wäre just so, als wenn den Planeten zum Trotze mehr Cometen kleinere Neigungswinkel hätten, als es na- türlicher Weise nöthig gewesen wäre. Was wollen Sie hieraus machen. Sind etwan Cometen und Planeten so gute Freunde, oder haben Jupiter und Saturn verschiedene Cometen schon so nahe zu sich gezogen, daß nun die Bahnen nicht mehr so stark in- clinirt sind?
Sie sehen, mein Herr, schon voraus, daß ich Ihnen hierüber meine alte Klaglieder anstimmen wür- de, weil Sie noch andere Mittel aufsuchen, diese Schwierigkeit zu heben. Die Perihelien sehen Sie als auf der Sphaere gleich vertheilt an, und so stellet sie auch Halleys Tafel vor, und dabey fragen Sie, ob nicht diese Vertheilung der Vertheilung der Pole von den Cometenbahnen im Wege stehen möchte? Ich habe dieses nicht finden können. Denn wo ich den ei- nen dieser Puncte hinsetze, da bleibt mir für den an- dern ein ganzer Circul auf der Kugelfläche, in welchen ich ihn setzen kann, wo es am schicklichsten, und der gleichförmigen Vertheilung nach nothwendig ist.
Ich halte mich daher lieber an den andern Grund, den Sie, mein Herr, angeben, daß nemlich die Sichtbarkeit denen Cometen, die stärkere Nei- gungswinkel haben, mehr im Wege stehe, weil sie uns in ihren besten Umständen viel leichter unter dem Ho- rizonte bleiben können. Sie sehen schon, daß dieses meine Regel umstößt, allein ich opfere sie der Wahr-
heit
Q 4
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
waͤre juſt ſo, als wenn den Planeten zum Trotze mehr Cometen kleinere Neigungswinkel haͤtten, als es na- tuͤrlicher Weiſe noͤthig geweſen waͤre. Was wollen Sie hieraus machen. Sind etwan Cometen und Planeten ſo gute Freunde, oder haben Jupiter und Saturn verſchiedene Cometen ſchon ſo nahe zu ſich gezogen, daß nun die Bahnen nicht mehr ſo ſtark in- clinirt ſind?
Sie ſehen, mein Herr, ſchon voraus, daß ich Ihnen hieruͤber meine alte Klaglieder anſtimmen wuͤr- de, weil Sie noch andere Mittel aufſuchen, dieſe Schwierigkeit zu heben. Die Perihelien ſehen Sie als auf der Sphære gleich vertheilt an, und ſo ſtellet ſie auch Halleys Tafel vor, und dabey fragen Sie, ob nicht dieſe Vertheilung der Vertheilung der Pole von den Cometenbahnen im Wege ſtehen moͤchte? Ich habe dieſes nicht finden koͤnnen. Denn wo ich den ei- nen dieſer Puncte hinſetze, da bleibt mir fuͤr den an- dern ein ganzer Circul auf der Kugelflaͤche, in welchen ich ihn ſetzen kann, wo es am ſchicklichſten, und der gleichfoͤrmigen Vertheilung nach nothwendig iſt.
Ich halte mich daher lieber an den andern Grund, den Sie, mein Herr, angeben, daß nemlich die Sichtbarkeit denen Cometen, die ſtaͤrkere Nei- gungswinkel haben, mehr im Wege ſtehe, weil ſie uns in ihren beſten Umſtaͤnden viel leichter unter dem Ho- rizonte bleiben koͤnnen. Sie ſehen ſchon, daß dieſes meine Regel umſtoͤßt, allein ich opfere ſie der Wahr-
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Q 4
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uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
waͤre juſt ſo, als wenn den Planeten zum Trotze mehr
Cometen kleinere Neigungswinkel haͤtten, als es na-
tuͤrlicher Weiſe noͤthig geweſen waͤre. Was wollen
Sie hieraus machen. Sind etwan Cometen und
Planeten ſo gute Freunde, oder haben Jupiter und
Saturn verſchiedene Cometen ſchon ſo nahe zu ſich
gezogen, daß nun die Bahnen nicht mehr ſo ſtark in-
clinirt ſind?
Sie ſehen, mein Herr, ſchon voraus, daß ich
Ihnen hieruͤber meine alte Klaglieder anſtimmen wuͤr-
de, weil Sie noch andere Mittel aufſuchen, dieſe
Schwierigkeit zu heben. Die Perihelien ſehen Sie
als auf der Sphære gleich vertheilt an, und ſo ſtellet
ſie auch Halleys Tafel vor, und dabey fragen Sie,
ob nicht dieſe Vertheilung der Vertheilung der Pole
von den Cometenbahnen im Wege ſtehen moͤchte? Ich
habe dieſes nicht finden koͤnnen. Denn wo ich den ei-
nen dieſer Puncte hinſetze, da bleibt mir fuͤr den an-
dern ein ganzer Circul auf der Kugelflaͤche, in welchen
ich ihn ſetzen kann, wo es am ſchicklichſten, und der
gleichfoͤrmigen Vertheilung nach nothwendig iſt.
Ich halte mich daher lieber an den andern
Grund, den Sie, mein Herr, angeben, daß nemlich
die Sichtbarkeit denen Cometen, die ſtaͤrkere Nei-
gungswinkel haben, mehr im Wege ſtehe, weil ſie uns
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/280>, abgerufen am 16.07.2024.
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