Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

über die Einrichtung des Weltbaues.
und untersuchte, wozu die Folgen derselben in dem
Pflanzen- und Thierreiche dienen müssen. Und bis
dahin waren mir Nieuwentüt und Derham er-
wünschte Lehrer. Allein so bald ich mich über die At-
mosphäre hinauf schwingen, und solche Absichten, sol-
che Einrichtung, solche Mannigfaltigkeit an der Büh-
ne des Himmels finden wollte, da fieng an, vielmehr
zu erstaunen, und in stiller Ehrfurcht zu bewundern,
als etwas bestimmteres einzusehen. Es seye, daß die
Ordnung, so hier herrschet, zu weit aussehend ist,
als daß wir sie fassen können, oder daß Jahrhunderte
erfordert werden, bis sich uns eine Reihe von Verän-
derungen zeigt, so gestehe ich Ihnen gerne, daß ich
hier nicht weit kommen konnte.

Da Sie mir indessen dennoch die Cosmologischen
Gründe anrathen, so habe ich neue Kräfte gesammelt,
um dieselben hier anzuwenden, ungeacht ich dabey nur
sehr allgemeine Betrachtungen hoffen konnte, wie Sie
es selbsten auch gedenken. Ich sahe wohl, daß ich
den ganzen Weltbau überhaupt als eine sehr zusam-
mensetzte Maschine betrachten sollte. Bey dieser soll-
te ich erstlich allgemeine Gesetze, aber bey jedem der-
selben tausend kleinere Abwechslungen, und wieder
neue Anwendungen auf andere und verschiedene Fälle
finden. Ich stellte mir z. E. das Licht vor, das über-
haupt alle Fixsterne haben, das aber bey jedem dersel-
ben seine besondere Stärke und Abwechslungen hat.
Da setzte ich, die Planeten und Cometen, so davon
erleuchtet werden, fordern diese Stärke, oder ihre Ab-

änderun-
B 5

uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
und unterſuchte, wozu die Folgen derſelben in dem
Pflanzen- und Thierreiche dienen muͤſſen. Und bis
dahin waren mir Nieuwentüt und Derham er-
wuͤnſchte Lehrer. Allein ſo bald ich mich uͤber die At-
moſphaͤre hinauf ſchwingen, und ſolche Abſichten, ſol-
che Einrichtung, ſolche Mannigfaltigkeit an der Buͤh-
ne des Himmels finden wollte, da fieng an, vielmehr
zu erſtaunen, und in ſtiller Ehrfurcht zu bewundern,
als etwas beſtimmteres einzuſehen. Es ſeye, daß die
Ordnung, ſo hier herrſchet, zu weit ausſehend iſt,
als daß wir ſie faſſen koͤnnen, oder daß Jahrhunderte
erfordert werden, bis ſich uns eine Reihe von Veraͤn-
derungen zeigt, ſo geſtehe ich Ihnen gerne, daß ich
hier nicht weit kommen konnte.

Da Sie mir indeſſen dennoch die Coſmologiſchen
Gruͤnde anrathen, ſo habe ich neue Kraͤfte geſammelt,
um dieſelben hier anzuwenden, ungeacht ich dabey nur
ſehr allgemeine Betrachtungen hoffen konnte, wie Sie
es ſelbſten auch gedenken. Ich ſahe wohl, daß ich
den ganzen Weltbau uͤberhaupt als eine ſehr zuſam-
menſetzte Maſchine betrachten ſollte. Bey dieſer ſoll-
te ich erſtlich allgemeine Geſetze, aber bey jedem der-
ſelben tauſend kleinere Abwechslungen, und wieder
neue Anwendungen auf andere und verſchiedene Faͤlle
finden. Ich ſtellte mir z. E. das Licht vor, das uͤber-
haupt alle Fixſterne haben, das aber bey jedem derſel-
ben ſeine beſondere Staͤrke und Abwechslungen hat.
Da ſetzte ich, die Planeten und Cometen, ſo davon
erleuchtet werden, fordern dieſe Staͤrke, oder ihre Ab-

aͤnderun-
B 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0058" n="25"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">u&#x0364;ber die Einrichtung des Weltbaues.</hi></fw><lb/>
und unter&#x017F;uchte, wozu die Folgen der&#x017F;elben in dem<lb/>
Pflanzen- und Thierreiche dienen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Und bis<lb/>
dahin waren mir <hi rendition="#aq">Nieuwentüt</hi> und <hi rendition="#aq">Derham</hi> er-<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte Lehrer. Allein &#x017F;o bald ich mich u&#x0364;ber die At-<lb/>
mo&#x017F;pha&#x0364;re hinauf &#x017F;chwingen, und &#x017F;olche Ab&#x017F;ichten, &#x017F;ol-<lb/>
che Einrichtung, &#x017F;olche Mannigfaltigkeit an der Bu&#x0364;h-<lb/>
ne des Himmels finden wollte, da fieng an, vielmehr<lb/>
zu er&#x017F;taunen, und in &#x017F;tiller Ehrfurcht zu bewundern,<lb/>
als etwas be&#x017F;timmteres einzu&#x017F;ehen. Es &#x017F;eye, daß die<lb/>
Ordnung, &#x017F;o hier herr&#x017F;chet, zu weit aus&#x017F;ehend i&#x017F;t,<lb/>
als daß wir &#x017F;ie fa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen, oder daß Jahrhunderte<lb/>
erfordert werden, bis &#x017F;ich uns eine Reihe von Vera&#x0364;n-<lb/>
derungen zeigt, &#x017F;o ge&#x017F;tehe ich Ihnen gerne, daß ich<lb/>
hier nicht weit kommen konnte.</p><lb/>
          <p>Da Sie mir inde&#x017F;&#x017F;en dennoch die Co&#x017F;mologi&#x017F;chen<lb/>
Gru&#x0364;nde anrathen, &#x017F;o habe ich neue Kra&#x0364;fte ge&#x017F;ammelt,<lb/>
um die&#x017F;elben hier anzuwenden, ungeacht ich dabey nur<lb/>
&#x017F;ehr allgemeine Betrachtungen hoffen konnte, wie Sie<lb/>
es &#x017F;elb&#x017F;ten auch gedenken. Ich &#x017F;ahe wohl, daß ich<lb/>
den ganzen Weltbau u&#x0364;berhaupt als eine &#x017F;ehr zu&#x017F;am-<lb/>
men&#x017F;etzte Ma&#x017F;chine betrachten &#x017F;ollte. Bey die&#x017F;er &#x017F;oll-<lb/>
te ich er&#x017F;tlich allgemeine Ge&#x017F;etze, aber bey jedem der-<lb/>
&#x017F;elben tau&#x017F;end kleinere Abwechslungen, und wieder<lb/>
neue Anwendungen auf andere und ver&#x017F;chiedene Fa&#x0364;lle<lb/>
finden. Ich &#x017F;tellte mir z. E. das Licht vor, das u&#x0364;ber-<lb/>
haupt alle Fix&#x017F;terne haben, das aber bey jedem der&#x017F;el-<lb/>
ben &#x017F;eine be&#x017F;ondere Sta&#x0364;rke und Abwechslungen hat.<lb/>
Da &#x017F;etzte ich, die Planeten und Cometen, &#x017F;o davon<lb/>
erleuchtet werden, fordern die&#x017F;e Sta&#x0364;rke, oder ihre Ab-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 5</fw><fw place="bottom" type="catch">a&#x0364;nderun-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0058] uͤber die Einrichtung des Weltbaues. und unterſuchte, wozu die Folgen derſelben in dem Pflanzen- und Thierreiche dienen muͤſſen. Und bis dahin waren mir Nieuwentüt und Derham er- wuͤnſchte Lehrer. Allein ſo bald ich mich uͤber die At- moſphaͤre hinauf ſchwingen, und ſolche Abſichten, ſol- che Einrichtung, ſolche Mannigfaltigkeit an der Buͤh- ne des Himmels finden wollte, da fieng an, vielmehr zu erſtaunen, und in ſtiller Ehrfurcht zu bewundern, als etwas beſtimmteres einzuſehen. Es ſeye, daß die Ordnung, ſo hier herrſchet, zu weit ausſehend iſt, als daß wir ſie faſſen koͤnnen, oder daß Jahrhunderte erfordert werden, bis ſich uns eine Reihe von Veraͤn- derungen zeigt, ſo geſtehe ich Ihnen gerne, daß ich hier nicht weit kommen konnte. Da Sie mir indeſſen dennoch die Coſmologiſchen Gruͤnde anrathen, ſo habe ich neue Kraͤfte geſammelt, um dieſelben hier anzuwenden, ungeacht ich dabey nur ſehr allgemeine Betrachtungen hoffen konnte, wie Sie es ſelbſten auch gedenken. Ich ſahe wohl, daß ich den ganzen Weltbau uͤberhaupt als eine ſehr zuſam- menſetzte Maſchine betrachten ſollte. Bey dieſer ſoll- te ich erſtlich allgemeine Geſetze, aber bey jedem der- ſelben tauſend kleinere Abwechslungen, und wieder neue Anwendungen auf andere und verſchiedene Faͤlle finden. Ich ſtellte mir z. E. das Licht vor, das uͤber- haupt alle Fixſterne haben, das aber bey jedem derſel- ben ſeine beſondere Staͤrke und Abwechslungen hat. Da ſetzte ich, die Planeten und Cometen, ſo davon erleuchtet werden, fordern dieſe Staͤrke, oder ihre Ab- aͤnderun- B 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/58
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/58>, abgerufen am 24.11.2024.