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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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VII. Hauptstück.
Wort gleich anfangs in einem metaphorischen Verstan-
de genommen, und folglich statt der Sache, die es dem
Buchstaben nach hätte bedeuten sollen, eine ähnliche da-
durch vorgestellt werde, welches um desto leichter gesche-
hen kann, wenn selbst das Wurzelwort schon metapho-
risch vorkömmt, oder wenn die Aehnlichkeit des Ein-
druckes, den beyde Sachen machen, an sich sehr natür-
lich ist (§. 257.). Jn allen diesen Fällen aber bleibt
es dennoch immer möglich, den buchstäblichen Verstand
des abgeleiteten Wortes wiederum in Aufnahm zu brin-
gen (§. 130.).

§. 269. Die Etymologie gründet sich auf die Theo-
rie der Zusammensetzungs-und Ableitungsart, und be-
sonders der Bedeutung der Ableitungstheilchen und
Ordnung, wie die Wurzelwörter zusammengehängt,
oder mit den Ableitungstheilchen verbunden werden.
Jede Sprache hat darinn etwas besonderes, welches
von dem ersten Schwunge herrührt, den sie in ihrer
Bildung nimmt, und der zugleich den Grund zu der
Aehnlichkeit oder Analogie legt, nach welcher man sich
nachgehends in Bildung und Beurtheilung jeder neuen
Wörter richtet. Da die Sprachen den Sprachlehren
bisher noch immer vorgegangen sind, so ist sich auch
nicht zu verwundern, wenn in den Sprachen selbst Ab-
weichungen vorkommen, und die Regeln der Etymolo-
gie nicht, so viel es sonst möglich wäre, ohne Ausnah-
men sind. Die Sprachlehrer müssen a posteriori ge-
hen, und jede allgemeinere Aehnlichkeiten in der Spra-
che als Regeln ansehen. Auf diese Art läßt sich auch
die Bedeutung der Ableitungstheilchen größtentheils
nur a posteriori finden, und die Vieldeutigkeiten in den-
selben aus einander lesen. Wir haben in den vorher-
gehenden Hauptstücken Anläße gehabt, anzumerken,
was in dieser Absicht zum Behufe der deutschen Spra-
che besonders, zu thun bleibe, und wie das Metaphysi-

sche,

VII. Hauptſtuͤck.
Wort gleich anfangs in einem metaphoriſchen Verſtan-
de genommen, und folglich ſtatt der Sache, die es dem
Buchſtaben nach haͤtte bedeuten ſollen, eine aͤhnliche da-
durch vorgeſtellt werde, welches um deſto leichter geſche-
hen kann, wenn ſelbſt das Wurzelwort ſchon metapho-
riſch vorkoͤmmt, oder wenn die Aehnlichkeit des Ein-
druckes, den beyde Sachen machen, an ſich ſehr natuͤr-
lich iſt (§. 257.). Jn allen dieſen Faͤllen aber bleibt
es dennoch immer moͤglich, den buchſtaͤblichen Verſtand
des abgeleiteten Wortes wiederum in Aufnahm zu brin-
gen (§. 130.).

§. 269. Die Etymologie gruͤndet ſich auf die Theo-
rie der Zuſammenſetzungs-und Ableitungsart, und be-
ſonders der Bedeutung der Ableitungstheilchen und
Ordnung, wie die Wurzelwoͤrter zuſammengehaͤngt,
oder mit den Ableitungstheilchen verbunden werden.
Jede Sprache hat darinn etwas beſonderes, welches
von dem erſten Schwunge herruͤhrt, den ſie in ihrer
Bildung nimmt, und der zugleich den Grund zu der
Aehnlichkeit oder Analogie legt, nach welcher man ſich
nachgehends in Bildung und Beurtheilung jeder neuen
Woͤrter richtet. Da die Sprachen den Sprachlehren
bisher noch immer vorgegangen ſind, ſo iſt ſich auch
nicht zu verwundern, wenn in den Sprachen ſelbſt Ab-
weichungen vorkommen, und die Regeln der Etymolo-
gie nicht, ſo viel es ſonſt moͤglich waͤre, ohne Ausnah-
men ſind. Die Sprachlehrer muͤſſen a poſteriori ge-
hen, und jede allgemeinere Aehnlichkeiten in der Spra-
che als Regeln anſehen. Auf dieſe Art laͤßt ſich auch
die Bedeutung der Ableitungstheilchen groͤßtentheils
nur a poſteriori finden, und die Vieldeutigkeiten in den-
ſelben aus einander leſen. Wir haben in den vorher-
gehenden Hauptſtuͤcken Anlaͤße gehabt, anzumerken,
was in dieſer Abſicht zum Behufe der deutſchen Spra-
che beſonders, zu thun bleibe, und wie das Metaphyſi-

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[162/0168] VII. Hauptſtuͤck. Wort gleich anfangs in einem metaphoriſchen Verſtan- de genommen, und folglich ſtatt der Sache, die es dem Buchſtaben nach haͤtte bedeuten ſollen, eine aͤhnliche da- durch vorgeſtellt werde, welches um deſto leichter geſche- hen kann, wenn ſelbſt das Wurzelwort ſchon metapho- riſch vorkoͤmmt, oder wenn die Aehnlichkeit des Ein- druckes, den beyde Sachen machen, an ſich ſehr natuͤr- lich iſt (§. 257.). Jn allen dieſen Faͤllen aber bleibt es dennoch immer moͤglich, den buchſtaͤblichen Verſtand des abgeleiteten Wortes wiederum in Aufnahm zu brin- gen (§. 130.). §. 269. Die Etymologie gruͤndet ſich auf die Theo- rie der Zuſammenſetzungs-und Ableitungsart, und be- ſonders der Bedeutung der Ableitungstheilchen und Ordnung, wie die Wurzelwoͤrter zuſammengehaͤngt, oder mit den Ableitungstheilchen verbunden werden. Jede Sprache hat darinn etwas beſonderes, welches von dem erſten Schwunge herruͤhrt, den ſie in ihrer Bildung nimmt, und der zugleich den Grund zu der Aehnlichkeit oder Analogie legt, nach welcher man ſich nachgehends in Bildung und Beurtheilung jeder neuen Woͤrter richtet. Da die Sprachen den Sprachlehren bisher noch immer vorgegangen ſind, ſo iſt ſich auch nicht zu verwundern, wenn in den Sprachen ſelbſt Ab- weichungen vorkommen, und die Regeln der Etymolo- gie nicht, ſo viel es ſonſt moͤglich waͤre, ohne Ausnah- men ſind. Die Sprachlehrer muͤſſen a poſteriori ge- hen, und jede allgemeinere Aehnlichkeiten in der Spra- che als Regeln anſehen. Auf dieſe Art laͤßt ſich auch die Bedeutung der Ableitungstheilchen groͤßtentheils nur a poſteriori finden, und die Vieldeutigkeiten in den- ſelben aus einander leſen. Wir haben in den vorher- gehenden Hauptſtuͤcken Anlaͤße gehabt, anzumerken, was in dieſer Abſicht zum Behufe der deutſchen Spra- che beſonders, zu thun bleibe, und wie das Metaphyſi- ſche,

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/168>, abgerufen am 23.11.2024.