Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite
über die Einrichtung des Weltbaues.

Setze ich demnach, ein Fernrohr vergrössere
120mal, so wird diese 1/4. Tertie zu 30. Tertien oder
1/2. Secunde. Ich glaube nicht, daß das Aug einen
Punct, der unter einem so kleinen Winkel erscheint,
deutlich sehen könne. Dann das Licht, das von dem
Fixstern auf einen so kleinen Punct des Augennetzes
fällt, ist noch allemal so stark als das, so darauf fal-
len würde, wenn wir die Sonne durch ein solches
Fernrohr anschauen wollten. Da es also eine starke
Bewegung auf dem Nervennetze des Auges verur-
sacht, so theilt sich diese Bewegung den anliegenden
Nerven mit, und dadurch wird das Bild des Sterns
grösser.

Da indessen die Fernröhren dazu dienen, daß sie
jeden Punct deutlicher machen, und sein Bild auf
dem Augennetze näher zusammen bringen, so läßt sich
daraus erklären, warum die Fixsterne desto kleiner,
aber auch desto funkelnder scheinen, je besser das Fern-
rohr ist. Nach der vorigen Betrachtung sollte das
Bild 1/2. Secunde seyn. Ich will setzen, es breite sich
wegen der mitgetheilten Bewegung durch 5. Secunden
aus, so ist es doch vielfach kleiner, als wenn man den
Stern mit bloßem Auge anschaut. Sein scheinbarer
Diameter wird immer wenigstens 2. Minuten, und
folglich 24mal grösser seyn, als durch das Fernrohr.
Sein Licht muß also dem bloßen Auge bey 600mal
schwächer scheinen. Und wenn ich bey der 1/2. Secun-
de
bleibe, so ist es 60000mal schwächer.

In
M 3
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.

Setze ich demnach, ein Fernrohr vergroͤſſere
120mal, ſo wird dieſe ¼. Tertie zu 30. Tertien oder
½. Secunde. Ich glaube nicht, daß das Aug einen
Punct, der unter einem ſo kleinen Winkel erſcheint,
deutlich ſehen koͤnne. Dann das Licht, das von dem
Fixſtern auf einen ſo kleinen Punct des Augennetzes
faͤllt, iſt noch allemal ſo ſtark als das, ſo darauf fal-
len wuͤrde, wenn wir die Sonne durch ein ſolches
Fernrohr anſchauen wollten. Da es alſo eine ſtarke
Bewegung auf dem Nervennetze des Auges verur-
ſacht, ſo theilt ſich dieſe Bewegung den anliegenden
Nerven mit, und dadurch wird das Bild des Sterns
groͤſſer.

Da indeſſen die Fernroͤhren dazu dienen, daß ſie
jeden Punct deutlicher machen, und ſein Bild auf
dem Augennetze naͤher zuſammen bringen, ſo laͤßt ſich
daraus erklaͤren, warum die Fixſterne deſto kleiner,
aber auch deſto funkelnder ſcheinen, je beſſer das Fern-
rohr iſt. Nach der vorigen Betrachtung ſollte das
Bild ½. Secunde ſeyn. Ich will ſetzen, es breite ſich
wegen der mitgetheilten Bewegung durch 5. Secunden
aus, ſo iſt es doch vielfach kleiner, als wenn man den
Stern mit bloßem Auge anſchaut. Sein ſcheinbarer
Diameter wird immer wenigſtens 2. Minuten, und
folglich 24mal groͤſſer ſeyn, als durch das Fernrohr.
Sein Licht muß alſo dem bloßen Auge bey 600mal
ſchwaͤcher ſcheinen. Und wenn ich bey der ½. Secun-
de
bleibe, ſo iſt es 60000mal ſchwaͤcher.

In
M 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0214" n="181"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">u&#x0364;ber die Einrichtung des Weltbaues.</hi> </fw><lb/>
          <p>Setze ich demnach, ein Fernrohr vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere<lb/>
120mal, &#x017F;o wird die&#x017F;e ¼. <hi rendition="#aq">Tertie</hi> zu 30. <hi rendition="#aq">Tertien</hi> oder<lb/>
½. <hi rendition="#aq">Secunde</hi>. Ich glaube nicht, daß das Aug einen<lb/>
Punct, der unter einem &#x017F;o kleinen Winkel er&#x017F;cheint,<lb/>
deutlich &#x017F;ehen ko&#x0364;nne. Dann das Licht, das von dem<lb/>
Fix&#x017F;tern auf einen &#x017F;o kleinen Punct des Augennetzes<lb/>
fa&#x0364;llt, i&#x017F;t noch allemal &#x017F;o &#x017F;tark als das, &#x017F;o darauf fal-<lb/>
len wu&#x0364;rde, wenn wir die Sonne durch ein &#x017F;olches<lb/>
Fernrohr an&#x017F;chauen wollten. Da es al&#x017F;o eine &#x017F;tarke<lb/>
Bewegung auf dem Nervennetze des Auges verur-<lb/>
&#x017F;acht, &#x017F;o theilt &#x017F;ich die&#x017F;e Bewegung den anliegenden<lb/>
Nerven mit, und dadurch wird das Bild des Sterns<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er.</p><lb/>
          <p>Da inde&#x017F;&#x017F;en die Fernro&#x0364;hren dazu dienen, daß &#x017F;ie<lb/>
jeden Punct deutlicher machen, und &#x017F;ein Bild auf<lb/>
dem Augennetze na&#x0364;her zu&#x017F;ammen bringen, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich<lb/>
daraus erkla&#x0364;ren, warum die Fix&#x017F;terne de&#x017F;to kleiner,<lb/>
aber auch de&#x017F;to funkelnder &#x017F;cheinen, je be&#x017F;&#x017F;er das Fern-<lb/>
rohr i&#x017F;t. Nach der vorigen Betrachtung &#x017F;ollte das<lb/>
Bild ½. <hi rendition="#aq">Secunde</hi> &#x017F;eyn. Ich will &#x017F;etzen, es breite &#x017F;ich<lb/>
wegen der mitgetheilten Bewegung durch 5. <hi rendition="#aq">Secunden</hi><lb/>
aus, &#x017F;o i&#x017F;t es doch vielfach kleiner, als wenn man den<lb/>
Stern mit bloßem Auge an&#x017F;chaut. Sein &#x017F;cheinbarer<lb/><hi rendition="#aq">Diameter</hi> wird immer wenig&#x017F;tens 2. Minuten, und<lb/>
folglich 24mal gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er &#x017F;eyn, als durch das Fernrohr.<lb/>
Sein Licht muß al&#x017F;o dem bloßen Auge bey 600mal<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;cher &#x017F;cheinen. Und wenn ich bey der ½. <hi rendition="#aq">Secun-<lb/>
de</hi> bleibe, &#x017F;o i&#x017F;t es 60000mal &#x017F;chwa&#x0364;cher.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">M 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">In</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0214] uͤber die Einrichtung des Weltbaues. Setze ich demnach, ein Fernrohr vergroͤſſere 120mal, ſo wird dieſe ¼. Tertie zu 30. Tertien oder ½. Secunde. Ich glaube nicht, daß das Aug einen Punct, der unter einem ſo kleinen Winkel erſcheint, deutlich ſehen koͤnne. Dann das Licht, das von dem Fixſtern auf einen ſo kleinen Punct des Augennetzes faͤllt, iſt noch allemal ſo ſtark als das, ſo darauf fal- len wuͤrde, wenn wir die Sonne durch ein ſolches Fernrohr anſchauen wollten. Da es alſo eine ſtarke Bewegung auf dem Nervennetze des Auges verur- ſacht, ſo theilt ſich dieſe Bewegung den anliegenden Nerven mit, und dadurch wird das Bild des Sterns groͤſſer. Da indeſſen die Fernroͤhren dazu dienen, daß ſie jeden Punct deutlicher machen, und ſein Bild auf dem Augennetze naͤher zuſammen bringen, ſo laͤßt ſich daraus erklaͤren, warum die Fixſterne deſto kleiner, aber auch deſto funkelnder ſcheinen, je beſſer das Fern- rohr iſt. Nach der vorigen Betrachtung ſollte das Bild ½. Secunde ſeyn. Ich will ſetzen, es breite ſich wegen der mitgetheilten Bewegung durch 5. Secunden aus, ſo iſt es doch vielfach kleiner, als wenn man den Stern mit bloßem Auge anſchaut. Sein ſcheinbarer Diameter wird immer wenigſtens 2. Minuten, und folglich 24mal groͤſſer ſeyn, als durch das Fernrohr. Sein Licht muß alſo dem bloßen Auge bey 600mal ſchwaͤcher ſcheinen. Und wenn ich bey der ½. Secun- de bleibe, ſo iſt es 60000mal ſchwaͤcher. In M 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/214
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/214>, abgerufen am 22.11.2024.