Diese Deutlichkeit suchen wir durch Fernröhren zu erhalten, bey welchen in Absicht auf die Klarheit eben das gilt, was ich vorhin von dem Auge gesagt habe, nur mit dem Unterschiede, daß dieselbe hier nicht so fast von der Oefnung des Augensterns, als von derjenigen abhängt, die man dem Obje[c]tiv-Glase geben muß. Daher stellen uns die Fernröhren die Obje[c]te nicht so helle vor, als sie mit bloßem Auge gesehen würden, wenn man sie eben so deutlich sehen könnte, aber sie vermindern jede Klarheit auf eine proportionale Art, und wiederum ohne Rücksicht auf den ungleichen Abstand. Wenn man demnach die Klarheit der Planeten unter einander vergleichen will, so muß es durch Fernröhre geschehen, die sie uns deutlich vorstellen.
Hieraus folgere ich nun, daß, wenn wir durch ein Fernrohr einen Fixstern, der an sich betrachtet so helle wäre als unsere Sonne, deutlich und als eine runde Kugel sehen könnten, sein Glanz uns durch das Fernrohr eben so helle scheinen würde, als wenn wir durch dieses Fernrohr die Sonne anschaueten. Da aber der wahre scheinbare Diameter des nächsten Fix- sterns kaum 1/4. Tertie eines Grades ist, so ist alle Hoffnung verlohren, einen Fixstern durch Fernröhren vollkommen rund zu sehen. Er nimmt daher noch immer einen grössern Raum auf dem Augennetze ein, als er einnehmen würde, wenn wir ihn deutlich sehen könnten.
Setze
Coſmologiſche Briefe
Dieſe Deutlichkeit ſuchen wir durch Fernroͤhren zu erhalten, bey welchen in Abſicht auf die Klarheit eben das gilt, was ich vorhin von dem Auge geſagt habe, nur mit dem Unterſchiede, daß dieſelbe hier nicht ſo faſt von der Oefnung des Augenſterns, als von derjenigen abhaͤngt, die man dem Obje[c]tiv-Glaſe geben muß. Daher ſtellen uns die Fernroͤhren die Obje[c]te nicht ſo helle vor, als ſie mit bloßem Auge geſehen wuͤrden, wenn man ſie eben ſo deutlich ſehen koͤnnte, aber ſie vermindern jede Klarheit auf eine proportionale Art, und wiederum ohne Ruͤckſicht auf den ungleichen Abſtand. Wenn man demnach die Klarheit der Planeten unter einander vergleichen will, ſo muß es durch Fernroͤhre geſchehen, die ſie uns deutlich vorſtellen.
Hieraus folgere ich nun, daß, wenn wir durch ein Fernrohr einen Fixſtern, der an ſich betrachtet ſo helle waͤre als unſere Sonne, deutlich und als eine runde Kugel ſehen koͤnnten, ſein Glanz uns durch das Fernrohr eben ſo helle ſcheinen wuͤrde, als wenn wir durch dieſes Fernrohr die Sonne anſchaueten. Da aber der wahre ſcheinbare Diameter des naͤchſten Fix- ſterns kaum ¼. Tertie eines Grades iſt, ſo iſt alle Hoffnung verlohren, einen Fixſtern durch Fernroͤhren vollkommen rund zu ſehen. Er nimmt daher noch immer einen groͤſſern Raum auf dem Augennetze ein, als er einnehmen wuͤrde, wenn wir ihn deutlich ſehen koͤnnten.
Setze
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0213"n="180"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/><p>Dieſe Deutlichkeit ſuchen wir durch Fernroͤhren<lb/>
zu erhalten, bey welchen in Abſicht auf die Klarheit<lb/>
eben das gilt, was ich vorhin von dem Auge geſagt<lb/>
habe, nur mit dem Unterſchiede, daß dieſelbe hier<lb/>
nicht ſo faſt von der Oefnung des Augenſterns, als<lb/>
von derjenigen abhaͤngt, die man dem <hirendition="#aq">Obje<supplied>c</supplied>tiv</hi>-Glaſe<lb/>
geben muß. Daher ſtellen uns die Fernroͤhren die<lb/><hirendition="#aq">Obje<supplied>c</supplied>te</hi> nicht ſo helle vor, als ſie mit bloßem Auge<lb/>
geſehen wuͤrden, wenn man ſie eben ſo deutlich ſehen<lb/>
koͤnnte, aber ſie vermindern jede Klarheit auf eine<lb/><hirendition="#aq">proportionale</hi> Art, und wiederum ohne Ruͤckſicht auf<lb/>
den ungleichen Abſtand. Wenn man demnach die<lb/>
Klarheit der Planeten unter einander vergleichen will,<lb/>ſo muß es durch Fernroͤhre geſchehen, die ſie uns<lb/>
deutlich vorſtellen.</p><lb/><p>Hieraus folgere ich nun, daß, wenn wir durch<lb/>
ein Fernrohr einen Fixſtern, der an ſich betrachtet ſo<lb/>
helle waͤre als unſere Sonne, deutlich und als eine<lb/>
runde Kugel ſehen koͤnnten, ſein Glanz uns durch das<lb/>
Fernrohr eben ſo helle ſcheinen wuͤrde, als wenn wir<lb/>
durch dieſes Fernrohr die Sonne anſchaueten. Da<lb/>
aber der wahre ſcheinbare <hirendition="#aq">Diameter</hi> des naͤchſten Fix-<lb/>ſterns kaum ¼. <hirendition="#aq">Tertie</hi> eines Grades iſt, ſo iſt alle<lb/>
Hoffnung verlohren, einen Fixſtern durch Fernroͤhren<lb/>
vollkommen rund zu ſehen. Er nimmt daher noch<lb/>
immer einen groͤſſern Raum auf dem Augennetze ein,<lb/>
als er einnehmen wuͤrde, wenn wir ihn deutlich ſehen<lb/>
koͤnnten.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Setze</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[180/0213]
Coſmologiſche Briefe
Dieſe Deutlichkeit ſuchen wir durch Fernroͤhren
zu erhalten, bey welchen in Abſicht auf die Klarheit
eben das gilt, was ich vorhin von dem Auge geſagt
habe, nur mit dem Unterſchiede, daß dieſelbe hier
nicht ſo faſt von der Oefnung des Augenſterns, als
von derjenigen abhaͤngt, die man dem Objectiv-Glaſe
geben muß. Daher ſtellen uns die Fernroͤhren die
Objecte nicht ſo helle vor, als ſie mit bloßem Auge
geſehen wuͤrden, wenn man ſie eben ſo deutlich ſehen
koͤnnte, aber ſie vermindern jede Klarheit auf eine
proportionale Art, und wiederum ohne Ruͤckſicht auf
den ungleichen Abſtand. Wenn man demnach die
Klarheit der Planeten unter einander vergleichen will,
ſo muß es durch Fernroͤhre geſchehen, die ſie uns
deutlich vorſtellen.
Hieraus folgere ich nun, daß, wenn wir durch
ein Fernrohr einen Fixſtern, der an ſich betrachtet ſo
helle waͤre als unſere Sonne, deutlich und als eine
runde Kugel ſehen koͤnnten, ſein Glanz uns durch das
Fernrohr eben ſo helle ſcheinen wuͤrde, als wenn wir
durch dieſes Fernrohr die Sonne anſchaueten. Da
aber der wahre ſcheinbare Diameter des naͤchſten Fix-
ſterns kaum ¼. Tertie eines Grades iſt, ſo iſt alle
Hoffnung verlohren, einen Fixſtern durch Fernroͤhren
vollkommen rund zu ſehen. Er nimmt daher noch
immer einen groͤſſern Raum auf dem Augennetze ein,
als er einnehmen wuͤrde, wenn wir ihn deutlich ſehen
koͤnnten.
Setze
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/213>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.