſte Periode, in Abſicht auf das Beſtimmte und Nachdruͤck- liche, erreicht zu haben, daferne ſie nicht durch gruͤndli- che Philoſophen darinn einen neuen Schwung bekoͤmmt. Da ſie nicht ſo reich an Woͤrtern iſt, ſo werden ihre Woͤrter deſto vieldeutiger, und zugleich auch ſchwerer zu definiren. §. 319. Das bisher Angemerkte betrifft den Ge- §. 320. Die Grundregeln, die wir uns hiebey vor- den
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IX. Hauptſtuͤck.
den lateiniſchen Wortkram der Scholaſtik gebunden
ſind. Die franzoͤſiſche Sprache ſcheint ihre hoͤchſte
Periode, in Abſicht auf das Beſtimmte und Nachdruͤck-
liche, erreicht zu haben, daferne ſie nicht durch gruͤndli-
che Philoſophen darinn einen neuen Schwung bekoͤmmt.
Da ſie nicht ſo reich an Woͤrtern iſt, ſo werden ihre
Woͤrter deſto vieldeutiger, und zugleich auch ſchwerer
zu definiren.
§. 319. Das bisher Angemerkte betrifft den Ge-
nium einer Sprache, ſo ferne wir das Metaphyſiſche
darinn betrachten. Das Charakteriſtiſche hat immer
auch mehr oder minder Antheil daran. Es ſcheint ſich
aber weiter auszudehnen, als der Begriff des Genius
einer Sprache geht. Ob das Wort indoles oder die
Art der Sprache von viel weiterm Umfange in der
Bedeutung ſey, und das Metaphyſiſche und Charakte-
riſtiſche, ſo einer Sprache eigen iſt, ganz begreife, koͤn-
nen wir hier dahin geſtellt ſeyn laſſen, zumal da dieſe
Woͤrter theils vieldeutig, theils von veraͤnderlichem Um-
fange in der Bedeutung ſind, und der damit verbunde-
ne Begriff jedesmal aus dem Zuſammenhange genauer
beſtimmt werden muß (§. 307.). Wir werden daher,
ohne uns an das Wort zu binden, uns vielmehr an die
Sache ſelbſt halten, und ſtuͤckweiſe durchgehen, wie ei-
ne Sprache einen beſondern Schwung haben, und von
andern Sprachen unterſchieden ſeyn kann. Und hiezu
koͤnnen wir kurz wieder anzeigen, was wir in den vor-
hergehenden Hauptſtuͤcken an jedem Orte beſonders hier-
uͤber angemerkt haben.
§. 320. Die Grundregeln, die wir uns hiebey vor-
ſetzen koͤnnen, laſſen ſich durch verſchiedene bereits in
dieſer Abſicht gebraͤuchliche Redensarten anzeigen. Die
Lateiner verſtunden unter dem Ausdrucke: barbare lo-
qui, uͤberhaupt alles, was nicht gut oder aͤchtes La-
tein war, und im Deutſchen gebrauchen wir ebenfalls
den
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