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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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Cosmologische Briefe
gegen den Mittelpunct kommen. Da sie aber alle von
demselben divergiren, so bleibt noch Raum übrig, 12.
andere dazwischen zu schieben. Diese lassen wiederum
neuen Raum für folgende, die aber von dem Mittel-
punct immer weiter weg bleiben. Ihre Anzahl wird
nur wie die Quadrate des Abstandes vom Mittelpunct
und nicht wie die Cubi zunehmen.

So weit finde ich an ihren Gründen nichts aus-
zusetzen, aber, wenn Sie mir, mein Herr, erlauben zu
sagen, so beweisen Sie dadurch nur die Möglichkeit,
daß so viele Cometen seyn können. Gibt es aber auch
in der That so viele? Dieses können Sie doch nicht
wohl anders als aus Cosmologischen Betrachtungen
herleiten, und wenn Sie es in Ernste behaupten wol-
len, so werde ich Ihre Absicht leicht erachten. Es ist
offenbar, Sie müssen den Abscheu, den die Natur vor
dem leeren Raume hat, so weit treiben, daß sie einen
leeren und einen unbewohnten Raum in eine Classe sez-
zen, und beyde schlechthin verbannen. Sie haben mir
ja sonst schon behauptet, daß wir mit den besten Ver-
grösserungsgläsern in einem Wassertropfen nur noch
die Wallfische, und auf einem Stäubchen höchstens nur
die Elephanten sehen. Auf diese Art begreife ich gar
wohl, daß Sie am ganzen Firmamente keine Laufbahn
möglich lassen werden, in die Sie nicht einen Weltkör-
per setzen, der auf jedem Stäubchen eine Welt und in
jedem Tropfen ein Meer von Geschöpfen habe. Sie
machen den großen und kühnen Schluß: Entweder die
Erde ist allein bewohnt, oder in jedem Puncte des gan-

zen

Coſmologiſche Briefe
gegen den Mittelpunct kommen. Da ſie aber alle von
demſelben divergiren, ſo bleibt noch Raum uͤbrig, 12.
andere dazwiſchen zu ſchieben. Dieſe laſſen wiederum
neuen Raum fuͤr folgende, die aber von dem Mittel-
punct immer weiter weg bleiben. Ihre Anzahl wird
nur wie die Quadrate des Abſtandes vom Mittelpunct
und nicht wie die Cubi zunehmen.

So weit finde ich an ihren Gruͤnden nichts aus-
zuſetzen, aber, wenn Sie mir, mein Herr, erlauben zu
ſagen, ſo beweiſen Sie dadurch nur die Moͤglichkeit,
daß ſo viele Cometen ſeyn koͤnnen. Gibt es aber auch
in der That ſo viele? Dieſes koͤnnen Sie doch nicht
wohl anders als aus Coſmologiſchen Betrachtungen
herleiten, und wenn Sie es in Ernſte behaupten wol-
len, ſo werde ich Ihre Abſicht leicht erachten. Es iſt
offenbar, Sie muͤſſen den Abſcheu, den die Natur vor
dem leeren Raume hat, ſo weit treiben, daß ſie einen
leeren und einen unbewohnten Raum in eine Claſſe ſez-
zen, und beyde ſchlechthin verbannen. Sie haben mir
ja ſonſt ſchon behauptet, daß wir mit den beſten Ver-
groͤſſerungsglaͤſern in einem Waſſertropfen nur noch
die Wallfiſche, und auf einem Staͤubchen hoͤchſtens nur
die Elephanten ſehen. Auf dieſe Art begreife ich gar
wohl, daß Sie am ganzen Firmamente keine Laufbahn
moͤglich laſſen werden, in die Sie nicht einen Weltkoͤr-
per ſetzen, der auf jedem Staͤubchen eine Welt und in
jedem Tropfen ein Meer von Geſchoͤpfen habe. Sie
machen den großen und kuͤhnen Schluß: Entweder die
Erde iſt allein bewohnt, oder in jedem Puncte des gan-

zen
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[54/0087] Coſmologiſche Briefe gegen den Mittelpunct kommen. Da ſie aber alle von demſelben divergiren, ſo bleibt noch Raum uͤbrig, 12. andere dazwiſchen zu ſchieben. Dieſe laſſen wiederum neuen Raum fuͤr folgende, die aber von dem Mittel- punct immer weiter weg bleiben. Ihre Anzahl wird nur wie die Quadrate des Abſtandes vom Mittelpunct und nicht wie die Cubi zunehmen. So weit finde ich an ihren Gruͤnden nichts aus- zuſetzen, aber, wenn Sie mir, mein Herr, erlauben zu ſagen, ſo beweiſen Sie dadurch nur die Moͤglichkeit, daß ſo viele Cometen ſeyn koͤnnen. Gibt es aber auch in der That ſo viele? Dieſes koͤnnen Sie doch nicht wohl anders als aus Coſmologiſchen Betrachtungen herleiten, und wenn Sie es in Ernſte behaupten wol- len, ſo werde ich Ihre Abſicht leicht erachten. Es iſt offenbar, Sie muͤſſen den Abſcheu, den die Natur vor dem leeren Raume hat, ſo weit treiben, daß ſie einen leeren und einen unbewohnten Raum in eine Claſſe ſez- zen, und beyde ſchlechthin verbannen. Sie haben mir ja ſonſt ſchon behauptet, daß wir mit den beſten Ver- groͤſſerungsglaͤſern in einem Waſſertropfen nur noch die Wallfiſche, und auf einem Staͤubchen hoͤchſtens nur die Elephanten ſehen. Auf dieſe Art begreife ich gar wohl, daß Sie am ganzen Firmamente keine Laufbahn moͤglich laſſen werden, in die Sie nicht einen Weltkoͤr- per ſetzen, der auf jedem Staͤubchen eine Welt und in jedem Tropfen ein Meer von Geſchoͤpfen habe. Sie machen den großen und kuͤhnen Schluß: Entweder die Erde iſt allein bewohnt, oder in jedem Puncte des gan- zen

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/87>, abgerufen am 25.11.2024.