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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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Cosmologische Briefe
überzeugen. Ich wünschte nur, daß die Philosophen,
an statt uns so sehr in Schrecken zu setzen, sich auch
bemühen möchten, die Welt eben so wie die kleinern
Geschöpfe von der Seite zu betrachten, und endlich in
einem vollständigern Lehrgebäude uns die Sprache der
Himmel zeigten, die uns etwas mehr als die Größe
und Allmacht des Schöpfers, ich meyne, auch seine
Weißheit und Güte lehren würde.

Wie überwiegend ist hierinn meine Wißbegierde,
und wie geringe hingegen die Hoffnung, sie in kurzer
Zeit zu stillen! Ich habe alles angewandt, um die
Vergleichung zu machen, die Sie mir angerathen ha-
ben, und von den unzähligen Absichten, die wir bey
den Dingen auf der Erde finden, auf die zu schliessen,
so bey ganzen Weltkörpern vorkommen. Ich durch-
gienge nachmals, wozu jeder Theil, jede Mußkel, je-
des Glied unseres Leibes diente, warum es an diesem,
und nicht an einem andern Orte stehe, wie vollkom-
men es zu seiner Absicht eingerichtet ist, was zu seiner
Erhaltung dienet, wie es vor jedem Unfall gesichert,
oder was bey jeder Beschädigung wieder zu seiner Her-
stellung beyträgt. Ich dehnte diese Betrachtung auf
jede Thiere, auf jede Insecte aus, und suchte, wie
seine Gliedmassen eingerichtet sind, daß dasjenige da-
durch geschehen könne, wozu es in der Welt gewied-
met ist. Ich verfolgte seine Zufälle durch jede Jahrs-
zeiten, und bemerkte, was es für Abwechslungen da-
bey leidet, wie es sich in Hitz und Kälte anschickt. Ich
durchliefe selbst jede Abänderungen der Witterungen,

und

Coſmologiſche Briefe
uͤberzeugen. Ich wuͤnſchte nur, daß die Philoſophen,
an ſtatt uns ſo ſehr in Schrecken zu ſetzen, ſich auch
bemuͤhen moͤchten, die Welt eben ſo wie die kleinern
Geſchoͤpfe von der Seite zu betrachten, und endlich in
einem vollſtaͤndigern Lehrgebaͤude uns die Sprache der
Himmel zeigten, die uns etwas mehr als die Groͤße
und Allmacht des Schoͤpfers, ich meyne, auch ſeine
Weißheit und Guͤte lehren wuͤrde.

Wie uͤberwiegend iſt hierinn meine Wißbegierde,
und wie geringe hingegen die Hoffnung, ſie in kurzer
Zeit zu ſtillen! Ich habe alles angewandt, um die
Vergleichung zu machen, die Sie mir angerathen ha-
ben, und von den unzaͤhligen Abſichten, die wir bey
den Dingen auf der Erde finden, auf die zu ſchlieſſen,
ſo bey ganzen Weltkoͤrpern vorkommen. Ich durch-
gienge nachmals, wozu jeder Theil, jede Mußkel, je-
des Glied unſeres Leibes diente, warum es an dieſem,
und nicht an einem andern Orte ſtehe, wie vollkom-
men es zu ſeiner Abſicht eingerichtet iſt, was zu ſeiner
Erhaltung dienet, wie es vor jedem Unfall geſichert,
oder was bey jeder Beſchaͤdigung wieder zu ſeiner Her-
ſtellung beytraͤgt. Ich dehnte dieſe Betrachtung auf
jede Thiere, auf jede Inſecte aus, und ſuchte, wie
ſeine Gliedmaſſen eingerichtet ſind, daß dasjenige da-
durch geſchehen koͤnne, wozu es in der Welt gewied-
met iſt. Ich verfolgte ſeine Zufaͤlle durch jede Jahrs-
zeiten, und bemerkte, was es fuͤr Abwechslungen da-
bey leidet, wie es ſich in Hitz und Kaͤlte anſchickt. Ich
durchliefe ſelbſt jede Abaͤnderungen der Witterungen,

und
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[24/0057] Coſmologiſche Briefe uͤberzeugen. Ich wuͤnſchte nur, daß die Philoſophen, an ſtatt uns ſo ſehr in Schrecken zu ſetzen, ſich auch bemuͤhen moͤchten, die Welt eben ſo wie die kleinern Geſchoͤpfe von der Seite zu betrachten, und endlich in einem vollſtaͤndigern Lehrgebaͤude uns die Sprache der Himmel zeigten, die uns etwas mehr als die Groͤße und Allmacht des Schoͤpfers, ich meyne, auch ſeine Weißheit und Guͤte lehren wuͤrde. Wie uͤberwiegend iſt hierinn meine Wißbegierde, und wie geringe hingegen die Hoffnung, ſie in kurzer Zeit zu ſtillen! Ich habe alles angewandt, um die Vergleichung zu machen, die Sie mir angerathen ha- ben, und von den unzaͤhligen Abſichten, die wir bey den Dingen auf der Erde finden, auf die zu ſchlieſſen, ſo bey ganzen Weltkoͤrpern vorkommen. Ich durch- gienge nachmals, wozu jeder Theil, jede Mußkel, je- des Glied unſeres Leibes diente, warum es an dieſem, und nicht an einem andern Orte ſtehe, wie vollkom- men es zu ſeiner Abſicht eingerichtet iſt, was zu ſeiner Erhaltung dienet, wie es vor jedem Unfall geſichert, oder was bey jeder Beſchaͤdigung wieder zu ſeiner Her- ſtellung beytraͤgt. Ich dehnte dieſe Betrachtung auf jede Thiere, auf jede Inſecte aus, und ſuchte, wie ſeine Gliedmaſſen eingerichtet ſind, daß dasjenige da- durch geſchehen koͤnne, wozu es in der Welt gewied- met iſt. Ich verfolgte ſeine Zufaͤlle durch jede Jahrs- zeiten, und bemerkte, was es fuͤr Abwechslungen da- bey leidet, wie es ſich in Hitz und Kaͤlte anſchickt. Ich durchliefe ſelbſt jede Abaͤnderungen der Witterungen, und

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/57>, abgerufen am 24.11.2024.